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Gurke
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 156 Bewertungen
Bewertung vom 04.06.2020
Ein halbes Herz
Lundberg, Sofia

Ein halbes Herz


sehr gut

Elin ist eine gefeierte Starfotografin im hippen New York City und hat alles erreicht – hübsche Ehefrau, elegante Mutter, keinerlei Geldsorgen und doch schrecklich unglücklich. Im Grunde ist sie nämlich noch immer die naturverbundene Schwedin, die mit Fredrik, ihrem besten Freund, barfuß zum Strand läuft, um dort beim träumerischen Gucken in den Sternenhimmel die Kindersorgen zu vergessen. Doch ein schreckliches Drama entzweite ihre Familien vor rund 35 Jahren bis ins Mark und ließ Elin fast ans andere Ende der Welt fliehen. Die Zeit heilt alle Wunden sagt man, doch wie viel Zeit ist genug für den Verlust von geliebten Menschen?

Die Autorin hat sich für die Erzählform auf zwei Zeitebenen entschieden, wobei sich das Gotland der frühen 80er Jahre und das New York der Jetztzeit abwechseln und später noch durch Passagen aus dem Paris der 90er ergänzt werden. Die Protagonistin ist in allen Ebenen sehr omnipräsent mit ihrer schweren Melancholie, die jeweils an die verschiedenen Lebensphasen einer Heranwachsenden bis zum 40Plus Alter angepasst sind. Trotzallem gelingt es für mein Empfinden auch den Nebencharakteren wie Gerd und Alice unaufdringlich zu glänzen.
Elins Trübsinn ist in der Masse manchmal nicht ganz einfach zu tragen, weil es (als Leser so einfach gesagt) so leicht zu überwinden wäre. Sympathie wird deshalb aber nur schwer zu der Starfotografin aufgebaut. Hin und wieder streut Sofia Lundberg aber sehr malerische Dialoge in den Plot, wie zum Beispiel die Erklärung für den Titel „Ein halbes Herz“, den ich mir auf Grund seiner puren Kraft glatt herausgeschrieben habe und hoffentlich den ein oder anderen jetzt neugierig macht.

Mein persönlicher Wermutstropfen liegt in der doch recht langen Zeitspanne, das sich zwischen dem Drama der Vergangenheit und dem Treffen in der Gegenwart befindet. Ich kann nachvollziehen, dass es für beide Seiten eine große Überwindung gekostet haben muss, einen ersten Schritt zu wagen. Mit Hilfe des Internets gelingt es doch heutzutage kinderleicht verschollene Verwandte, Schulfreunde und Co. zu finden und auch über den Ozean hinweg (sogar fast anonym) zu kontaktieren. Von Fredrik – na eigentlich sogar von allen Beteiligten - hätte ich da definitiv eine frühere Reaktion erwartet, zumal ein Teil der Handlung im Jahr 2017 spielt. Hier wäre es logischer gewesen, wenn die Autorin diesen Handlungsstrang in eine weniger vom Internet beherrschte Zeit verfrachtet hätte – 50 Jahre zurück beispielsweise. Insgesamt war es aber trotzdem ein schöner Roman, der die Freundschaft und die Landschaft Schwedens gebührend feiert.

Bewertung vom 25.04.2020
Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte
Randau, Tessa

Der Wald, vier Fragen, das Leben und ich Von einer Begegnung, die alles veränderte


sehr gut

Warum sind wir mit unserem Alltag manchmal unzufrieden, obwohl doch eigentlich alles perfekt zu sein scheint – von außen betrachtet zumindestens? Die Antwort zu diesem Dilemma sind die „Vier Fragen des Lebens“, welchen die Erzählende gemeinsam mit einer Spaziergängerin im Wald auf den Grund geht.

Nach der Hälfte der Lektüre war ich leider etwas enttäuscht, weil für meinen Geschmack die beiden ersten Fragen des Lebens viel zu kurz abgehandelt wurden. Es wirkte an manchen Stellen tatsächlich für mich so, als ob Seiten fehlen würden. Ich hätte mir da eindeutig mehr Tiefgang gewünscht, da wir durch das Leben der Protagonistin im Einfluss der Kernfragen wie im Schnelldurchgang gezogen werden, um schnell einen Haken dahinter zu setzen. Bei der dritten Frage ändert sich dieser Eindruck dann glücklicherweise wieder und die Autorin schmückte die Handlung gut aus! Aus diesem Grund ziehe ich bei der Bewertung einen Punkt ab.
Besonders schön finde ich dagegen, dass sich bei mir beim Lesen das Bild gebildet hat, dass die Protagonistin eigentlich nur ihrer inneren Stimme folgt und die alte Dame gar nicht existiert. Ich weiß nicht, ob das so gewollt war, aber den Eindruck finde ich noch immer faszinierend.

Die Gestaltung des kleinen Büchleins ist wunderbar! Mit kleinen, unaufdringlichen Skizzen und bunten Blättern, die durch die Seiten schweben, hat der dtv Verlag genau die richtige Dosierung gewählt, um das Geschriebene bestmöglich zu unterstützen.

Tessa Randaus Erstlingswerk wird einen besonderen Platz bei mir im Bücherregal einnehmen. Wenn ich eine kleine Blockade habe und einen positiven Denkanstoß benötige, werde ich mich mit der alten Dame in meinen Garten zurückziehen und neue Kraft tanken.

Bewertung vom 29.02.2020
Ein Sommer auf Sylt
Wolf, Lena

Ein Sommer auf Sylt


ausgezeichnet

Julia Hirschfeldt hat den Kontakt zu ihrem Vater Ralf wegen unüberbrückbarer Differenzen vor einigen Jahren abgebrochen. Nun ist ihr Vater tot und Julia die Erbin eines wunderschönen Friesenhauses auf Sylt. Sie und ihr Freund Jo sehen anhand dieser unverhofften Schenkung sofort die Eurozeichen in den Augen aufblitzen und planen mit dem Erlös eine Expansion ihrers kleinen Architekturbüros in den Nahen Osten. Um die Fomalitäten zu klären, reist Julia mit ihren beiden Tanten Annegret und Christiane und ihrer Mutter an die Nordsee und plötzlich fängt der glasklare Plan an zu bröckeln.

Die Autorin hat mit ihrem Handlungsgerüst zwar nicht das Rad neu erfunden, nichtsdestotrotz wollte ich den Roman vor lauter Lesevergnügen gar nicht weglegen.

Mit der Protagonistin konnte ich mich prima identifizieren und ihre beiden Tantchen brachten mich regelmäßig mit ihrer tüdeligen Art zum Schmunzeln.
Sie erzählen von den Höhen und Tiefen im täglichen Wahnsinn zwischen liebevollen Familienbanden und einem Lagerkoller, der sich bei so viel gebündelter Frauenpower breit macht – ohne dabei albern oder überspitzt zu wirken.
Ich wurde bei der Lektüre sogar ein wenig rührselig und sehnte mich danach, selbst mal wieder an das Meer zu fahren und den eigen Gedanken nachzufühlen sowie die frische Seeluft zu schnuppern.
Julia gelingt es jedenfalls sich nach Startschwierigkeiten der Entschleunigung auf Sylt hinzugeben und die Autorin garniert ihre Gefühlsreise mit einem gelungenen Schreibstil, der teilweise mit sehr malerischen Verben garniert wurde (z.B. unken), die dem verträumten Frauenroman das i-Tüpfelchen aufsetzen.
Über Mats, den schnieken Hotelbesitzer, gäbe es noch einiges zu berichten, aber davon sollten sich interessierten Damen lieber selbst ein Bild machen. Nur so viel: es darf geschmachtet werden bei so viel charmanter Männlichkeit.
Abschließend lernt man nach den knapp 380 Seiten wieder den Blick für das Wesentliche zu richten und dass man sich nicht scheuen sollte, auch mal im gesunden Maße egoistisch zu sein.

Bewertung vom 05.12.2019
#KillTheRich - Wer Neid sät, wird Hass ernten
Fassnacht, Lucas

#KillTheRich - Wer Neid sät, wird Hass ernten


gut

Die Welt steht am Abgrund! Ein Instagram Post mit dem epischen Aufruf #killtherich sorgt dafür, dass in jedem Winkel der Erdbevölkerung der Hass auf die Besserverdiener und das soziale Ungleichgewicht steigt. Der Neid entlädt sich in sagenhaften Straßenschlachten und Bürgerkriegen.
In Brasilien startet das emotionale Feuer und zieht sich stetig weiter bis hin nach Europa.
Die Diplomatin Conrada van Pauli versucht mit aller Kraft den Untergang der Demokratie aufzuhalten, doch leider stolpert sie ununterbrochen über die harten Brocken von Korruption und Machtgefügen! Schafft sie es die Welt zu vereinen und wieder lebenswert zu machen?

Ich habe mich streckenweise doch sehr durch den Plot gekämpft, weil Politthriller so gar nicht in mein Beuteschema passen. Hinzukommt, dass ich auf dem politischen Parkett einen eher schlechten Durchblick habe und ich von den zahlreichen Abkürzungen á la EAD, COREU, UNASUR und Co. nicht mal nach der Lektüre weiß, worum es schlussendlich geht.
Der Autor bietet ein wahres Potpourri an hohen Vertretern, Gesandten, Diplomaten etc. die meine Fragezeichen in Bezug auf Verstrickungen und Verbindungen nur noch mehr ausreizten, da war dann auch die Übersicht im hinteren Teil des Buches keine Hilfe mehr.

Kapitelweise wird der Blickwinkel geändert und von einem Ort der Erde zum nächten Hotspot gesprungen. Diese Dynamik wirkte gegenüber der verstaubten Ansehen von wirtschaftlichen Rednern und langatmigen Diskussionsbeiträgen sehr erfrischend. Genossen habe ich besonders die Kapitel, in denen es mal um die Töchter von Conrada oder anderen Charakteren ging, die nicht bei der EU oder der UN im direkten Arbeitsverhältnis stehen. Lucas Fassnacht hat nämlich einen runden Schreibstil, der auch manchmal witzige Paraden einstreut.

Für eine faire Bewertung war ich schlichtweg zu weit weg vom Thema und wegen meines eigenen Desinteresses an der Thematik zu gelangweilt. Ich vergebe daher ein gutes Mittelmaß an drei Punkten und denke, dass es für Lesefreunde mit mehr politischen Background schon spannend und interessant sein kann.

Bewertung vom 21.07.2019
Fünf Tage in Paris
Rosnay, Tatiana de

Fünf Tage in Paris


gut

Linden Malegarde erzählt uns in „Fünf Tage in Paris“ die Geschichte seiner berühmten Familie, die sich anlässlich eines runden Geburtstages in der franzözischen Hauptstadt einfindet, um zu feiern. Leider macht ihnen die Natur da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, denn in Paris erwartet sie ein Jahrhundertregen par excellence, der die Seine über die Ufer treten lässt und Paris langsam in Wasser und Schlamm versinken lässt. Anfangs lassen sich die Malegards davon nicht die Freude verderben, doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf und die Familie gerät in einen Strudel aus Dramatik, Krankheit und Trübsinnigkeit.

Lindens Vater Paul ist ein anerkannter Dendrologe, der sein Leben den Bäumen gewidmet hat und auf dem Familiensitz in Südfrankreich ein kleines Paradies rund um den großen Lindenhain erschaffen hat. Als Vater war er dagegen eher eine Niete, wodurch Linden auch nie den Mut fand ihm von seiner Homosexualität zu erzählen. Die Erzählungen rund um die Kindheit in dem beschaulichen Familiensitz waren sehr interessant zu lesen und für meinen Geschmack der optimale Ort für die kleine Familiengeschichte. Leider hat sich die Autorin dann lieber für das hektische Paris entschieden, was durch das schreckliche Unwetter noch unpersönlicher wurde und mich nicht fesseln konnte. Ich wartete sehnsüchtig darauf, dass sich der Handlungsort endlich verlagerte, was leider erst auf den letzten 50 Seiten der Fall war.

Insgesamt wurde viel zu viel Input in das kleine Büchlein gequetscht, denn jede kleine Nebenfigur erwacht durch Tatiana de Rosnay zu einer großen problembeladenen Figur. Im Zusammenspiel mit dem ziemlich getragenden Schreibstil, der streckenweise zäh anmutete und durch den trübsinnigen Grundton zusätzlich schwächelt , war es kein Roman, der mir Freude bereitet.
Die Bäume waren für mich der heimliche Star der Geschichte und reichen vollkommen aus für eine gelungende Story, deshalb vergebe ich nur drei Sterne.

Bewertung vom 14.03.2019
Eisige Tage / Seiler und Novic Bd.1
Pohl, Alex

Eisige Tage / Seiler und Novic Bd.1


gut

Das winterliche Leipzig steht Kopf! Ein Anwalt liegt brutal ermordet in seinem Auto. Ein neuer Pädophilenring treibt sein Unwesen. Junge Mädchen verschwinden spurlos und die Russenmafia der sächsischen Großstadt hält sich bedeckt. Das Ermittlerduo Seiler und Novic muss schnell Ergebnisse liefern, denn die Zeit rennt.

Der Autor hat einen einnehmenden Schreibstil, der die Leser durch die Einführung der neuen Charaktere in den Bann zieht. Für meinen Geschmack wurden sowohl Milo Novic als auch Hanna Seiler aber im weiteren Verlauf des Krimis etwas stiefmütterlich behandelt. Es wurden die Eigenheiten der beiden angeschnitten, aber nicht genug im Zusammenhang mit ihrem bisherigen Leben ausgeführt, sodass ihre „Macken“ eher störend, als sympathisch wirkten und sich nicht optimal in den Plot einfügten.
In der Kombination mit der linkischen Russenmafia konnte der Autor mich leider nicht so packen, wie gehofft. Die Thematik ist für mich schlichtweg zu abstrakt und erinnert an politische Irrungen und Wirrungen, um die ich bei Belletristik sowieso einen Bogen machen.
Da ich ein Fan von Psychothrillern bin, waren mir die beschriebenen Erlebnisse der beteiligten Mädchen auch eindeutig zu lasch und geben Raum zur Steigerung. Wahrscheinlich ist man als tatkräfigte Leseratte einfach etwas abgestumpft und braucht den Wahnsinn der Täter direkter statt nur wage angetippt.
Ansonsten ist „Eisige Tage“ eine nette Lektüre für zwischendurch, die sich schnell wegliest, aber mir nicht als Highlight im Gedächtnis bleibt.

Bewertung vom 17.11.2018
Der Schatten
Raabe, Melanie

Der Schatten


sehr gut

CUT! Raus aus Berlin und einen Neuanfang in Wien wagen!

Norah ist guter Dinge, als sie ihre Habseligkeiten packt und nach einigen persönlichen Tragödien endlich ein neues Kapitel beginnen möchte. Mit einer Mischung aus Einsamkeit, Stolz und Neugierde stromert Norah durch die Straßen ihrer neuen Heimat und wird prompt von einer Bettlerin mit wahrsagerischen Fähigkeiten auf ihr Schicksal angesprochen – sie wird zur Mörderin; freiwillig und ziemlich bald!

Geschickt konstruiert die Autorin um die Protagonistin ein dichtes Netz, wobei sich das weiße Blatt Papier, das Norah sprichwörtlich mit nach Österreich brachte, rasent schnell mit allerlei Input für uns Leser füllt.
Für meinen Geschmack prischt die Autorin aber in Bezug auf den Kern ihres Thrillers leicht über das Ziel hinaus. Melanie Raabe weist eine gewisseTheaterleidenschaft auf, die der Plot nicht leugnen kann und genau dort liegt für mich die kleine Schwäche in ihrer Geschichte, die auch den Punktabzug in der Gesamtbewertung erklärt. Wie Shakespeare damals sagte, ist wahrscheinlich wirklich die ganze Welt schlichtweg eine Bühne und bei „Der Schatten“ wäre für mein Empfinden etwas mehr Realität und weniger künstlerischer „Irrsinn“ (Herr Balder) hilfreich gewesen.
Zusätzlich ist Norah für meinen Geschmack etwas zu bissig, da sie mich in manchen Episoden fast an eine rigorose Kriminalkommissarin erinnerte und nicht an eine pfiffige Journalistin. Frauenpower wird hier großgeschrieben, doch auch Thrillerprotagonistin dürfen ihre weiche Seite haben.

Der Schreibstil ist dagegen ein Genuss und sicherlich werde ich mir nach dieser angenehmen Lektüre auch noch die anderen Werke der Autorin kaufen.

Bewertung vom 22.05.2018
Für immer ist die längste Zeit
Fabiaschi, Abby

Für immer ist die längste Zeit


gut

Maddy ist Mutter von Eve – sportlich, hübsch, beliebt - und Ehefrau von Brady - ein Workaholic par exellence. Sie leben in einem schönen Haus und sind von außen betrachtet die perfekte Familie - bis Maddy in den Selbstmord stürzt und damit die heile Welt zerbricht. Aber sie ist nicht fort, sondern wie ein geisterhafter Engel in himmlischer Mission für ihre Lieben unterwegs.

Die Idee des Romans gefällt mir sehr, dass unsere verstorbenen Familienangehörigen wie heimliche Lebensbegleiter aus einer Zwischenwelt zu uns herabschauen und mitmischen, aber die Umsetzung hat mich nicht komplett überzeugt.

Eve wirkt auf mich mit ihren 17 Jahren leider nicht glaubwürdig und taugt als Sympathieträgerin leider nur mangelhaft. Natürlich ist es für die junge Frau eine unfassbar schwierige Situation, aber insgesamt wirkt sie viel zu bockig und verzickt. Ihre Wandlung vollzieht sich sehr langsam und schwenkt dann beinahe mit einem Ruck um. Wobei mich die gesamte Geschichte sowieso sehr an einen Jugendroman erinnert und da bin ich leider kein Fan von. Ich hätte dagegen gerne mehr von Paige, Maddys bester Freundin, oder Rory, der taffen Nachhilfelehrerin, gelesen, welche starke Charaktere waren, die mir im Gedächtnis bleiben. Desweiteren hätte ich gerne mehr im Tagebuch der Protagonistin gestöbert. Der Roman wird nämlich aus drei Erzählperspektiven wiedergegeben und die Einschübe aus den Gedanken der Verstorbenen bringen ein paar Schmunzler oder regen zum Nachdenken an, wohingegen Bradys oder Eves Kapital teilweise langatmig sind.

Den Erzählstil würde ich als solides Mittelmaß bezeichnen, ohne nennenswerte Höhe- oder Tiefpunkte, was für ein Debüt aber vollkommen in Ordnung war.

Ich schwankte in meiner Bewertung zwischen zwei und drei Sternen und habe mich für die höhere Wertung entschieden, weil ich das Buch kurz vor dem Muttertag gelesen habe und es für diesen Anlass optimal ist, um auf unkoventionelle Art und Weise „Danke“ zu sagen. Mamas sind die Besten und genau das ist die gelungene Kernaussage von der Autorin, sodass man „Für immer ist die längste Zeit“ auch gerne an Heranwachsende in der schwierigen Pubertät als kleinen Wink mit dem Zaunpfal verschenken kann. Denn nach der Lektüre weiß man die kleinen Dinge wieder etwas mehr zu schätzen.

Bewertung vom 15.01.2018
Das Licht der Insel
Pendziwol, Jean E.

Das Licht der Insel


ausgezeichnet

Elizabeth Livingstone hat in ihrem Leben wahrlich viel erlebt. Sie wuchs gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Emily und den beiden Brüdern auf einer idyllischen, abgeschiedenen Insel mitten im Lake Superior auf, wo ihre Eltern als Leuchtturmwärter tätig waren.
Mittlerweile ist Lizzy eine alte Dame, wohnt in einem Seniorenheim und ist beinahe vollständig erblindet, als ihr zwei Polizisten mehrere alte Tagebücher überrreichen, die aus dem Nachlass ihres Vaters stammen.
Gemeinsam mit Morgan, die wegen einer unerlaubten Graffitti Aktion Sozialstunden leisten muss, tauchen die beiden ab in die Zeit der 20er Jahre und blicken hinter die Idylle von Porphyry Island mit seinem schaurigen Geheimnis, was noch bis in die Gegenwart hineinstrahlt.

Die Autorin hat die aktuell sehr beliebte Erzählweise gewählt, bei der wir uns abwechselnd in der Vergangenheit, also in Elizabeths Jugend, und der Gegenwart befinden – gespickt wird das Ganze noch durch zahlreiche O-Töne aus den Tagebüchern vom Leuchttürmwärter, der damit nicht nur interessante Ereignisse von der rauen See teilte, sondern auch seine Schuldgefühle ins Reine schreiben wollte, die ein liebender (Ehe-)Mann und Vater in der Einöde so anhäuft.

Die Arbeit auf dem Leuchttum wird sehr bildlich beschrieben und obwohl es bestimmt kein Zuckerschlecken war, wollte ich selbst gerne auf der kleinen, abgeschiedenen Insel meine Kindheit verbringen und das warme Gefühl uneingeschränkter Schwesternliebe erfahren.
Die Atmosphäre schwillt zudem wie die Wellen vor Lake Superior stetig an und ließ mich beim Knall des Höhepunkts beinahe erschaudern. Zwar zeichnete sich schon deutlich ein Familiendrama ab, aber die Auflösung war dann doch überraschend und überaus eindringlich!

Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber für mein Empfinden hat Jean Pendziwol auf circa 400 Seiten ein kleines Familienepos erschaffen, mit dem man auch gut und gerne eine Trilogie füllen könnte, wenn man die Geschichte um Morgan noch ein wenig weiter spinnen würde.
Ihr Schreibstil ist jedenfalls wunderbar malerisch, die Sätze sind kunstvoll konstruiert und die Charaktere ergeben einen runden Rahmen für das Erzählte aus einer Zeit, die so unfassbar entfernt, unfassbar schön und unfassbar grausam erscheint.

Ich bin sehr gespannt, auf die (hoffentlich bald) folgenden Romane der Autorin.

Bewertung vom 17.09.2017
Frag nicht nach Sonnenschein
Kinsella, Sophie

Frag nicht nach Sonnenschein


sehr gut

„Du bist eine sprechende, lächelnde Mooskugel“ (S.401) - gemeint ist mit dieser wunderbar blumigen Beschreibung die Protagonistin Katie Brenner und es trifft den Nagel eindeutig auf den Kopf! Aufgewachsen auf dem ländlichen Anwesen ihres Vaters in Somerset, träumt sie davon, als junge Frau, nun endlich in der florierenden Welt Londons Fuß zu fassen und ein cooles Großstadtmädchen zu werden. Leider ist ihr London nicht so wohl gesonnen, denn neben schlechter Bezahlung, macht ihr auch noch ihre selbstherrliche Chefin Demeter einen Strich durch die Rechnung. Als sie gerade anfing eine kleine Flirterei mit dem charmanten Alex zu genießen, wird sie kurzerhand gefeuert und heuert erneut auf dem Land bei ihrem Vater an. Dieser hat eine grandiose Geschäftsidee: GLAMPING – also luxuriöses Camping in der Einöde und wer muss diesen neuen Trend natürlich gleich ausprobieren? Demeter und Alex! Kann das gut gehen?

„Frag nicht nach Sonnenschein“ ist mein erster Roman von der Autorin und ich war sehr positiv überrascht! Uns erwartet ein Buch voller Charaktere, die liebevoll mit Ecken und Kanten gezeichnet wurden und nur noch von der paradiesischen Idylle in Somerset übertroffen wird. Als Hauptstadtkind habe ich mich häufiger dabei erwischt, wie ich nur verwirrt mit dem Kopf schütteln konnte, denn welcher normale Mensch möchte das harmonische Landleben gegen das stinkende, laute London tauschen? Die Passagen auf dem Land waren mir also eindeutig die liebsten, denn hier wurden selbst starre Chefs plötzlich weich und menschlich, was im hektischen Alltag eine echte Wohltat ist.
Für Katie hat die Autorin außerdem ein spannendes Berusbild gewählt, denn im „Branding“ konnte sie ihre Kreativität interessant austoben und wir als Leser schmunzelnd mitfiebern. Der weite Bogen zum „Glamping“ wird dann gelungen geschlagen und ich habe die Entwicklung gespannt verfolgt. Zugeben muss ich, dass ich ein heimlicher Fan des neuen Trends geworden bin, denn Sophie Kinsella hat es so grandios beschrieben, dass ich mich bei den Brenners beinahe selbst einmieten wollte.
Die obligatorische Liebesgeschichte ist von Höhen und Tiefen geprägt, was abwechslungsreich und unterhaltsam war - für mich aber gar nicht unbedingt im Mittelpunkt stand. Vielmehr ging es um die Freundschaft und die Veränderung im Denken, die eine Einkehr zu sich selbst bewirken kann.
Winziger Kritikpunkt könnte sein, dass die Ausführungen zu Demeters 2-tägiger „Spezialbetreuung“ etwas zu langatmig waren, aber damit kann man gut leben. So ganz zufrieden bin ich auch nicht mit der deutschen Wahl zum Titel, da er für mein Empfinden Katies Leben zu depressiv darstellt. Im Original („My not so perfect Life“) schwingt da auch noch ein gewisser Witz mit bei, der ja eindeutig charakteristisch für die Lektüre ist.
Insgesamt bekommt der Roman aber eine klare Leseempfehlung und die Überlegung den nächsten Urlaub auf einem Camping bzw. Glamping-Platz zu verbringen, ist eindeutig gewachsen.