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Benutzername: 
Vroni Mars
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Coburg

Bewertungen

Insgesamt 12 Bewertungen
12
Bewertung vom 26.01.2016
Der goldene Sohn
Gowda, Shilpi Somaya

Der goldene Sohn


sehr gut

In Shilpi Somaya Gowdas Roman "Der goldene Sohn" geht es um den jungen Anil, der wohlbehütet im Kreis einer großen Familie in einem indischen Dorf aufwächst. Als ältester Sohn soll er später die Rolle des Familienoberhaupts und Schiedsmanns einnehmen und Streitigkeiten in der Dorfgemeinschaft schlichten. Leena war in seiner Kindheit seine beste Freundin. Ein mutiges Mädchen und draufgängerischer Wildfang, das seine Familie und die freie Natur über alles liebt. In ihrer Kindheit sind Anil und Leena ein unzertrennliches Gespann, doch dann führen ihre Wege in verschiedene Richtungen. Anil verlässt das Dorf, um Medizin zu studieren und in den USA als Arzt zu arbeiten. Leena bleibt in Indien, heiratet und zieht zu der Familie ihres Mannes.

Dieser Roman lässt einem in die indische Welt eintauchen, in der Traditionen, Aberglauben und Ehre eine große Rolle spielen. Es werden die schönen Seiten Indiens dargestellt, aber vor allem auch die negativen. Dies sind u.a. Themen wie Mitgiftjäger, die Stellung der Frau, Kastenwesen, Hunger, Armut usw. Vieles hat man schon in Dokumentationen gesehen, aber eingebettet in eine Geschichte geht einem das noch viel näher. Darüber hinaus stellt die Medizin noch einen wichtigen Aspekt dar, wobei die indischen und amerikanischen Standards miteinander verglichen und die Abläufe in einem Krankenhaus dargestellt werden. Letztlich geht es in dem Buch aber auch darum, dass es jedem Menschen gelingen kann, Glück und Frieden zu finden, wenn man sich weiterentwickelt und kämpft.
Die beiden Hauptfiguren Anil und Leena machen in dem Buch einiges durch. Beide tauchen in eine für sie fremde Welt ein, in der sie auf sich gestellt sind. So zieht Anil nach Amerika, um seine Assistentarztstelle anzutreten. Leena zieht zu ihrem arrangierten Ehemann und seiner Familie, die sie überhaupt nicht kennt. Beide sehen schlimme Dinge bzw. sind das Opfer von Grausamkeiten. Sie müssen sich gegen viele Widrigkeiten stellen und um ihr Glück kämpfen.

Die Autorin schafft es mit ihr anschaulichen Schreibweise sowohl die Sonnen- und auch Schattenseiten authentisch darzustellen. Manchmal fehlte mir die Nachvollziehbarkeit von bestimmten Handlungen und es wäre schön gewesen, wenn diese noch erläutert gewesen wären. Das Ende hätte für meinen Geschmack noch ein bisschen ausladender sein können.

Das Buch hat mir gezeigt: Die Welt ist grausam, egal wo man ist!! Dabei wurde mir aber auch vor Augen geführt, wie viele indische Frauen unter den alten Traditionen und Wertvorstellungen leiden müssen. Obwohl Indien eine aufschwingende Wirtschaft hat und westlich orientiert ist, stecken moderne Werte wie Emanzipation, Gleichberechtigung, Freiheit usw. in den Kinderschuhen. Das weibliche Geschlecht spielt immer noch den Fußabtreter für die patriarchalische Gesellschaft. Frauen werden zwangsverheiratet, dienen dem Ehemann als Einnahmequelle und Dienerin und werden noch geächtet, wenn sie sich dagegen wehren. Frauen sind dort Menschen zweiter Klasse.

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