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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Frieda-Anna
Wohnort: 
Eppendorf

Bewertungen

Insgesamt 46 Bewertungen
Bewertung vom 12.12.2016
HELIX - Sie werden uns ersetzen
Elsberg, Marc

HELIX - Sie werden uns ersetzen


ausgezeichnet

"Bald kann man seine Kinder aus dem Katalog bestellen". Was sonst schon mal hinter vor gehaltener Hand gegeseitig zugeraunt wird, wenn am Stammtisch ein solches Thema zur Sprache kommt, wird hier von Herrn Elsberg zu einem brisanten Roman verarbeitet.

Auffällig ist, dass es gar keinen Hauptprotagonisten im klassischen Sinne gibt. In mehreren Erzählsträngen, die in teils extrem kurzen Kapiteln abgehandelt werden, finden sich diebsonderbegabten Kindern und "Gute" und "Böse" aus Wissenschaft und Forschung. Genmanipulation an Pflanzen, Tieren und Menschen ist das Grundgerüst der Story und der begeisterte Leser wird neben der Fiktion um die Abschaffung der klassischen Menschenmodelle, also wir, mit verständlichen Infos aus diesem Wissenschaftszweig gefüttert.

Dieser für mich erste Roman dieses Genres konnte mich aufgrund der brisanten Thematik und des angnehm unaufdringlichen Schreibstils des Autors überzeugen. Selbst nach längeren Lesepausen, die ich leider notgedrungen einlegen musste, kam ich immer wieder gut in die Handlung rein und war gefesselt. Vorhersehbarkeit des Ausgangs gleich null und lesenswert schon deshalb, weil man hinter aller Fiktion auch die Möglichkeiten der Genforschung aufblizten sieht, die eventuell irgendwo schon Wirklichkeit sein könnten. Sinngemäß tut sich also die Frage nach dem eigenen Standpunkt zur Genmanipulation auf. Vielleicht ist bei dem einen oder anderen aufmerksamen Leser dieser nach der Lektüre nicht mehr an der selben Stelle?

Bewertung vom 21.10.2016
Im Wald / Oliver von Bodenstein Bd.8
Neuhaus, Nele

Im Wald / Oliver von Bodenstein Bd.8


sehr gut

Hier geht es flott zur Sache!
Oliver von Bodenstein und Pia Sanders, das bekannte Ermittlerduo aus Nele Neuhaus populären Krimis, ermitteln in einem Fall, der Oliver persönlich (be)trifft.
Im Sommer 1972, als Bodenstein 11 Jahre alt war, verliert er seinen besten Freund. Artur, ein Junge, genauso alt wie er, der mit seinen Eltern aus Russland eingewandert ist, verschwindet spurlos. Bis heute ist sein Verbleib nicht bekannt geworden.

Diverse aktuelle Morde im hessischen Ruppertshain erschüttern die Dorfgemeinschaft und deuten auf eine Verbindung mit der Vergangenheit hin. Oliver und Pia werden auf den Plan gerufen und rütteln ordentlich an der alten Geschichte. Das gefällt nicht jedem Ruppersthainer! Und Oliver manchmal auch nicht…

Kaum sind die ersten Zeilen des Prologs gelesen, ist man verloren und der Atem beginnt schon zu stocken. Spätestens ab dem 1. Kapitel kann man nicht mehr aufhören umzublättern und ist heillos verstrickt in die Vorfälle des aktuellen Zeitgeschehens und der Vergangenheit.

Die vielen Protagonisten rund um das Ermittlerteam K11, welches Nele Neuhaus so imposant schildert und auftreten lässt, kann man mit dem Personenverzeichnis am Anfang gut auseinanderdividieren, zumal auch die jeweiligen Eigenarten und Abgründe der handelnden und sich windenden Menschen gut in den Fokus gerückt werden.
Frau Neuhaus gönnt ihren süchtigen Lesern keinen Aufschub und es geht Schlag auf Schlag, erstaunliche Sachverhalte aufzudecken und auch das kleinste Puzzleteilchen zu suchen und richtig einzufügen.

Dieser Fall rührt an einem verdrängten Kindheitstrauma Olivers und hat dadurch eine erheblich emotionale Ebene, deren Anteile das sentimentale Leserherz zu Tränen rühren können.
Das hat mich ehrlich beeindruckt und mich zu einem neuen Fan der hochgehandelten Autorin werden lassen.
Begeistert habe ich auch die rechtsmedizinischen Informationen aufgenommen und mich über die Zwistigkeiten und kleinen Rangeleien innerhalb des Ermittlerteams amüsiert.

Der neue Band von Nele Neuhaus ist ein in sich schlüssiges und unvorhersehbares Gesamtpaket, mit vielleicht manchmal etwas zu viel Potenzial. An einigen Stellen hätten größere Puzzleteilchen die Komplexität der Zusammenhänge entzerren, und so die Konzentration des leicht gestressten Lesers besser aufrecht erhalten können.
Trotzdem haben mich die Story und Schreibstil überzeugt und kurzweilig unterhalten.

Empfehlung mit schlafloser-Nacht-Garantie.

Bewertung vom 08.10.2016
Der Sturz des Doppeladlers
Mosser, Birgit

Der Sturz des Doppeladlers


ausgezeichnet

Wir alle kennen den österreichischen Monarchen Franz Joseph aus den Sissi Filmen und den Biographien rund um die Familie Habsburg.
Als Franz im November 1916 stirbt, beginnt Birgit Mossers mitreißender Roman über den Untergang der großen Monarchie Österreich-Ungarn.

Wir bekommen detailgetreue und authentische historische Einblicke in vier Familien aus verschiedenen sozialen Schichten, die alle zwar unterschiedlich aber jede massiv unter den den furchtbaren Konsequenzen des erbitterten ersten Weltkrieges leiden, der sich mittlerweile im dritten Jahr befindet. Es mangelt an Lebensmitteln und Brennstoff. Kaffee gibt es nicht mehr. Stattdessen wird ein unbekömmlicher Sud aus Eicheln oder Kastanien aufgebrüht, den eigentlich kein Mensch trinken kann. Brot wurde mit Sägemehl gestreckt. Ich glaube, dass hat mich neben den grausigen körperlichen und seelischen Verletzungen, die Frau Mosser sehr eindringlich schildert, am meisten entsetzt.

Die Menschen hungern und frieren. Wer Glück hat und zur Dienerschaft einer der reicheren Wiener Familien gehört, kann einen einfachen Lebensstandard einigermaßen aufrecht erhalten. So auch die sympathische Berta Sogl, die dann jedoch ungewollt schwanger und von ihrer Hausherrin prompt vor die Tür gesetzt wird. Ledige Mütter haben es in der konservativen Gesellschaft wahnsinnig schwer. Für Berta beginnt ein harter Kampf um Brot und Geld.
An der Front ist die Versorgung ebenso schlecht. Grausige Szenen, Desertation und Gefangenschaft sind die Folge der strauchelnden Monarchie. Österreich wird soweit gedemütigt, bis nur noch ein winziger Staat übrig ist.

Birgit Mosser beschreibt berührend die schweren Schicksalsschläge und Entbehrungen ohne dabei umständlich zu wirken, so dass man sich ganz nah im Geschehen sieht. Trotz aller Tragödien war es schön, manches Glück der Menschen in dieser prägenden Zeit mit zu erleben. Die Autorin lässt “kleine Glücke”, in einer Epoche, in der nichts mehr selbstverständlich ist, zu etwas Essentiellem werden.

Ein Buch, das gerade heute aktuell ist, neben aller Fiktion geschichtliches Wissen vermittelt und gelesen werden will.
Ich empfehle vorherige Infos über die Sachverhalte des 1. Weltkrieges und Österreich-Ungarn, um alle Zusammenhänge zu verstehen und den Inhalt bis zum Schluss auszukosten.

Bewertung vom 16.09.2016
Meine geniale Freundin / Neapolitanische Saga Bd.1
Ferrante, Elena

Meine geniale Freundin / Neapolitanische Saga Bd.1


weniger gut

Eine Saga?

In diesem ersten Teil der stark beworbenen italienischen Saga versetzt uns die große Unbekannte Autorin Elena Ferrante ins Rione, einem ärmlichen Viertel bei Neapel.
Sie, oder sind es mehrere Autoren?, lässt Elena und Lila, die beiden Hauptfiguren zunächst Kinder sein. Wir werden Zeugen etlicher Klein-Mädchen-Spiele und Mutproben, bis die beiden schließlich zueinander finden und auf einer fragilen Beziehungsebene die bekannten Stationen des Erwachsenwerden durchleben.
Dazu gehören dramatische Alltagsszenen der italienischen Art innerhalb der Familien, von denen es im Buch eine Menge gibt und das erste Geturtel zwischen den Jungendlichen im Rione.
Inhaltlich konnte mich an diesem Buch nichts überraschen, geschweige denn fiebrig werden lassen, wie es die Werbung versprach.
Für mich passt “Meine geniale Freundin” eher in das Genre Jugendliteratur der anspruchsvolleren Art und könnte hier gut mit dem feinen Stil und der versuchten sprachlichen Eleganz punkten.

Beide Protagonistinnen sind gut in der Schule, doch nur Elena ist es vergönnt den höheren Bildungsweg einzuschlagen, obwohl auch Lila sehr intelligent ist und sogar autodidaktische Fähigkeiten ausspielen kann. Beide konkurrieren in einer versteckten Art und Weise miteinander und ich kann eigentlich keine großartige Freundschaft erkennen. Immer wieder kommt es mir so vor als wünscht die eine der anderen nichts Gutes. Das hat mich sehr irritiert. Sollte es hier nicht um eine ganz besondere Beziehung zwischen zwei Frauen gehen?

Ich habe mich nicht geärgert das Buch gelesen zu haben, gewundert, über den Hype, der darum gemacht wird habe ich mich schon.
Ein einfaches, leichtes Gericht mit alltäglichen Zutaten, was hier inkognito gekocht wurde. Wer’s mag, wird auch die folgenden anderen drei Teile nicht verschmähen.

8 von 11 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.09.2016
Bühlerhöhe
Glaser, Brigitte

Bühlerhöhe


ausgezeichnet

Die “Bühlerhöhe” ist ein fiktiver Roman mit historischem Hintergrund, einem realen Schauplatz und spielt in den frühen 50ern, als unser demokratischer Staat noch sehr jung war.
Mit dem Glossar angefangen war ich über die deutsch-israelische Geschichte wieder gut informiert und auf den Roman vorbereitet.

Auf Konrad Adenauer soll laut geheimer Infos ein Attentat verübt werden, denn die radikale jüdische Bewegung ist dagegen “Blutgeld” als so genannte Wiedergutmachung von Deutschland anzunehmen.
Doch Israel braucht das Geld dringend und so soll Rosa als Agentin den Anschlag verhindern. Aufgewachsen in Deutschland, geflüchtet vor dem Naziregime und etablierte Bewohnerin eines Kibbuz kennt den Schwarzwald gut, und so ist sie die ideale Wahl für den Auftrag, obwohl sie das selber ganz anders sieht und widerwillig zurück nach Deutschland kehrt.
Ziel ist das renommierte Hotel “Bühlerhöhe”. Adenauer wird hier dieses Jahr wieder seinen Urlaub verbringen und erschossen werden?
Sophie Reisacher, die forsche Hausdame des Hotels merkt sofort, dass Rosa nicht die Person ist, die sie vorgibt zu sein. Ein Katz und Maus Spiel beginnt. Nicht nur zwischen Rosa und Sophie.
Sophie ist meine Heldin in diesem vorzüglich ausgearbeiteten Roman und fasziniert mit einem außergewöhnlichen Gespür für Geheimnisse, die eigentlich nicht gelüftet werden sollen. Im Gegensatz zu Rosa, die sich von ihren Gefühlen leiten lässt und ihr die Zusammenhänge dabei vor der Nase verschwimmen.
Die anderen Figuren sind nicht minder interessant und schwirren um die beiden Hauptpersonen herum, bis man als Leser hinterher jeden in Verdacht hat, der vorher völlig harmlos erschien. Überflüssig zu erwähnen, dass die Autorin das genial hinbekommen hat. Fans von Liebeleien und Affären kommen sogar auch noch auf ihre Kosten.

Dieser Roman hat mich begeistert und mit aufgefrischtem geschichtlichem Wissen in der “Bühlerhöhe” zurückgelassen. Prädikat absolut lesenswert.
Lesenswert ist übrigens auch die wahre Geschichte der “Bühlerhöhe”. Einfach mal vor Beginn des Romans googlen!
Hat Brigitte Glaser eigentlich noch weitere Bücher geschrieben? Keine Ahnung...direkt mal nachschauen!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.08.2016
The Girls
Cline, Emma

The Girls


sehr gut

Es war, zumindest anfangs, nicht einfach Emma Clines “Girls” zu folgen.
Evie, im Jahr 1969, missachtet, beeinflussbar, veränderbar und Evie als Frau im mittleren Alter, mit allen Erinnerungen von damals, eben jenem Sommer 1969.
Dazu die vollmundig gesäuselten S-Laute Suzanne von Borzodys, die meine Ohren nicht so richtig verarbeiten wollten und meine Gedanken immer wieder abschweifen ließen. Die bis zum Gurgeln ausgedrückten englischen Begriffe waren der weiteren Konzentration auch nicht gerade sehr zuträglich.
So durch die erste CD gehaspelt fing mich die eigentliche Geschichte um die 14-jährige Evie, deren Gedankengut sich ausschließlich darum drehte, gesehen und beachtet zu werden, doch ein.
Nach der Scheidung der Eltern, die dann jeweils mit ihren neuen Partnern beschäftigt waren, fühlte sie sich so sehr zurückgesetzt und überflüssig, dass sie sich von einer Gruppe eigentümlicher, älterer Mädchen angezogen fühlte und immer mehr in deren Sog geriet. Das war gefährlich, denn alle scharrten sich um eine Art Guru, der auch schließlich Evie eine Gehirnwäsche verpasste, dass sie ebenso hörig umherlief, wie die anderen auch.
Abwechselnd berichtet die “alte” Evie heute über die Geschehnisse damals und lässt dabei die Abgründe ihres eignen Seelenlebens nicht aus.
Erstaunt hat mich Emma Clines Talent, als noch recht junge Autorin, ganze Gefühlspaletten und Nuancen kleinster emotionaler Regungen greifbar zu versprachlichen. Die ganze Geschichte ist gespickt davon und stand für mich neben der eigentlichen Handlung mehr im Fokus und sorgte für etliche Überraschungsmomente.
Ein tiefgreifender Einblick in das mitunter dunkle Gefühlsleben eines Teenies, dessen Erleben damals bis heute geprägt hat.
Lesenswert und nachhaltig. Trotzdem für mich nicht so hervorstechend, wie angekündigt.

Bewertung vom 27.07.2016
Die Frau, die allen davonrannte
Snyder, Carrie

Die Frau, die allen davonrannte


ausgezeichnet

Aggie muss laufen, laufen laufen. Das war schon immer so und hat sich auch nie geändert, bis sie, mittlerweile 104 Jahre alt, in einem Altenheim ihr Dasein fristet.
Aganetha Smart, so ihr richtiger Name, ist eine nun vergessene Pionierin. Sie gewann 1928 olympisches Gold für Kanada im Langstreckenlauf. Damals durften Frauen erstmals über eine solche Distanz teilnehmen.
Aggie ist so alt, dass es keine Freunde, Bekannte oder Verwandte mehr gibt. Alle sind verstorben. Doch eines Tages taucht ein junges Pärchen auf, das brennendes Interesse an Aggies Person zeigt. Trotz körperlicher Unzulänglichkeiten bemerkt Aggie, dass etwas nicht stimmt…

Die Autorin hat in den Vordergrund gestellt, wie schnell Ruhm und Erfolg verblassen können und wie anstrengend und zermürbend es sein kann, einen hohen Leistungsstandard zu halten.
Trotzdem die fiktive Hauptperson eine begnadete Läuferin war, ist ihr Glück im wahrsten Sinne auf der Strecke geblieben. Sie musste mit vielen harten Schicksalschlägen, Verlust, Tod und Trauer umgehen.
Besonders imposant ist es der Autorin, selbst leidenschaftliche Läuferin, gelungen, die Verbindung zwischen Aggie in alt und Aggie in jung zu schaffen und handeln zu lassen. Sehr beeindruckend. Und trotz der vielen Zeitsprünge ist man als konzentrierter Leser, nicht zuletzt dank des vorausgeschickten Stammbaums, immer mitten im Geschehen.
Die Geschichte um Aggies Person wird mir als leidenschaftlicher Fan von Familiengeschichten, bei der auch hier das große Geheimnis nicht fehlt, in Erinnerung bleiben. Ein tragischer Einblick in ein ganzes langes Leben einer beeindruckend geschaffenen Persönlichkeit mit Überlegungen, ob ein solch langes Leben erstrebenswert sein könnte. Eine empfehlenswerte spektakuläre Fahrt auf der Gefühlsachterbahn und ein unvergessliches Leseerlebnis.

Bewertung vom 21.06.2016
Hades / Eden Archer & Frank Bennett Bd.1
Fox, Candice

Hades / Eden Archer & Frank Bennett Bd.1


ausgezeichnet

Dieser Debutroman, der mir unbekannten Autorin Candice Fox ist der absolute Hammer. Ich bin kein großer Fan nervenkitzelder Thriller mit Grausamkeiten bei denen einem die Haare zu Berge stehen, aber hier konnte ich kaum noch aufhören zu lesen.
Die Charaktere sind sehr schräg und zunächst schlecht einzuschätzen und man schwankt völlig zwischen Sympathie und Antipathie. Besonders Hades kam anfangs irgendwie als Science Fiction Gestalt und absolut undurchschaubar rüber.
Besonders fasziniert hat mich die Klarheit der einzelnen Erzählstränge, die zusätzlich noch aus der Sicht mehrerer Personen dargestellt werden und in verschiedenen Zeiten spielen. Das hat die Autorin nahtlos zusammengebastelt und alles liest sich sehr zügig.
Inhaltlich will ich gar nicht soviel verraten. Es überrascht uns eine neue Romanidee mit einprägenden Charakteren und fesselnder Spannung. Einfach lesen und den im September folgenden 2. Teil schon mal vorbestellen!

Bewertung vom 05.02.2016
Spreewaldgrab / Klaudia Wagner Bd.1
Dieckerhoff, Christiane

Spreewaldgrab / Klaudia Wagner Bd.1


sehr gut

Eine Flussbiegung, kahle Bäume, die sich im Wasser spiegeln - ein Cover in Farben, die einen frösteln lassen. Ich hatte mich auf einen grausigen Einstieg eingestimmt, denn auch der Klappentext kündigte das ein oder andere schockierende Ereignis an.
Die Überraschung meinerseits liess dann aber bis knapp zur Hälfte des Buches nicht nach, ging es doch bis dahin mehr um die Beziehungs- und Familienproblematiken der Hauptperson und Ermittlerin Klaudia und deren Kollegen, als um einen erwarteten Kriminalfall. Klaudia hatte es den Boden unter den Füßen weggezogen, als sie von ihrem Freund gegen ein jüngeres Modell eingetauscht wurde. Mit dem übriggebliebenen Tinnitus und Schwindel aus dieser Zeit, an denen auch eine anschliessende Rehabilitation nichts geändert hatte, liess sie sich vom Ruhrpott in den vermeintlich beschaulicheren Spreewald versetzten. Die Autorin lässt tiefe Einblicke in das Seelenleben der gesamten Mannschaft zu, so dass ich mich gefragt habe, ob ich nun einen Krimi lese, oder doch in einem Beziehungsdrama gelandet war. Der tot aufgefundene, treulose Unternemer, der mysteriöse Fund menschlicher Knochen und eine verschwundene Geliebte zum Auftakt von Klaudias Dienstaufnahme im neuen Revier traten erstmal in den Hintergrund.
Düstere Stimmung flackerte auf, als in jeweils kurzen Kapiteln von der Frau erzählt wird, die scheinbar in einem dunklen Verlies, nach Wasser dürstend, eingesperrt ist und der sich in einem fort Kinderreime im Kopf als Gedankenkarrussel manifestieren.
Dann die plötzliche Wende! Erstaunlicherweise schälte sich aus dem gefühlsbeduseltem menschlichen Krisensumpf doch noch eine passable kriminalistische Handlung, wonach es mir die ganze Buchhälfte über dürstete. Nach dem lahmen Start mussten die nächsten Seiten verschlungen werden. Die Protagonisten traten endlich ins Licht und bewiesen ihr polizeilichen Können. Kaum Geahntes wurde hervorgebracht und Undurchsichtiges penibel durchleuchtet. Die Figur Schiebschick, guter Geist des Reviers, wuchs mir ans Herz und dann war ich auch schon am Ende angekommen, was ich dann schade fand, weil ich noch so im Sog der Ereignisse feststeckte.
Ein doch noch gelungener, tatsächlicher Kriminalroman, der sich nach Ausschalten des Stand-by Modus in feingewebter Manier präsentierte. Gut, dass ich anfangs nicht aufgegeben hatte und dieses Debut nun weiter empfehlem kann. Trotzdem bleibt eine Frage offen: warum ist "holca" klein geschrieben?