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sofie

Bewertungen

Insgesamt 66 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2015
Der Henker von Wien
Loibelsberger, Gerhard

Der Henker von Wien


sehr gut

Wien am Ende des Jahres 1916: Die Bevölkerung hungert und stehen stundenlang für Lebensmittel an. Gleichzeitig blüht der Schwarzmarkt und Schmuggel, wer es sich leisten kann und die richtigen Kontakte hat, kann weiterhin fürstlich speisen. Jetzt tritt eine neue „Quelle“ auf den Schwarzmarkt und schaltet die Konkurrenz einfach aus – der Henker von Wien. Oberinstpector Nechyba ermittelt.
„Der Henker von Wien“ von Gerhard Loibelsberger ist ein Teil der Reihe um den Ermittler Nechyba. Man kann den Roman aber gut lesen, ohne die Vorgängerbände zu kennen. Nechyba ist ein interessanter Charakter mit Ecken und Kanten, wie eigentlich alle Figuren im Roman. Meine Lieblingsfigur war seine Frau Aurelia, eine Köchin, die von ihrem Mann jeden Abend die Hauspatschen gebracht bekommt.
Essen ist ein wichtiges Thema des Romans, nicht nur wegen des Schwarzhandels mit Lebensmitteln und der allgemeinen Not, sondern auch weil Nechyba ein Gourmet ist. So wird jedes Mahl ausgiebig beschrieben, und besonders wenn er mit seiner Frau kocht bekommt man als Leser praktisch das Rezept. Das fand ich am Anfang noch sehr gut, mit der Zeit wurde es mir aber etwas zu viel.
Was mir überhaupt nicht zu viel wurde, war der gute Einsatz von Dialekt. Ich mag das Wienerische einfach sehr gern und das wurde hier wunderbar umgesetzt – weder zu viel, noch zu wenig, sondern sehr authentisch. Und für das Verständnis gibt es oft Fußnoten und zusätzlich noch ein Glossar am Ende.
Insgesamt also eine spannende Geschichte, sehr gut eingebettet in den historischen Kontext (und hervorragend recherchiert!) und nur mit ein paar kleineren Schwächen. Daher von mir 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 31.08.2015
Nach Feierabend
Spoerr, Kathrin;Stuff, Britta

Nach Feierabend


ausgezeichnet

Andere Menschen nach Feierabend

„Drei Stunden vor seinem eigentlichen Feierabend, um drei Uhr nachmittags, der Faltenrock hat ihm soeben Kaffee gebracht, verschlechterte sich Andy Handkes Stimmung. Jetzt schließt sich die Tür hinter der Lenkewitz, und Andy schaut ihr nach wie früher seiner Mutter, wenn sie ihn als Kind mit Halsweh und Tee im Bett allein gelassen hat, um arbeiten zu gehen.“ S. 65
Was tun die Kollegen eigentlich nach Feierabend? Sie sind dann noch genauso langweilig, nervig oder rechthaberisch? Oder sind sie ganz anders? Welche Leichen haben sie im Keller? Diesen Fragen gehen die Autorinnen Spoerr und Stuff in „Nach Feierabend“ nach.
Mir hat dieser episodenhafte Roman sehr gut gefallen. Jedes Kapitel beginnt mit dem Namen und der Position in der Firma der jeweiligen Person. Die kurzen Geschichten sind dann aber sehr unterschiedlich und werden nur durch die Firmenzugehörigkeit miteinander verbunden. Einige sind witzig, eine tragisch und traurig, aber immer sind sie toll geschrieben. Auf nur wenigen Seiten werden die Personen charakterisiert und sehr plastisch. Wenn ich etwas zu bemängeln hätte, dann nur, dass mir das Buch ein wenig zu kurz war.
Ich bin also rundum begeistert und gebe folgerichtig 5 von 5 Sternen. Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 12.07.2015
Die Glücklichen
Bilkau, Kristine

Die Glücklichen


ausgezeichnet

"Das ist wieder einer dieser Momente, wenn etwas schmerzhaft schön ist und alles eine Einheit bildet."
Kristine Bilkau erzählt in „Die Glücklichen“ ein Jahr im Leben der kleinen Familie um Isabelle, Georg und Matti. Ein Jahr, in dem sich ihr Leben ändert und Isabelle und Georg das Gefühl bekommen, dass nicht mehr alles so läuft, wie es soll.
Dieses Debüt ist ein beeindruckender Roman, denn eigentlich erzählt er ganz alltägliche Dinge, die so jeden Tag in sehr vielen Familien passieren. Trotzdem ist das Ganze sehr eindrücklich und aufwühlend erzählt. Es geht um geplatzte Träume und Versagensängste, aber auch um die kleinen Momente des Glücks. Man wird als Leser in die Geschichte regelrecht hineingezogen und fühlt mit den Protagonisten mit. Ich konnte das Buch zum Schluss kaum aus der Hand legen und hatte es innerhalb von zwei Tagen durchgelesen. Immer wieder gab es Stellen, die ich mir notiert habe, weil sie die Sache so wunderbar auf den Punkt gebracht haben. Überhaupt hat mir der Stil der Autorin sehr gefallen, alles wirkt realistisch und hinterlässt einen nachdenklich. Absolute Leseempfehlung von mir!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.06.2015
Tödliche Oliven / Xavier Kieffer Bd.4
Hillenbrand, Tom

Tödliche Oliven / Xavier Kieffer Bd.4


gut

Xavier Kieffer ermittelt bereits in seinem vierten Fall. Diesmal geht es um seinen Freund Alessandro, der plötzlich verschwindet. Seine Frau vermutet, dass es mit einigen krummen Geschäften zu tun hat, die Alessandro mit seiner Ölmühle gemacht hat. Der Koch Kieffer macht sich auf den Weg nach Italien um dem Ganzen auf den Grund zu gehen.
Leider konnte mich dieser Krimi diesmal nicht so ganz überzeugen wie seine Vorgänger. Was sich schon in „Letzte Ernte“ angedeutet hat, wird in „Tödliche Oliven“ nicht besser: Es wird zum einen immer unglaubwürdiger, dass ausgerechnet Xavier Kieffer immer wieder in Mordfälle verwickelt wird. Außerdem betont er immer wieder, dass er kein Detektiv sein will und eigentlich seine Ruhe möchte. Trotzdem tut er nicht das, was jeder vernünftige Mensch tun würde, nämlich die Sache der Polizei zu überlassen. Denn dann gäbe es ja auch keinen Krimi.
Hinzu kommt, dass die kulinarischen Aspekte, die mir bei den Vorgängern immer sehr gefallen haben, hier kaum noch vorkommen. Xavier Kieffer kocht kaum noch (auch wenn er immer wieder als „der Koch“ bezeichnet wird, was ich auch etwa nervig fand…) und auch die restlichen Figuren bleiben eher blass. Niemand entwickelt sich so richtig weiter, weder die Beziehung zwischen Xavier und Valerie, noch der Finne Pekka oder die Kommissarin Lobato. Der eigentliche Fall war ganz spannend, ging mir aber wie schon „Letzte Ernte“ ein bisschen zu sehr ins Internationale. Dass Kieffer immer hinter einer ganz großen Sache her ist wird auch nicht wirklich glaubwürdiger.
Für mich war es wohl der letzte Fall mit Xavier Kieffer. 3 von 5 Sternen.

Bewertung vom 15.06.2015
Stalins Kühe
Oksanen, Sofi

Stalins Kühe


ausgezeichnet

„Denn ich hatte kein Herz. Ich hatte Essen.
Ich hatte keine Liebe. Ich hatte Essen.
Ich hatte keine Angst, nur Erstarrung und Essen.
Ich hatte keinen Zorn, nur einen Magen, der sich bis zum Rand füllte.“ (S. 316)
Wer keine Lust hat, die ganze Rezension zu lesen, hier eine Kurzfassung: Wundervoll. Unbedingt lesen!
„Stalins Kühe“ ist in gewissem Sinn eine Familiengeschichte über drei Generationen, genauer gesagt eine Frauenfamiliengeschichte: Sofia, die Großmutter, Katariina, die Mutter und Anna, die Tochter. Aber im Mittelpunkt steht Anna, die mit ihrer Identität und ihrem „Herrn“ – ihrer Bulimie – kämpft. Im Laufe des Romans lernt der Leser diesen Herrn, aber auch seine Ursachen gut kennen.
Sofia und Katariina sind Estinnen, Katariina heiratet aber einen Finnen und wandert aus. Und so lernt man auch sehr viel über die estnische Geschichte im 20. Jahrhundert, den Zweiten Weltkrieg, die Deportationen nach Sibirien, die Kollektivierung der Landwirtschaft, die Mangelwirtschaft, bis hin zum Systemwechsel 1989.
Sofi Oksanens Sprache hat mich begeistert. Gerade Annas Krankheit, die oft aus der Ich-Perspektive beschrieben wird, ist oft so plastisch beschrieben, dass es einem Angst wird. Unglaublich kraftvoll. Aber auch die Komposition, der Wechsel zwischen den drei Generationen und Geschichten, zwischen Zeiten und Orten, hat mir sehr gut gefallen.
Und weil ich gerade beim Schwärmen bin: auch das Cover finde ich besonders erwähnenswert und äußerst gelungen!
Eine klare Leseempfehlung von mir! Und ich werde mir jetzt das nächste Buch der Autorin besorgen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.06.2015
Lucia Binar und die russische Seele
Vertlib, Vladimir

Lucia Binar und die russische Seele


sehr gut

Man stelle sich vor, jemand ärgert sich mal wieder über die political correctness – überall Menschen mit Migrationshintergrund, - innen und jetzt sollen auch noch die alten Straßennamen geändert werden. Und dann schreibt dieser jemand einen Roman und heraus kommt „Lucia Binar und die russische Seele“. So war zumindest mein Eindruck auf den ersten Seiten dieses Romans von Vladimir Vertlib. Und so ganz konnte ich diesen Eindruck bis zum Schluss nicht abschütteln, aber es steckt doch mehr dahinter.
Worum geht es also? Zunächst um Lucia Binar, eine alte Wienerin, deren Ziel es ist in der Wohnung in der Alten Mohrengasse zu sterben, in der sie ihr ganzes Leben gelebt hat. Dafür werden ihr aber einige Steine in den Weg gelegt. Unter anderem von Moritz, der im selben Haus wohnt, und die Straße umbenennen lassen will.
Dann geht es auch noch um Alexander, halb Russe, halb Baschkire und Muslim, der auch in Wien lebt und für einen großen Maestro arbeitet. Alexander ist schon fast klischeehaft russisch (Er sagt z.B. den schönen Satz „ Urals war nicht weit, höchstens dreißig Bahnstunden entfernt.“), aber eben auch nur fast. Er erzählt ein ziemliche bizarre Geschichte, die ich manchmal etwas langatmig fand. Aber auch das ist natürlich typisch russisch.
Am bizarrsten ist aber der Maestro, Vladimir Vladimirowitsch. Aus ihm wurde ich so gar nicht schlau.
Und so ist dann auch der ganze Roman – ein bizarres Roadmovie, das sich aber eigentlich gar nicht vom Fleck bewegt. Mal sehr lustig, mal aber auch sehr traurig und tiefgründig. Und oft ganz einfach absurd. Trotzdem dachte ich oft: Ist mir der Roman jetzt zu hoch? Oder interpretier ich zu viel rein?
Insgesamt also sehr schwer zu bewerten. Von mir gibt es 3,5 Sterne, auch wenn ich immer noch etwas verwirrt bin.

Bewertung vom 09.05.2015
89/90
Richter, Peter

89/90


sehr gut

„Die Weltgeschichte schreibt einem keine Entschuldigungszettel für den Alltag.“ (S. 183)
Dresden in den Jahren 1989/90. Der Ich-Erzähler erlebt die aufregendste Zeit seines Lebens, doch nicht nur wegen des Systemwechsels sondern auch weil er gerade 16/17 ist. Die Weltgeschichte findet praktisch vor dem Hintergrund einer aufregenden Jugend statt. Einerseits noch Wehrlager und Pioniertreffen, auf der anderen Seite dann schon Westmark und Neonazis. Peter Richter beschreibt diese Zeit sehr authentisch, sehr lebensnah und interessant. Es ist ein ganz individueller Blick auf die Wendezeit, aber trotzdem auch typisch.
Am Anfang haben mich die abgekürzten Namen (S., die V., W. etc.) ziemlich irritiert und mir ist immer noch nicht ganz klar, warum der Autor dieses Stilmittel verwendet. Auch die vielen Fußnoten, die meist auf amüsante Art und Weise die spezifischen DDR-Begriffe erklären, haben mich am Anfang etwas gestört. Besonders da dort auch Sachen wie „SED“ erklärt werden, die ja nun eigentlich jedem klar sein konnte. Aber nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, gefiel mir die immer leicht ironische Sprachweise sehr gut.
„89/90“ ist für mich vor allem ein Dresden-Roman, auch wenn die Stadt nie genannt wird. Aber wenn man sie ein bisschen kennt, findet man vieles wieder und der Roman beschreibt die Veränderungen in der Stadt und in der Gesellschaft in dieser Zeit wunderbar.
Im letzten Drittel gab es meiner Meinung nach ein paar Längen, trotzdem kann ich „89/90“ weiterempfehlen und gebe 4 von 5 Sternen. Ein sehr schöner Roman über das Ende der DDR und den Neuanfang in einem neuen Land.

Bewertung vom 19.04.2015
Voran, voran, immer weiter voran
Bartelmay, Ryan

Voran, voran, immer weiter voran


sehr gut

Einfach immer weitermachen
Ryan Bartelmay erzählt in „Voran, voran, immer weiter voran“ das Leben von Chic Waldbeeser. Anfang der 50er Jahre heiratet er seine Jugendliebe Diane, doch schon der Start in die Ehe ist nicht besonders glücklich. Auch das Verhältnis zu seinem Bruder Buddy und dessen indischer Frau Lijy ist nicht besonders gut. Chic ist eine ziemlich traurige Gestalt. Obwohl er nicht der intelligenteste ist, denkt er doch sehr viel über sich und sein Leben nach. Er strampelt sich ab, um das Beste aus den Gegebenheiten zu machen, merkt dabei aber immer wieder, wie sich die Welt und die Menschen um ihn herum verändern, er aber immer einfach nur Chic Waldbeeser bleibt.
„Voran, voran, immer weiter voran“ ist ein langsamer Roman, für den man sich etwas Zeit nehmen muss. Es wird schließlich ein ganzes Leben vor einem aufgefächert und das sehr detailiert. Dabei geht es nicht nur um Chic, auch wenn er im Mittelpunkt steht und praktisch den Fixpunkt für alle anderen Figuren bildet, sondern auch um seine Frau, seinen Bruder und seine Schwägerin.
Der Schreibstil hat mir sehr gut gefallen, es gibt einige schöne Bilder und Wortspielereien. Die Stärke des Romans liegt in der Darstellung der Beziehungen der Figuren zueinander, wie sie zum Teil nebeneinander herleben, aneinander vorbei reden und manchmal ganz allein in ihrer Welt sind. Es ist eigentlich von Anfang an klar, dass es kein Happy End geben wird.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sich auch mal auf eine langsamere Geschichte einlassen kann, bei der nicht auf jeder Seite etwas spannendes, unerwartetes passiert. Der Klappentext verweist auf Williams „Stoner“ und dem kann ich mich anschließen – wem Stoner gefallen hat, der kann sicher auch etwas mit „Voran, voran, immer weiter voran“ anfangen!

Bewertung vom 13.04.2015
Konzert ohne Dichter
Modick, Klaus

Konzert ohne Dichter


ausgezeichnet

Rainer Maria Rilke scheint einfach kein besonders sympathischer Mensch gewesen zu sein. Zum Glück ist er aber auch nicht der Protagonist des tollen Romans „Konzert ohne Dichter“, in dessen Mittelpunkt der Maler Heinrich Vogeler und sein Bild „Konzert“ stehen. Klaus Modick beschreibt aber die Freundschaft zwischen Vogeler und Rilke und eben auch deren Ende – Vogeler tilgt Rilke aus seinem Bild und so wird es zum „Konzert ohne Dichter“.
Ich mag diese Art von biographischen Romanen, bei denen Fiktion und Realität vermischt werden und man sich deswegen die ganze Zeit fragt, wie viel Wahrheit wohl darin steckt. Auf jeden Fall habe ich Lust bekommen mich etwas mehr mit Heinrich Vogeler zu beschäftigen. Und auch mit Rilke – auch wenn er hier nicht so gut wegkommt. Dass dafür aber wunderbar süffisant und in einer tollen Sprache.
Neben der Freundschaft der beiden Künstler geht es auch noch um den Kunstbetrieb im Allgemeinen und ganz besonders um Mäzenatentum. Vogeler hadert mit seiner eigenen Kunst und mit seinem Gönner Roselius.
Insgesamt also eine sehr amüsante, aber auch informative Lektüre. Wenn ich etwas zu bemängeln hätte, dann nur, dass das Buch von mir aus auch gern noch etwas länger hätte sein können.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.04.2015
Wir können doch nicht alle nehmen!
Klingl, Livia

Wir können doch nicht alle nehmen!


gut

Die österreichische Journalistin Livia Klingl greift in ihrem Buch „Wir können doch nicht alle nehmen!“ ein hochaktuelles Thema auf. Schon der Titel „Europa zwischen ‚Das Boot ist voll‘ und ‚Wir sterben aus‘“ deutet ihre These an – viele Flüchtlinge sehen in Europa bzw. genauer der Europäischen Union ihr Paradies, aber auch Europa braucht diese Menschen. Denn der Kontinent wird immer älter und auch Migranten tragen zu unserer Wirtschaft bei.
Ich hatte vielleicht etwas hohe Erwartungen an das Buch, da ich finde, dass es ein sehr wichtiges und eben auch aktuelles Thema angeht. Leider wurden meine Erwartungen nicht so ganz erfüllt.
Für mich hatte das Buch nicht die Struktur eines Sachbuchs, sondern war eher ein langes Essay. Im ersten Teil geht die Autorin auf die drei Punkte „Warum wir Migration brauchen“, „Was sie auf der Flucht erwartet“ und „Die Asylbürokratie“ ein. Dabei unterscheidet sie aber nicht immer sauber zwischen Gastarbeitern, Arbeitsmigranten und Flüchtlingen und Asylbewerbern. Um den wirtschaftlichen Nutzen von Migration aufzuzeigen greift sie auf Beispiele von türkischen Gastarbeitern und Flüchtlingen des Jugoslawienkrieges zurück – um dann wieder zu den aktuellen Flüchtlingen zu kommen.
Mir haben außerdem saubere Quellenangaben gefehlt. Es wird zwar im Text immer angegeben, wo die jeweilige Information her ist, aber nicht mit einer ausführlichen Quellenangabe. Auch ein Quellenverzeichnis oder weiterführende Literatur am Ende fehlen. Zweimal wird Wikipedia „zitiert“ – auch das, finde ich, geht in einem Sachbuch nicht.
Im zweiten Teil des Buches werden mehrere Migrantenschicksale ausführlich vorgestellt. Das fand ich sehr interessant und aufschlussreich. Aber auch hier überwiegen wieder die Beispiele von Menschen, die bereits seit Jahrzehnten in Österreich leben. Und nicht, wie Titel und Klappentext suggerieren, aktuelle Beispiele. Dieser Teil macht etwa die Hälfte des Buchs aus.
Trotzdem konnte ich auch neue und interessante Informationen aus diesem Buch ziehen und werde es aus diesem Grund auch weitergeben und –empfehlen. Das Thema ist sehr wichtig und das Buch bietet, gerade für jemanden, der sich noch nicht so viel damit beschäftigt hat, einen sehr guten Einstieg. Man darf nur kein Sachbuch erwarten, sondern eben eher ein Essay oder Plädoyer. Deswegen von mir 3 von 5 Sternen.