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Benutzername: 
Christine
Wohnort: 
Südhessen

Bewertungen

Insgesamt 103 Bewertungen
Bewertung vom 05.02.2024
Wir werden jung sein
Leo, Maxim

Wir werden jung sein


ausgezeichnet

Eine Lektüre die nachhallt

Dies war bereits mein drittes Buch von Maxim Leo. Und ich finde, der Autor schafft es jedes Mal mich mit seiner Thematik zu überraschen.

In diesem Buch begleiten wir vier Menschen, die als Teilnehmer einer Medikamentenstudie jünger werden. Beginnend mit dem 15jährigen Jakob. Dieses erste Kapitel hat mir den Einstieg etwas schwer gemacht, weil es sehr jungendromanmäßig daherkommt. Im Rückblick passt dass aber sehr gut, hat mich am Anfang aber gestört. Ab dem zweiten Kapitel hatte mich das Buch aber.

Die Vorstellung sich jünger machen zu können, ist im ersten Moment schon recht verlockend. Man müsste es aber auch kontrollieren können. Wie weit zurück möchte man gehen? Kann man wirklich etwas nachholen? Ich selber würde schon gerne im Erwachsenenalter verbleiben.

Der Autor stellt aber auch allgemeine Fragen. Was würde eine kontinuierliche Verjüngung für die Gesellschaft bedeuten? Sei es die Verschärfung der Überbevölkerung, das Kollabieren des Rentensystems, die Frage nach Gerechtigkeit, also wer kann sich ein solches Medikament leisten, wer nicht.

Insgesamt war es für mich eine unterhaltende aber auch nachdenklich machende Lektüre. Ein Buch das auf jeden Fall nachhallt.

Bewertung vom 29.10.2023
Kein guter Mann
Izquierdo, Andreas

Kein guter Mann


ausgezeichnet

Einfach nur wunderbar – die perfekte Lektüre für die Weihnachtszeit

Diese wundervolle Geschichte spielt in Nordrhein-Westfalen, in dem kleinen Ort Ründeroth. Dort trägt Walter seit vielen Jahren die Post aus. Nur leider ist Walter nicht der angenehmste Zeitgenosse. Recht grummelig und auch gerne mal streitlustig, ist er in seinem Umfeld nicht wirklich beliebt. Selbst seine Ex-Frau und der Sohn wollen nichts mehr von ihm wissen. Nur seine Tochter Sabine versucht mit ihm im Kontakt zu bleiben.

Nachdem ein Streit mit einem Kunden, oder wie Walter sagen würde einem Empfänger, eskaliert, wird Walter in die Christkindfiliale strafversetzt. Und als Strafe empfindet Walter es auch, die Briefe der Kinder, die voller Rechtschreibfehler und aus seiner Sicht unverschämten Forderungen bestehen, zu beantworten. Bis er auf diesen einen Brief stößt, der alles verändern wird.

Neben dem Erzählstrang der heutigen Sicht, erfahren wir auch in Rückblenden, wie Walter zu dem Menschen geworden ist, der er heute ist. Denn Walter war in jungen Jahren ein fröhlicher und offener Mann. Was also ist passiert, dass aus ihm ein schlecht gelaunter Misantroph wurde?

Beim Lesen – ich hatte es in drei Tagen durch, viel zu schnell – dachte ich dauernd, was für ein schönes und berührendes Buch. Für mich auf jeden Fall ein Jahreshighlight!

Bewertung vom 26.10.2023
Ein Fluss so rot und schwarz
Ryan, Anthony

Ein Fluss so rot und schwarz


sehr gut

Grausig und erschreckend

Man stelle sich folgendes Szenario vor: Du wachst auf und du weißt nicht wer du bist, noch wo du bist. Du erblickst eine Möwe und du ahnst, du bist auf einem Boot. Mühsam rappelst du dich auf und schaust dich um. Rechts von dir lehnt ein Leichnam an einer Wand, in seiner Hand eine Pistole. Selbstmord, Mord?
Doch du bist nicht alleine. Es gibt noch fünf andere Menschen an Bord. Und auch sie wissen nicht wer sie sind.
Alles deutet darauf hin, dass ihr eine Mission zu erfüllen haben. Doch wer steuert das Boot und gibt die Instruktionen? Und warum?
Langsam fährt das Boot auf London zu. Und mit der Zeit wird klar, die Welt ist nicht mehr, wie sie mal war. Etwas Schreckliches muss passiert sein.

Was für eine Dystopie. Das recht schmale Buch, nur 269 Seiten dick, zieht einem in eine unheimliche und erschreckende Zukunftsvision. Der Anfang ist extrem packend, gegen Ende lässt es leider nach. Daher für mich ein vier-Sterne-Buch.

Bewertung vom 16.09.2023
Als wir an Wunder glaubten
Bürster, Helga

Als wir an Wunder glaubten


ausgezeichnet

Tolles Buch, für mich ein Jahreshighlight

Dies ist bereits mein zweites Buch von Helga Bürster. Mit „Eine andere Zeit“ konnte mich die Autorin im letzten Jahr schon begeistern. Und so war ich auf ihr neuestes Werk mehr als gespannt.

Wir befinden uns in Norddeutschland, sehr ländlich und abgeschieden, in den Nachkriegsjahren. Das Leben in der dortigen Moorlandschaft ist hart und ärmlich. Dem Moor muss alles mühsam abgetrotzt werden. Die Vergangenheit lastet schwer auf den Lebenden, es herrscht Misstrauen und Aberglauben in Unnenmoor.

Das Buch vermittelt eine düstere Stimmung, die für mich sehr gut rüber kam. Es war für mich auch eine interessante historische Reise. Allein die Beschreibung der Weltuntergangs-Prediger, die damals von Dorf zu Dorf gereist sind, fand ich spannend und gleichzeitig unglaublich. Die Autorin hat mich richtiggehend in die Vergangenheit katapultiert, wie eine kleine Zeitreise.

Definitiv ein Jahreshighlight, 5 Sterne de luxe.

Bewertung vom 14.08.2023
Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.
Strobel, Arno

Der Trip - Du hast dich frei gefühlt. Bis er dich fand.


sehr gut

Unterhaltsam, habe aber mehr erwartet

Nach dem Prolog und dem ersten Kapitel, dachte ich erst einmal Wow - was für Albtraumszenarien. Und ich befürchtete schon, dass der Thriller für mich zu brutal werden könnte. Aber mit Kapitel zwei ließ die Spannung rapide nach. Die Geschichte war immer noch unterhaltsam – kam aber leider nie mehr an den Spannungsbogen des Buchanfangs heran.

Campingplätze als Schauplatz von Verbrechen waren für mich Neuland und eine interessante Idee, aus der man aber mehr hätte machen können. Die Ermittlerarbeit der Polizei kam mir recht dürftig vor. Da hoffe ich doch, dass das in der Realität besser läuft.

Evelyn Jancke selbst, fand ich eher unsympathisch und recht unnahbar. Hier hätte ich mir noch mehr Tiefe gewünscht.

Insgesamt ein solider Thriller – aber leider kein Highlight. Von Arno Strobel gibt es deutlich bessere Bücher. Trotzdem bin ich beim nächsten Buch wieder dabei.

Bewertung vom 26.05.2023
Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)
Boyle, T. C.

Blue Skies (deutschsprachige Ausgabe)


ausgezeichnet

Alltag in der Apokalypse

Vorab – ich fand das Buch großartig. T.C. Boyle kann einfach ungewöhnliche Geschichten schreiben. Ich brauchte zwar zwei bis drei Kapitel, bis ich Feuer gefangen habe, aber dann hat mich das Buch nicht mehr losgelassen.

Aber um was geht es eigentlich. Wir lernen eine Familie in den USA kennen. Zum einen die beiden Eltern – er Arzt, sie Hausfrau. Beiden ist bewusst, dass wir alle auf eine Klimakatastrophe zusteuern. Doch was kann man daran noch ändern? Von Frank kommt dazu nicht viel, Ottilie versucht einen Beitrag durch die Verwendung von Insekten in den täglichen Mahlzeiten zu leisten.

Die beiden haben zwei Kinder – Cat und Cooper – die bereits erwachsen sind und ihr eigenes Leben leben. Während Cooper an dem Thema privat und beruflich – er ist Entomologe – sehr nahe dran ist, ist es für Cat nur eine Randerscheinung. Für steht aktuell ihre Karriere als Influencerin im Vordergrund.

Die Welt der vier Personen ändert sich innerhalb weniger Jahren drastisch. Bei den Eltern und Cooper in Kalifornien regnet es seit Monaten, ja seit Jahren nicht mehr. In Florida, wo Cat mit ihrem Mann Todd lebt, dagegen, regnet es quasi ununterbrochen. Einen blauen Himmel gibt es hier so gut wie gar nicht mehr. Gleichzeitig nimmt die Tierpopulation drastisch ab. Ganze Spezies stehen vor dem Aussterben.

Ich fand das Buch deshalb so beeindruckend, weil es nicht die Katastrophe in den Vordergrund stellt, sondern wie Menschen in dieser Situation weiterhin ihren Alltag bestreiten. Und dabei versuchen, ihr bisheriges Leben weiterhin so zu leben, wie sie es möchten Ein wirkliches, ein radikales Umdenken findet letztendlich nicht statt. Ja man schränkt sich notgedrungen bei dem ein oder anderen ein, mehr aber auch nicht. Wahrscheinlich wird es letztendlich genau so laufen. Eine großartige und gleichzeitig bedrückende Lektüre.

Bewertung vom 01.05.2023
Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4
Benedict, Marie

Die einzige Frau im Raum / Starke Frauen im Schatten der Weltgeschichte Bd.4


sehr gut

Eine ungewöhnliche Lebensgeschichte

Ich muss zugeben, mir sagte Hedy Lamarr gar nichts. Wobei ich bestimmt mal den ein oder anderen (Schwarz-weiß)Film mit ihr gesehen habe. Das wird aber schon lange her sein.

Angesprochen hat mich die Tatsache, dass ein berühmter Filmstar aus den 30/40ern gleichzeitig Wissenschaftlerin war, die sogar technische Patente angemeldet hat. Das ist etwas, dass auf dem ersten Blick so gar nicht zusammenpasst. Da sieht man mal wieder, welche blöden Vorteile in einem selber stecken.

Das Buch selber fand ich wirklich gut und interessant geschrieben. Romanbiographien sind für mich tatsächlich Neuland. Ich denke aber, dass ich noch das ein oder andere Buch aus diesem Genre ausprobieren werde. Denn dieser erste Ausflug in die neue Sparte hat mir sehr gut gefallen.

Was ich ein bisschen Schade fand, war der kurze zeitliche Umfang von gerade mal neun Jahren. Ich hätte mir gewünscht, dass man noch mehr über ihren Werdegang nach 1942 erfährt.

Insgesamt war es ein lohnenswertes Buch, dass auch dazu anregt, sich mehr mit Hedy Lamarr zu befassen.

Bewertung vom 15.04.2023
3000 Yen fürs Glück
Harada, Hika

3000 Yen fürs Glück


sehr gut

Mal etwas anderes

Der Untertitel „Ein Familienroman über die Kunst des Sparens“ beschreibt den Inhalt des Buches sehr treffend. Es geht tatsächlich darum, wie die einzelnen Mitglieder einer Familie und deren Freunde mit ihrem Geld und dem Thema Sparen umgehen.

Ich fand das sehr interessant – insbesondere vor dem Hintergrund der japanischen Kultur. Ich vermute aber mal, dass ein solches Buch aus Deutschland von Verlagen direkt abgelehnt werden würde. Nach dem Motto „Wer liest denn so etwas?“.

Das Thema ist schon sehr speziell und bestimmt nicht jedermanns Sache.

Mir hat besonders die Sicht der Großmutter Kotoko gefallen und ihre Einführung in Kakeibo. Im Buch findet sich auch ein hilfreiches Glossar. Dennoch regt das Buch dazu an, sich noch tiefer in die Materie zu googeln.

Ein ungewöhnliches Buch, dass ich gerne mit 4,5 Sternen bewerte. Auf jeden Fall mal etwas anderes.

Bewertung vom 01.04.2023
Institut für gute Mütter
Chan, Jessamine

Institut für gute Mütter


ausgezeichnet

Unglaublich und doch möglich

Frida, Mutter einer kleinen Tochter und geschieden, teilt sich das Sorgerecht mit ihrem Ex-Mann. Die letzten Tage hat Frida extremst schlecht und nur wenig geschlafen. Auf Grund dieser Übermüdung und dem Druck der Arbeit, begeht sie einen schwerwiegenden Fehler. Sie lässt ihre Tochter allein zu Hause, um Unterlagen von ihrer Arbeitsstelle abzuholen. Und sie dehnt die „Pause“ zusätzlich noch aus, denn Frida ist mit der Gesamtsituation sichtlich überfordert.

Doch anstatt Frida wirklich zu helfen, wird sie in das gerade neu geschaffene Institut für gute Mütter gesteckt. Innerhalb eines Jahres soll sie dort lernen, eine gute Mutter zu werden. Denn nur dann darf sie wieder Kontakt zu ihrer Tochter haben.

Die Gründe, warum Frauen in diesem Institut landen, sind vielfältig. Neben tatsächlicher Vernachlässigung können es auch Kleinigkeiten sein, wie z.B. dass die Wohnung nicht ausreichend kindersicher war.

Was diesen Frauen in dem Institut widerfährt und wie sie dort quasi umerzogen werden, ist unglaublich. Und leider doch möglich. Das hat mich am meisten erschreckt.

Ein Institut für gute Väter gibt es im Übrigen auch. In diesem Sinne gibt es sogar „Gleichberechtigung“.

Es war auf jeden Fall eine lehrreiche Lektüre, da man selber überlegt und reflektiert, was denn eine „gute“ Mutter ausmacht.

Bewertung vom 19.03.2023
Die spürst du nicht
Glattauer, Daniel

Die spürst du nicht


ausgezeichnet

Stilistisch und erzählerisch großartig

Schon nach ein paar Seiten hatte ich das Gefühl, in einem Kino zu sitzen. Ich konnte mir es so gut vorstellen – man sieht die Figuren auf der sonnenbeschienenen Terrasse in der Toskana sitzen und aus dem Off kommt eine sonore Erzählstimme, die die Erwachsenen und Kinder der Urlaubsgemeinschaft vorstellt. Und das meine ich nicht negativ. Mir hat das extrem gut gefallen. Insgesamt fand ich den Roman stilistisch ungewöhnlich und großartig.

Und auch inhaltlich hat mich der Autor mit seiner Geschichte gepackt und überzeugt. Den Umgang der Medien, der Gesellschaft und der einzelnen Beteiligten mit der Situation fand ich absolut nachvollziehbar.

Der Roman führt einem vor Augen, dass in unserer Gesellschaft Menschen leben, die „man nicht spürt“. Menschen „unter unserer Wahrnehmung, unter unserem Interesse“. Und doch ist es wichtig, dass diese Menschen ihre Geschichte erzählen können und wir Ihnen zuhören und sie wahrnehmen. Und dieses Buch ist ein kleiner Beitrag dazu. Daher einen großen Dank an den Autor, der mich wieder wachgerüttelt hat.