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Benutzername: 
Magda
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 164 Bewertungen
Bewertung vom 26.06.2024
Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null
Graw, Theresia

Don't kiss Tommy. Eine Liebe in der Stunde Null


ausgezeichnet

Sehr gern habe ich Die Gutsherrin-Saga der Autorin gelesen. Diese spielt auch während und nach dem 2. Weltkrieg. Auch ihr neuer Roman konnte mich sehr begeistern.
Bad Oeynhausen, Mai 1945, die Stunde Null: Der Krieg ist endlich zu Ende, Deutschland hat kapituliert. Großbritannien, Frankreich, USA und Russland teilen das Land in Besatzungszonen auf.
Anne und Rosalie waren früher beste Freundinnen, doch seit einem Vorfall einige Jahre zuvor haben sie sich nicht wiedergesehen. Annes Vater, ihr Bruder und ihr Verlobter sind gefallen, Rosalies Mutter und Bruder kamen kurz vor Kriegsende bei einem Bombenanschlag auf die Weserhütte ums Leben.
Da Bad Oeynhausen den Krieg unbeschadet überstanden hat, wird es zum Standort für das Hauptquartier der britischen Armee. Um das Kurzentrum, in dessen Mitte das Hotel Margarethenhof liegt, das Annes Eltern gehört hatte, wird ein hoher Stacheldraht gezogen, alle Häuser werden konfisziert, es entsteht eine Sperrzone. Die Einwohner Bad Oeynhausens müssen in eine Barackenstadt ziehen, die am Stadtrand errichtet wird.
Rosalie kommt auf einem Bauernhof unter, Anne zieht mit ihrer Mutter, Schwester, Schwager und deren drei Kindern in eine Baracke. Beide finden Arbeit bei den Besatzern, Rosalie als Bedienung und Anne als Übersetzerin. Beide verlieben sich in einen „Tommy“, Rosalie träumt davon, nach England zu ziehen, während es Annes großer Traum ist, den Hotelbetrieb wiederaufzunehmen.
Eins der Themen im Roman ist die Entnazifizierung. In der Barackenstadt entsteht eine Untergrundorganisation gebildet, die Anschläge und Attentate gegen die Besatzer plant. S. 397: „Auch mit dem Untergang des Dritten Reiches, mit der Kapitulation und der vorübergehenden Machtübernahme der Alliierten Militärregierung in Deutschland war Frieden keine dauerhafte Gewissheit. Nicht die Besatzer sind der größte Feind, sondern die alten Nazis, die alles daransetzen, das Land zurück in seine schwärzeste Zeit zu stoßen.“
Beim Lesen ist mir erneut bewusstgeworden, wie furchtbar schlecht es den Menschen in den Nachkriegsjahren ergangen ist. Die schlechte Ernte nach dem Dürresommer war nicht das einzige Unglück, mit dem die Menschen zu kämpfen hatten. Im Jahrhundertwinter 1945/46 gab es keine Heizmaterialien, viele Menschen sind erfroren. Danach gab es eine Hochwasserkatastrophe, und eines Nachts brannte die Kirche in der Sperrzone, die Feuerwehrwagen kamen nicht durch die Stacheldrahtabsperrung.
Auch wenn ich schon viele historische Romane gelesen habe, die in der Nachkriegszeit spielen, so habe ich doch wieder viel Neues gelernt. Über die Rolle Bad Oeynhausens und die Arbeit der Alliierten in Deutschland habe ich dank der hervorragenden Recherche der Autorin sehr viel erfahren. Der Schreibstil ist authentisch und emotional, wie ich ihn in der Ostpreußen-Trilogie schon kennen- und lieben gelernt habe. Trotz der 520 Seiten habe ich den Roman an wenigen Tagen verschlungen und empfehle ihn sehr gern weiter.

Bewertung vom 24.06.2024
Mittsommerlügen
Hedin, Malin

Mittsommerlügen


sehr gut

Ich lese sehr gern skandinavische Krimis, viele spielen in der Mittsommernacht. Mittsommer, der längste Tag des Jahres, wird in Schweden sehr groß gefeiert.
Mittsommer 1983: Das ganze Dorf feiert auf dem Berghof. Maria ist knapp 20, als sie zuletzt auf dem Fest gesehen wird. Sie hinterlässt die dreijährige Terese. Marias Eltern, Greta und Hasse, wohnen in direkter Nachbarschaft. Greta hatte kein gutes Verhältnis zu ihrer Tochter, und sie kümmert sich nur ungern um ihre kleine Enkelin. Auch wenn sie weiß, dass Maria es als alleinerziehende junge Mutter im Dorf nicht leicht hatte, glaubt sie nicht daran, dass sie ohne ihre kleine Tochter weggegangen ist. Sie sucht verzweifelt und unermüdlich nach ihr.
Wir lernen auch die anderen Dorfbewohner recht gut kennen, die an der Mittsommerfeier teilnehmen. Der Schürzenjäger Göran mit seiner Frau Thorhild, Nettan und Rolf, Ingegard und Ernst, Kjell und Sylvia. Sylvia ist relativ neu im Dorf. Seit etwa einem Jahr ist sie mit Kjell zusammen. Sie ist eng mit Maria befreundet und kümmert sich hingebungsvoller um Therese als ihre Mutter es jemals getan hatte.
1998: Terese wird bald 18, sie ist bei Pflegefamilien aufgewachsen, der Kontakt zu den Großeltern war minimal. Als sie in das Haus zurückkehrt, in dem sie mit ihrer Mutter zusammengelebt hat, macht sie eine Entdeckung, die dazu führt, dass die Ermittlungen zum „Waldmord“ wiederaufgenommen werden.
Mir hat der Krimi trotz einiger Längen gut gefallen. Wer Maria auf dem Gewissen hat, war mir relativ schnell klar, trotzdem war es spannend zu erfahren, warum und wie die junge Frau ermordet worden ist. Ein atmosphärischer Kriminalroman, der mich in ein Dorf inmitten der schwedischen Wälder versetzt hat. Leseempfehlung für alle, die gern Krimis lesen, in denen es nicht allzu blutig und grausam zugeht.

Bewertung vom 11.06.2024
Geparkt
Fröhlich, Susanne

Geparkt


gut

Die Reihe um Andrea Schnidt habe ich mit großer Begeisterung verfolgt. Sie begleitet mich seit vielen Jahren, beim Lesen habe ich mich immer köstlich amüsiert. Das neue Buch der Autorin kann da leider nicht mithalten.
Monika lernt den Investmentbanker Sven Bauer kennen. Er umgarnt sie nach allen Regeln der Kunst. Auf sein Drängen hin gibt sie ihren Job als Physiotherapeutin auf, zieht in sein schickes Frankfurter Apartment und gibt sich den ganzen Tag dem süßen Nichtstun hin.
Schließlich zieht sie in seine Finca nach Mallorca, wo Sven sie an den Wochenenden besucht. Nach einigen Monaten teilt er ihr per SMS mit, dass sie die Finca verlassen soll. Für Gespräche oder Aussprachen ist er nicht erreichbar.
Ihr erster Gedanke ist: Rache! Dabei hat von Anfang an alles darauf hingedeutet, dass Sven kein Mann fürs Leben ist.
Nach der Trennung findet Monika in kürzester Zeit zwei Freundinnen, die sie bei ihren Racheplänen unterstützen, wobei Sandra auch von einem Mann verlassen wurde, der sie auch noch um ihre Ersparnisse gebracht hatte.
Monikas Rache ist absolut unter der Gürtellinie, zumal Sven ihr nicht wirklich was angetan hatte. Es wird übrigens angedeutet, dass er sich getrennt hat, weil sie zugenommen hat ... Er lässt sie sogar noch einige Wochen in der Finca wohnen und seine Kreditkarte und sein Auto benutzen, was Monika bis zum Äußersten ausnutzt.
Monika fand ich unsympathisch und weltfremd. Wie kann man so naiv sein und seine Wohnung und seinen Job kündigen, um zu einem Mann zu ziehen, den man kaum kennt? Und das mit Mitte 30! Ihre Probleme waren selbstgemacht, so dass es ihr nicht geschadet hat, die Suppe auszulöffeln, die sie gekocht hatte.
Die einzigen sympathischen Charaktere in dem Buch sind Svens Eltern, die bodenständig und herzlich sind. Das großzügige und hilfsbereite Millionärspärchen Daggi und Günther kam mir zu märchenhaft vor, um wahr zu sein.
Der Schreibstil ist wie gewohnt flüssig und stellenweise blitzt der gewohnte Humor durch, doch leider konnte mich die Autorin mit diesem Buch nicht begeistern.

Bewertung vom 10.06.2024
Forgotten Garden (eBook, ePUB)
Gosling, Sharon

Forgotten Garden (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Forgotten Garden - ein schönes Wohlfühlbuch, das gute Laune macht und sich hervorragend als Urlaubslektüre eignet.
Luisa ist Gartenarchitektin. Sie hat ihren Mann Reuben während des Studiums kennengelernt. Der große Traum der beiden war es, einen Gemeinschaftsgarten zu gestalten. Nach Reubens Tod begräbt Luisa ihren Traum und arbeitet als Sekretärin für eine Landschaftsarchitektin. Als Reubens Patenonkel ihr ein Grundstück in West Cumbria im kleinen Küstenort Colleton zum Bewirtschaften anbietet, sagt sie nach anfänglichem Zögern zu. Eine Entscheidung, die ihr Leben umkrempeln wird.
Bei der Besichtigung des Grundstücks lernt sie Cas und Harper kennen, die gerade ein Boxstudio verlassen. Das Studio wird ehrenamtlich von Cas betrieben, er möchte damit die Jugendlichen von der Straße holen und ihnen eine sinnvolle Freizeitgestaltung anbieten.
Die 17jährige Harper ist eine der Jugendlichen, die dort gern ihre Zeit verbringen. Sie ersetzt ihrem 9jährigen Bruder Max Mutter und Vater. Max interessiert sich sehr für Pflanzen, er hat heimlich einen wunderschönen Garten angelegt.
Als Antagonist agiert Harpers krimineller Cousin, der alles tut, um Harper das Leben schwer zu machen. Der Gemeinschaftsgarten ist ihm ein Dorn im Auge.
Ich habe das Buch an zwei Tagen durchgelesen. Es war so schön mit zu verfolgen, wie Luisa beginnt, wieder einen Sinn im Leben zu sehen und nach zehn Jahren endlich bereit zu sein scheint, Reuben loszulassen und neues Glück zu finden. Den Gemeinschaftsgarten und Max‘ Garten hatte ich deutlich vor Augen: Die Pflanzen, Bäume, Blumen, Früchte und Gemüsesorten, die dort angepflanzt wurden, werden detailliert und liebevoll beschrieben. Von der 17jährigen Harper war ich sehr beeindruckt, sie hat sich nicht nur vorbildlich um ihren Bruder gekümmert, sondern war auch noch die treibende Kraft bei einem ökologischen Bewässerungsprojekt – und einen schrottreifen Wagen konnte sie auch noch wieder fahrtüchtig machen.
Von mir eine Leseempfehlung für alle, die gern Liebesromane lesen und auch für die, die sich für Gartengestaltung interessieren oder nach Ideen für ihren Garten suchen.

Bewertung vom 04.06.2024
Bertha Benz und die Straße der Träume
Schwarz, Alexander

Bertha Benz und die Straße der Träume


ausgezeichnet

Ich lese sehr gern Romanbiografien und bin durch das Cover und den allseits bekannten Namen Benz auf das Buch aufmerksam geworden.
Pforzheim, 1863: Bertha ist eins von neun Kindern. Als sie sich in den jungen Ingenieur Carl Benz verliebt, sind ihre Eltern zunächst gegen eine Verbindung der beiden. Carl stammt aus einfachen Verhältnissen und ist das einzige Kind seiner Mutter, die früh verwitwet ist. Der Vater kennt ihn von Treffen bei der Eintracht, einem Verein, dem beide angehören. Er schätzt ihn durchaus, bezeichnet ihn aber als Luftikus mit verrückten Ideen, mit denen sich kein Geld verdienen lässt. „Das darf doch wohl nicht wahr sein, du kommst hier an mit einem Mann, der Einzelkind ist, fast keinen Groschen auf der Bank hat und auch noch katholisch ist!“ (S. 67). Doch immerhin hat Carl studiert und arbeitet als Ingenieur bei einer angesehenen Firma. Bertha setzt die Verlobung mit Carl durch, es dauert jedoch noch zwei Jahre, bis die beiden heiraten und sich in Mannheim niederlassen.
Carl tüftelt seit eh und je in jeder freien Minute an einem selbstfahrenden Wagen. Er gründet mehrere Firmen, in denen sich seine Geschäftspartner um den Verkauf und die Buchhaltung kümmern, er hat daran kein Interesse. Bertha unterstützt ihn, wann immer sie kann, und sie interessiert sich auch für die technischen Aspekte seiner Arbeit. Carl steckt sie mit seiner Begeisterung für einen selbstfahrenden Wagen an, der nicht nur Personen, sondern auch Waren transportieren kann. Bis dahin wurden längere Strecken ausschließlich mit der Eisenbahn oder Kutschen und Droschken zurückgelegt, die von Pferden gezogen wurden.
1888 ist es soweit, Bertha beschließt, Carls selbstfahrenden Wagen der Welt zu zeigen und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Eines Morgens weckt sie ihre Söhne Eugen (15) und Richard (13) und geht mit ihnen auf die Reise von Mannheim nach Pforzheim. Für die 100 Kilometer brauchen sie den ganzen Tag, unterwegs müssen sie mehrmals in der Apotheke Ligroin kaufen und haben einige kleinere Pannen, die Bertha beherzt mit Hilfe ihrer Hutnadel und ihres Strumpfbandes behebt. Die Ketten werden vom Schmied gestrafft, die Bremsklötze mit einem Stück Leder belegt. Berthas Reise ging in die Geschichte ein, und sie hat ihr Ziel erreicht, Carls Erfindung bekannt zu machen. Da der Wagen sehr laut war und eine Dampfwolke aus Abgasen verursachte, hatten nicht nur die Menschen, die das unbekannte Gefährt zum ersten Mal sahen, große Angst. Es waren vor allem Tiere, die vor dem Wagen Reißaus nehmen wollten, Pferde scheuten, Kutscher schimpften und schwangen voller Wut die Peitsche in Berthas Richtung.
Doch es gab auch viele, die den Fortschritt begrüßten und großes Interesse für den Wagen zeigten. So schrieb ein Reporter einen langen Artikel über Bertha und Carls selbstfahrenden Wagen, was dazu führte, dass Berthas Rückreise viel erfreulicher ausfiel. Sie wurde kaum noch beschimpft, dafür von Bewunderern umringt.
Im Nachwort erfahren wir, welche Personen und Ereignisse fiktiv und welche faktisch sind. Der Autor hat Fiktion und Wahrheit wirklich meisterhaft verknüpft, so dass das Buch durchweg spannend war und auch Menschen wie ich, die keine Ahnung von Autos und Technik haben, alles gut verstehen können. Von mir eine Leseempfehlung für Leser*Innen, die sich für die Geschichte des Automobils interessieren und alle, die gern Romanbiografien lesen.

Bewertung vom 03.06.2024
Das Lied der Biene
Groß, Gabriela

Das Lied der Biene


sehr gut

Ein schöner Roman über eine zweite große Liebe, Freundschaft und Trauerbewältigung.
Marga, Anfang 40, arbeitet als Haushälterin bei Paul Alprecht. Dieser besitzt mehrere Hotels und lebt auf einem großen Anwesen. Er ist mit Sybille verlobt, die einige Jahre jünger als Paul ist, Marga herumkommandiert und von oben herab behandelt. Dann verunfallt Sybille und Paul trauert um sie. Marga schreibt ihm anonym E-Mails, in denen sie von ihrer eigenen Trauer berichtet und wie sie es geschafft hat, trotz bzw. mit ihrem Verlust weiterzuleben. Marga hat Angst davor, Paul zu gestehen, dass sie es ist, die ihn dazu bringt, das Innerste seiner Seele in Worte zu fassen.
Als Paul auf Geschäftsreise nach Lissabon muss, bittet er Marga, ihn zu begleiten und ihm auch in seinem dortigen Ferienhaus den Haushalt zu führen. In Lissabon bietet er an, ihr die Stadt zu zeigen. Endlich sieht er die Frau, die in seiner Angestellten steckt, bisher war Marga für ihn immer nur die allzeit verlässliche Haushälterin, die quasi unsichtbar für sein Wohl sorgte. Er ist hin- und hergerissen, einerseits trauert er noch um Sibylle, die allerdings, was er erst nach ihrem Tod festgestellt hatte, ein Geheimnis vor ihm hatte, andererseits sind da die Schmetterlinge im Bauch, die er bei Margas Anblick verspürt.
Dann kommt überraschender Besuch nach Lissabon und Paul trifft eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen konnte. Für Marga bricht eine Welt zusammen. Zum Glück gibt es da noch ihre beiden Freundinnen Kerstin und Eva und nicht zuletzt ihre erwachsene Tochter Conny. Die drei helfen Marga, wieder auf die Beine zu kommen und einen Neuanfang zu wagen.
Ich mag den Schreibstil der Autorin sehr, er ist sehr positiv und lebensbejahend. Sie schreibt über die Freundschaft und die Mutter-Tochter-Beziehung, die einen genauso hohen Stellenwert im Leben haben wie Liebesbeziehungen. In dem Buch und auch in Margas Ratschlägen zur Trauerbewältigung habe ich mir mehrere Stellen markiert. Zitieren möchte ich die folgende Passage: „Mitunter fühlt sich das Leben an, als stünde man an einer Bushaltestelle und warte auf den Bus, der mal wieder Verspätung hat. Und wenn etwas Erschütterndes passiert, ist man so mit der Bewältigung dieser Sache beschäftigt, dass man gar nicht mitbekommt, wie, sinnbildlich gesprochen, laufend Busse anhalten … Die Türen öffnen sich, man könnte einsteigen, und das Leben ginge weiter. Doch statt genau das zu tun, verharrt man wie festgetackert im Bushäuschen und lässt einen Wagen nach dem anderen vorbeifahren und wundert sich, dass das Leben stillsteht.“
Ich empfehle das Buch gerne weiter an die, die sich Gedanken über ihr Leben machen, diejenigen, die in einer Trauerphase stecken und an alle, die gern ein paar schöne Stunden mit Marga und Paul in Düsseldorf und vor allem in Lissabon verbringen möchten.

Bewertung vom 29.05.2024
Gute Ratschläge
Gardam, Jane

Gute Ratschläge


gut

Gute Ratschläge ist sowohl mein erstes Buch der Autorin als auch mein erster Briefroman.
1990er Jahre: Eliza Peabody ist Diplomatengattin. Als ihre Nachbarin Joan Mann und Kinder verlässt, schreibt sie ihr Briefe, in denen sie von ihrem jetzigen und früheren Leben berichtet. Joan antwortet nie, trotzdem hält Eliza am Briefeschreiben fest. Andere schreiben Tagebuch, Eliza schreibt Briefe.
Sie hat viele Jahre an der Seite ihres Mannes Henry im Ausland verbracht. Zurück in der Heimat arbeitet sie ehrenamtlich in einem Hospiz und freundet sich mit dem jungen an AIDS erkrankten Barry an. Sie berichtet viel vom Leben der Nachbarn, ausführlich über die Erlebnisse einer Kinderbuchautorin, die unbedingt in den USA bekannt werden und Bücher für Erwachsene veröffentlichen möchte.
Kinder spielen eine große Rolle in ihrem Leben, obwohl oder gerade weil sie keine eigenen hat. Sie engagiert sich bei der Vermittlung von ungewollten Babys und passt auf die Nachbarskinder auf.
Als Henry sie verlässt und mit Joans Mann zusammenzieht, wird es richtig grotesk, zumal zwischendurch immer wieder Passagen und Geschichten auftauchen, in denen Henry auftaucht.
Der Sprachstil hat mir gut gefallen, der Inhalt leider weniger. Die Sprünge zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Realität und Fantasie haben mich verwirrt. Für mich war es nicht das richtige Buch.

Bewertung vom 28.05.2024
Bonjour Agneta
Hamberg, Emma

Bonjour Agneta


gut

Das Cover und der Titel mit der Kombination aus Frankreich und Schweden haben mich sofort für sich eingenommen. Leider konnte mich der Inhalt jedoch nicht überzeugen.
Agneta, benannt nach Agnetha Fältskog, da ihre Eltern sich auf einem Konzert der ABBA-Sängerin kennengelernt haben, ist 49 Jahre alt und mit ihrem Leben sehr unzufrieden. Sie langweilt sich in ihrem Job, die Kinder sind zum Studium ausgezogen und melden sich nur, wenn sie Geld brauchen. Ihr Mann Magnus ist ein Fitness- und Gesundheitsfanatiker. Zucker und Weißmehl duldet er nicht in seinem Haus, Käse und Wein gönnt sich Agneta abends allein in ihrem Zimmer.
Ihre Lieblingsbeschäftigung ist das Anschauen von Dokus über französische Landhäuser. Jegliche Art sportlicher Betätigung mit ihrem Mann lehnt sie ab. Ihr negatives Selbstbild hat sich auf ihr Umfeld übertragen, es scheint, dass sie weder von ihren Arbeitskolleg*Innen noch von ihren Eltern geschätzt wird. Die Eltern rufen oft per Facetime an und schwärmen ihr vom Leben zwischen Golfplatz und Champagner-Bar vor.
Eines Tages fällt ihr Blick auf eine Zeitungsannonce, es wird eine schwedischsprachige Betreuung für einen Jungen in der Provence gesucht. Ohne lange zu überlegen, packt sie ihren Koffer und steigt in den Zug nach Frankreich. Magnus erklärt sie für verrückt und prophezeit, dass sie in einer Woche wieder da sein wird, was für Agneta die größte Motivation ist, auf jeden Fall länger in Frankreich zu bleiben.
Bis zur Abreise nach Frankreich habe ich mich köstlich über Agneta und ihre Dialoge mit Magnus und ihren Eltern amüsiert.
Ab der Ankunft in Frankreich wurde es äußerst skurril und grotesk. Der Junge, den sie betreuen sollte, erweist sich als der 80jährige Einar, der an Demenz leidet. In seinen (vielen) lichten Momenten schwärmt er ihr von den sexuellen Abenteuern mit seinem Lebensgefährten Armand vor. Die erotischen Erzählungen übertragen sich auf Agneta, auch sie denkt fast nur noch an Sex, zuerst sind es erotische Fantasien, später lebt sie sie auch aus. Und alles dank der erotischen, lavendelfarbenen Unterwäsche, die sie von ihrer Nachbarin Bonnibelle bekommen hat.
Gestört hat mich die Kommunikation via Google Übersetzer, bei der oft ziemliches Kauderwelsch herauskam. Schade, dass sich Agneta keine Mühe gegeben hatte, Französisch zu lernen, wo sie doch von klein auf für Frankreich geschwärmt hatte.
Bei dem Buch hatte ich andere Vorstellungen, es war mir nicht klar, dass es hauptsächlich um sexuelle Fantasien, zweitrangig um Demenz und nur peripher um Agnetas Neubeginn und ihre Selbstverwirklichung in einem provenzalischen Dorf geht. Das Ende war vorhersehbar. Im Herbst erscheint Merci Agneta, das ich jedoch nicht lesen möchte. Nichtsdestotrotz bin ich sicher, dass das Buch vielen Leser*Innen gefallen wird.

Bewertung vom 26.05.2024
Sommerstürme / Season Sisters Bd.2
Helford, Anna

Sommerstürme / Season Sisters Bd.2


sehr gut

Season Sisters – Sommerstürme ist der zweite Band der vierteiligen Reihe. Auch dieser Band hat ein wunderschönes Cover mit Bienen und Sonnenblumen.
Summer ist die älteste der vier Season Schwestern. Sie ist Lehrerin und kümmert sich in ihrer Freizeit um ihre Eltern und die jüngste Schwester Autumn, die mehr schlecht als recht eine Biofarm bewirtschaften.
Als sie mitbekommt, dass Bryan, der Vater ihrer neuen Schülerin Phoebe, seine kleine Tochter auf Festivals mitnimmt, ohne sie von der Schule abzumelden, ist sie entsetzt. Sie denkt an ihre Kindheit zurück, als ihre Eltern permanent im Drogenrausch waren und wechselnde Sexualpartner hatten. Genauso stellt sie sich das Treiben auf einem Musikfestival vor. Sie nimmt sich vor, Phoebe vor Erfahrungen, die sie machen musste, zu beschützen. Bryan ist Mitglied einer Band und bietet Summer an, Phoebe und ihn zu einem Festival zu begleiten. Summer erkennt, dass Bryan ganz anders ist, als sie gedacht hatte. Zu Phoebes großer Freude freunden die beiden sich an. Gemeinsam besichtigen sie das Haus, das Bryan von seiner verstorbenen Frau geerbt hatte. Ein Haus, das offiziell leer steht, in dem es aber deutliche Anzeichen dafür gibt, dass zumindest einige Zimmer bewohnt sind.
1895: Deirdre ist 30, als ihr Mann bei einem Unfall stirbt. Statt zu trauern ist sie erleichtert. Gustav war ein gewalttätiger Mensch, der nicht nur seine Frau, sondern auch seine weiblichen Bediensteten missbraucht und misshandelt hatte. Deidre erbt mehrere Häuser von Gustav, eins davon in Nordwales. Bei der Besichtigung des Hauses kommt ihr eine Idee. Sie möchte anderen Frauen helfen, die sich gegen ihre brutalen Ehemänner oder Dienstherren nicht wehren können, sie sind ihnen hilflos ausgeliefert, da Vergewaltigung in der Ehe und häusliche Gewalt damals nicht strafbar war. Gemeinsam mit dem ihr treu ergebenen Butler und dessen Cousin gründen sie das Netzwerk der Thieves of virgins.
Zwei schöne Liebesgeschichten, die mir beide gut gefallen haben. Über Summers Entwicklung habe ich mich sehr gefreut. Raffiniert verbindet die Autorin die Schicksale von Deidre und Summer duch das Mysterious House. Ich bin schon sehr auf Band 3, Autumns Geschichte, gespannt, in dem wir auch einiges über die Mutter der vier Schwestern erfahren. Von mir eine Leseempfehlung für die Reihe der Season Sisters.

Bewertung vom 24.05.2024
Ein Ort für immer
Norton, Graham

Ein Ort für immer


ausgezeichnet

Vor einigen Jahren habe ich bereits ein Buch des irischen Autors Graham Norton gelesen, das mir gut gefallen hat. Auch sein neuestes Buch „Ein Ort für immer“ konnte mich begeistern.
Carol, Lehrerin, geschieden und Mutter eines Sohnes, geht eine Beziehung mit Declan ein, dem Vater einer ihrer Schülerinnen. Declan ist alleinerziehend, seine Frau hat ihren Mann und die beiden Kinder Kilian und Sally verlassen, als die Kinder noch klein waren. Weder die Kinder noch Declan haben je wieder von ihr gehört. Nach dem Auszug der Kinder zieht Carol zu Declan, sie führen eine Beziehung, in der Carol sich Declans Wünschen unterordnet. Nichtsdestotrotz glaubt sie, in Declan ihr spätes Glück und eine große Liebe gefunden zu haben.
Als Declan dement wird, beschließt Kilian, ihn in einem Pflegeheim unterzubringen und das Haus zu verkaufen. Für Carol bricht eine Welt zusammen, da sie Declan lieber selbst in seinem Haus gepflegt hätte. Hinzu kommt, dass Declan immer wieder betont hatte, dass das Haus auf keinen Fall verkauft werden darf.
Carols Eltern Moira und Dave sind Inhaber einer großen und erfolgreichen Café-Kette. Als Carol von Kilian auf die Straße gesetzt wird, beschließen sie, Declans Haus für sie zu kaufen. Als sie das leere und unbewohnte Haus zum ersten Mal betreten, steigt ihnen ein übler Geruch in die Nase, im Keller machen sie einen grausigen Fund.
Was für ein intensives und spannendes Familiendrama! Sympathisch waren mir nur Moira und Dave, insbesondere Moira, die voller Tatendrang und Elan sofort dazu übergeht, sich um den Fund zu kümmern. Moira war für mich die Heldin des Buches, tatkräftig und mutig trotz ihres hohen Alters.
Carol hingegen ist durchgehend zögerlich und unentschlossen. Schon immer hatte sie ihre eigenen Wünsche und Hoffnungen hintenangestellt und sich stets dem Willen ihres Ex-Mannes oder ihres Lebensgefährten gebeugt.
Declans Tochter Sally ist eine scheue junge Frau, die in einem vernachlässigten Cottage lebt, keine Freunde hat und ihre Freizeit damit verbringt, in den Sozialen Medien am Leben anderer teilzunehmen. Es scheint, dass es der Verlust der Mutter war, der sie zu dem introvertierten Menschen gemacht hatte, der sie geworden ist, vielleicht haben aber auch noch andere Geschehnisse dazu beigetragen.
Declans Sohn Kilian hingegen ist sehr selbstbewusst und von sich überzeugt. Die Besuche bei seinem Vater im Pflegeheim sieht er als lästige Pflicht, die er erfüllen muss, um vor anderen gut dazustehen. Das Verhältnis zu seinem Vater war schon immer kühl und distanziert. Sein Mann Colin geht ihm immer mehr auf die Nerven, er bereut es, ihn geheiratet zu haben, zumal sich dieser auch noch nach einem Baby sehnt, eine Sehnsucht, die Kilian nicht nachvollziehen kann. „Der Gedanke an ein Baby machte ihn nur noch beklommen und mutlos. Es war das „für immer“ daran. Es war, als würde er eine riesige, teure Jacht kaufen, für deren Wartung und Instandhaltung er ohne Ende zahlen müsste, obwohl er nicht segeln konnte und auch nicht den Wunsch verspürte, es zu lernen.“
Der Schreibstil des Autors, die Atmosphäre und das Setting gefielen mir ausnehmend gut, und auch wenn ich mich mit keinem der Charaktere identifizieren konnte, so konnte ich deren Gedanken und Taten doch nachvollziehen. An mehreren Stellen musste ich lachen oder schmunzeln, so dass der Roman für mich was von einer Tragikomödie hatte. Ich empfehle das Buch nicht nur Krimileser*Innen, sondern vor allem auch allen, die sich gern in Familiendramen verlieren.