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Benutzername: 
Heather_H
Wohnort: 
Braunschweig

Bewertungen

Insgesamt 107 Bewertungen
Bewertung vom 27.02.2023
True Crime Österreich (MP3-Download)
Langenscheid, Adrian

True Crime Österreich (MP3-Download)


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Adrian Langenscheid nimmt uns mit auf eine Reise nach Österreich und stellt 14 verschiedene Kriminalfälle vor. Teilweise kannte ich sie schon, weil sie auch über Österreich hinaus Bekanntheit erlangt haben, wie beispielsweise der Fall Natascha Kampusch oder Josef Fritzl. Es waren aber auch Fälle dabei, die ich als True Crime-"Fan" noch nicht kannte.

Die Erzählweise gefiel mir gut. Jeder Kapitel beginnt mit einem Zitat, das gut zu der Geschichte passt und auf die folgenden Schilderungen einstimmt. Der Fokus liegt dabei auf den Opfern oder Hinterbliebenen. Ihre Erlebnisse werden geschildert, dabei werden sachlich und relativ nüchtern die Fakten zusammengefasst. Ich mag diese Erzählweise, die nicht darauf ausgerichtet ist, größtmögliche Betroffenheit beim Leser oder Hörer auszulösen, und mich trotzdem bewegt. Und manchmal auch fassungslos macht, wozu manche Menschen fähig sind und welche Auswirkungen ihre Handlungen auf alle Betroffenen und Angehörigen haben.

Ich lese grundsätzlich lieber selbst, manchmal höre ich aber auch Hörbücher, so wie hier. In diesem Falle war ich von der Sprecherin ein wenig enttäuscht. In manchen Geschichten gibt es aber Zeitsprünge, oder der Erzähler springt zu einer anderen Person und schildert die Ereignisse aus deren Perspektive, und diese Sprünge sind im Hörbuch meiner Meinung nach nicht deutlich genug kenntlich gemacht worden. Ich habe manchmal nochmal zurück "spulen" müssen, weil ich verwirrt war und nicht folgen konnte, bis mir der Sprung klar wurde, und ich diesen Abschnitt noch einmal hören wollte. Sie hat die Fälle, passend zum Schreibstil, sehr sachlich vorgetragen, was mir an sich gut gefiel. Aber manchmal war es mir ein wenig zu nüchtern, sie wirkte manchmal schon fast desinteressiert. Und die österreichischen Begriffe und Orte klangen für mich sehr deutsch ausgesprochen, was aber auch dem Adressatenkreis geschuldet sein mag.

*FAZIT*
Ein Muss für jeden True Crime Fan - spannende Fälle, gut aufbereitet. Ich würde aber eher das Buch als das Hörbuch empfehlen.

Bewertung vom 23.02.2023
45 Sekunden. Meine Leidenschaft fürs Turnen - und warum es nicht alles im Leben ist
Bui, Kim;Matlé, Andreas

45 Sekunden. Meine Leidenschaft fürs Turnen - und warum es nicht alles im Leben ist


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Nach dem Ende ihrer Profikarriere ermöglicht Kim Bui persönliche Einblicke und spricht Klartext. Schonunglos ehrlich schreibt sie über über die Sonnen- und Schattenseiten, ermöglicht tief Einblicke und ist dabei sympathisch und stets positiv.

Fleiß, Respekt, Ordnung und Disziplin sind die Werte, die Kims Eltern ihr vermitteln, und die ihr in Fleisch und Blut übergehen. Werte, die ihr helfen, beim Turnen - dem "schönsten Sport der Welt" - Höchstleistungen aus sich heraus zu holen. Diesem Ziel wird alles andere untergeordnet, das tägliche Training bestimmt über Jahre ihren Alltag. Dazu gehören auch fragwürdige Trainingsmethoden, unsensible Trainer und überzogene Ansprüche, und Kim ermöglicht einen schonungslosen Einblick hinter die Kulissen. Sie schreibt über Essstörungen, über Verletzungen und die größeren Fehler im System. Darüber, wie Frauen in diesem Sport sexualisiert werden, und wie Erfolge von Medien kleingeredet werden, wenn es keine Medaillen regnet. Sie belässt es aber nicht dabei, Missstände aufzuzeigen, sondern zeigt auch Wege auf, wie der Sport verbessert werden kann.

Ihre Schilderungen fand ich sehr spannend, die Kapitel sind eher thematisch als streng chronologisch angeordnet, aber das hat mich keineswegs gestört. Dass harte Arbeit hinter ihren Erfolgen stehen muss, war mir klar - aber nicht, wie viel harte Arbeit und ebenso harter Verzicht dahinter stecken, und was Turner.innen alles auf sich nehmen, um erfolgreich in ihrem Sport zu sein - davor habe ich großen Respekt. Für mich klang aber trotz vieler schwieriger Themen immer sehr viel Optimismus durch - jedes Kapitel endet mit einem kurzen Absatz, der mit "Ach, habe ich übrigens schon erwähnt" eingeleitet wird, und der einen positiven Schlusspunkt setzt. Das hat mir sehr gut gefallen, und ich habe den Eindruck, dass Kim in allem etwas Gutes finden und sehen kann, das finde ich sehr sympathisch. Auch ihre Leidenschaft für das Turnen - trotz allem, was es ihr abverlangt hat - wurde für mich sehr deutlich und hat mich angesteckt - in Zukunft werde ich Turnwettkämpfe mit noch größerem Interesse verfolgen.

*FAZIT*
Ein schonungsloser und ehrlicher Einblick, der viele schwierige Themen anspricht, dabei aber sehr positiv und sympathisch rüber kommt.

Bewertung vom 20.02.2023
Enna Andersen und die verlorene Zeit
Johannsen, Anna

Enna Andersen und die verlorene Zeit


sehr gut

*MEINE MEINUNG*
Für mich war es der erste Fall von Enna Andersen und ihrem Team, ich habe aber sehr gut hinein gefunden. Wie bei allen Reihen, in die man mittendrin einsteigt, musste ich mich anfangs ein wenig orientieren und die vielen Namen auseinander halten. Das ist mir aber schnell gelungen, nach den ersten Kapiteln hatte ich den Überblick und war gut in der Story angekommen.

Die Charaktere gefielen mir gut, insbesondere der Teamgeist hat meine Begeisterung geweckt. In vielen Krimis liest man vom "lonesome" Hero, der den Fall im Alleingang, manchmal auch gegen Kollegen, löst. Hier hilft und unterstützt man sich gegenseitig und hält sich den Rücken frei. Überhaupt standen die Charaktere im Fokus. Der Fall selbst ist für die Protagonistin ein hochpersönlicher, aber auch das Privatleben der anderen hat eine große Rolle im Buch eingenommen. Mir hat das gut gefallen, weil die Charaktere so nahbarer und greifbarer werden, und für mich hat der Spannungsbogen nicht darunter gelitten. Die vielen Dialoge rücken ebenfalls die Figuren in den Vordergrund, daneben hat sich Anna Johannsen mit Beschreibungen zurück gehalten. Ironischerweise werden auch die Charaktere selbst wenig beschrieben - ich hatte bis zum Schluss kein wirkliches Bild von Enna vor Augen, weil nur an einer Stelle ihre Haarfarbe erwähnt, aber sonst nichts zu ihrem Aussehen geschrieben wird. Für mich war das so in Ordnung, ich kann mir aber vorstellen, dass das nicht Jedermanns Sache ist.

Die Story gefiel mir. Anfangs stochern sie bei den Ermittlungen sehr im Nebel herum, benennen es selbst als ihre Taktik bei Cold Cases: Staub aufwirbeln und wenn er sich gelegt hat, nachsehen, welches Bild man erkennen kann. Viel anderes bleibt einem bei einer Tat, die sich vor über 20 Jahren ereignet hat, auch nicht übrig. Trotzdem fand ich die Herangehensweise der Ermittler recht strukturiert und durchdacht. Weniger gefallen hat mir aber, dass sie sich teils illegaler Methoden bedienen. Für mich ist das immer eine unglaubwürdige Doppelmoral: Die Polizisten ziehen Täter dafür zur Rechenschaft, dass sie sich nicht an Recht und Gesetz gehalten haben - indem die Polizisten selbst dagegen verstoßen. Hrmpf. Klar sind Einbruch und Mord moralisch nicht das Gleiche, strafbar sind sie aber beide.

Leider hat mich auch das Ende ein wenig enttäuscht. Mit dem Wissen am Ende kamen mir einiges in der Rückschau unlögisch vor. Ich verstehe es aus dramaturgischen Gründen und sehe den Mehrwert für die Story, aber es ergibt keinen Sinn. Das finde ich sehr schade, und ich bin noch nicht sicher, ob ich die Reihe weiter verfolgen möchte oder nicht.

*FAZIT*
Klarer Fokus auf den Charakteren, die mir gut gefallen haben. Die Story hätte aber besser durchdacht werden müssen - hier gibt es logische Fehler.

Bewertung vom 20.02.2023
So hört sich Liebe an
Zylla, Amiena

So hört sich Liebe an


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Das Cover hat mich sofort angesprochen. Dieser kleine, glückliche Fuchs inmitten von Watte ist einfach nur schön.

Die Illustrationen im Buch sind genauso toll. Mit viel Liebe zum Detail wird die Geschichte der kleinen Emmi erzählt, die, von ihrer Mutter ermuntert, zusammen mit ihrer besten Freundin Luna die Welt auf der anderen Seite des Bachs erkundet. Neben den beiden tummeln sich viele kleine Tiere wie Libellen, Frösche, Marienkäfer usw auf den Bildern und laden dazu ein, sie zu entdecken. Emmi und Luna nehmen die neue Welt aber auch mit allen Sinnen wahr, sie riechen, spüren, schmecken und lernen, wie Frieden aussehen oder sich Liebe anhören kann. Außerdem gibt es kleine Achtsamkeitsübungen, die man gemeinsam mit den Kleinen machen kann - so werden sie auf eine spielerische und sehr niedliche Art und Weise daran heran geführt.

*FAZIT*
Ein wundervolles, liebevoll illustriertes Kinderbuch, das zum Innehalten einlädt und kleine Achtsamkeitsübungen anbietet.

Bewertung vom 19.02.2023
Der Weg ins Feuer
Kent, Kathleen

Der Weg ins Feuer


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Die Protagonistin Betty Rhyzyk schildert ihre Erlebnisse aus der Ich-Perspektive. Es gibt keinen Erzählerwechsel, keine anderen Figuren, die vom Erzähler begleitet werden. Bettys Erlebnisse und Gedanken fand ich derart spannend, dass es mir überhaupt erst aufgefallen ist, nachdem ich das Buch beendet hatte.

Den ersten Band kenne ich noch nicht, aber weil das darin erlebte sie sehr geprägt und noch immer Auswirkungen auf ihre physische wie psychische Gesundheit hat, wird die Handlung für die Leser kurz geschildert. Obwohl ich damit das Ende des ersten Bandes kenne, werde ich ihn definitiv noch lesen.

Betty ist vor allen Dingen wütend, sie ist teilweise sehr derb in ihrer Wortwahl und wenig freundlich zu den Menschen um sie herum - auch zu ihren Liebsten. Trotzdem oder gerade deswegen, weil das sehr authentisch und nachvollziehbar geschildert wird, hatte sie meine Sympathie sehr schnell auf ihrer Seite. Sie ist vor allem gerade und unkorrumpierbar - sie geht ihren Weg und kämpft für das Gute, wühlt sich dabei durch die "mean streets" und hilft den Menschen auf der Straße wo sie nur kann. Das hat mir sehr imponiert. Auch die übrigen Figuren fand ich authentisch.

Die Story ist gut durchdacht und komplex - neben den Nachforschungen und Ermittlungen zu den Morden im Drogenmilieu geht es auch viel um Bettys private Situation, ihren Umgang mit dem Trauma aus dem ersten Band, um Vertrauen und viel Zwischenmenschliches. Darunter hat der Spannungsbogen aber keineswegs gelitten, für mich hat sich beides gut ergänzt und dem Buch und den Figuren Tiefe verliehen.

*FAZIT*
Ein spannungsgeladener Thriller mit überzeugenden Charakteren. Uneingeschränkte Leseempfehlung.

Bewertung vom 19.02.2023
Spüre meinen Zorn
Brun, Georg

Spüre meinen Zorn


weniger gut

*MEINE MEINUNG*
Das Cover gefiel mir sehr, es hat mich sofort angesprochen. Auch den Schreibstil mochte ich, er lässt sich flüssig lesen, die Seiten blättern sich wie von selbst um. Es gab nur ein oder zwei Wiederholungen, bei denen ich dachte: Wenn ich das noch einmal lese, dann schreie ich.

Der Anfang war interessant und hat mich neugierig gemacht, aber der gute erste Eindruck hielt leider nicht lange vor. Die Charaktere fand ich größtenteils sehr blass. Bei der Täterin und bei Nathan Weiß merkt man, dass der Autor sich viel Mühe gegeben hat, die übrigen dagegen konnte ich nicht wirklich als Charakter greifen, fand sie zum Teil in sich widersprüchlich. Mich hat aber keine Figur emotional erreicht. Geschildertes Leid und menschliche Tragödien fand ich relativ nüchtern und kurz dargestellt, das hat mich nicht berühren können. Die Emotionen der Charaktere fand ich an vielen Stellen glaubhaft und auch nachvollziehbar, aber mitgefühlt oder auch mitgelitten habe ich nicht. Die Täterin verhielt sich an einigen Stellen für mich nicht logisch, und auch grundsätzlich entspricht ihr Verhalten nicht dem, was ich aus Literatur und True Crime über solche Tätertypen weiß.

Zu den Ermittlungen fällt mir leider nur die Beschreibung "stümperhaft" ein. Hier wird nicht vernünftig gearbeitet, kaum Beweise gesammelt, man kommt nicht auf Naheliegendes, überprüft nicht einmal die Alibis der Tatverdächtigen, stattdessen werden voreilige Schlüsse gezogen, und der Fokus liegt darauf, den Fall schnell statt gründlich zu lösen. Hier führen nicht kriminalistischer Spürsinn und Beharrlichkeit zum Erfolg, sondern (für mich willkürliche) Intuition und Kommissar Zufall, nachdem sie lange im Nebel herumgestochert haben - und dabei sind ihnen Unschuldsvermutung und Auswirkungen von öffentlichen Verdächtigungen anscheinend egal, und der Flurschaden, den sie anrichten, ist groß.

Das Ende fand ich unerwartet, aber leider auch unbefriedigend, es fügte sich für mich aber in den Gesamteindruck ein.

*FAZIT*
Die Story hatte durchaus Potenzial, aber ich fand die Charaktere zu blass, sie haben mich emotional nicht erreicht, und die Ermittlungen waren stümperhaft. Schade.

Bewertung vom 15.02.2023
Elsbeth
Detsch, Christel

Elsbeth


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Elsbeths Geschichte hat mich sehr berührt.

Das lag vor allem auch am Schreibstil. Christel Detsch schafft es, mit wenigen Worten Bilder im Kopf entstehen zu lassen, den Figuren Leben einzuhauchen und dichte Atmosphären zu weben, die mich völlig gefangen genommen haben. Sie kommt dabei ohne viele Dialoge aus, hauptsächlich beschreibt sie, schildert Gefühle, Gedanken, Handlungen. Jedes Kapitel beginnt in der Gegenwart, die in der Vergangenheitsform erzählt wird. Dabei wird die Demenz der Protagonistin immer deutlicher, die Lücken in ihrer Erinnerung, ihre Verwirrung in manchen Situationen. Und immer wieder driftet sie in ihre Vergangenheit, findet Anknüpfungspunkte im Alltag, die sie an ihre Erlebnisse von damals erinnern. Diese werden dann im Präsenz erzählt - und man merkt, wie Elsbeth immer mehr in ihren Erinnerungen lebt, so, als wäre es noch immer ihre Gegenwart.

Das glückliche Leben im Sudetenland, dann der Krieg, Arbeitsdienst, Vertreibung, Hunger und Not werden eindrücklich geschildert und haben mich berührt. Doch Elsbeth verzweifelt nicht, findet immer wieder Hoffnung und Mut, ihr Leben in die Hand zu nehmen und das Beste aus den Schicksalsschlägen zu machen. Auch in der Gegenwart hat sie es mit ihrem übergriffigen und bevormundenden Partner nicht leicht, schafft es aber, sich ihre Freude an der Malerei - heimlich - zu erhalten.

Elsbeth ist mir im Verlauf des Buches sehr ans Herz gewachsen, und auch die anderen Figuren fand ich authentisch und mit viel Liebe zum Detail skizziert. Die Handlung ist keine leichte Kost, aber hat sehr gut gefallen.

*FAZIT*
Ein sehr berührendes Buch, das in Erinnerung bleibt.

Bewertung vom 10.02.2023
Das makellose Mädchen
Unger, Lisa

Das makellose Mädchen


sehr gut

*MEINE MEINUNG*
Dieser Thriller hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Die Protagonistin Wren erzählt aus der Ich-Perspektive, lässt den Leser dadurch an ihren Gedanken, Gefühlen, Erfahrungen teilhaben. Dabei spricht sie Adam immer mit "du" an, richtet Fragen an ihn, teilt ihm ihre Gefühle und ihre innere Verfassung mit. Für mich ist dadurch ein intimer Charakter entstanden, so, als würde man Tagebucheinträge lesen und Dinge mitbekommen, die eigentlich nicht für einen bestimmt sind. Das fand ich toll, und das hat sehr schnell viel Nähe zur Protagonistin geschaffen. Ich konnte mich gut in sie hinein versetzen, fand sie sympatisch und authentisch.
Einige Abschnitte werden aus anderen Perspektiven geschildert, andere Abschnitte behandeln Wrens sehr prägende Kindheit. Von Anfang an ist klar, dass in ihrer Vergangenheit etwas Schlimmes geschehen sein muss, das deutliche Narben hinterlassen hat.

Die Idee und die Handlung gefielen mir auch sehr. Die Idee, Jemanden zu daten, ihn kennen und lieben zu lernen und hinterher festzustellen, dass vielleicht nichts von alledem echt war, fand ich spannend. Dabei flicht die Autorin viele aktuelle Themen unterschwellig mit ein. Dating im Internet, Traumata und Bewältigungsstrategien sowie Selbstverwirklichung sind nur einige, die immer wieder anklingen und der Geschichte Tiefe verleihen.

Der Spannungsbogen war von Anfang an da und wurde konstant hoch gehalten, das hat es mir unmöglich gemacht, das Buch aus der Hand zu legen.

Leider konnte die Autorin das hohe Niveau nicht bis zum Schluss halten. Im letzten Drittel verhält sich die Protagonistin in meinen Augen unlogisch, sie macht Dinge, die wenig Sinn ergeben und nicht zu ihrem Charakter passen. Dadurch kann die Handlung noch einmal an Fahrt aufnehmen und steuert auf das temporeiche Finale zu - aber es nervt mich, wenn sich Figuren aus dramaturgischen Gründen unlogisch verhalten, wie hier. Schade, schade.

*FAZIT*
Eine tolle Story, interessante Charaktere, gut erzählt. Hat aber leider am Schluss etwas enttäuscht, weil die Protagonistin sich unlogisch verhielt.

Bewertung vom 28.01.2023
Die Herzchirurgin
Jordan, Jack

Die Herzchirurgin


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Das Cover hat mir gut gefallen - es ist genretypisch und schlicht, hat aber trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, meine Neugierde geweckt.

Der Autor erzählt die Geschichte aus der Sicht der titelgebenden Herzchirurgin Dr. Anna Jones, ihrer Assistentin Margot und der Ermittlerin, DI Rachel Conaty. Jeweils aus der Ich-Perspektive erzählt, lassen die Charaktere den Leser an ihren Gedanken, Gefühlen und Ängsten teilhaben, und ich konnte mich in alle drei gut hinein versetzen. Wirklich sympathisch war mir keine, vor allem die Protagonistin fand ich kühl und unnahbar, und ich fand es befremdlich, in welchem Ton sie andere anherrscht - insbesondere im OP. Trotzdem hatte ich Mitleid mit ihr und musste ihr gleichzeitig Respekt zollen - selten hat mich eine Protagonistin, die mir nicht sympathisch war, trotzdem emotional so mitgenommen.

Auch die anderen Figuren finde ich toll - die Charaktere sind gut ausgearbeitet, ihre inneren Kämpfe glaubhaft dargestellt, und sie überzeugen in all ihren Facetten. Ich habe sie gern begleitet, und habe mit Margot und Rachel mitgefühlt und sie verstehen können. Auch die Nebenfiguren fand ich - in ihrer Kürze - gut ausgearbeitet und greifbar.

Der Plot ist großartig. Ich war von Anfang an von der Idee gefesselt, und fand die Wendungen in der Geschichte toll. Der Spannungsbogen wird konstant hoch gehalten und hat es unmöglich gemacht, das Buch aus der Hand zu legen. Jack Jordan gelingt es, alles zu einem stimmigen Ende zusammen zu fügen, und obwohl ich manche Ideen hatte, hat es mich überraschen können. Es gibt keine losen Fäden, keine irrelevanten Details - alles passt zusammen und ergibt Sinn, und hat mich mit einem "Wow" zurück gelassen.

*FAZIT*
Ein unglaublich fesselnder Thriller, den ich nicht aus der Hand legen konnte und der auf ganzer Linie überzeugt hat. Tolle Idee, großartig umgesetzt.

Bewertung vom 25.01.2023
Wie man einen Traum aufgibt, um ein Leben zu gewinnen
Langmann, Nico

Wie man einen Traum aufgibt, um ein Leben zu gewinnen


ausgezeichnet

*MEINE MEINUNG*
Ehrlich und offen berichtet Nico Langmann aus seinem Leben. Er sieht sich als privilegierten Menschen mit Behinderung, da er seit einem Unfall mit knapp zwei Jahren querschnittsgelähmt ist - die Erfahrung, dass sich das Leben von heute auf morgen völlig verändert, und man erst einmal mit der Diagnose und Einschränkungen des bisherigen Lebens zurecht kommen muss, hat er nicht machen müssen. Auch Geld war selten ein Thema, da die Versicherung des Unfallverursachers die Kosten für vieles übernommen hat. Trotzdem hat er einen schwierigen Weg hinter sich: "Nico wird irgendwann wieder gehen" war die Devise der Eltern, und dafür war keine Therapie zu experimentell, kein Weg zu weit. Jahrelang besteht sein Leben größtenteils aus Training, Therapien, Reisen zu Heilern nach Russland, Indien oder Brasilien, und der Erwartungshaltung, dass er aus dem "Schaß", also dem Rollstuhl, wieder heraus kommen wird. Bis er irgendwann die Entscheidung trifft, gar nicht gehen zu wollen - sondern sein Leben zu leben.

Allein schon beim Lesen schien mir der Druck übermächtig groß, der von Familie und Umfeld auf den Jungen und Teenager ausgeübt wurde, irgendwann wieder gehen zu müssen, gehen zu wollen. Um dem gerecht zu werden, täuscht er Fortschritte vor. Als das irgendwann nicht mehr geht, muss er sich vorwerfen lassen, sich nicht genügend anzustrengen. Dabei weiß oder zumindest ahnt er schon mit 10 Jahren, dass es gar nicht sein Traum, nicht seine Hoffnung ist. Er ist zufrieden mit seinem Leben im Rollstuhl, findet Freude und Erfüllung im Rollstuhltennis, und fühlt sich kaum ausgeschlossen - auch Dank seines zwei Jahre älteren Bruders, der Nico häufig überall mit hin nimmt, auch Treppen hoch und runter trägt, oder sich mit ihm gemeinsam Spiele ausdenkt, die sie gemeinsam und auch mit anderen spielen können.

Mir hat diese Autobiografie sehr gut gefallen. Nico Langmann nimmt kein Blatt vor den Mund, beschreibt schöne und schwierige Situationen, Erfolge, aber auch Hürden und Diskriminierung,. Und auch, wie er immer wieder die Erfahrung gemacht hat: Wenn man darüber redet, sind Probleme häufig gar keine mehr, und Ängste völlig unbegründet. Das macht Mut, und hat bei mir Unsicherheiten im Umgang mit Menschen mit Behinderungen abgebaut.

Er nimmt sich nicht heraus, Botschafter sein zu wollen - dafür sind die individuellen Lebenswege, Erfahrungen und Einschränkungen zu unterschiedlich. Aber er kann und möchte Aufmerksamkeit schaffen, Vorurteile abbauen und rät: Im Zweifel einfach nachfragen.

*FAZIT*
Eine tolle Autobiografie - ehrlich, offen und sympathisch. Hat mir Mut gemacht und Unsicherheiten abgebaut. Lesen!