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Libelle

Bewertungen

Insgesamt 15 Bewertungen
12
Bewertung vom 31.08.2016
Dich immer wiedersehen
Smith, Jennifer E.

Dich immer wiedersehen


sehr gut

Die 16jährige Lucy, die in einem New Yorker Apartmenthaus lebt, und Owen, der scheue 17-jährige Sohn des Hausmeisters, lernen sich näher kennen, als sie einem heißen Sommerabend wegen eines Stromausfalls zusammen im Fahrstuhl steckenbleiben. Sie verbringen die Nacht damit, gemeinsam auf dem Hausdach in die Sterne zu schauen, und für beide ist diese Nacht etwas ganz Besonderes. Als wenig später Lucy mit ihren Eltern nach Europa zieht und auch Owen das Apartmenthaus Richtung USA-Westküste verlassen muss, da sein Vater die Stelle als Hausmeister verloren hat, bleiben sie in Verbindung, indem sie sich Postkarten schicken.

Obwohl die Postkarten selten und knapp im Text sind, stellen die beiden schnell fest, dass sie Seelenverwandte sind und einander nicht vergessen können. Die große Entfernung kann der Verbindung, die zwischen ihnen besteht, nichts anhaben. Diese Verbindung bringt Trost und Beständigkeit in die Leben der beiden, denn Owen zieht zunächst rastlos von Ort zu Ort und auch Lucy muss nochmals umziehen, bevor sie endlich in einem Zuhause ankommt.

Die Idee des Postkartenschreibens ist außergewöhnlich in Zeiten von e-mail und Smartphone, doch Owen ist ein e-mail-Verweigerer und diese Art der Kommunikation knüpft direkt an die gemeinsame Zeit der beiden an und besitzt weniger Flüchtigkeit als elektronische Nachrichten. Sie schlägt sich auch in der Gestaltung des Buches nieder, indem das Cover aussieht wie eine Postkarte bzw. ein Briefmarkenblock und innen die Überschriften der fünf Teile (die Ortsbezeichnungen wie Hier, Dort, Überall usw. tragen) sowie die Kapitelüberschriften in Form von Poststempeln gestaltet sind.

Die Charaktere von Owen und Lucy sind glaubhaft geschildert. Beide haben ihr Päckchen an Problemen zu tragen – Lucys Eltern sind mehr unterwegs als anwesend, und Owens Mutter starb bei einem Unfall. Trotzdem strahlt die Geschichte der beiden Zuversicht und Vertrauen in die Welt aus, sowie die Gewissheit, dass man sein Schicksal auch dann zumindest teilweise selbst bestimmen kann, wenn man vom Leben gebeutelt wird und dass jeder Wohnort auch sein Gutes hat.

Kapitelweise abwechselnd folgt man im Lauf der Monate Owen quer durch die USA und Lucy durch Europa. Die Seelenverwandtschaft zwischen den beiden wird deutlich greifbar, auch wenn sehr wenige Worte zwischen ihnen ausgetauscht werden. Trotzdem wächst langsam eine liebevolle Verbundenheit. Spannend ist es auch, zu verfolgen, wie sie den Umgang miteinander erst lernen müssen und sich dabei manches Mal zuerst selbst im Wege stehen. Allerdings bleiben die anderen Personen, besonders Lucys Eltern, relativ flach und schemenhaft und daran kann auch ihr Wandel am Ende nichts ändern.

Fazit: ein unterhaltsames, schnell lesbares Jugendbuch mit unerwartet viel Tiefgang und mit einer Liebesgeschichte, die keineswegs süßlich-kitschig ist.

Bewertung vom 04.05.2015
Der dunkle Fluss
Obioma, Chigozie

Der dunkle Fluss


ausgezeichnet

Ein großer Roman über die Schönheit und Abgründe Afrikas, heißt es auf der Rückseite des Buches. Tatsächlich wird beides, Schönheit und Abgründe, für den Leser sehr deutlich spürbar. Diese Familiengeschichte lässt den Leser tief eintauchen ins Nigeria der neunziger Jahre, umreißt Lebensgefühl und Zeitumstände dieser Jahre aus der Sicht eines Kindes. Vieles ist hier anders, als der europäische Leser es kennt. Lebensweise und Lebensumstände, Sitten und Bräuche, Glaube und Aberglaube, Aspekte von Familie und Erziehung werden plastisch geschildert, und über allem Alltagsleben liegt eine durch die politischen Umstände der Zeit bedingte Atmosphäre der Unsicherheit und Gewalt, die man als Leser sehr deutlich wahrnimmt.

Die Geschichte, rückblickend erzählt aus der Sicht des neunjährigen Benjamin, dreht sich vor allem um die Erlebnisse Benjamins und seiner drei älteren Brüder, deren Welt aus den Fugen gerät, als die ordnende Autorität des Vaters (der beruflich in eine andere Stadt versetzt wird) aus ihrem Leben verschwindet. Sie verlieren die Orientierung im Leben, ungünstige Zufälle akkumulieren sich, bis die Geschehnisse in einer Katastrophe eskalieren, die die Zukunft aller vier Brüder nachhaltig beeinflusst oder gar zerstört und der nicht einmal der sanftmütige Ben entkommen kann.

Die Geschichte kann gelesen werden als Fabel über das Schicksal Nigerias, als Metapher für die unheilvolle Kollision von altem/traditionellem und neuem/nachkolonialem Afrika. Unter einer Oberfläche moderner Bildung ist noch immer der alte Glaube an Mythen und Magie tief verwurzelt. Nachvollziehbar werden die verhängnisvollen Verstrickungen der vier Jungen geschildert, die aus bestimmten tradierten Denkweisen (die in der Figur des verrückten Sehers Abulu personifiziert werden) und den unglücklichen aktuellen Umständen resultieren. Möglicherweise hätte alles ganz anders enden können, wären manche Ereignisse ein klein wenig anders verlaufen, hätte man eine andere Sichtweise auf die Dinge oder wären die Verhältnisse friedlicher.

Der Schreibstil des Autor enthält viele sehr bildhafte Vergleiche, angefangen vom Fluss und den Fischen, bis hin zu den Vergleichen der Familienmitglieder mit verschiedenen Tierarten, die die Stellung der betreffenden Person in der Welt sehr treffend charakterisieren. In einigen Aspekten ging der Roman dann zwar nicht so tief, wie ich es erwartet hatte, so durchzieht der titelgebende Fluss als Motiv beispielsweise nicht das ganze Buch, sondern ist nur anfänglich von Bedeutung.

Fazit: ein sehr lesenswerter und empfehlenswerter Roman für jemanden, der sich für Afrika interessiert oder gern mal über den europäischen Tellerrand schauen möchte.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.03.2015
Todesurteil / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.2
Gruber, Andreas

Todesurteil / Sabine Nemez und Maarten Sneijder Bd.2


sehr gut

"Todesurteil" ist nach "Todesfrist" der zweite Band der Reihe mit den Ermittlern Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez, doch man kann es gut lesen, ohne Band 1 zu kennen.

Raffiniert werden hier zwei unterschiedliche, spannende Handlungsstränge entwickelt, zwischen denen kapitelweise hin- und hergesprungen wird.

In Wien begibt Staatsanwältin Melanie Dietz sich mit nicht immer ganz gesetzestreuen Methoden auf die Suche nach dem Entführer der zehnjährigen Clara und stößt dabei auf mehrere ermordete Mädchen und ungeahnte menschliche Abgründe. In Wiesbaden wird Sabine Nemez von ihrem Mentor Maarten S. Sneijder geschickt auf vier ungelöste Mordfälle angesetzt, zwischen denen es keine Verbindung zu geben scheint.

Sehr lange ist nicht klar, wie diese beiden Handlungsstränge miteinander zusammenhängen. Etliche Personen geraten durch geschickte Hinweise unter Verdacht, insbesondere wird bald eine mögliche Bedrohung aus dem Inneren des BKA in Wiesbaden spürbar, die Sabine und Sneijder in Gefahr bringen könnte. Man weiß nicht, wem die beiden trauen können und auch nicht, wem man als Leser trauen kann...

Der Leser bekommt stückweise immer mehr wichtige Informationen, aber auch Hinweise, die in die Irre führen. Wie im richtigen Leben eben auch. Man grübelt und spekuliert zusammen mit Sabine und Melanie. Besonders bei den Wiesbadener Fällen hat mir das großen Spaß gemacht, und ich war sehr intensiv bei Sabine und tauchte tief in ihre Gedankenwelt ab. Im Lauf der Kapitel sammelt sich eine Unmenge an Details an, die im Kopf behalten werden müssen. Erst ganz am Ende stößt Sabine auf die entscheidene Information, die die Zusammenhänge klar werden lässt und alles verbindet, und es klärt sich alles schlüssig und logisch auf.

Das Buch hat mich bestens unterhalten. Sneijder und Sabine sind durch ihre beiden Persönlichkeiten ein unschlagbares Team und für einen Thriller sehr unterhaltsam, auch Humor blitzte hin und wieder auf. Mein einziger Kritikpunkt ist, dass mir am Ende ein paar Details der Auflösung doch etwas weit hergeholt vorkamen und unwahrscheinlich wirkten, und dass der Zufall hin und wieder eine recht große Rolle spielt.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.03.2015
Marienkäfertage
Marmon, Uticha

Marienkäfertage


gut

Die 16jährige Elin erfährt während der Abwesenheit ihrer Eltern unerwartet ein Familiengeheimnis, das sie in ein Gefühlschaos und tiefe Selbstzweifel stürzt. Sie fährt nach Dänemark ins Ferienhaus ihrer Familie, um den Dingen auf den Grund zu gehen.

Sehr intensiv und eindrucksvoll werden Elins Eindrücke und Empfindungen und die Atmosphäre im Sommerhaus und in dem dänischen Dorf geschildert. Hier gibt es viele eindrückliche Bilder und schöne, treffende Beschreibungen. Sehr schön gestaltet ist auch das Buch - mit einem Cover in sommerlich warmen Farbtönen und vielen kleinen Marienkäfern als Kapiteltrennung.

Als etwas anstrengend empfand ich das schleppende, allmähliche Aufdecken der Zusammenhänge. Relevante Informationen werden nur stückchenweise und verwirrend preisgegeben. Zu oft muss der Leser zurückblättern, weil er frühere Textteile erst durch die Informationen versteht, die er viele Seiten später erhält. Logisch folgerichtige Fragen werden nicht gestellt, und genau da, wo es interessant wird, werden von den Personen in Dialogen gestellte Fragen manchmal einfach nicht beantwortet. Einge Fragen bleiben bis zum Ende ungeklärt.

Elin ist eine eher unsympathische Hauptperson, daher fiel es mir schwer, Mitgefühl für sie aufzubringen. Andere Personen im Buch sind sympathischer, verhalten sich logischer, haben auch das bewegendere Schicksal. Elins Handlungen sind oft nicht nachvollziehbar. Ihr Gefühlschaos wirkt ein wenig unverhältnismäßig bezogen auf ihre reale Situation, gerade auch, weil im Buch zwei Schicksale einander gegenübergestellt werden.

Das Ende des Buches ist unbestimmt. Es gibt die Andeutung einer Entwicklung in eine bestimmte (positive) Richtung. Das Buch wertet nicht, es bleibt konsequent in Elins Sicht, in der Sicht eines Kindes, das in die Ereignisse hineingeboren wird und ihnen ausgeliefert ist, und erhebt sich nicht darüber, auf eine mehr reflektierende Sicht der Dinge. Im Kontext des Buches ist das zwar konsequent, aber trotzdem fehlt mir das schlussendlich ein wenig. Hier spielt auch Elins Persönlichkeitsstruktur eine Rolle, die zum Extremen neigt und es ihr erschwert, den Schock zu verarbeiten, den sie erfahren hat, klare Gedanken zu fassen und ihre Lage rational zu sehen. Die Schlussfolgerung zu ziehen - sich nicht auf eigenes Leid zu fokussieren, sondern auch mal das eigene Glück wahrzunehmen - bleibt dem Leser überlassen.

Vielleicht sollte man seine jugendlichen Kinder dieses Buch nicht alleine lesen lassen. "Marienkäfertage" bietet ein erhebliches Diskussionspotential, wirft Fragen auf und regt zum Nachdenken an. Genau das halte ich auch für das sehr sehr große Plus des Buches. Ich meine aber, gerade mit jüngeren Jugendlichen (13/14 Jahre) wird es nach der Lektüre auch einen Diskussionsbedarf geben, insbesondere, was das Thema "Gewalt in der Familie" betrifft, aber natürlich auch das Kernthema des Buches.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.12.2014
Der wispernde Schädel / Lockwood & Co. Bd.2
Stroud, Jonathan

Der wispernde Schädel / Lockwood & Co. Bd.2


ausgezeichnet

Wem Band 1 gefiel, der wird wahrscheinlich auch dieses Buch mögen. Auch im zweiten Teil der Reihe Lockwood & Co. geht es gleich von Anfang an wieder gruslig, geheimnisvoll, rätselhaft und spannend zu. Nach ihrem spektakulären Erfolg mit der seufzenden Wendeltreppe werden Lockwood &. Co. von der BEBÜP angeheuert, um bei der Bergung eines eisernen Sarges zu helfen, der ein grausiges und sehr gefährliches Geheimnis enthält, dessen Ursprünge weit in die Vergangenheit zurückreichen. Nachdem der Inhalt des Sarges auf mysteriöse Weise verschwindet, müssen Lockwood, Lucy und George - diesmal unterstützt vom geheimnisvollen Wispernden Schädel - wieder ihr ganzes Können einsetzen, um die Hintergründe aufzuklären und ein verschwundenes Artefakt aufzutreiben.

Die drei Agenten müssen etliche gefährliche Begegnungen meistern, sowohl mit Geistererscheinungen als auch mit Konkurrenten oder Verdächtigen, und der Leser muss so manches Mal um sie bangen, weil sie hin und wieder etwas schusslig und unbedacht vorgehen.

Es ist günstig, wenn man als Leser noch die Handlung und aus Band 1 (Die seufzende Wendeltreppe) im Kopf hat, denn auf einige Details wird Bezug genommen, an die ich mich nicht mehr erinnern konnte. Im Großen und Ganzen wird dem Leser aber auf die Sprünge geholfen, sollte die Lektüre von Band 1 zu lange her sein. Zur Auffrischung der Erinnerung an gewisse Regeln und Definitionen, die die Geisterwelt betreffen, ist das Glossar hinten im Buch sehr hilfreich.

Nach und nach erforschen unsere drei Agenten die Hintergründe der Geschichte mit dem Eisensarg, wobei sie auf viel Unerwartetes stoßen. Der in Band 1 schon erwähnte Schädel im Einmachglas spielt hier eine besondere Rolle. Lucy kann ihre besonderen Fähigkeiten einsetzen und weiterentwickeln. Als Leser kann man gut mitspekulieren, wird aber doch das ein oder andere Mal in die Irre geführt, denn viele Details sind im Gedächtnis zu behalten und zu sortieren...

Trotz aller Gefahr kommt auch der Humor wiederum nicht zu kurz, und die Schilderung der Atmosphäre, die Dialoge und sonstige Interaktion unserer drei Protagonisten stehen Band 1 in nichts nach. Es gibt auch neue Entwicklungen, die am Ende in ein paar lose Fäden münden, die wahrscheinlich Anknüpfungspunkte für den nächsten Band sein werden. Man darf gespannt sein. Besonders auf die Erklärung der Überraschung, die ganz am Schluss präsentiert wird.

Fazit: ein amüsantes, gruslig-spannendes und sehr unterhaltsames Lesevergnügen! Ich freue mich schon jetzt auf Band 3!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

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