Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Jacquy

Bewertungen

Insgesamt 50 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2021
Cyber Trips / Neon Birds Bd.2
Graßhoff, Marie

Cyber Trips / Neon Birds Bd.2


ausgezeichnet

Nachdem Band 1 bereits mitten im Geschehen eingesetzt hat und es direkt spannend losging, hat die Autorin hier genau daran angeschlossen. Den Figuren bleibt keine richtige Verschnaufpause, denn die aktuelle Situation verlangt danach, zu Handeln. Was hier allerdings wegfällt, ist die Fülle an Informationen, bei denen es mir in Neon Birds zunächst etwas schwerfiel, alle aufzunehmen und zu verarbeiten. So gibt es auch hier noch eingeschobene Logbuch-Seiten mit Hintergrundinformationen, aber sie treten längst nicht mehr so zahlreich auf. Im Grunde hat man auch schon im Vorgänger einen sehr guten Überblick darüber bekommen, wie die Welt und das Militär aufgebaut sind, weshalb das nun nicht mehr nötig ist.

Das macht die Geschichte aber längst nicht weniger spannend, denn Band 1 endete bereits mit einem Cliffhanger und auch diese Fortsetzung lässt einem keine Verschnaufpause. Eine Actionszene jagt die nächste, unterbrochen von Enthüllungen und neuen Entwicklungen und ich war von einem Buch selten so sehr gefesselt. Es gibt einfach keine ruhige Stelle, an der man beruhigt das Buch weglegen kann, und ich habe jede Minute davon geliebt. Besonders interessant fand ich KAMI, die man hier ein wenig kennenlernt und die tatsächlich eine extrem spannende Entwicklung durchmacht. Dadurch geht das Buch automatisch tiefer in die Gut-und-Böse Thematik und man ist sich oft unsicher, wie man bestimmte Figuren oder Handlungen nun bewerten soll, was mir sehr gefallen hat.

Die Figuren kennt man größtenteils schon, aber man erfährt hier einige Hintergründe, die erklären, wie sie so geworden sind und was ihr heutiges Handeln ausmacht. Das verstärkt auch noch einmal die Tatsache, dass ich mit jedem der Progatonisten mitgefühlt habe und auch an den Nebenfiguren immer mehr interessiert bin. Gerade Byth ist eine spannende Figur, man merkt schnell, dass sie noch Geheimnisse hat, die noch aufgedeckt werden müssen und es freut mich, dass sie hier auch eine eigene Perspektive bekommen hat.

Fazit:
Eine extrem spannende Fortsetzung, die einige neue Erkenntnisse und Enthüllungen mit sich bringt, nicht nur über die Protagonisten, sondern auch über KAMI. Ich kann es gar nicht erwarten, zu erfahren, wie die Autorin die Geschichte enden lassen wird.

Bewertung vom 10.06.2021
Und ich leuchte mit den Wolken / Love is Love Bd.1
Bichon, Sophie

Und ich leuchte mit den Wolken / Love is Love Bd.1


ausgezeichnet

Das Buch ist aus Perspektive von Lilou und Mignon geschrieben und das ist meiner Ansicht nach auch sehr wichtig für die Geschichte, da es mir ansonsten gerade bei Mignon schwer gefallen wäre, sie einzuschätzen. Sobald man sie kennenlernt, merkt man was sie für eine großartige Beziehung zu ihren Freund*innen hat, aber nach außen hin wirkt sie ziemlich unnahbar. Sie springt von einer Affäre zur nächsten und bricht diese immer ab, sobald sie merkt, dass bei der anderen Seite Gefühle entstehen, da sie diese einfach nicht erwidern kann. Sie spricht von einem Herz aus Glas und dass sie nicht in der Lage wäre, sich zu verlieben, aber vielleicht hat sie auch einfach noch nicht die richtige Person getroffen. Bis jetzt.

Lilou wirkt sofort wie das krasse Gegenteil. Sie ist abenteuerlustig und lebensfroh, sie lebt das Leben in vollen Zügen, auch wenn - oder vielleicht gerade weil? - sie noch so jung ist. Die Welt steht ihr offen und sie weiß noch nicht, wer sie ist und wer sie sein möchte. Um das herauszufinden, zieht sie für ein Jahr allein nach Paris, in die Heimatstadt ihrer Mutter, die sie vor 8 Jahren einfach so verlassen hat. Im Zug trifft sie auf Mignon und ist sofort von der schönen, aber unnahbaren Fremden fasziniert. Lilou ist pansexuell, das bedeutet, dass sie sich in Personen verliebt, unabhängig ihres Geschlechts. Obwohl sie damit in der Vergangenheit schon Probleme hatte, geht sie damit ganz offen um und sieht es einfach als einen Teil von sich an, den sie nicht verstecken möchte, was ich fantastisch fand. Gleichzeitig zeigt das Buch - und auch das Nachwort der Autorin - dass es völlig in Ordnung ist, sich nicht zu labeln und dass jeder seinen eigenen Weg finden muss.

Die Handlung ist stark figurenbasiert. Jegliche Spannung entsteht nur durch die sich entwickelnde Beziehung zwischen Lilou und Mignon. Man verfolgt Lilou in ihrem neuen Alltag, wie sie die Stadt erkundet, neue Lieblingsorte und Freunde findet, sich verliebt. Mir hat es sehr gefallen, wie es ist, aber wenn einem eine ereignisreiche Handlung wichtig ist, sollte man vor dem Lesen seine Erwartungen anpassen. Der Schreibstil trägt sehr viel dazu bei. Er ist wahnsinnig schön, lässt sich Zeit in seinen Ausführungen und mit jedem Satz schwingt ganz viel mit, was eine einzigartige Stimmung erzeugt.

Fazit:
Zwei auf den ersten Blick ganz unterschiedliche Frauen, die nicht nur mich, sondern auch sich gegenseitig mit ihrem Wesen direkt fasziniert haben. Der Schreibstil erschafft eine einzigartige Atmosphäre, als würde man sich selbst in Paris befinden und hätte alle Zeit der Welt, die Stadt und sich selbst zu erkunden, während man ganz viel über die Liebe lernt. Für mich ein neues Herzensbuch.

Bewertung vom 03.04.2021
Fadeaway / Away Bd.2
Stehl, Anabelle

Fadeaway / Away Bd.2


ausgezeichnet

Fadeaway ist die Fortsetzung von Breakaway. Es ist kein Muss, den Vorgänger gelesen zu haben, aber in diesem lernt man Kyra bereits kennen und erfährt auch, was ihr passiert ist. Das wird hier aber auch nicht als großes Geheimnis behandelt, denn auch wenn von den Figuren kaum jemand davon weiß, erfährt man als Leser*in ziemlich schnell, dass Kyra Opfer einer versuchten Vergewaltigung wurde. Auch wenn nur darüber gesprochen wird, ist es ein wichtiges Thema in der Geschichte, weshalb ich hiermit eine Triggerwarnung aussprechen möchte. Diese findet sich aber auch auf der ersten Seite des Buches, was ich sehr vorbildlich finde.

Kyra mochte ich schon im letzten Teil sehr, obwohl man sie dort nur kurz kennenlernt. Sie ist offen und direkt, spricht aus was sie denkt und ist schlagfertig. Umso interessanter war es zu sehen, dass auch sie eine verletzliche Seite hat und nicht bei allen Themen so offen sein kann. Zunächst geht es aber viel um ihren neu gestarteten Podcast. Schon die Idee fand ich richtig cool und die Umsetzung hat meine Erwartungen dabei noch übertroffen. In jeder Folge konzentriert sie sich auf ein Thema, lässt Betroffene zu Wort kommen und ich fand es super, dass die Texte (teilweise) abgedruckt sind und nicht nur darüber gesprochen wird. Dadurch ist das Buch auch wirklich lehrreich, man erfährt einiges über Feminismus und das alles, ohne dass es belehrend wirkt. Auch in den Dialogen konfrontieren sich die Figuren gegenseitig mit dem Gesagten und ich fand es toll, dass deutlich wird, dass niemand perfekt, aber dafür lernfähig sein sollte.

Da dieser Aspekt für mich deutlich im Vordergrund steht, gehe ich erst jetzt auf die zweite Hauptfigur ein. Wir lesen auch aus der Perspektive von Milan, semi-professioneller Handballer und Student, den Kyra kennenlernt, als er den Raum, den sie für die erste Podcast-Aufnahme reserviert hat, für eine LAN-Party blockiert. Ich habe alles an dieser Situation geliebt und auch im weiteren Verlauf fand ich alle Szenen, in denen Kyra und Milan zusammen auftraten, besonders großartig. Die Chemie ist fantastisch, die Dialoge schlagfertig, aber dadurch nicht weniger gefühlvoll und ich habe mich in beide ziemlich verliebt.

Obwohl mir schon Breakaway sehr gefallen hat, ist hier für mich eine deutliche Steigerung zum Debüt der Autorin erkennbar. Es gibt keine Geheimnisse vor dem Leser mehr, dafür viel Gefühl, Witz und Charme der Figuren. Die ganze Freundesgruppe aus der Reihe habe ich direkt ins Herz geschlossen, aber Kyra und Milan haben hiermit einen besonderen Platz gefunden. Die Freundschaften sind auch ein wichtiger Teil davon, dass die Bücher für mich so herausragend sind, denn auch die Nebenfiguren haben alle einen wirklichen Charakter, spielen eine wichtige Rolle im Buch und die Dialoge und Beziehungen untereinander sind fantastisch.

Durch die Epiloge, die in dieser Reihe jeweils aus der Sicht der nächsten Hauptfigur geschrieben sind, hat mich schon der Vorgänger sehr neugierig auf Kyra und ihre Geschichte gemacht und das gleiche ist jetzt auch mit Miriam gelungen, über die wir in Band 3 mehr lesen werden. Der kurze Einblick deutet schon wieder auf ein wichtiges Thema hin und ich kann es gar nicht erwarten, darüber zu lesen.

Fazit:
Ein Buch das aufklärt, Mut macht und genau wie die Protagonistin allen zeigt, dass sie nicht alleine sind. Mit zwei Hauptfiguren, die ich direkt ins Herz geschlossen habe, zeigt die Autorin hier zum zweiten Mal, dass Liebesgeschichten und Feminismus sich nicht ausschließen.

Bewertung vom 27.12.2020
Breakaway / Away Bd.1
Stehl, Anabelle

Breakaway / Away Bd.1


ausgezeichnet

Lia lernen wir kennen, als sie gerade in den Bus steigt, der sie aus ihrem bisherigen Leben weg bringt. Was ihr passiert ist erfährt man lange nicht explizit (es gibt aber eine Triggerwarnung hinten im Buch!), aber anhand ihres Verhaltens konnte ich es mir schon früh grob zusammenreimen. Es ist aber nicht so, dass es Spannung weggenommen hätte, sondern verdeutlicht viel eher, wie viel Einfluss es auf sie als Mensch hatte und wie wenig sie es eigentlich noch an sich heranlassen möchte. Diese Darstellung hat mir richtig gut gefallen und sie wirkte auf mich immer sehr authentisch.

Noah mochte ich sofort, denn er und Lia liefern sich gleich beim Kennenlernen einen kleinen Schlagabtausch und ich liebe solche Dynamiken zwischen Figuren. Er hat ein ganz eigenes Problem, denn er musste sein Auslandssemester abbrechen, da es innerhalb seiner Familie einen großen Konflikt gab, über den ihm aber niemand etwas erzählen möchte. Die Geschichte wird aus beiden Sichten erzählt, was mir immer gut gefällt, um sich in beide Perspektiven hineinversetzen zu können. Natürlich läuft auch zwischen den beiden Protagonisten nicht alles reibungslos, aber so konnte ich bei Problemen beide Seiten gut nachvollziehen und das ist mir wichtig.

Ich mochte das Kennenlernen zwischen den beiden sehr, es verläuft eher langsam und anfangs eher freundschaftlich, was ich liebe. Generell hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte sich Zeit lässt, auch wenn immer etwas passiert. Es wirkte einfach nichts übereilt und alle Aspekte konnten sich ausreichend entfalten. Auch wenn Lia ihre Geheimnisse wahrt, wird ein starker Fokus auf Kommunikation gelegt und die Aussagen die das Buch einem diesbezüglich mitgibt fand ich toll. Ebenfalls, dass zwischendurch immer ein bisschen Feminismus entweder implizit oder explizit zur Sprache kam und die Geschichte mitgeprägt hat. Das Ende fand ich großartig und ich bin wirklich beeindruckt davon, wie die Autorin es gelöst hat.

Eine tolle Geschichte über Geheimnisse, Neuanfänge und das Besiegen der Vergangenheit gemischt mit authentischen und liebenswerten Figuren und einer süßen Liebesgeschichte, in der nichts überstürzt wird.

Bewertung vom 16.10.2020
Was Preema nicht weiß
Jehanzeb, Sameena

Was Preema nicht weiß


ausgezeichnet

Das Buch beginnt, als Preema in einem weißen Raum aufwacht, ohne Schwerkraft, Schatten oder etwas anderes das darauf hindeuten würde, dass sie sich noch auf der Erde befindet. Gemeinsam mit ihr ist der Leser zunächst völlig ratlos und ihre Vergangenheit setzt sich erst nach und nach zusammen. Dabei ist man immer auf dem gleichen Wissensstand wie die Protagonistin, denn Preema selbst erinnert sich auch nur an ihren Namen und daran, dass sie das Ende der Welt erlebt hat. Ich liebe Geschichten, in denen man bei Null beginnt und wo sich dann alles nach und nach zusammensetzt, darum war ich gleich begeistert.

Ich hatte keine wirklichen Erwartungen an die Geschichte, da der Klappentext nicht viel verrät und das war auch genau richtig so. Man wird einfach in die Geschichte hineingeworfen und startet so ratlos wie Preema selbst. Die ersten Kapitel verbringt man erst einmal im Hier und Jetzt (wann und wo auch immer das sein mag), bis immer wieder Kapitel eingestreut werden, die in Preemas Vergangenheit spielen und ihre Erinnerungen wieder zusammensetzen. Die ersten Male habe ich mich davon noch etwas gestört gefühlt, obwohl sie richtig gut geschrieben sind, weil ich viel lieber weiter die Welt erkunden wollte, in der wir in der Gegenwart gelandet sind, aber schon bald wurde die Vergangenheit mindestens so spannend und noch viel herzzerreißender als diese Welt, die keinen physikalischen Gesetzen gehorcht - und das muss etwas heißen!

Davon abgesehen, dass mich die gesamte Richtung der Handlung überrascht hat, weil ich nicht wusste, was mich erwarten würde, konnte mich auch die Enthüllung der Vergangenheit immer wieder überraschen und deckte Verbindungen auf, von denen ich nichts geahnt hatte und das habe ich absolut geliebt. Es war fantastisch, wie viel Sinn alles ergeben hat, nachdem sich die Puzzleteile zusammengesetzt haben, ohne dabei vorhersehbar gewesen zu sein.

Fazit:

Ein Buch, das einen unwissend in eine neue Welt wirft, um diese zusammen mit der Protagonistin zu entdecken. Nach und nach setzen sich die spannenden und herzzereißenden Erinnerungen wieder zusammen und bilden ein perfektes Puzzle, dessen Auflösung ich gar nicht erwarten konnte, dabei aber gar nicht wollte, dass es endet. Ich finde ich verspreche nicht zu viel wenn ich sage, dass jeder dieses Buch gelesen haben sollte.

Bewertung vom 22.08.2020
Ich bin Linus
Giese, Linus

Ich bin Linus


ausgezeichnet

Linus Giese ist durch den Blog buzzaldrins.de oder als @buzzaldrinsblog auf Twitter und Instagram vielen bereits bekannt. Wenn man ihm dort folgt, stehen die Chancen gut, dass man sein Comingout vor drei Jahren mitbekommen hat und man kennt vielleicht bereits einige der Geschichten und Anekdoten, die er in seinem Buch aufgreift. Ich selbst habe davon nur sporadisch etwas mitbekommen, weshalb es sich für mich nicht angefühlt hat, als würde zu viel wiederholt werden, was ich schon weiß.

In diesem Buch erzählt Linus von seinem Leben, allerdings nicht chronologisch. Es beginnt mit dem Tag, an dem er zum ersten Mal seinen neuen Namen laut ausgeprochen hat und hangelt sich durch verschiedene Erzählungen, wobei auch immer wieder seine Kindheit aufgegriffen wird. Er berichtet dabei, wie unwohl er sich schon immer in seiner Haut fühlte, aber nie so richtig festmachen konnte, woran das lag oder wie er das Gefühl in Worte fassen könnte. Er schreibt sehr offen und direkt auch über private Themen, vor allem damit andere trans Personen es leichter haben. Linus möchte das Vorbild für andere sein, das er damals vergeblich gesucht hat.

Es handelt sich hierbei nicht um einen Ratgeber oder ein Sachbuch zur gezielten Wissensvermittlung. Obwohl Linus von seinem Weg berichtet und auch konkrete Situationen nennt, in denen ihm die Gesellschaft Steine in den Weg gelegt hat und wie er damit umgegangen ist, betont er immer wieder, dass jede Person unterschiedlich ist und es keine festen Abläufe in der Transition gibt. Trotzdem bin ich überzeugt, dass dieses Buch vielen betroffenen Personen weiterhelfen und den Mut geben kann, ihren Wünschen nachzugehen.

Das Buch liest sich sehr gut und trotz des ernsten Themas wollte ich es nicht aus der Hand legen. Linus hat einen Weg gefunden, seine Erlebnisse gefühlvoll zu schildern und dabei gelungen zwischen positiven und negativen Ereignissen abzuwechseln, damit es nicht zu erdrückend wird. So berichtet er beispielsweise von all dem Hass, der ihm online entgegenschlägt und wie schwer es ist, damit umzugehen, erklärt gleichzeitig aber auch, wieso er das macht und dass es nicht nur negative Reaktionen auf seine Beiträge gibt.

Der Autor hat einen guten Weg gefunden, nicht-betroffene Leser*innen aufzuklären und Einblicke zu geben, ohne alles zu umfassend zu erläutern. So gibt es immer mal kleine Einschübe mit Erklärungen oder das Kapitel „Sprache“, in dem bestimmte Redewendungen genannt werden, die vermieden werden sollten. Er weist aber ebenso darauf hin, dass es für ihn als Betroffenen nicht seine Pflicht ist, alle über das trans-sein aufzuklären und es genug Ressourcen gibt, die einem mit seinen Fragen weiterhelfen können.

Am Ende kam es mir etwas unvollständig vor oder als hätte mir etwas gefehlt, was ich aber nicht ganz festmachen kann. Da es sich um eine Biographie handelt und Linus noch lange nicht am Ende seines Lebens angekommen ist, ist das aber nur natürlich. Trotzdem ist das Buch ziemlich dünn und es hätte bestimmt noch einiges zu berichten gegeben. Das ist allerdings auch mein einziger Kritikpunkt: Ich hätte gerne noch mehr gelesen.

Bewertung vom 13.04.2020
Neon Birds Bd.1
Graßhoff, Marie

Neon Birds Bd.1


ausgezeichnet

Die Geschichte spielt im Jahr 2101 und die Welt ist eine ganz andere, als wir sie jetzt kennen. Durch den Klimawandel gibt es viele Wüstengebiete, fast keine Wälder mehr und die Menschen leben in riesigen Städten. Sie haben allerdings aus der Vergangenheit gelernt und es gibt keine Massentierhaltung mehr und die Städte wirken wie überwuchert, da so viele Pflanzen gehalten werden wie möglich. Es ist aber nicht alles so friedlich wie es zuerst scheint, denn die Moja, die von KAMI kontrollierten Menschen, leben wie Zombies in einer Sperrzone, wo sie zwar niemandem etwas anhaben können, aber eine dauerhafte Lösung ist es nicht. Das zeigt sich, als sich plötzlich die Tore öffnen und sie entkommen.

An diesem Punkt setzt die Geschichte ein und wir lernen direkt alle vier Hauptfiguren kennen, die dadurch alle unterschiedlich beeinflusst werden. Luke ist für die Überwachung zuständig und bemerkt als einer der ersten, dass etwas nicht stimmt. Er kontaktiert Flover, der in einer geheimen Militäreinheit kämpft und an der Front gebraucht wird. Dieser widerum soll Okijen informieren, der mehr Moja getötet hat als jeder andere, obwohl er erst 19 ist und sich aus dem Militär bereits zurückgezogen hat. In einem kleinen Dorf, das dabei ist, von den Moja überrannt zu werden, trifft er auf Andra, die dort lebt und versucht ihre Familie zu beschützen.

So kreuzen sich die Wege unserer Protagonist*innen und ich finde es toll, dass zwar jeder eine eigenständige Perspektive hat, es aber immer einen Zusammenhang zwischen ihnen und ihren Handlungen gibt, die den roten Faden aufrechterhalten. So fiel es mir nie schwer, einen Überblick darüber zu behalten, wer sich gerade in welcher Situation befindet.

Der Einstieg fiel mir dennoch die ersten Seiten über etwas schwer, da man sich zunächst ins Worldbuilding und in die Strukturen des Militärs reinfinden muss. Das wurde kurz darauf aber durch eingefügte Ausschnitte aus Militärakten erleichtert, die dem Leser auf natürliche Weise die Informationen zuspielen.

Dadurch, dass die Geschichte direkt an einem so spannungsgeladenen Punkt einsteigt, wurde ich direkt zu Beginn gefesselt. Obwohl es nicht konstant um Leben und Tod geht, sondern sich die Lage zwischendurch wieder entspannt, hat mich die Beschreibung der Welt und das Kennenlernen der Charaktere mindestens genauso an die Seiten gebunden. Egal, an welchem Punkt der Geschichte ich mich gerade befand, ich wollte nicht aufhören zu lesen.

Fazit
Der Autorin ist es gelungen, eine interessante Zukunftsvision unserer Gesellschaft zu schaffen, interessante Charaktere einzufügen und das ganze auch noch mit Androiden-Zombies abzurunden und es ist einfach nur großartig.

Bewertung vom 28.02.2020
Marianengraben
Schreiber, Jasmin

Marianengraben


ausgezeichnet

Bücher über den Tod vermeide ich oft, aber nachdem ich in dieses Buch reingelesen hatte, musste ich weiterlesen. Schon auf den ersten Seiten habe ich mit den Tränen gekämpft und der Schreibstil ist so schön und berührend, dass ich am liebsten jeden Satz markiert hätte. Paulas Beziehung zu ihrem Bruder Tim wird so malerisch dargestellt, dass ich direkt mit um ihn getrauert habe und ihn mit jedem Rückblick zu einem ihrer Gespräche mehr ins Herz geschlossen habe. Paulas Reaktion auf seinen Tod wird dabei auch immer deutlicher und ich hatte an keiner Stelle das Gefühl, sie würde übertreiben oder unlogisch handeln, sondern es war alles schlüssig, egal in welch ungewöhnliche Richtung sich die Geschichte entwickelte.

„Erst als ich selbst dort ankam, also ganz unten in der Dunkelheit, wo es kein Licht mehr gibt, keine Farben und kaum noch Sauerstoff, bekamen diese elf Kilometer und all diese Ziffern und Größenordnungen eine greifbare Qualität für mich – elftausend Meter unter Wasser sind gleichbedeutend mit einem Meter neunzig unter der Erde, der Tiefe deines Grabes.“
– Seite 11

Helmut hingegen ist zunächst sehr verschlossen und eher abweisend, weshalb es schwer ist, ihn einzuschätzen. Trotzdem fand ich ihn als Figur direkt toll, gerade weil er in einem ziemlichen Gegensatz zu Paula steht, die deutlich offener und auch neugieriger ist, aber immer die richtige Reaktion auf sein Verhalten zeigt. Schon nach ihrem Kennenlernen habe ich gehofft, dass sich die Wege der beiden nicht direkt wieder trennen würden und das haben sie glücklicherweise auch nicht getan. So wurde dies zu einer Geschichte, in der sich zwei sehr unterschiedliche Menschen gegenseitig über eine ähnliche Trauer hinweghelfen können, auch wenn Helmut auf diesem Weg schon deutlich fortgeschrittener ist als Paula.

Obwohl mir im Laufe des Buches immer wieder die Tränen kamen, wurden sie häufig direkt wieder durch ein Schmunzeln vertrieben. Die Gespräche zwischen Paula und Helmut sind so schön und durch seine Griesgrämigkeit auf ungewöhnliche Art witzig, dass sie einen guten Kontrast zur traurigen Grundstimmung bilden konnten.

Fazit
Ein Buch, in dem sich Tränen und Lächeln abwechseln. Auch wenn die traurige Grundstimmung überwiegt, habe ich das Buch nicht mit einem rein schlechten Gefühl beendet, auch wenn ich es nun erst mal sacken lassen muss.

Bewertung vom 18.01.2020
Jenseits der Goldenen Brücke / Cassardim Bd.1
Dippel, Julia

Jenseits der Goldenen Brücke / Cassardim Bd.1


sehr gut

Mein Interesse für dieses Buch war geweckt, als vom Reich der Toten die Rede war. Wohin diese Geschichte führen würde, wusste ich allerdings lange Zeit nicht, sodass ich wirklich gespannt war und noch positiv überrascht wurde. Der Beginn der Geschichte spielt sich in der Menschenwelt ab und es wird sofort klar, dass etwas an der Art, wie die Eltern Amaia und ihre Geschwister kontrollieren, nicht stimmt. Dass sich niemand von ihnen dagegen wehrt, hat mich zunächst gewundert, aber bis auf Amaia scheint es ihnen gar nicht bewusst zu sein, was es nur noch schockierender macht. Bald schon wurde ich aber durch neue Ereignisse abgelenkt und es dauert gar nicht lange, bis sich der Schauplatz nach Cassardim verschiebt. Es handelt sich dabei um ein Reich, das der Menschenwelt überhaupt nicht ähnelt, sodass es zunächst viele Beschreibungen gibt, die für mich genau im richtigen Maß waren. Ich konnte mir die Umgebung gut vorstellen und habe einen Eindruck von der Welt bekommen, ohne dadurch gelangweilt zu werden.

Etwas zwiegespalten bin ich, was die Figuren angeht. Mit der Protagonistin Amaia bin ich nicht besonders gut warm geworden, hatte aber Respekt davor, wie sich bei aller Manipulation darum kämpft, ihre Erinnerungen und Entscheidungen zu behalten und nicht nachzugeben. Das gilt sowohl zu Beginn innerhalb der Familie, als auch später in Cassardim. Bei Noár, der anfänglichen Geisel, bin ich noch unsicherer. Er ist unverschämt, respektlos und wirkt grausam und lange Zeit ist nicht klar, ob er dahinter andere Beweggründe versteckt oder es ihm einfach Freude bereitet, sich so zu verhalten. Für mich war er alles andere als liebenswert und so war ich überhaupt kein Fan davon, dass Amaia sich trotzdem zu ihm hingezogen fühlt. Aus Lesersicht habe ich dafür einfach keinen Grund sehen.

Das steht allerdings auch gar nicht so sehr im Mittelpunkt, denn die Geschichte bietet genug actionreiche Handlung um davon abzulenken, auch wenn es trotzdem eine wichtige Rolle spielt. Es hat mir richtig gut gefallen, mich immer wieder von neuen Wendungen überraschen zu lassen, da Cassardim voller (für Amaia unbekannte) Regeln und Intrigen steckt und man nie weiß, was man erwarten kann. Man kann nie sicher sein, wer auf welcher Seite steht und obwohl mich dieses Element selten für sich einnehmen kann, hat die Autorin es hier geschafft, mich spätestens ab der Hälfte des Buches komplett zu fesseln.

Fazit

Anfangs war ich etwas zwiegespalten, aber die action- und wendungsreiche Geschichte konnte mich dann doch stark für sich einnehmen. Die Figuren sind undurchsichtig und können immer wieder überraschen und das Worldbuilding tut sein übriges um die Spannung aufrechtzuerhalten.

Bewertung vom 29.07.2019
Sieben Arten Dunkelheit
Aster, Christian von

Sieben Arten Dunkelheit


sehr gut

In diesem Buch folgen wir mehreren Charakteren, deren Zusammenhang aber teilweise erst später deutlich wird. Es hat mir gut gefallen, wie die Fäden nach und nach zusammenlaufen, ohne dass man sich vorher zu verloren fühlt. Hauptfigur ist David, der zu Beginn des Buches unglücklich ist, da er in der Schule gemobbt wird und dem von Ayumi sehr geholfen wird. Diese ist blind, allerdings spielt das für sie kaum eine Rolle und auch David erwähnt, wie schnell man sich an diese Tatsache gewöhnt. Sie ist außerdem Asiatin, das wird allerdings nur für die Charakterbeschreibung kurz erwähnt. Es gefällt mir, dass es diese Art Repräsentation in einem Jugendbuch gibt, ohne dass es im Mittelpunkt steht oder zu etwas Besonderem gemacht wird. In diesem Buch finden generell viele unterschiedliche Charaktere zusammen, ohne dass sie wirkliche Unterschiede zueinander sehen oder sich daran stören würden.

Das Buch ist empfohlen ab 12 Jahren und der Schreibstil passt meiner Meinung nach gut dazu. Die Sprache der Jugendlichen wirkt echt, ohne gewollt umgangssprachlich zu sein und insgesamt hat mir der Stil gut gefallen. Inhaltlich würde ich die Geschichte auch etwa in dieses Alter einordnen, da es zwar stellenweise ein bisschen gruselig zugeht, es aber keine zu explizite Gewalt gibt.

Es handelt sich hierbei um Fantasy, die Geschichte spielt aber größtenteils in der echten Welt undzwar in der Nähe von Düsseldorf. Auch hier gibt es wieder einen Pluspunkt dafür, dass die Handlung nicht künstlich an einen "interessanteren" Schauplatz verlegt wurde. Die Grundidee, verschiedene Ebenen der Dunkelheit exitieren zu lassen, in denen jeweils unterschiedlich gefährliche Schattenwesen existieren, finde ich klasse. Ebenso, dass es nur wenige Eingeweihte gibt, die die Ordnung wahren sollen.

Von den bereits erwähnten verschiedenen Perspektiven fand ich leider manche weniger interessant als andere, aber davon abgesehen wurde ich gut unterhalten und das Buch bringt einige tolle Botschaften mit, ohne belehrend zu wirken. Das gefällt mir besonders im Hinblick auf die Zielgruppe sehr und ich würde es ohne zu zögern weiterempfehlen.