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katikatharinenhof

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Insgesamt 998 Bewertungen
Bewertung vom 13.07.2024
Ostsee 2025

Ostsee 2025


ausgezeichnet

Kleine Alltagsfluchten

Es gibt eine Buchstabenkombination, die Segler:innen glücklich macht: WWW. Diese steht nicht etwa für die unendliche Weite des Internets, sondern für Wasser, Wind und Wellen. Eines der schönsten Segelreviere ist die Ostsee und mit dem vorliegendem Panoramakalender wird das Jahr 2025 zu einer visuellen Augenreise, wenn es zeitlich mal nicht mit der frischen Brise um die Nase klappt.

Die maritimen Naturmotive lassen die Gedanken in die Ferne schweifen, holen das Wellenglitzern, Meeresrauschen und das raschelnde Dünengras direkt in die heimischen vier Wände. Die opulenten Großaufnahmen zeigen die Ostsee mit ihren vielen unterschiedlichen Facetten. Mystisch wird es im Februar mit der nebelverschleierten Stimmung in Tärno und es ist Zeit für Sagen, Märchen und Legenden. Im Juni laden die Badehäuser auf der Insel Aero dazu ein, die Sonne auf der Haut zu spüren und dabei dänische Lakritze oder Rote Grütze mit Sahne zu genießen. Im Oktober lockt die eigene kleine Welt der Schären und der Dezember entführt in ein Winterwunderland aus bizarr geformten Eisformationen, glitzernden Eiskristallen und einen fast schon verzaubert wirkenden Jasmunder Leuchtturm.

Natur trifft Seele - die harmonische Optik des Kalenders ermöglicht kleine Alltagsfluchten und ist ein echter Hingucker. Die einzelnen Kalenderblätter sind aus etwas festerem, matt gestrichenen Fotopapier, das die grandiosen Aufnahmen sehr gut zur Geltung bringt und ihnen einen edlen Touch verleiht. Die einzelnen Seiten lassen sich gut umblättern, werden durch die Spiralbindung sehr gut gehalten und reißen nicht ein. Das Monatskalendarium ist sehr gut lesbar aufgedruckt und fügt sich stimmig in den Gesamteindruck ein.

Ostseerauschen, Meerweh und Traumreviere zum Segeln - hier heißt es gedanklich Anker werfen und die farbenfrohe Augenweide jeden Tag aufs Neue genießen.

Bewertung vom 12.07.2024
Der Tote im Seebad
Andersen, Nele

Der Tote im Seebad


weniger gut

Was für ein Fehlschlag

Es soll der krönende Abschluss der Dreharbeiten werden, doch alles kommt ganz anders. Beim Abschiedsessen bricht plötzlich ein Gast zusammen und stirbt. Eva, Inhaberin des Hotels, sieht sich nun Verdächtigungen und falschen Rückschlüssen gegenübergestellt. Ist wirklich etwas Wahres dran an der Mordtheorie ? Wie gelingt es ihr, ihr Hotel wieder im alten Glanz erstrahlen zu lassen ? Um das herauszufinden, geht Eva eigene Wege, die nicht immer auf Gegenliebe stoßen. Apropos Liebe...mit dem charmanten Kommissar Matthiesen verbindet Eva ein Kuss , der schon achtzehn Jahre zurückliegt. Ob Gelegenheit Liebe macht ?


Manchmal sind es die Buchcover, die mich regelrecht dazu verführen, das Buch in die Hand zu nehmen und die Geschichte zu lesen. Dazu das 50er-Jahre-Flair in Laboe und es könnte die perfekte Lektüre sein. Könnte, ist es aber leider nicht.

Nach wenigen Seiten steht fest, dass hier die Krimihandlung nicht ausufernde Wellen schlägt wie die aufgewühlte Ostsee, sondern eher seicht ist wie ein Kinderplanschbecken. Statt Spannung gibt es Schmetterlinge im Bauch und Romantik, aber irgendwie verliert sich alles in einer gewissen Banalität. Die Figuren sind eher eindimensional und austauschbar, können nicht wirklich von sich überzeugen und so bleiben die Leser:innen aussen vor, statt vollkommen in die Handlung einzutauchen.

Das Frauenbild von einst wird von Nele Andersen zwar plastisch geschildert, aber der Funke springt einfach nicht über. Zwischen Klönschnack und zu gewollten Hinweisen, die das Offensichtliche auf dem Silbertablett servieren, ermittelt Eva, um zu retten, was zu retten ist. Kommissar Matthiesen ist eine Mischung aus Hans-Jörg Felmy und Joachim Hansen, passt also in das männliche Rollenbild der 50er-Jahre-Heimatfilme.

Die Kulisse ist landschaftlich schön, vermittel ein bisschen Urlaubsfeeling - mehr leider nicht. "Der Tote im Seebad" ist ein absoluter Fehlschlag :( Schade um die verschenkte Lesezeit.

Bewertung vom 08.07.2024
David Katzenstein

David Katzenstein


sehr gut

„Das Reisen macht dich sprachlos und verwandelt dich dann in einen Geschichtenerzähler.“ – Ibn Battuta

Fotografie ist die wohl schönste Art einer Dokumentation, um Eindrücke, intime Momente und Erinnerungen für immer festzuhalten. David Katzenstein ist ein Meister im Einfangen von eben jenen vergänglichen Augenblicken und ermöglicht den Betrachtenden seiner Fotos, nicht nur gedanklich ihm auf seine Reisen zu folgen, sondern auch seine Emotionen und Eindrücke nachzuempfinden.

Daraus ergeben einzigartige Aufnahmen, die, vollkommen in Schwarz-Weiß gehalten, Geschichten erzählen und die Sinne schärfen. Zwar sind es Fotos, die auf seinen Reisen entstehen, doch sie sind keine Schnappschüsse, die in einem x-beliebigen Fotoalbum zu finden sind, sondern dazu einladen und auffordern, die Szenen auf sich wirken zu lassen. Großformatige Landschaftsaufnahmen auf Doppelseiten wirken wie eine meditative Augenreise, bei der sich die wohltuende Stille aus den Seiten ins heimische Wohnzimmer überträgt und direkt entschleunigt.

Skurrile Alltagsszenen nutzt der Fotograf zum Storytelling und es entspinnt sich vor dem geistigen Auge eine Art Kinofilm, der die Bilder wie in einer Laterna magica zum Leben erweckt. Jede Falte, jede Runzel im Gesicht der Porträtierten erzählen Lebensgeschichten, die deutliche Spuren hinterlassen hat. Stilleben mit Stacheldraht, zerrissene und poröse Laken auf der Wäscheleine, Menschen bei der Verrichtung ihrer Arbeit...manche Aufnahmen stimmen nachdenklich, andere wiederum sprühen vor Lebensfreude.

Leider wird der Gesamteindruck gerade bei den großformatigen Motiven auf den Doppelseiten empfindlich gestört, da durch das Aufklappen der Buchseiten teilweise das Bild regelrecht in der Knickfalz der Bindung verschwindet und so die grandiosen Aufnahmen ihrer Aussagekraft beraubt werden.

Ansonsten ein bebildertes Geschichtenbuch, das bei jedem wiederholten Durchblättern immer wieder neu und anders ist, da sich der Fokus auf die Details im Foto ständig neu ausrichtet.

Bewertung vom 07.07.2024
Sherrie Nickol

Sherrie Nickol


ausgezeichnet

Ein Foto als Blick in die Seele

Ein Porträt ist die intimste Art der Fotografie, denn dieses Foto zeigt die Persönlichkeit und ermöglicht einen Blick in die Seele des Menschen, der im Augenblick, in dem der Auslöser betätigt wird, am verletzlichsten ist.

Sherrie Nickol erzählt in ihren Bildern Geschichten, die in dem Moment entstehen, wenn das Foto gemacht wird und doch jede Menge Möglichkeiten zur Interpretation bieten, wenn die Betrachtenden sich die Zeit nehmen und die Aufnahmen intensiv und aufmerksam anschauen. Sehnsüchte und Träume , Nachdenklichkeit und Langeweile, Hürden und Gleichklang des Alltags - das alles findet sich in den grandiosen Aufnahmen wieder. Kein Weichzeichner, kein Retuschieren und genau deswegen sind die Porträts und Alltagsszenen so authentisch, ehrlich und überzeugend.

Nickol ermöglicht unterschiedliche Perspektiven, sodass unglaublich viel Abwechslung und Lebendigkeit in den Aufnahmen zu finden sind. Begegnungen auf Augenhöhe, Vertrauen, Respekt und Einfühlungsvermögen machen die Fotos zu ausdrucksstarken Momentaufnahmen, die die Porträtierten liebevoll in den Fokus rücken ohne sie zu inszenieren oder gar bloßzustellen.

Ein Bildband, der ganz ohne Worte auskommt und dabei doch so viel zu erzählen hat. Manchmal sagt ein Bild eben doch mehr als tausend Worte.

Bewertung vom 07.07.2024
Mafalda Cinquetti und das faule Ei / Mafalda Cinquetti ermittelt Bd.2
Richter, Bastian

Mafalda Cinquetti und das faule Ei / Mafalda Cinquetti ermittelt Bd.2


ausgezeichnet

Ist wirklich alles echt, was glänzt ?

Murano ist seit jeher Inbegriff für prachtvolle Glaskunst, aber das, was jetzt in den Läden zu finden ist, ist nicht einmal einen Cent wert. Mafalda Cinquetti kann nur mit dem Kopf schütteln und fragt sich, wer dieses Billigramsch mit vollen Händen auf der Insel verteilt. Es scheint, als würde der Ausverkauf der Insel im wahrsten Sinne des Wortes mit großen Schritten vorangehen, denn die Immobilien werden plötzlich reihenweise aufgekauft und die Mieter:innen auf die Straße gesetzt. Wer hat ein Interesse daran, sich möglichst schnell alles unter die Nägel zu reißen und das ohne Rücksicht auf Verluste ? Mafaldas Spürsinn ist geweckt und sie stößt auf ein Geheimnis....


Bastian Richter lädt zu einem vergnüglichen und spannenden Ausflug nach Murano ein und lässt mit dem Trio Infernale, bestehen aus Mafalda und ihren beiden Freundinnen, kurzweilige Unterhaltung in der Sparte Cosy-Crime in die heimischen vier Wände einziehen.. Es gibt den ein oder anderen verbalen Seitenhieb, der auch schon mal für leichtes Schmunzeln verantwortlich ist, doch im Großen und Ganzen geht es im Roman um ernste Themen.

Venedig und seine Inseln werden immer mehr ausgeschlachtet und zu Ramschobjekten, da möglichst Jede/r etwas vom Kuchen des Tourismusmagneten abbekommen will. Immobilienknappheit, bezahlbarer Wohnraum für die Einheimischen und das Verhökern von billigen und industriell hergestellten Glasobjekten an die Besucher:innen werden vom Autor als Grundgerüst für die Krimihandlung genommen, um daraus einen abwechslungsreichen Verlauf zu kreieren.

Mafalda ist dem einen oder der anderen ein Dorn im Auge, legt sie doch den Finger in die Wunden und bohrt so lange nach, bis sie auf den Grund des Problems gestoßen ist. Ihre Hartnäckigkeit lässt sogar Enkel Pietro manchmal mit den Augen rollen, aber die Polizistenwitwe hat das Herz auf dem richtige Fleck und möchte nicht einfach so hinnehmen, dass ihre geliebte Heimat irgendwelche raffgierigen Investor:innen zum Fraß vorgeworfen wird.

Ihre Einfälle und Ermittlungsmethoden sind unkonventionell und mit einem gewissen Schalk im Nacken versehen, nicht immer geradlinig aber doch immer zielführend. Großes Blutvergießen oder nervenaufreibende Momente sind hier nicht zu finden, doch das tut der Handlung keinen Abbruch. Im Gegenteil, denn Richter beweist mit seiner coolen Hobby-Ermittlerin, dass Alter noch lange kein Grund ist, sich selbst aufs Abstellgleis zu schieben, sondern immer neugierig und mit Tatendrang am Ball zu bleiben.

Eine gelungene Mischung aus Miss Marple, Sightseeing und Hintergrundinformationen und daher absolut lesenswert !

Bewertung vom 06.07.2024
Divine Light
Stein, Wendy A.

Divine Light


ausgezeichnet

Lässt die Buchseiten strahlen

Mosaik ist die Kunst, aus kleinen bunten Glas- und Keramiksteinchen Großes zu vollbringen und damit die Menschen auch noch Jahrhunderte später tief im Inneren ihres Herzens zu berühren.

"Divine Light" lässt die Buchseiten strahlen, ermöglicht mit informativen Texten ein tiefes Eintauchen in die Kunstwerke und lässt die Betrachtenden staunend, ehrfürchtig und demütig die Seiten umblättern. Ein Buch, das seinesgleichen sucht und die bunte Welt der sakralen Kunstwerke zum Leben erweckt.

Eindrucksvolle Muster, wundervolle Farbkombinationen und - Schattierungen, bewundernswürdige Gestaltungen von Gewölben, Fußböden und Decken zeigen Kunsthandwerk par excellence. Glas und Stein in einer unglaublichen Vollkommenheit zusammengesetzt, sodass der Eindruck entsteht, dass die Kunstwerke Gemälde sind.

Licht bricht sich in den sakralen Bauwerken und verleiht den Mosaiken einen ganz besonderen Glanz, sodass die Sinnbilder, Symbole und traditionellen christlichen Szenen ihre ganze Ästhetik entfalten können. Das Kircheninnere wird somit zur Leinwand für die schmückenden Elemente, um Gläubigen die religiösen Aussagen nicht nur im Wort, sondern auch im Bild zugänglich zu machen und sie somit nachhaltig zu verinnerlichen.

Der prächtige Bildband ist zugleich ein außergewöhnlicher Reiseführer, der anhand des beigefügten Stadtplanes die Möglichkeit bietet, bei einem Rundgang durch Rom die prachtvollen Werke zu bestaunen und sich in himmlische Sphären führen zu lassen.

Bewertung vom 06.07.2024
KUNTH Unterwegs an den Oberitalienischen Seen
Henss, Rita

KUNTH Unterwegs an den Oberitalienischen Seen


ausgezeichnet

Komm ein bisschen mit nach Italien (Caterina Valente)

Wenn es Buch gibt, das regelrecht Heißhunger auf Italien macht, dann ist es "Unterwegs an den Oberitalienischen Seen" von Rita Henss ! Das Reisebuch ist von der ersten bis zur letzten Seite eine einzige Liebeserklärung an die großen und kleinen Gewässer, die sich im Norden Italiens wie kleine Juwelen auf der Landkarte finden lassen.

Das Zusammenspiel von Bergen und Wasser, verträumten Städtchen, fröhlich bunten Hausfassaden, antiken Prachtbauten und mediterranem Flair ist unschlagbar, wenn es darum geht, den Urlaub zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen. Die wundervollen Fotos laden zum Bummeln und Flanieren ein, um die Sehnsuchtsorte mit ihren schönsten Seiten zu erkunden.

Romantiker:innen kommen ebenso auf ihre Kosten wie Aktivurlauber:innen, Genießer:innen und Nostalgiker:innen finden ebenfalls ihr kleines großes Glück und können sich einfach nicht entscheiden, ob der nächste Trip lieber an den Lago Maggiore, den Lago di Tenno oder doch an den Lago di Garda führt. Es sind einfach viel zu wenig Urlaubstage im Jahr vorhanden, um die eigenen kleinen Welten rund um die Seen mit ihrem ganz besonderen Zauber kennenzulernen und sich Herz über Kopf in sie zu verlieben.

Der Glanz der nostalgischen Riva-Boote, die prachtvolle Eleganz der alten Villen am Comer See, mystische Sfi-Fi-Kulisse mit Erdpyramiden in Zone und Wanderungen zwischen schroffen Felsen und türkisfarbenem Wasser - der Norden von Italien ist zweifellos das letzte Paradies auf Erden, das charmante italienische Beschaulichkeit mit dem Dolce Vita vereint.

Sehnsucht kennt keine Saison und so ist dieses Reisebuch mehr als nur ein Appetithäppchen - berauschend schön, einzigartig und mit Ohrwurmgarantie, denn beim Durchblättern verbinden sich die informativen Begleittexte und die Aufnahmen mit diversen Songs von italienischen Interpreten: Ti sento, Azzurro, L'italiano, Gloria, I maschi, Via con me...

Bewertung vom 06.07.2024
52 kleine & große Eskapaden in der Region Rhein-Main
Waltinger, Sarah

52 kleine & große Eskapaden in der Region Rhein-Main


ausgezeichnet

Auf ins Abenteuer

Viele kennen das Rhein-Main-Gebiet nur vom Hörensagen: Stau auf der A 5, Wasserstandsmeldungen für den Rhein, Schiersteiner Brücke, EZB und Standort für Industrie, Wirtschaftsunternehmen und Banken. Dass diese Region auch ganz viel zu den Themen Urlaub, Ausflüge und Mikroabenteuer zu bieten hat, zeigt Sarah Waltinger in ihren "52 kleinen & großen Eskapaden".

Eine wundervolle Sammlung an Tipps für die (R)Auszeit vom Alltag, die Lust aufs Erkunden, Entdecken und Erleben macht. Einfach mal für wenige Stunden den Kopf frei bekommen, Abschalten und etwas Neues sehen, die Welt vor der Haustür im wahrsten Sinne des Wortes erfahren oder einfach nur, um neue Erinnerungen zu schaffen, die im Herzen bleiben.

Auf den Spuren von Sean Connery in der Filmkulisse von "der Name der Rose" - im Kloster Eberbach wird es möglich. Ein Perspektivenwechsel erfolgt auf der Lahn, denn beim Paddeln mit dem Kanu wird es idyllisch. Oder darf es lieber etwas weiter nach oben gehen ? Eine außergewöhnliche Übernachtungsmöglichkeit wartet im Binger Wald, denn das Schlafen in Baumzelten ist ein echtes Abenteuer. Steineklettern im Felsenmeer, Mammutbäume im Taunus, Sundowner im Mainzer Sand, Spukschloss im Spessart, Barfuß bis zum Gradierwerk oder Gruseln auf Burg Frankenstein - wer hätte gedacht, dass zwischen Rhein und Main so viele Möglichkeiten darauf warten, um unsere Wochenenden unvergesslich werden zu lassen.

Ein bisschen ist es wie bei Alice im Wunderland, die durch den Kaninchenbau schlüpft. Einmal die Buchdeckel aufgeschlagen, flattern fantastische und unwiderstehliche Ausflugstipps in die heimischen vier Wände, machen neugierig und schüren die Lust, einfach mal wieder etwas zu unternehmen. Also, ab nach draußen und rein ins Abenteuer Rhein-Main-Gebiet.

Bewertung vom 03.07.2024
Maddalena geht
Weiß, Margit

Maddalena geht


ausgezeichnet

Es gibt ein Bleiben im Gehen, Gewinnen im Verlieren, im Ende einen Neuanfang

Maddalena begleitet immer wieder aufs Neue das Wunder des Lebens, denn als Hebamme hilft sie in den streng gläubigen Bauernfamilien, den Nachwuchs auf die Welt zu bringen. Doch nicht immer ist sie in den kinderreichen und von Armut betroffenen Familien willkommen und so beschließt sie eines Tages, den ihr vorgezeichneten Weg und ihre Heimat zu verlassen. Aber ist dieses Weggehen auch wirklich ein Ankommen bei sich selbst ? Läuft Maddalena vor Problemen fort, die sie besser erst gelöst hätte ?

Margit Weiß öffnet für ihre Leser;innen das Familienalbum und zugleich das Geschichtsbuch und lässt sie eine sehr emotionale, beeindruckende und aufwühlende Zeitreise erleben. Die Lebensgeschichte der Hebamme Maddalena Decassian erzählt von der Gebärkultur anno 1900 in den ladinischen Bergtälern und zeichnet ein sehr authentisches Sittengemälde. Gottesfürchtigkeit, körperliche Züchtigungen, Armut und der immerwährende Versuch der Hebamme, den Schwangeren zumindest ein bisschen Menschlichkeit, Wärme und das Recht auf eine selbstbestimmte Entbindung in angenehmer Atmosphäre zu verschaffen, sind auf jeder Seite präsent und es fällt den Leser;innen nicht immer leicht, sich in die ärmlichen Verhältnisse hineinzudenken, gerade weil wir heute in einer Überflussgesellschaft leben, in der der technische Fortschritt sich täglich weiterentwickelt und Selbstbestimmung und Gleichberechtigung aktiv gelebt werden und keine leeren Worthülsen sind.

Die Figuren sind sehr akkurat ausgearbeitet, überzeugen durch Willenskraft und Stärke, andere wiederum leben das Patriachat und verkörpern so das vorherrschende Bild der damaligen Zeit. Es gibt Momente zum Schmunzeln, wenn über Empfängnisverhütung gesprochen wird und die Verhüterli aus tierischen Innereien für Gekicher und rote Wangen bei den Bäuerinnen sorgen. Auch Augenblicke der Wut und Zornesröte gehören bei Lesen dazu, wenn Unrecht geschieht, das die Würde und Grundrechte der Betroffenen verletzt.

Der Roman ist aufwühlend, an vielen Stellen liebevoll und mit jeder Menge Emotionen gespickt, verlangt den Leser:innen einiges ab und zeigt einen sehr realistischen Blick auf die finanziellen, räumlichen und bildungstechnischen Gegebenheiten in Buchenstein. Auch erfordert es beim Lesen viel Aufmerksamkeit, denn die wörtliche Rede ist leider aufgrund fehlender Satzzeichen nicht immer auf den ersten Blick zu erfassen.

Ein Buch, das die Lebensgeschichte einer Frau erzählt, die mutig genug ist, die Segel neu zu setzen, sich selbst und andere zu hinterfragen und dabei die Bedürfnisse von Schwangeren und Gebärenden nicht aus dem Auge verliert - 4,5 Sternchen

Bewertung vom 01.07.2024
Der Baum und der Fluss
Becker, Aaron

Der Baum und der Fluss


ausgezeichnet

Manchmal sagen Bilder mehr als tausend Worte

Aaron Becker besitzt die Gabe, mit Zeichenstift und Farbe eindrucksvolle Bilder entstehen zu lassen, die mehr Aussagekraft besitzen, als es Worte jemals könnten. In "Der Baum und der Fluss" gelingt es ihm nonverbal Emotionen zu wecken, die zum Nachdenken und Umdenken anregen.

Seine Bilder sind kraftvoll gezeichnet, erzählen von den starken Wurzeln einer Eiche, die im Verlauf der Jahre viel gesehen und erlebt hat. Fest verwurzelt in der Erde an der Flußbiegung wächst sie zunächst als junger Baum in einer landschaftlichen Idylle heran, in der es Frieden und ein achtsames Miteinander von Mensch und Umwelt gibt.

Je mehr Jahre ins Land ziehen, desto kräftiger wird der Baum und schlägt seine Wurzeln fest ins Erdreich. Der Fortschritt hält Einzug, das Leben am Fluss verändert sich und auch die unmittelbare Umgebung ist davon betroffen. Aus der dünn besiedelten Gegen wächst nach und nach ein Dorf, das sich zur Stadt entwickelt. Kultur und Tradition im Wandel der Zeit, Handwerk weicht dem technischen Fortschritt. - alles aus den Zeichnungen abzulesen. Immer wie ein Ruhepol mittendrin die Eiche, die scheinbar unerschöpfliche Lebensenergien hat und selbst Stürmen, Kriegen, Zerstörungen und Überschwemmungen trotzt.

Und dann löst sich eine Eichel, wird vom Fluss weitergetragen und keimt als Setzling an einer neuen Flussbiegung, um dort als Hoffnungsschimmer für eine bessere Zukunft ihre Äste in den Himmel zu strecken.

Das Bilderbuch ist wie ein Spiegel unserer Zeit, zeigt uns ganz ohne Worte die Verfehlungen auf, die wir an der Umwelt begehen und weckt zugleich die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Eine gewisse Symbolik ist dem Buch inne, denn mit der Prägung der 50-Pfennig-Münze in den 1950er Jahren erinnert auch hier die Eiche als Zeichen für Beständigkeit, Wiederaufbau und Neuanfang an die Hoffnung, dass in Zukunft wieder eine gesunde Umwelt für unsere Kinder wachsen und gedeihen soll.