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katikatharinenhof

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Insgesamt 979 Bewertungen
Bewertung vom 17.06.2024
Bleib
Dieudonné, Adeline

Bleib


ausgezeichnet

Wenn am Ende nichts mehr bleibt ausser Liebe

Es ist ein Wochenende voller Liebe und doch sind es nur gestohlene Momente, denn nichts anderes bedeutet eine Affäre. Doch an diesem Wochenende ist alles anders, denn es wird das dauerhafte Ende ihrer Beziehung bedeuten. Nicht etwa, weil einer der beiden Schluss macht, sondern weil M. stirbt. Ein bohrender, nagender Schmerz und das Gefühl des Alleinseins macht sich in der Frau breit, die alles dafür geben möchte, M. nie mehr loslassen zu müssen. Ihr Wunsch, M. für immer bei sich zu haben ist so groß, dass sie seine Leiche ins Auto packt und mit ihm einfach davon fährt. Einfach ? Nicht wirklich....und dann beginnt sie, sich alles von der Seele zu schreiben....


Für die anonyme Erzählerin ist M. die einzig wahre, die eine Liebe im Leben, für die es sich zu leben lohnt. Damit die betrogene Ehefrau versteht, dass sie ihr den Mann niemals wegnehmen wollte, schreibt sie Briefe, in denen sie zu erklären versucht. Erklären, was für viele Leser:innen unfassbar, schmerzhaft und emotional nicht immer nachvollziehbar ist und immer wieder die Frage nach dem Warum aufwirft.

Dramatische Szenen, tragische Ereignisse und kleine fiese Stachel, die sich unter der Haut festsetzen, eine ungeahnte Schmerzspirale in Gang setzen und die Empfindungen zischen Mitgefühl, Abneigung, Ekel, Entsetzen und nachsichtigem Verständnis schwanken lassen. Worte, die mitunter in einer atemberaubenden Stille enden, dann wiederum voller Leidenschaft und Ekstase explodieren, aber nie verletzend oder diffamierend gewählt sind.

Aus der Sicht der Liebenden erzählt, gelingt es der Autorin mit der direkten Ansprache durch das briefliche Stilmittel, sich beim Lesen in den Part der Betrogenen ebenfalls hineinzuversetzen und so das manchmal sehr sprunghafte Wesen der anonymen Erzählerin kennen zu lernen, aber nicht immer verstehen zu können. Ein Mann zwischen zwei Frauen, eine Geliebte, die alles dafür geben würde, diese Liebe niemals enden lassen zu wollen und ein Roman, der von großen Gefühlen, Verletzungen emotionaler und körperlicher Art erzählt.

Großes literarisches Kino, das sich deutlich vom Mainstream abhebt. Nicht immer einfach zu lesen, aber wer hat behauptet, dass Liebe immer einfach ist ?!

Bewertung vom 15.06.2024
Der tote Kurschatten von Sylt
Wood, Dany R.

Der tote Kurschatten von Sylt


ausgezeichnet

Und das alles auf Krankenschein

Nach einer schier endlos langen Diskussion mit dem Kundenberater bei der Krankenkasse darf Oma Käthe endlich ihre Koffer packen. Die heiß ersehnte Reha auf Sylt sollt mit einer Brise Nordseeluft ihren Liebeskummer in den Wind schießen und ihr ein wenig Ruhe und Erholung verschaffen. Aber schon mit der Anreise fängt das Chaos an - die Bahn unpünktlich, dann stolpert Käthe auch noch über eine Leiche und auch sonst scheint in der Kurklinik sich zwar einiges zu verbiegen, aber nicht wegen Yoga und anderen Übungen, sondern diverse Balken, die sich von den Lügen, die sie ertragen müssen , einfach nicht mehr gerade bleiben...


Endlich bekommt Oma Käthe eine eigene Krimi-Serie und Dany R. Wood hat sich mit diesem Buch wieder selbst übertroffen. Allein der Schlagabtausch zwischen Jupp und dem Krankenkassenmitarbeiter verdient das Prädikat "Brüller des Jahres" und zeichnet zwar überspitzt, aber doch sehr treffend eine Beratungssituation nach.

Das Leben im Mikrokosmos Rehaklinik erhält durch Oma Käthe frischen Wind und mit dem nächtliche Fund der Leiche bricht das Chaos aus. Statt morgens Fango, abends Tango bekommen hier Aufschneider, Lügenbolde und einsame Herzen ihren Auftritt und Oma Käthe steckt mittendrin. Eine ruppige Oberschwester erinnert an selbige aus der "Schwarzwaldklinik", wird aber plötzlich lammfromm und auch der Chefarzt zieht die Spendierhosen an.

Das lässt Käthe natürlich aufhorchen und so vergisst sie mehr als einmal ihren Therapieplan und beginnt, die Klinik auf links zu drehen. Zwischen weißen Tennissocken in Männersandalen, roten Büstenhaltern mit weißen Punkten und jeder Menge Seelenstriptease ermittelt Käthe auf eigene Faust und bekommt mit Hinnerk Rasmussen einen Kommissar a.D an die Seite gestellt, der ebenfalls für den ein oder anderen Schenkelklopfer verantwortlich ist. Es gibt ein Wiederlesen mit einigen bekannten Namen aus der Jupp-Backes-Reihe und ein paar verbale Seitenhiebe finde auch hier den Weg zwischen die Seiten.

Doch bei allem Unfug und Spaß zeigt der Autor auch eine sehr ernste Seite in seinem Krimi und baut zum Schluss nochmal irre Twists und unvorhergesehene Geständnisse ein, die nachdenklich stimmen. Ein abwechslungsreicher Plot, der mit vielen guten Einfällen, Spannung pur und Oma Käthe in Hochform punktet.

Und das alles auf Krankenschein.....ich wünsche mir mehr davon ;)

Bewertung vom 15.06.2024
Seltsame Sally Diamond
Nugent, Liz

Seltsame Sally Diamond


ausgezeichnet

Verstörend, grausam und bricht Tabus

Sally nimmt alles wortwörtlich und so ist es für sie eine Selbstverständlichkeit, ihren verstorbenen Adoptivvater nach seinem Ableben in der Feuertonne zu verbrennen. Ein Aufschrei geht durch den Ort und plötzlich steht Sally im Fokus der Öffentlichkeit. Aber warum ist sie so, wie sie ist ? Was steckt hinter mehr als gewöhnungsbedürftigen Art ? Sally lernt in kleine Schritten, sich zu öffnen, anderen zu vertrauen und entdeckt dabei eine grausame Wahrheit...


Ich inhaliere die Bücher von Liz Nugent geradezu Seite für Seite weg und kann nicht anders, als die Romane in einem Rutsch durchzulesen. "Seltsame Sally Diamond" ist erneut ein echter Pageturner, der von den dunkelsten Seiten einer menschlichen Seele und dessen Auswirkungen berichtet.

Der Plot baut sich langsam auf, zieht die Leser:inne immer tiefer in die psychologischen Abgründe mit und reißt an den Nerven. Nugent bricht Tabus, schreibt über Pädophilie, Missbrauch körperlicher, seelischer, emotionaler und sexueller Art und bringt ihre Leserschaft dazu, such sehr genau mit den Ereignissen und drastischen Szenen auseinanderzusetzen..


Die Autorin ist eine Meisterin darin, raffinierten Thrill mit subtiler Bösartigkeit zu paaren und daraus eine Handlung zu stricken, die die ganze Palette von Manipulation, Kontrolle, Machtmissbrauch und krankhaften Neigungen bedient. Die Figuren sind sehr lebensnah ausgearbeitet und genau darin liegt die Stärke von Nugent. Ihre Gespenster der Vergangenheit, ihre Lügen und Geheimnisse sind wie Ungeziefer - sie kriechen aus jeder Ecke und jedem Winkel und werfen ihr Netz aus verstörenden Wahrheiten aus, um die Leser:innen darin einzufangen.

Bei all dem Schmerz findet die Schreibende auch immer wieder die Möglichkeit, humorige Szenen mit einzubauen, die von einer ungeahnten Leichtigkeit zeugen und bei denen selbst den Leser:innen ein herzliches Lachen entschlüpft. Auch fällt es leicht, für Sally Zuneigung zu empfinden, die nicht von Mitleid geprägt ist, sondern von echter Empathie.

Überraschende Wendungen perfektes Timing und randvoll mit psychologischen Tricks und Kniffen - so geht Thriller à la Liz Nugent.

Bewertung vom 13.06.2024
Unter Wasser ist es still
Dibbern, Julia

Unter Wasser ist es still


ausgezeichnet

Loslassen, um zu merken, was hält

Der Hausverkauf soll der letzte, endgültige Schritt sein, um endlich mit der Vergangenheit abschließen zu können. Maira muss dafür aber zurück an die Ostsee, um alles Notwendige zur veranlassen. Ausräumen, eventuell noch ein paar Erinnerungsstücke mitnehmen und dann den Vertrag mit dem Investor unterschreiben. Doch so einfach, wie sie sich das vorgestellt hat, lässt das Haus sie nicht gehen. Denn es hängen viele Erinnerungen in den Räumen und ganz besonders die Frage, wie ihre Mutter wirklich gestorben ist....


"Unter Wasser ist es still" ist ein wundervoller leiser Roman, der gemeinsam mit den Leser;innen schweigt, sie zum Nachdenken anregt und mit ganz vielen ungesagten Worten zwischen den Zeilen eine Saite im Herzen zum Schwingen bringt. Julia Dibbern gelingt es nämlich, ihre Leserschaft die Möglichkeit zu geben, gemeinsam mit Maira den Prozess des Lassens - Geschehen lassen, Zulassen, Loslassen - zu durchleben und sich den vielen ungelösten Fragen zu stellen.

Das eigentlich so verhasste Haus wird plötzlich zum Schutzraum, öffnet seine Türen und Maira kann durch sie hindurchgehen, um die Ereignisse ihrer Jugendzeit zu durchleben. Die Erinnerungen, so schmerzhaft sie auch sind, werden Dank ihrer alten Freunde, zu heilsamen Pflastern. Die maritimen Naturmotive wirken für die Leser;innen entschleunigend und führen sie an den Strand, um die Zehen in den kalten Sand zu buddeln, die sanfte Brise Seeluft auf der Haut zu spüren und den leicht salzigen Geschmack auf den Lippen wahrzunehmen.

Die Figuren sind sehr authentisch und von Dibbern lebensnah ausgearbeitet, sodass es nicht schwer fallt, in ihre Schuhe zu schlüpfen und mit ihnen gedankenversunken an der Wasserkante spazieren zu gehen und ein wenig nachdenklich die mit Staub bedeckten Erinnerungsstücke auszusortieren.

Julia Dibbern verwebt Rückblenden mit Gegenwart und strickt daraus eine sehr feinfühlige und taktvolle Erzählung, die uns irgendwie alle angeht. Denn auch wir haben Eltern, die älter werden und die von der Diagnose Demenz betroffen sein können. Der rücksichtsvolle Umgang mit dieser Erkrankung und dem daraus resultierenden schleichenden Veränderungsprozess, findet durch die Schreibende einen Weg an die Öffentlichkeit. "Und vergib uns unsere Schuld...." diese Worte aus dem "Vater unser" haben mich beim Lesen des letzten Kapitels begleitet und zeigen, wie wichtig es ist, sich selbst die Zeit zu geben, um die Frage nach Schuld, Akzeptanz und Vergebung beantworten zu können.

Bewertung vom 09.06.2024
KUNTH Bildband Sehnsucht Mittelmeer
Henss, Rita;Fischer, Robert;Kauppert, Anja

KUNTH Bildband Sehnsucht Mittelmeer


ausgezeichnet

Ein Sommernachtstraum (frei nach Shakespeare)

Das Fernweh lockt, wir haben Lust auf Sonne und Meer und sind auf der Suche nach traumhaften Urlaubszielen, die für unvergessliche Erinnerungen sorgen. Das Mittelmeer ist eine wie eine prall gefüllte Schatzkiste, die viele kleine und große Juwelen wie Strandglück, kulinarischen Hochgenuss und geheimnisvolle Steinruinen beherbergt.

Da ist es nicht verwunderlich, dass der vorliegende Bildband "Sehnsucht Mittelmeer" seinen Titel wortwörtlich meint, denn die dieser Ausflug führt geradewegs ins Paradies. Kleine Buchten, quirlige Hafenstädtchen, beeindruckende Natur, alte Sagen, uralte Geschichte und mediterranes Flair sind eine tolle Mischung, die in qualitativ hochwertigen Aufnahmen den Weg direkt ins Herz der Betrachtenden finden. Auch wenn es eine Art Speed-Dating mit bekannten und beliebten Urlaubsorten ist, so finden sich doch auch viele kleine Perlen darunter, die es noch zu entdecken gilt.

Von Smaragdgrün bis Türkisblau changiert die Farbpalette des Mittelmeeres, das leuchtende Rot der untergehenden Sonne malt einzigartige Momente und das Weiß der Sandstrände verführt zum Seele baumeln lassen. Zwischen den Seiten duftet es nach sonnengereiften Zitronen, Orangen und Tomaten, eine Wolke aus Gewürzen wie Curcuma, Kardamom, Nelken, Kreuzkümmel, Koriander und Zimt verströmt einen Hauch Orient und mach Heißhunger auf die nächste Reise ans Mittelmeer.

Postkartenansichten werden plötzlich zu begehbaren Badeplätzen, das quirlige Treiben in den Städtchen wirkt wir ein Aphrodisiakum und die faszinierende Natur bildet die perfekte Kulisse für den nächsten Sommernachtstraum.

Bewertung vom 06.06.2024
Mit jeder kleinen Entscheidung
Alexander, Tamera

Mit jeder kleinen Entscheidung


gut

Sehr missionarisch und manchmal an der Realität vorbei

Clarie muss sich eingestehen, dass es so mit ihrer Ehe nicht weitergehen kann. Ehemann Stephen beichtet ihr eine Beinahe-Affäre und das nagt doch sehr an ihrem ohnehin stark angekratzten Selbstbewusstsein. Zu schwer wiegen die Ereignisse aus der Vergangenheit. Die Beziehung steht auf der Kippe und so ist es nicht verwunderlich, dass Claire nicht in Begeisterungsstürme ausbricht, als ihr Stephen von einem geplanten Hauskauf und einem Umzug erzählt. Noch ahnt sie nicht, dass dieses Haus ihr Schicksal sein wird....


"Mit jeder kleinen Entscheidung" von Tamare Alexander lässt zwei Zeitstränge ineinander fließen und verbindet eine Geschichte ähnlich der bekannten TV-Serie "Fackeln im Sturm" mit den Sorgen und Nöten aus der Gegenwart. Die alte Villa steigt in geradezu majestätischer Manier aus den Seiten und entfaltet ihre ganze Schönheit und Größe wie auf einer Pop-up-Karte, sodass die Leser:innen aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

Die alten Mauern bergen ein Geheimnis und genau dieses gilt es zu ergründen. Während Claire mit der Untreue ihres Mannes hadert und sich im Geiste schon die Scheidungspapiere unterschreiben sieht, wird sie, Dank der handschriftlichen Aufzeichnungen aus einem geheimen Tagebuch Zeugin, wie sich das Leben im und um das Haus zu Zeiten des Bürgerkrieges abgespielt hat. Körperliche Züchtigungen, sexualisierte Gewalt, Rassenhass und Sklavenhaltung geben ein sehr plakatives und schmerzhaftes Bild von einst wieder. Die Erniedrigungen jeglicher Art sind beim Lesen deutlich bemerkbar und hinterlassen Spuren.

Die Entwicklung der Charaktere auf beiden Zeitebenen ist gelungen und es fällt leicht, sich in den jeweiligen Part hineinzuversetzen. Sympathie und Antipathie liegen ganz nah beieinander und schicken die Leser:innen auf eine Achterbahn der Gefühle. Leider liest sich der Roman an vielen stellen wie eine Predigt, wirkt dadurch missionarisch, manchmal schon zwanghaft überzeugend und eine Spur zu dick aufgetragen. Es gibt viele christliche Bücher, die ihre christliche Botschaft in einer sehr ausgewogenen Balance zwischen Spannung, Emotionen und spirituellem Inhalt über die komplette Dauer der Lektüre halten können, aber hier schlägt die Autorin viel zu oft über die Stränge, wirkt dadurch belehrend und es geht von ihrer Geschichte eine Art dringlicher Zwang aus, die gleiche Sichtweise einnehmen zu müssen.

Im letzten Drittel wird die Handlung unglaubwürdig, denn Claire lässt sich von ihrem Mann wieder um den Finger wickeln, folgt ihm und legt bereitwillig das Tuch der Vergebung über seine Verfehlungen. Glaube, Liebe, Hoffnung und Verzeihen sind die Grundpfeiler des christlichen Glaubens, aber eine Geschichte muss auch glaubwürdig sein, um eben jene Werte alltagstauglich in einem mitreißenden Roman zu vermitteln.

Neutrale 3 Sternchen

Bewertung vom 06.06.2024
111 Orte Ludwigs II., die man gesehen haben muss
Reiss, Jochen;Liedtke, Rüdiger

111 Orte Ludwigs II., die man gesehen haben muss


sehr gut

Eines Königs würdig

Die Herzen aller Kini-Fans schlagen höher, denn in der Buchreihe "111 Orte" ist ein ganz besonderes Schmankerl erschienen. Zwischen den edlen Buchdeckeln in royalem Blau verstecken sich 111 Sehenswürdigkeiten und Ausflugstipps, die eines Königs würdig sind.

Von märchenhaft bis mystisch, rätselhaft bis majestätisch, außergewöhnlich und extravagant finden sich auf den Seiten spektakuläre Orte, die ihre Geschichten und Geschichte erzählen. Der Schlosspark von Linderhof verwandelt sich in eine Schatzsuche, das Graswangtal wird zur lieblichen Auszeit, der Hintersee zum See(h)nsuchtsort. In kurzen, sehr informativen Begleittexten lüftet sich so manches Geheimnis und erlaubt somit einen Blick in die königliche Schatzkammer, Gemächer und Kirchen, die vom Leben und Leid des Monarchen erzählen.

Die Fotos sind echte Hingucker und machen Lust, auf des Königs Spuren zu wandeln. Doch so schön das alles anzusehen und zu lesen ist, so kreuz und quer ist die Anordnung der Ausflugstipps. Wer seine Touren planen möchte, muss sich komplett durch die Seiten blättern, denn die geschichtsträchtigen Orte sind weder chronologisch noch regional geordnet, sondern nach Lust und Laune und ohne ein erkennbares Konzept zusammengestellt.

Das Schlafzimmer in Hohenschwangau folgt unmittelbar auf die Schimmelstute in Schloss Nymphenburg, während die Entfernungen zwischen den Tipps 55, 56 und 57 nicht größer sein können, denn hier wird vom Kini-Kreuz im Starnberger See über St. Bartholomä im Königssee bin hin zur Klause Gurmanz im Park Linderhof der ein oder andere Kilometer an Strecke gefahren.

Besser, und vor allen Dingen einfache, wäre es, die Ausflüge und Sehenswürdigkeiten regional und auf den jeweiligen Standort zu komprimieren, um nicht ständig hin und her blättern zu müssen. Ansonsten ein mehr als gelungenes Sammlerstück.

Bewertung vom 04.06.2024
Die alte Villa auf den Klippen
Hannon, Irene

Die alte Villa auf den Klippen


ausgezeichnet

Narben erinnern uns an das Erlebte, aber sie definieren nicht unsere Zukunft

Nach einer herben Enttäuschung wagt Ashley den großen Schritt und möchte in Hope Harbor einen kompletten Neustart wagen. Edgecliff soll aus seinem Dornröschenschlaf geweckt und zukünftig als wundervoller Veranstaltungsort für Traumhochzeiten und andere Festlichkeiten in neuem Glanz erstrahlen. Das Haus selbst und der einst prächtige Garten benötigen mehr als eine helfende Hand, um der alten Villa einen passenden Rahmen zu verliehen. Ashley begegnet Jon, der als Landschaftsgärtner kräftig zupacken kann. Aber warum trägt er immer Basecap, Sonnenbrille und Maske ?

Hope Harbor ist für viele schon zu einer zweiten Heimat geworden und Irene Hannon ermöglicht mit dem neuen Band "Die alte Villa auf den Klippen" wieder eine emotionale und spirituelle Reise in den charmanten Küstenort. Es ist wie Heimkommen und genauso liebevoll und warmherzig fühlt sich auch die ganze Erzählung an.

Manchmal gibt es Verletzungen im Leben, die zwar verheilen, aber auch Jahre später noch brennen und deutlich sichtbare Spuren auf der Haut und in der Seele hinterlassen. Mit genau diesen Narben lebt Jon zwar weiter, denn für ihn gibt es keine Salbe und kein Pflaster, um den Schmerz und die öffentliche Ablehnung jemals lindern zu können.

Hannon beschreibt sehr eindringlich und nachvollziehbar den inneren Kampf, den Jon täglich mit sich selbst ausficht und stellt ihm mit Ashley eine ebenso verletzte junge Frau an die Seite. Die beiden sind sich gegenseitig Pflaster für die geschundenen Seelen und der Autorin gelingt es mit ihrer ehrlichen und bewegenden Erzählweise, die Gefühls - & Gedankenwelt der beiden Hauptfiguren zu öffnen, um gemeinsam mit ihnen die Antworten auf Fragen nach der Identität, Sinn des Lebens, Glauben und Liebe zu finden.

Das malerische Küstenstädtchen ist der perfekte Schauplatz für Romantik, Vergangenheitsbewältigung und Glaubensfragen, denn hier werden Träume wahr, heilen Herzen und neue Perspektiven öffnen sich. Zeig mir deine Narben und erzähle mir deine Geschichte - diese Aufforderung gilt nicht nur für das Buch, sondern ist auch ein Wegweiser für uns alle, nicht immer auf das Makellose und den schönen Schein unser Augenmerk zu legen, sondern bewusst hinter die Fassade zu schaen und hinter der vermeintlich "beschädigten" Oberfläche eine Menschen zu entdecken, der eine eigene Geschichte hat und trotz - oder gerade wegen - seiner Narben besonders liebenswert ist.

Das Leben tut weh, aber der Glaube und die Liebe wirken wie ein heilendes Pflaster - Irene Hannon erschafft mit ihren Hope-Harbor-Reihe echte Wohlfühlromane mit tiefgehenden christlichen Botschaften.

Bewertung vom 01.06.2024
Tod auf der Unterbühne
Konstanze, Breitebner

Tod auf der Unterbühne


gut

Dramolett im Scheinwerferlicht

Was passiert, wenn aus den Proben für den "Sommernachtstraum" plötzlich ein echter Alptraum wird ? Mit dieser Tatsache sehen sich die Darsteller;innen im Sommertheater konfrontiert, denn ihr Regisseur liegt tot auf der Unterbühne. Tragischer Unfall oder Mord ? Sein oder nicht sein...doch ganz so frei nach Shakespeare gestalten sich die Ermittlungen dann doch nicht. Die Bretter, die die Welt bedeuten, werden zur dramatischen Bühne des Lebens....


Sommertheater - das bedeutet, den charakteristischen Geruch nach Theaterschminke, Puder, Kostümen, Holz und Leder in der Nase zu haben und die leichte kühle Brise des Sommerabends auf der Haut zu spüren, wenn sich endlich der Vorhang hebt. Was nach einer wirklich guten Krimi-Unterhaltung aussieht, wird im Verlauf der Kapitel zu einem Dramolett, mit "Viel Lärm um Nichts", denn die Auflösung zur Tötungsart und den Beweggründen ist so typisch und daher schon unglaublich oft gelesen und verarbeitet worden.

Die Figuren sind sehr stereotyp angelegt und so findet sich der tyrannische Regisseur neben der divenhaften Hauptdarstellerin wieder, blütenweiße Westen verleihen schwarzen Seelen ein doch eher bekanntes Aussehen und auch eine Ehefrau, die scheinbar alles sang- & klanglos erduldet, bekommt hier ihren großen Auftritt.

"Sein oder nicht sein"...diese Frage stellt sich immer wieder, und das Treiben auf und hinter der Bühne wird fast schon zur "Komödie der Irrungen" und irgendwie entsteht das Gefühl, dass Figuren und Leser:innen durch die Ereignisse gehetzt werden. Es geht Schlag auf Schlag, Einzelschicksale geben sich quasi im Dauerlauf die Klinke in die Hand und auch #metoo findet seinen Weg zwischen die Seiten. "Wie es Euch gefällt"...die Antwort fällt bei mir eher durchwachsen aus, denn leider trifft hier "Ende gut, alles gut " nicht zu.

Die Krimi-Inszenierung zeigt, dass es möglich ist, Klassiker modern in Szene zu setzen und der Perspektivenwechsel erlaubt einen Blick hinter die Kulissen, aber die Magie des Theaters bleibt relativ oft aussen vor und das Interesse an der Handlung flacht zusehends ab.Neutrale 3 Sternchen

Bewertung vom 31.05.2024
Mord auf dem Königssee
Leibrock, Felix

Mord auf dem Königssee


sehr gut

Geht unter die Haut

Es ist der Höhepunkt einer jeden Schifffahrt auf dem Königssee, wenn das berühmte Echo erklingt. Doch auf dieser Tour ist alles anders, denn statt wohlklingender Töne aus dem Flügelhorn wirft die Ostwand einen Aufschrei des Entsetzens als Echo zurück. Ein grausamer Fund im Instrumentenkoffer des Schiffsbegleiters sorgt für Aufruhr und dann geht alles Schlag auf Schlag. Simon Perlinger sieht sich einem Rätsel gegenüber, dass ihn weit zurück in die Vergangenheit führt....


Felix Leibrock schlägt die Geschichts- & Kirchenbücher auf und setzt schon mit den ersten Seiten echte Schockmomente frei. Folter, Misshandlungen und und Hexenverfolgung werden in brutalen Szenen akribisch geschildert und sind nichts für zarte Gemüter. Der Bogen aus der Vergangenheit hin zu den Ritualmorden in der Gegenwart wird perfekt geschlagen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Denn hier werden tote Priester regelrecht hingerichtet und auf den Schiffsplanken gekreuzigt und genau das wirft unendlich viele Fragen auf.

Die malerische Kulisse steht dabei im krassen Gegensatz zu den Ereignissen, denn die mysteriösen Todesfälle sind der Schlüssel zu menschlichen Abgründen, düsteren Geheimnissen und einem dichten Netz aus Lügen. Der Erzählstil ist atmosphärisch dicht und sehr plakativ, sodass sich die Bilder im Kopfkino einfach nicht mehr aufhalten lassen und sich wie ein Gruselfilm vor dem inneren Augen abspulen. Unvorhergesehene Wendungen halten zu jederzeit den Spannungsbogen straff gespannt und jagen die Leser:innen nur so durch die Seiten.

Die eigenen Ermittlungen kommen nicht zu kurz und es ist gar nicht so einfach, die kleinen Puzzleteilchen aus einem sehr dicht gewebten Netz aus Lügen, Intrigen und Halbwahrheiten herauszufinden und zusammenzusetzen. Die Figuren sind alle sehr authentisch und glaubwürdig gezeichnet, sodass es unglaublich leicht fällt, sich in den jeweiligen Charakter hineinzuversetzen. Das Wechselspiel aus Gut und Böse, sowie der Einblick in die Rolle der katholischen Kirche, die insgesamt in keinem guten Licht erscheint, gelingt nahezu perfekt.

Lediglich die letzten beiden Kapitel und der Epilog fallen komplett aus dem Raster und driften in eine Art Heimatroman ab. Hier werden große Gefühle richtig dick aufgetragen und der weiß-blaue Himmel hängt voller Geigen. Der Schluss ist daher nicht ganz passend für einen Krimi, der unter die Haut geht - 4 Sternchen ist der Roman aber trotzdem wert.