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Benutzername: 
H.8
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Kassel

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 14.03.2025
Die Summe unserer Teile
Lopez, Paola

Die Summe unserer Teile


sehr gut

Drei Generationen

Lucys Mutter Daria ist Halb-Polin und Halb-Libanesin. Seit Lucy heimlich von München nach Berlin in eine WG gezogen ist, hat sie keinen Kontakt mehr mit ihrer Mutter. Doch da steht eines Tages ihr altes Klavier in ihrem Zimmer, das nur ihre Mutter ihr geschickt haben kann. Das Klavier und alles was damit zusammenhängt, löst etwas in Lucy aus und sie begibt sich auf die Suche nach ihrer Herkunft, Identität und Antworten auf so viele Fragen.

"Die Summe unserer Teile" ist ein bildstarker Roman über drei unabhängige und auf ihre Art und Weise zielstrebige Frauen aus drei verschiedenen Generationen. Alle drei haben sie in verschiedenen Welten gelebt und es schwer gehabt, aufeinander zu zu gehen und Verständnis füreinander aufzubringen. Es geht dabei um Familie, die Frage "Was wäre wenn... ?" und das Hadern mit der eigenen Geschichte. Die Sprache ist einerseits modern und leicht und trifft dabei andererseits den nötigen melancholischen Ton, um die Gefühle zwischen den Zeilen zu transportieren. Kein großer Familienepos, aber auch keine durchweg leichte Kost!

Bewertung vom 13.03.2025
Erdbeeren und Zigarettenqualm (eBook, ePUB)
Docherty, Madeline

Erdbeeren und Zigarettenqualm (eBook, ePUB)


gut

Schwieriger Schreibstil

Ella ist deine beste Freundin. Du kannst alles mit ihr teilen, nicht nur eure Studenten-WG. Dein Studium erfüllt dich nicht wirklich. Und erwachsen fühlst du dich auch noch nicht. Liebe und Sexualität sind schwierig, nicht zuletzt wegen diesen Schmerzen, die dich regelmäßig heimsuchen und dich um den Verstand bringen. Aber du scheust dich zum Arzt zu gehen und als du dich endlich überwinden konntest, sollst du operiert werden.

Das besonderste an diesem Buch ist die Erzählperspektive. Die Autorin lässt ihre Hauptfigur in der Du-Perspektive berichten, wodurch man direkt angesprochen und aktiv zum Nachdenken aufgefordert wird. Die zentralen Themen von "Erdbeeren und Zigarettenqualm" sind die Suche nach der eigenen Identität und Sexualität und die Endometriose als eine leider immer noch unterschätzte Erkrankung, die mehr Bewusstsein und Aufklärung in der Gesellschaft benötigt.
Mich hat der Schreibstil leider gar nicht angesprochen. Es wird rastlos durch die Ereignisse gehetzt. Auch das Gendern im Text habe ich eher als störend empfunden und ich hätte mich über klarer abgegrenzte Dialoge gefreut. Wichtige Themen wurden angesprochen, aber die Umsetzung ist ausbaufähig.

Bewertung vom 10.03.2025
Die Kammer
Dean, Will

Die Kammer


ausgezeichnet

Atemberaubend

Ellen Brooke ist Sättigungstaucherin. Das bedeutet, dass sie sich gemeinsam mit anderen Tauchern in eine Druckkammer begibt, die den Druck auf dem Meeresboden in vielen Metern Tiefe simuliert. Die Taucher bleiben während ihres Arbeitseinsatzes gemeinsam in der engen Kammer eingeschlossen und dürfen diese erst nach einer mehrtägigen Dekompressionsphase wieder verlassen. Doch der aktuelle Einsatz vor der Küste Schottlands läuft alles andere als normal ab. Nach Ellens erstem Tauchgang ist einer ihrer fünf Kollegen tot und es soll nicht der letzte gewesen sein.

Dieses Buch ist atemberaubend und temporeich. Es verkörpert alles das, was ich mir unter einem Pageturner vorstelle. Einerseits wird wissenschaftlich exakt das Sättigungstauchen und die dahinterstehenden Gesetze der Physik für den Laien verständlich erläutert. Andererseits besteht permanent diese unterschwellige Spannung, die selbst dem Leser die Psyche einengt und damit perfekt die Enge in der Kammer widerspiegelt. Dabei kommen aber auch die Persönlichkeiten und Geschichten der Protagonisten nicht zu kurz.
Ich bin begeistert von diesem Buch und würde es sofort wieder lesen!

Bewertung vom 05.03.2025
Dunkle Momente
Hoven, Elisa

Dunkle Momente


ausgezeichnet

Schwarz und Weiß

Bei einem Gewaltverbrechen ist es die Aufgabe der Verteidigung, sich mit der Tat und der Motive des Täters auf eine ganz andere, vielleicht noch intensivere, Art und Weise auseinanderzusetzen. Eine solche Strafverteidigerin ist Eva Herbergen. Sie hinterfragt die Taten, die Persönlichkeit und die Umstände des Angeklagten. Dabei ist die Schuldfrage auch bei Indizien und Beweisen nicht immer leicht zu klären.

In "Dunkle Momente" werden neun Fälle mit teilweise realem Hintergrund erzählt. Für Autorin Elisa Hoven ist es ihr Debüt. Hauptberuflich ist sie Professorin für Strafrecht und gibt dem Buch durch ihr fundiertes juristisches Wissen eine ganz besondere Note. Es wird deutlich, dass man niemanden in Schwarz und Weiß einteilen kann, es nicht nur eine Wahrheit gibt und somit Gerechtigkeit nicht immer rechtens ist.
Dieses Buch ist aufwühlend, spannend, erschütternd und regt zum Nachdenken an.

Bewertung vom 19.02.2025
Die Allee
Anders, Florentine

Die Allee


sehr gut

Star-Architekt

In den 1930er Jahren lernt der junge aufstrebende Architekt Hermann Henselmann die zehn Jahre jüngere Isi kennen, deren Traum es ist auch Architektin werden zu können. Als Isi volljährig ist, heiraten die beiden. Anstatt eine eigene Karriere zu beginnen, bekommt Isi insgesamt acht Kinder mit Hermann und unterstützt ihn bei allen seinen beruflichen Vorhaben. Nach dem Krieg wird er erst Direktor der Bauhaus Universität in Weimar, später Vorreiter der Stadtplanung Ost-Berlins.

"Die Allee" beschreibt die Geschichte einer Familie von ihren zarten Anfängen bis zum Tod des Patriarchs sozusagen von innen heraus, denn Autorin Florentine Anders ist die Enkelin Hermann Henselmanns. Ihre Mutter Isa war eins der acht Kinder der Henselmanns. Allerdings litten die Kinder unter ihrem berühmten Vater sehr. Er war jähzornig, cholerisch und schnell wütend. Dabei schreckte er auch vor Gewalt gegenüber den Kindern nicht zurück. Seiner Frau, mit der er bis zu seinem Tod im Alter von 95 Jahren verheiratet war, war er untreu, hielt seine Affären nicht mal vor ihr geheim.
Hinter solchen Charakterzügen geraten die Entwürfe für prägende Gebäude wie den Berliner Fernsehturm schnell ins Hintertreffen und schmälern aus meiner Sicht den Ruhm als bekannter DDR-Architekt immens.
Nichtsdestotrotz ist "Die Allee" flüssig und spannend zu lesen und informiert über ein großes Stück deutscher Architektur- und Familiengeschichte.

Bewertung vom 18.02.2025
Russische Spezialitäten
Kapitelman, Dmitrij

Russische Spezialitäten


sehr gut

Muttersprache

Im kleinen Magasin von Dmitrijs Eltern in Leipzig scheint die russische Welt noch heil zu sein. Die Kunden freuen sich über ihr russisches Kleinod und das Heimatgefühl, das die sowjetischen Waren bei ihnen auslösen. Dabei hadert Dmitrij aktuell mit seiner Muttersprache mehr denn je. Denn in seiner Geburtsstadt Kiew, ist die russische Sprache seit Putins Angriffskrieg nicht mehr gern gehört. Umso mehr schmerzt es ihn, wenn seine Mutter russische Propaganda schaut und die Augen vor der Realität verschließt.

"Russische Spezialitäten" ist ein herzerwärmender Roman über die Liebe zur Heimat und die Spaltung der russisch-ukrainischen Welt. Dabei trifft Kapitelman meiner Meinung nach genau den richtigen Ton in einer Mischung aus Wehmut, Verbundenheit und Realität.
Das zentrale Element ist immer wieder die Sprache und die Bedeutung, die dahinter steht, die so oft vieldeutig ist und dabei auch so viel Schaden anrichten kann. Wer bei diesem Buch nur Melancholie erwartet, irrt sich. Denn es ist dem Autor gelungen zu seinem Scharfsinn auch eine ordentliche Prise Humor mit einfließen zu lassen und auf viele Anekdoten trotz aller Tragik mit einem zwinkernden Augen zu schauen.

Bewertung vom 12.02.2025
Das Leben fing im Sommer an
Kramer, Christoph

Das Leben fing im Sommer an


ausgezeichnet

Jugenderfahrungen

Am ersten Tag der großen Ferien steht der 15-jährige Christoph Kramer auf einer Party seiner großen Liebe Debbie gegenüber. Der schüchterne Junge tut sich schwer Debbie seine Gefühle zu gestehen und doch kommt es irgendwie zu seinem ersten Kuss überhaupt. Dabei schien Debbie doch immer so unerreichbar für ihn. Meint sie es wirklich ernst?

Der frühere Fußballprofi und Weltmeister Christoph Kramer schreibt über seine persönlichen Erfahrungen als Teenager im Jahrhundertsommer 2006. "Das Leben fing im Sommer an" ist ein gefühlvolles und atmosphärisches Buch über Teenagersorgen, die erste Liebe und die scheinbar unendliche Freiheit der Jugend. Die Charaktere der Jugendlichen werden vielschichtig dargestellt. Tiefgründige Dialoge darf man nicht erwarten, wären aber auch in diesem Zusammenhang unpassend. Mir hat das Buch insgesamt sehr gut gefallen und dadurch Lust auf den Sommer bekommen!

Bewertung vom 12.02.2025
»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1
Klüpfel, Volker

»Wenn Ende gut, dann alles« / Svetlana und Tommi ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Tolles Team

Der mehr oder weniger erfolglose Schriftsteller Tommi lebt im alten Wohnmobil seines Vaters. Gemeinsam mit dem Wohnmobil hat er auch Putzfrau Svetlana übernommen, die sich regelmäßig um seinen kleinen Haushalt kümmert. Bei dieser Gelegenheit hat sie auch das kleine hilflose Mädchen am Waldrand entdeckt, derer sich die beiden angenommen haben. Die Kleine wird in einem Heim untergebracht und Svetlana und Tommi machen es sich nun zur Aufgabe die Mutter zu finden.
"Wenn Ende gut, dann alles" ist ein humorvoller und anekdotenreicher Krimi wie man ihn von Volker Klüpfel erwartet. Svetlanas ukrainischer Akzent ist ausgeklügelt umgesetzt und macht aus ihr eine ausgesprochene sympathische und herzliche Person. Überhaupt sind die Charaktere alle besonders detailliert und breitgefächert dargestellt, sodass sie durch ihre Eigenheiten die Geschehnisse bereichern. Ich hoffe, es wird in Zukunft noch mehr Ermittlungen für dieses außergewöhnliche Team geben!

Bewertung vom 30.01.2025
Von hier aus weiter
Pásztor, Susann

Von hier aus weiter


ausgezeichnet

Trauerbewältigung

Für Marlene ist eine Welt zusammen gebrochen. Jahrzehntelang war sie glücklich mit ihrem Mann Rolf verheiratet. Als er jedoch eine Tumordiagnose bekommen hat, bringt er sich selber um - alleine, ohne Marlene mitzunehmen.
Für die Witwe beginnt eine Zeit voller Trauer, Wut und Unverstehen. Den erhofften Abschiedsbrief hat Rolf bei Marlenes bester Freundin weit weg in Wien deponiert. Wie gut, dass ihr ehemaliger Schüler Jack ihr behilflich ist und mit ihr die Reise zu den offenen Fragen antritt.

Dieses Buch hat mich schwer beeindruckt! Die Geschichte hat mich abgeholt und mitgenommen in nachvollziehbare Emotionen und Handlungen. Es besticht durch seine Einfachheit und gleichzeitige Komplexität, die die Gefühlsregungen mitsich bringen.
Die Hauptfigur Marlene ist darüberhinaus sehr sympathisch und menschlich und es gibt bei all der Trauer trotzdem auch immer wieder Situationen, die einem ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Bewertung vom 29.01.2025
Klapper
Prödel, Kurt

Klapper


ausgezeichnet

Teenager

Bär ist neu in Klappers Klasse. Klapper ist der Außenseiter. Nur Bär, das große selbstbewusste Mädchen, will etwas mit ihm zutun haben. Seine größte Leidenschaft sind Computerspiele. Auch Bär versteht etwas davon. Gemeinsam bauen sie an ihrer eigenen virtuellen Welt. Zuhause läuft es für die beiden auch nicht gut. Jeder hat seine Probleme. Nur darüber reden fällt ihnen schwer.

Dieses Buch erzählt eine Geschichte von Teenagern in der Schwebezeit zwischen Kind sein und Erwachsen werden, wie sie tausend- wenn nicht millionenmal auf der Welt vorkommt. Aber für Klapper ist es etwas besonderes, denn es ist seine Geschichte, die eines Einzelgängers. Einer Person, die von seiner Umwelt selten und wenn dann nur negativ wahrgenommen wird. Nur Bär scheint das alles nicht zu interessieren, so wie sie sich generell häufig über Konventionen hinwegsetzt.
"Klapper" ist ein sehr lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt und noch eine Weile nachhallt.