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Gabi S

Bewertungen

Insgesamt 35 Bewertungen
Bewertung vom 23.02.2024
James
Everett, Percival

James


ausgezeichnet

"Tom Sawyer und Huckleberry Finn" kaum jemand kennt die Geschichte von Mark Twain nicht. Huck hat seinen eigenen Tod vorgetäuscht um seinen gewalttätigen Vater zu entkommen. Er versteckt sich auf einer Insel im Mississippi, dort trifft er auf den entlaufenen Sklaven Jim, der jetzt auch noch befürchten muss für den Tod von Huck verantwortlich gemacht zu werden.
So der Einstieg in die Geschichte - James Everett lenkt in seinem Roman den Fokus auf das Empfinden und der großen Ungerechtigkeit, die James, oder Jim, wie er von den Besitzern genannt wird, in seinem Leben widerfährt.
Gesellschaftskritisch und sehr schonungslos beschreibt der Autor das Leben der Sklaven, die nur als Ware angesehen wurden.
James, der sehr klug ist, sich selbst das Lesen und Schreiben beigebracht hat, bedient sich dennoch einer einfachen Sprache, was von ihm als Sklaven erwartet wird.
Wie sich beide langsam annähern, durchaus auch heitere Situationen erleben, macht die Geschichte trotz der überaus bedrückenden Thematik zu einem Erlebnis. Der Schreibstil gefiel mir sehr gut und die Figuren sind präzise skizziert
Das Cover gelungen und sehr passend gewählt

Ein sehr empfehlenswertes Buch - wird m.E. große Beachtung finden

Bewertung vom 17.01.2024
Wellness
Hill, Nathan

Wellness


ausgezeichnet

Ein ganz großartiges Buch - für mich bereits ein Lesehighlight 2024
Nathan Hill unterhält bestens und hält auch dabei der Gesellschaft den Spiegel vor, in den über 700 Seiten seines neusten Romanes. Im Mittelpunkt Jack und Elizabeth zwei junge Menschen, die sich 1993 in Chicago kennen und lieben lernen. Er, Fotograf, der immer ein wenig in der Vergangenheit lebt und Veränderungen nicht mag. Sie mag den Fortschritt ist offen für Neues. In einem Forschungsinstitut, mit dem Namen "Wellness" ist sie damit beschäftigt "Placebos" zu finden, um Menschen damit glücklich zu machen. Später leitet sie dann diese inzwischen sehr erfolgreiche Unternehmen.
Die Entwicklung und Veränderungen, die sowohl in der Gesellschaft in den nächsten 20 Jahren geschehen, aber auch die, zwischen Elizabeth und Jack werden fein porträtiert, mal ironisch, mal äußerst nachdenklich.
Diese Veränderungen führen auch dazu, dass sich beide voneinander entfernen. In Rückblenden erfährt man von ihrer Kindheit und Jugend und wie diese sie prägte.

Dieser "Eheroman" ist aber auch ein Ausflug in die amerikanische Gesellschaft, Fitnesswahn, soziale Medien, Algorithmen, sexuelle Veränderungen, herausfordernde Elternschaft und die immer größer werdende Ablehnung der Normalität.
Das Cover fand ich zunächst wenig gut gelungen, doch nach der Lektüre gefiel es mir immer besser, ein Paar Arm in Arm in einem roten Dreieck - vielleicht braucht es manchmal nicht mehr

Bewertung vom 08.01.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


ausgezeichnet

Das Cover wirkt wie ein Gemälde, es ist in dunkleren Farben gehalten
Blick vom Ufer in der Ferne, am Horizont ein großes Schiff
Michael Köhlmeier erzählt in seinen Roman ebenso stimmungsvoll und ruhig von einer besonderen Seereise.
An Bord des Schiffes eine Handvoll Menschen, Intellektuelle, die der russischen Revolution nicht genehm waren. Diese Transporte fanden vor 100 Jahren tatsächlich statt und es wurden damals mehr als 200 Personen außer Landes gebracht. Diese historische Tatsache verknüpft Michael Köhlmeier sehr geschickt in seinem neusten Werk.
Anouk Perleman-Jacob befand sich damals als 14jährige an Bord eines solchen Schiffes gemeinsam mit ihren Eltern. Inzwischen 100jährig bittet sie den Autor ihre Lebensgeschichte niederzuschreiben. Das zentrale Thema in ihrer Erinnerung ist diese Seereise und das dortige Aufeinandertreffen mit Lenin, der sich ebenfalls an Bord befindet.
In ihren Erinnerungen springt sie oftmals zwischen verschiedenen Zeiten und Ereignisse, die für sie sehr prägend und belastend waren.
Das Buch mit seinen gut 200 Seiten liest sich sehr gut und die philosophischen Ansätze und Überlegungen von seitens Anouks, aber auch die, des Autoren bieten viel Raum für eigene Gedankengänge.

Ein sehr lesenswerter Roman mit großen Mehrwert - zunächst historische Details, die zu eigenen Nachforschungen anregen, aber auch eine gut erzählte Geschichte über durchaus existenziellen Fragen.

Bewertung vom 26.12.2023
Das Geheimnis der Mona Lisa
Rygiert, Beate

Das Geheimnis der Mona Lisa


sehr gut

Habe mit viel Vergnügen und oftmals auch große Staunen diesen Roman gelesen.
Das Bild der Mona Lisa hängt heute im Louvre in Paris und es ranken sich viele Geschichten um die Entstehung des Bildes. Beate Rygiert hat umfangreiche Recherche betrieben eine stimmige Geschichte über dieses berühmte Gemälde zu schreiben.
In zwei Handlungssträngen wird die Geschichte erzählt, Lisa, eine junge Frau, die eine arrangierte Ehe mit dem reichen Kaufmann Francesco Giocondo eingeht. Und Leonardo da Vinci, der große Künstler, der voller Ideen und Pläne steckt, die er allerdings oftmals nicht umsetzen kann und darf.
Zwei sehr unterschiedliche Menschen, die sich bei der Entstehung des Bildes annähern.
Die politische Unruhen, die Ränkespiele zwischen Mailand und Florenz, die entsetzliche Ungerechtigkeit und Gewalt der vielen damals ausgesetzt waren, all das fließt in diesen Roman ein.
Lisa vollzieht in der Geschichte eine Wandlung, entwickelt sich von einem naiven jungen Mädchen zu einer Frau mit festen Vorstellungen über ihr Leben.
Der Erzählstil und die vielen Details zu historischen Begebenheiten runden diese Geschichte, die auch Dramatik und großer Gefühle bietet, perfekt ab.
Am Ende des Buches bin auch ich, ein wenig der Faszination dieses Gemäldes erlegen
Das Cover wunderschön gestaltet - goldene Buchstaben, die skizzierte Feder und das berühmte Bildnis der Mona Lisa

Bewertung vom 29.11.2023
Der Spurenfinder
Kling, Marc-Uwe;Kling, Johanna;Kling, Luise

Der Spurenfinder


sehr gut

Das Buch ist hochwertig und sehr liebevoll gestaltet, das Cover mit den erhabenen Buchstaben wirkt edel.
Viele kleine Illustrationen bereichern die Geschichte um Elos von Bergen und seine beiden Mädchen Ada und Naru. Elos ist der berühmtester Spurenfinder der verlorenen Provinzen und möchte ein friedliches und "alltägliches" Leben führen, deshalb hängt er seinen Beruf an den Nagel. Er zieht mit seinen Kindern, in ein sehr verschlafenes kleines Dorf, namens Friedhofen.
Doch, die dort erhoffte Ruhe und der Frieden währt nur kurz Zeit.
Als Emmett Freling der Dorfvorsteher, tot aufgefunden wird, befinden sich alle drei plötzlich in einem sehr gefährlichen Abenteuer.
Eine äußerst unterhaltsame und fantasievolle Spurenfindung liegt vor Ihnen, sie reisen queer durch das Land und begegnen einer Vielzahl besonderer Figuren bis der Fall zufriedenstellend aufgeklärt wird.
Mir hat dieses Fantasy-Krimigeschichte sehr gut gefallen, die Dialoge zwischen Elos und seinen Mädels, aber auch die üblichen Streitereien zwischen Geschwistern fein beschrieben.
Elos Ledertasche mit Glotzoskop, Schnüffeltrichter und Schdip und die sehr anspruchsvolle Währung des Landes, Henriettas und Fredlaffs nur einige der witzigen Details des Buches.
Die Handlung spannend aufgebaut, bis zum Schluss noch viele überraschende Wendungen.
Ein empfehlenswertes Buch - Lesealter ab 10 Jahre und für alle junggebliebenen, fantasievollen Erwachsenen - durchaus ein Roman für die ganze Familie

Bewertung vom 13.11.2023
Endstation Malma
Schulman, Alex

Endstation Malma


ausgezeichnet

Die 8jährige Harriet steht völlig in schwarz gekleidet am Bahnsteig gemeinsam mit ihrem Vater. Sie warten auf die Ankunft eines Zuges, wir befinden uns in den 70er.
Im nächsten Kapitel, September 2001 unternimmt Harriet, nun als junge Frau gemeinsam mit ihrem Mann Oskar wieder eine Zugfahrt nach Malma. Beide sind sich fremd geworden und ihre Ehe steckt in einer tiefen Krise.
Jahre später, Yana, die gemeinsame Tochter von Harriet und Oskar begibt sich auf die Reise nach Malma. Nach dem Tod ihres Vaters, mit dem sie seit Jahren keinen Kontakt mehr hatte, möchte sie irgendwie verstehen, warum ihre Mutter sie als Kind eines Tages verlassen hat. Ihr Vater hat ihr ein Fotoalbum hinterlassen und ihre Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre Mutter werden allmählich wieder lebendig.
Zwei Frauen, und Oskar und dessen Blick auf Harriet, drei Zeitebenen - Alex Schulman erzählt nun die Geschichte abwechselnd aus der Sicht dieser Figuren.
Das Buch hat mich von der ersten Seite an gefesselt, der Schreibstil ruhig und bewegend. Und während der Zug sich der Endstation nähert, verstand ich auch
die große Traurigkeit und Verzweiflung von Harriet. Empathisch und authentisch beschreibt der Autor meisterlich, wie familiäre Lasten an die nächste Generation weitergegeben werden. Gesagtes oder auch das nicht Ausgesprochene kann Menschen zeitlebens beeinflussen.
Fazit: Lesenswert - berührender Roman, der lange in Erinnerung bleibt und zum Nachdenken anregt

Bewertung vom 16.10.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


sehr gut

Olivia Fords Debütroman über die 77jährige Jennifer Quinn, eine Geschichte zum Wohlfühlen und Genießen. Nicht alleine nur wegen der zauberhaften Backkreationen, die im Laufe des Romans immer wieder sehr genussvoll beschrieben werden. (Hätte gerne einige Rezepte davon im Buch gefunden)
Mrs. Quinn meldet sich eines Tages heimlich bei einem Backwettbewerb an, der im Fernsehen ausgestrahlt wird. Mit jeder neuen Challenge im TV-Studio wird sie mutiger und auch ein wenig entschlossener um den Sieg zu kämpfen.
In Rückblenden wird auch eine andere Geschichte erzählt, die, der jungen Jennifer und ihres Geheimnisses. Etwas, was tief verschlossen seit Jahrzehnten sie belastet und über was sie nicht hinweg kommt.
Beide Erzählstränge fand ich berührend und lebendig erzählt, wobei mich das Leben der jungen Jennifer noch mehr berührte.
Die Figuren besonders Jennifer und ihre große Liebe Bernard, ein liebesvolles Ehepaar, dass sich im Laufe des Lebens immer mehr ergänzt und sich vertraut, fand ich wundervoll beschrieben.
Fazit: Lesenswertes Buch, Tipp: Tee und zumindest Kekse parat haben

Bewertung vom 07.10.2023
Lichtspiel
Kehlmann, Daniel

Lichtspiel


ausgezeichnet

Daniel Kehlmann ist es wiederum großartig gelungen in seinem neusten Roman, vergangene Welten auferstehen zu lassen - Realität und Fiktion zu verschmelzen und dabei perfekt zu unterhalten.
Die Frage darf Erfolg und künstlerische Ambitionen über alles gestellt werden, und dadurch Unterhaltung als Mittel zur Propaganda von ideologische Gedankengut, Tür und Tor geöffnet werden, damit setzt sich der Autor in seinem neusten Werk auseinander. Vieles wurde mir nach der Lektüre klarer, die Optionen vor denen Künstler standen, ein wenig nachvollziehbarer.
Das Cover sehr edel, klassisch schwarz-weiß - Buchtitel groß plakativ (fällt im Buchhandel bestimmt ins Auge) - passend gewählt, gefällt mir sehr gut

Ein Fahrer holt aus dem Sanatorium Abendruh, den betagten Franz Wilzek zu einem Fernsehinterview ab, dieser hat früher als Kameraassistent bei dem Filmregisseur G.W. Pabst gearbeitet. Seine Erinnerungen sind allerdings nur noch bruchstückhaft und so endet sein Auftritt in einem Fiasko.
Genialer Einstieg in die Geschichte, Neugierde auf den Fortgang war sofort geweckt.
Kehlmann erzählt nun die Geschichte des berühmten Regisseur, der nach seiner Flucht in Amerika nicht an seine früheren Erfolg anknüpfen kann, auch der Tatsache geschuldet, dass seine mangelhaften Englischkenntnisse in daran hindern, konkrete Vertragsverhandlungen zu führen.
Da seine Mutter in Österreich Hilfe benötigt, fährt er und seine Familie dorthin und kann dann, das Land nicht mehr verlassen. Zukünftig soll er auf Geheiß des Ministers, metaphysische, edle Stoffe verfilmen.
All dies liest sich flüssig, die innere Zerrissenheit des G.W. Pabst, aber auch auch sein Streben nach Erfolg wird immer deutlicher.
Aus vielen Perspektiven wird die Geschichte erzählt, und so ist sie lebendig und gibt ein sehr stimmiges Bild der damaligen Zeit, aber auch die Entscheidungen Einzelner werden nachvollziehbarer.
Besonders gefiel mir das Eintauchen in die damalige Zeit, fast alles was in der damaligen Zeit im Kino Rang und Namen hatte wird erwähnt.
Kehlmanns Schreibstil ist meisterlich, auch seine mitunter, fast eine halbe Seite einnehmenden Sätze.
Fesselnder, tiefgründiger Roman - absolut lesenswert

Bewertung vom 02.10.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


sehr gut

Ostfriesland, ein kleines Dorf im Moor, Ende des zweiten Weltkriegs - die Bewohner leben in Armut, viele der jungen Männer sind im Krieg gefallen oder noch in Kriegsgefangenschaft.
Annie und Edith, zwei befreundete jungen Frauen warten auf die Rückkehr ihrer Männer. Doch nur Josef, Annies Mann kommt eines Tages nach Hause, schwer verwundet.
Die Dorfbewohner leben zurückgezogen, die Düsternis, das karge Leben in der Moorlandschaft, aber auch, der dort herrschende Aberglaube spürbar von Helga Bürstner beschrieben. Die Erzählung aus der Sicht der verschiedenen Personen geschildert und so ist das Erzählte jederzeit authentisch und sehr emotional.
Menschen, die wenig Hoffnung für ihre Zukunft haben, alles Neue argwöhnisch betrachten und vieles als "Hexerei" abtun, eine sehr explosive Mischung, die sich immer mehr in dem Dorf breitmacht. Gleichzeitig wird Tür und Tor für Scharlatane geöffnet, die davon profitieren wollen und andere aufhetzen.
Die lebendige Erzählung auch die plattdeutschen Dialoge machen den Roman so besonders, ein sehr berührendes Buch. Das Buch habe ich fast in einem Stück gelesen, gefesselt von der Geschichte.
Sehr tiefgehend, durchaus auch mit der bedeutsamen Botschaft. Perspektivlosigkeit und Zukunftsängste ermöglichen auch heute "Wunderheilern" einen rasanten Aufstieg.
Das Cover schlicht - ein schwarzer Hahn ( lässt wenig Aufschluss auf den Inhalt des Buches zu)
Fazit: Sehr lesenswerter Roman

Bewertung vom 10.09.2023
Weil da war etwas im Wasser
Kieser, Luca

Weil da war etwas im Wasser


sehr gut

Der Roman von Luca Kieser ist etwas besonderes, eigenwillig und auch mutig. Einiges hat mir sehr gut gefallen, wohingegen ich auf Beschreibungen von Penissen und Hoden durchaus hätte verzichten können.
Aber vielleicht deckt sich das mit der Geschichte um die uralte Kalmarin mit ihren 8 Armen, die alle einen Namen und ein Eigenleben haben. Die Leserschaft dieses Romans besteht auch aus ganz vielen Individuen, die ganz unterschiedlich dazu eingestellt sein werden.
Die Erzählung war sehr fesselnd, besser ausgedrückt ein ganzes Geflecht von Erzählungen, die ineinander verschlungen waren, wie Tentakelarme. Auch wechseln, sowohl die Tentakel den Fokus der Geschichte, als auch der Autor seinen Schreibstil, manches sehr sachlich, manches so bildhaft und packend, dann nur Aufzählungen aus Tagebüchern.

Aber mit jeder Seite wurde die Komplexität der Natur deutlich und auch wie wir Menschen in diese immer wieder eingreifen. Die Message sicherlich auch, die bisher nur sehr wenig erforschte Tiefsee und all die dort lebenden, meist verborgenen Geschöpfe sind schützenswert.
Ein Buch auf das man sich einlassen sollte, und das nicht nebenbei gelesen werden kann.
Das Buch selbst sehr hochwertig, Titel direkt auf den Buchdeckel gedruckt, das Cover sehr ansprechend gewählt, Tentakelarme, die sich durch und über den Titel schlängeln