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Benutzername: 
5teffi
Wohnort: 
Schweiz

Bewertungen

Insgesamt 32 Bewertungen
Bewertung vom 06.09.2023
Kleine Probleme
Pollatschek, Nele

Kleine Probleme


gut

Lars steckt in einer Lebenskrise oder der sogenannten Midlife-Crisis. Er arbeitete als Schriftsteller, aber der erhoffte grosse Erfolg blieb bisher aus. Seine Frau die bisher die Familie finanziell über Wasser gehalten hat, hat ihn verlassen. Die schon fast erwachsenen Kinder nehmen ihn nicht wirklich ernst.

Unter selbst auferlegtem Zeitdruck versucht er, alles Liegengebliebene am letzten Tag im alten Jahr zu erledigen, um sich und seinen Nahestehenden etwas zu beweisen. Dabei wird er immer wieder von Erschöpfung und tiefgründigen Gedanken über sich und den Sinn des Lebens unterbrochen.

Der Hauptprotagonist Lars war mir bis zum Schluss gänzlich unsympathisch. Ihm fehlt es an der nötigen Organisation und Disziplin, wodurch er in seine aktuelle Lage geraten ist. Dafür strotzt er nur so vor Selbstmitleid. Dieses Gefühl kann ich nicht teilen, da er doch selbst Schuld an seiner Misere ist.

Die Idee der Geschichte hat mir gefallen. Die Umsetzung ist auch ganz gut gelungen. Ich weiss nicht, ob die Autorin beabsichtigt hat, ihre Hauptfigur in ein so schlechtes Licht zu rücken. Mich persönlich hat diese Person mehr oder weniger nach jeder Seite mehr genervt, weshalb ich mich trotz gutem Schreibstil und Wortwitz zu einer mittelmässigen Bewertung entschieden habe. Hätte ich Lars im echten Leben kennengelernt, hätte ich ihm deutlich weniger Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt als mich das Lesen der Lektüre gekostet hat.

Bewertung vom 30.06.2023
Der Follower / Tom-Bachmann-Serie Bd.3
Meyer, Chris

Der Follower / Tom-Bachmann-Serie Bd.3


ausgezeichnet

Im dritten Band der Tom-Bachmann-Reihe wird ein Killer gejagt, der es auf Influencerinnen abgesehen hat. Wieder war es ein grossartiges Leseerlebnis, Profiler Tom Bachmann, der nicht ohne Grund "der Seelenleser" genannt wird, bei seinen Ermittlungen zu begleiten.
Auch in diesem Teil geht es wieder spannend, kurzweilig und sehr drastisch zur Sache. Dies ist sicher keine Lektüre für Zartbesaitete, wer allerdings auf brutale und sehr anschaulich beschriebene Thriller steht, kommt hier sicher nicht zu kurz. Für mich persönlich waren manche Szenen teils zu heftig, sodass ich kleine Lesepausen einlegen musste. Trotzdem reizt die riesige Spannung immer wieder zum Weiterlesen.
Sowohl Schreibstil wie auch die Ausdrucksweise sind absolut passend zur Handlung gewählt.
Gut gefällt mir auch, dass man die einzelnen Bücher auch ohne Vorkenntnisse der beiden Vorgänger recht gut versteht (ich habe zuvor nur den 1. Teil gelesen). Einzig für die persönlichen Beziehungen sollte man vielleicht die anderen Teile auch kennen, um dies besser nachvollziehen zu können.

Bewertung vom 14.06.2023
Das Licht im Rücken
Lüpkes, Sandra

Das Licht im Rücken


sehr gut

Im Buch "Das Licht im Rücken" verbindet die Autorin Sandra Lüpkes die Geschichte einer einmaligen Erfindung mit den Schicksalen zweier deutscher Familien im NS-Deutschland. Besonders im ersten Drittel des Buches wird sich intensiver der Entstehungsgeschichte der Leica gewidmet. Dies verliert sich dann im Verlauf des Buches ein wenig, dennoch zieht sich ihre Erfolgsgeschichte wie ein roter Faden durch die Handlung. Etwas umständlich fand ich es, mir die vielen Protagonisten mit Namen, Verwandtschaft, Beziehungen zueinander und gegenwärtigem Aufenthaltsort zu merken.
Optisch finde ich das Buch sehr ansprechend. Besonders die Darstellungen der Leica-Modelle sowie die übrigen Bilder haben mir sehr gut gefallen.
Auch der Schreibstil ist sehr angenehm, sodass man zügig in die Geschichte hineinkommt und sich darauf einlassen kann.

Bewertung vom 22.04.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


ausgezeichnet

Die alleinerziehende Frieda ist überfordert mit ihrer kleinen Tochter. Ihr Leben ist aus den Fugen geraden. Die Scheidung von ihrem Mann der sie für eine jüngere Frau verliess, steckt ihr noch in den Knochen. Ihr Job verlangt ihr viel ab, Rücksicht auf ihre Situation erfährt sie dort nicht. Und dann ist die Kleine auch noch krank und schläft nachts kaum. Völlig fertig lässt Frieda ihre Tochter in der Wohnung zurück. Eigentlich wollte sie nur kurz einen Kaffee holen, doch dann fuhr sie auch noch ins Büro. Aus kurz wurden zwei Stunden. Da wurde das Amt schon informiert. Für Frieda beginnt nun ein wahrer Alptraum. Das Kind wird ihr weggenommen und wird fast permanent überwacht. Sie muss für ein Jahr in das "Institut für Gute Mütter" ziehen, um dort zu lernen, wie man eine gute Mutter wird.

Das Buch macht einem von Anfang an wütend. Man leidet mit Frieda mit und kann eigentlich gar nicht fassen, welch Unrecht ihr geschieht. Die Autorin schafft es den Spannungsbogen die ganze Zeit konstant zu halten. Man fliegt über die Seiten, weil man unbedingt wissen möchte, wie die Geschichte ausgeht.

Der Schreibstil hat mir gefallen. Auch die Covergestaltung ist passend. Die Story ist gesellschaftskritisch und vielleicht gar nicht so dystopisch, wie man beim Lesen meint. Wer darf entscheiden, ob eine Mutter gut oder schlecht ist? Und was sind die Kriterien dafür und wer legt sie fest? Kann man überhaupt den gleichen Massstab auf alle Frauen anwenden, ungeachtet ihrer individuellen Situationen? Und warum werden nur die Frauen so hart ins Gericht genommen, in einer Welt, die nach Gleichberechtigung schreit?

Ich fand kann es nur weiterempfehlen.

Bewertung vom 25.03.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Zum Inhalt: Zwei wohlhabende und in der Öffentlichkeit bekannte Familien machen Urlaub in der Toskana. Damit sich die 14-jährige Tochter der einen Familie nicht langweilt, darf sie ihre somalische Freundin mit in die Villa mit Swimming-Pool nehmen. Dann passiert noch am ersten Abend das tragische Unglück...

Der Roman beschreibt den Umgang der Familien mit dem Unglück, aber auch wie Medien damit umgehen. Durch Postings zu den Zeitungsartikeln wird auch der Gesellschaft ein Spiegel vorgehalten – zum Teil sehr unappetitlich, teilweise widerlich, wie Menschen meinen sich zu solchen Tragödien äussern zu müssen.

Daniel Glattauer schafft es mit seinem neuen Roman ein realistisches Bild aktueller Debatten, insbesondere zur Flüchtlingspolitik, darzustellen. Presseartikel und Online-Postings runden passend dazu das Geschehene ab. Einerseits wird gezeigt, wie Medien mit „Geschichten“ umgehen, insbesondere wenn Politiker*innen betroffen sind.

Der Roman ist unglaublich angenehm zu lesen, spannend geschrieben, an den richtigen Stellen humorvoll und emotional, trotzdem sehr tiefgehend.

Bewertung vom 25.03.2023
Keine gute Geschichte
Roy, Lisa

Keine gute Geschichte


sehr gut

Zum Inhalt: Arielle leidet an Depressionen, obwohl sie es scheinbar geschafft hat. Ihr Gepäck versteckt sie ziemlich erfolgreich: eine in der Kindheit verschwundene Mutter, keinen Vater, aber offensichtlich seine Gene; sie ist bindungsunfähig, hat eine lieblose Grossmutter und eine Vergangenheit, der sie entfliehen wollte. Kurz nach dem sie aus der Psychiatrie entlassen wurde, kehrt sie zurück nach Essen Katernberg, weil Grossmutter Varuna sie braucht. Dort wartet nicht nur Varuna, sondern auch ehemalige Mitschülerinnen, ihr altes Zimmer und die Geschichte ihrer Mutter auf sie.
Zwei verschwundene Mädchen, Nacktkatzen, Menschen mit Migrationshintergrund und gesellschaftliche Konventionen, die aufgebrochen werden, sind noch das Salz, das diesen Roman abrundet.

Besonders ist der Schreibstil in Form von (Selbst-)Gesprächen mit der Mutter. Das fand ich angenehm erfrischend. Die Autorin nimmt den Leser mit in die Gefühlswelt der Hauptprotagonistin und stellt durch die, oft auch sehr vulgär geschrieben Gedankengänge von Arielle, sehr deutlich dar wie es in den deutschen Brennpunkten abläuft. Dies ist zwar treffend zur Handlung, aber war mir teilweise beim Lesen unangenehm.

Schwere Kost für einen Roman, aber doch sehr lesenswert.

Bewertung vom 25.03.2023
Männer sterben bei uns nicht
Reich, Annika

Männer sterben bei uns nicht


weniger gut

In "Männer sterben bei uns nicht" geht es um Luise, die bei der Beerdigung ihrer Grossmutter die anderen Frauen ihrer Familie wieder trifft. In Rückblenden erzählt sie von den Begebenheiten, an die sie sich erinnert. Immer wieder wird deutlich gemacht, welch grosse Macht die Grossmutter innehatte, selbst am Tag ihrer Beisetzung. Keine der Frauen konnte sich davon losmachen, vor allem nicht Luise, die als Erbin bestimmt wurde und das Anwesen und all die Macht übernehmen soll.

Ich muss leider sagen: Ich verstehe die Grundaussage des Buches nicht und habe mich mehr als einmal gefragt, ob ich irgendetwas überlesen habe. Luise empfinde ich als plumpe Person die "blind" ausführt, was die Grossmutter verlangt. Auch der Schreibstil hat mir nicht gepasst. Die Zeitsprünge werden nicht gekennzeichnet.
Die Handlung ist trist. Es werden war einige spannende Passagen angerissen, aber nie aufgeklärt. Immer wieder geht es um das Thema "Erbe antreten" und ich habe mich immer nur gefragt: "Na und jetzt?!". Es geht schliesslich nur um ein grosses Anwesen, mehr nicht. Was das ganze mit fehlenden Männern zu tun hat, weiss ich auch nicht. Vielleicht hat die Autorin versucht, auf eine mir unverständliche Art das Patriarchat auf die Schippe zu nehmen. Das kommt aber auch nicht klar rüber, sondern ist eher ein Versuch meinerseits, dem Buch doch noch etwas Sinnvolles abzugewinnen.

Ich kann es leider nicht empfehlen.

Bewertung vom 13.03.2023
Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2
Burton, Jessie

Das Haus an der Herengracht / Die Magie der kleinen Dinge Bd.2


sehr gut

Im Buch geht es um die achtzehnjährige Thea, die ihren Weg im Leben und in der Liebe finden will. Die Geschichte dieser Familie ist sehr geheimnisvoll und verwirrend. Mit viel Spannung wird die momentane Situation aus der Sicht der einzelnen Mitglieder erzählt. Teile der Vergangenheit spielen dabei eine große Rolle. Teilweise hatte ich das Gefühl, es würde nicht schaden, wenn man Jessie Burtons Debütroman “Die Magie der kleinen Dinge” vorgängig gelesen hat. Das diese alten Geheimnisse nicht vollständig aufgeklärt werden, tut der Sache aber keinen Abbruch. Das Wichtigste erfährt der Leser und somit erschließen sich auch alle Zusammenhänge. Die Geschichte liest sich wie von alleine, da sie an keiner Stelle langweilig oder belanglos wird. Auch ist sie in sich schlüssig und logisch aufgebaut, so dass nie das Gefühl entsteht, sie könnte so im realen Leben nicht stattgefunden haben. Das Ende löst sich relativ unspektakulär auf aber wer weiß, vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung. Das Cover wurde aus meiner Sicht gut auf die Geschichte abgestimmt.

Bewertung vom 22.02.2023
Die kleine Rittereule
Denise, Christopher

Die kleine Rittereule


gut

Man merkt gleich, dass der Autor Christopher Denise bisher mit der Illustration von Kinderbüchern zu tun hatte. Diese stehen nämlich anscheinend im Fokus, während der Text in weniger als 5 Minuten vorgelesen ist. Die Illustrationen finde ich sehr hübsch und altersgerecht. Auch wird dadurch die jeweilige Stimmung der Handlung gut dargestellt.

Vom Text hätte ich mir mehr erhofft. Einerseits ist die Geschichte extrem kurz gehalten. Hier hätte man durchaus mehr Handlung reinbringen können (zum Beispiel wie eine Eule von menschlichen Rittern akzeptiert wird). Zum anderen sind einige Sätze oder Aussagen so hochtrabend, dass ich bezweifle, Vierjährige - das ist die Altersempfehlung des Herausgebers - verstehen diese. Ein Beispiel: "Und zur Überraschung aller wurde er angenommen". So ein Satz müsste viel einfacher und kindgerechter formuliert werden.

Fazit: Das Buch ist ok, aber für den Preis (16 Euro!) darf man mehr erwarten.

Bewertung vom 17.02.2023
Der Ruf des Eisvogels
Prettin, Anne

Der Ruf des Eisvogels


sehr gut

Im Buch wird Olgas Geschichte erzählt. Die Handlung spielt in 2 Zeiten - einerseits in den 1930er / 40er / 50er Jahren, wo es um Olgas Kindheit, ihre Erlebnisse als junge Erwachsene während des 2. Weltkrieges sowie ihre Zeit als Medizinstudentin geht. Zum Anderen spielt die Geschichte Anfang der 1990er Jahre, wo Olga mit ihrer Tochter und Enkelin zum ersten Mal seit ihrer Jugend in ihre alte Heimat zurückkehrt.

Das Buch ist vollgepackt mit Themen des 20. Jahrhunderts - die Grauen des 2. Weltkrieges, die Not der Nachkriegsjahre, Hürden einer alleinerziehenden Mutter, sexuelle Übergriffe durch die Alliierten mit ungewollten Schwangerschaften zur Folge, Flucht in den Westen, der Kampf um ein begehrtes Medizinstudium, kluge Frauen, die aufgrund ihres Geschlechts immer wieder benachteiligt werden, patriarchalische Rollenverteilungen… Aber auch immer wieder positive Abschnitte - Freundschaften fürs Leben, die wunderbare heilende Kraft der Natur, Liebesgeschichten und gefährliche Zivilcourage. Dazu kommen noch die persönlichen Erlebnisse von Olga, z.B. der Verlust der Mutter direkt nach ihrer Geburt sowie die Schuldfrage, die sie, angeheizt durch die Distanzierung ihres Vaters, ein Leben lang beschäftigt.

Innerhalb der Zeitsprünge werden immer wieder Andeutungen gemacht, die erst viel später aufgeklärt werden. Zum Teil musste ich mir Notizen machen, damit ich nicht den Anschluss verliere oder wichtige Informationen vergesse. Das war etwas verwirrend, hat aber auch zu einer gewissen Spannung beigetragen. Der Erzählstil ist sehr authentisch. Gerade die Zeit, als Olga begonnen hat, als Ärztin zu arbeiten und ihr frisch angetrauter Ehemann (ebenfalls Arzt!) kaum Verständnis für sie zeigt, sondern sie immer wieder an ihre Pflichten als Ehefrau erinnert (inkl. Führung des Haushaltes), haben mich bestürzt.

Mir hat das Buch gut gefallen.