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Nach getaner Arbeit und erledigten Alltagspflichten greife ich stets mit viel Freude zum Buch. Lesen ist mein liebstes Hobby. Dabei bin ich an kein Genre gebunden. Ein Buch habe ich immer in der Tasche, so können auch ungeliebte Wartezeiten gut überbrückt werden. Mehr Gedanken zum von mir Gelesenen findet Ihr unter: www.karthause.wordpress.com

Bewertungen

Insgesamt 146 Bewertungen
Bewertung vom 23.04.2015
Ein Diktator zum Dessert
Giesbert, Franz-Olivier

Ein Diktator zum Dessert


sehr gut

Die 1907 geborene Rouzane, später Rose genannt, hat fast das gesamte 20. Jahrhundert miterlebt. Die Geschichte meinte es nicht gut mit ihr. Ihre Eltern, ihre Lieben, ihre Kinder und auch ihre Katze wurden ihr genommen. Den Genozid an den Armeniern bekam sie am eigenen Leib zu spüren und überlebte nur mit viel Glück. Aber auch Himmler und Mao beeinflussten ihren Lebensweg nicht unwesentlich. Nun, im Jahr 2012, findet Rose, die es als Köchin und Inhaberin des „La Petite Provence“ zu Achtung und Anerkennung in der Marseiller Gesellschaft und darüber hinaus brachte, es sei an der Zeit, auf ihr Leben zurückzublicken und ein Buch zu schreiben.

Ich fragte mich nachdem ich den Klappentext und die ersten Seiten dieses Romans las, wird das nicht ein bisschen viel? Werden die Gräuel des 20. Jahrhunderts ein einziges Leben nicht vollkommen überfrachten? Aber diese Klippe wurde von Franz-Olivier Giesbert erfolgreich umschifft. Zwar ist Roses Leben in der Realität schwer vorstellbar, aber mit diesen Roman ist dem Autor die Fiktion gelungen, ein Jahrhundert in ein Menschenleben zu verpacken, ohne dabei schwülstig, oberflächlich oder maßlos überladen daherzukommen, obwohl einige ihrer Bekannt- und Liebschaften mir dann doch ein wenig weit hergeholt vorkamen. Dennoch habe ich dieses Buch sehr gern und sehr schnell gelesen. Mit der Ich-Erzählerin Rose durch die Geschichte zu wandern, war abwechslungsreich, unterhaltsam und durchaus amüsant. Sie selbst bezeichnet dieses Jahrhundert als eines der Mörder. Sie passt ganz wunderbar hinein, denn nicht immer ist sie warmherzig und liebenswert, die Rache macht einen beachtlichen Teil ihres Wesens aus.

Franz-Olivier Giesbert hat es verstanden, den Leser auch durch die dunklen Momente der Historie leicht, mit Witz und Charme und trotzdem nicht auf Tiefe verzichtend zu geleiten. Ein Grund dafür ist sicher der Rose eigene Glaube an die Macht der Liebe, des Lachens und der Rache. Dabei entwickelt sie für letztere ein ganz besonderes Händchen.

Bemerkenswert sind auch noch die „Beigaben“ dieses Buches. Die beliebtesten Rezepte aus Roses Küche sind darin enthalten, ebenso wie ein Glossar und eine kleine Bibliothek des Jahrhunderts für alle Interessierten, die sich gerne weitergehend mit dieser Zeit befassen wollen.

Rose Geschichte endet mit den Worten:

„Das Leben ist wie ein gutes Buch, wie eine Erzählung, ein Roman, ein Geschichtswerk. Man gewinnt die Figuren lieb und lässt sich mit der Handlung mitreißen. Und am Ende, ob man es nun schreibt oder liest, hat man nie Lust auf den Schlusspunkt.“ S 314

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Bewertung vom 06.04.2015
Altes Land
Hansen, Dörte

Altes Land


ausgezeichnet

Es gibt Bücher, die sprechen mich auf den ersten Blick an. „Altes Land“ von Dörte Hansen war so eines und das Innere des Romans hielt, was das Äußere versprach.

In dem Roman über Fluchten und der Suche nach Geborgenheit, über das entwurzelt Sein und das Heimatgefühl breitet die Autorin sehr leise, aber eindringlich ein Panorama von Land und Leuten in den nahe der Elbe gelegenen Obstmarschen aus. Sie erzählt von Hildegard, die nach dem Krieg als Flüchtling auf den Hof kam und durch ihre Heirat mit Karl, dem Hoferben, ein Stück Heimat suchte, aber nie dort ankam und wieder ging. Ganz anders Vera, ihre Tochter, die, von ihrer Mutter verlassen, mit Karl dort bleibt und über Jahrzehnte keine Hand an Haus und Hof legt, um etwas zu verändern. Sie lebt dort, doch ihre Wurzeln sind nur an der Oberfläche.

Frischen Wind bringt dann Anne, ihre Nichte, auf das Gehöft, die mit ihrem Sohn Leon aus Hamburg-Ottensen vor einer gescheiterten Beziehung und den jungen, ökologisch korrekten Helikopter-Müttern geflohen ist.

Dörte Hansen scheint sie alle persönlich zu kennen, ihre Romanfiguren. Sie hat sie facettenreich und wie aus dem Leben geschnitten beschrieben. Jeder hat seine eigenen charismatischen Zügen, ist ein Wesen, das einzigartig anmutet. Trotz aller Unterschiede sind sich die beiden Heldinnen näher, als sowohl der Leser und auch sie selbst zunächst vermuten. Sie sind allein, Einzelgängerinnen, die sie von der Allgemeinheit abheben. Die Autorin ist eine ausgezeichnete Beobachterin, warmherzig, aber mit spitzer Feder, einem Augenzwinkern und einer gewissen Scharfzüngigkeit zeigt sie unterschiedliche Lebenskonzepte auf.

Dass die Autorin Linguistin ist, merkt man jeder Seite dieses Romans an. Kein Wort ist zu viel, keines zu wenig. Die Geschichte hat Tiefe, Herzenswärme und Witz und ist vollkommen frei von jeglichem Heimatkitsch und Herz-Schmerz-Geplänkel. Ich habe in den letzten Wochen viele gute und sehr gute Bücher gelesen, aber dieses war ein Wohlfühlbuch im allerbesten Wortsinn. Es nahm mich gefangen, in Gedanken schlenderte ich die Dorfstraße entlang und sah all die Menschen, die mir gute Bekannte zu sein schienen, vor meinem inneren Auge.

„Altes Land“ ist ein Roman, mit dem Dörte Hansen in dem ihr eigenen, wunderbaren Sprachstil Land und Leuten ein Denkmal setzt. Ich habe jede Seite genossen, es ist schon jetzt eines meiner Jahreshighlights 2015. Er klingt immer noch in mir nach.

8 von 14 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 27.02.2015
Die letzten Tage von Rabbit Hayes
McPartlin, Anna

Die letzten Tage von Rabbit Hayes


sehr gut

Vor vier Jahren wurde bei Mia Hayes, genannt Rabbit, Brustkrebs diagnostiziert. Sie kämpfte, wurde erfolgreich behandelt und führte ein ganz normales Leben. Aber dann meldete sich der Krebs wieder, mit Metastasen in der Leber und den Knochen, Stadium IV. Zum Sterben wird sie in ein Hospitz gebracht. Es heißt nun, zu regeln, was zu regeln ist und Abschied zu nehmen, von Juliet, der 12-jährigen Tochter, den Eltern, den Geschwistern, der besten Freundin. Vorrangig ist dabei die Sorge um Juliet. Erst nach und nach erkennt das Mädchen, wie ernst und hoffnungslos die Lage ihrer Mutter ist und dass sie eher Tage als Wochen vom Tod trennen. Die Familie sorgt sich rührend um Rabbit. Aber wer soll sich um Juliet kümmern? Die über 70-jährigen Eltern? Die Schwester, die von ihrer eigenen Familie gefordert ist? Der Bruder, der Single ist und zwischen Irland und den USA pendelt?

„Die letzten Tage von Rabbit Hayes“ ist in neun Teile gegliedert, einen für jeden Tag, den sie noch lebt. Dabei wird dem Leser auch die Sicht der Familienangehörigen und Freunde nahe gebracht. In kurzen Abschnitten kommen sie in den neun Teilen zu Wort. Rabbits letzte Tage werden zwar chronologisch erzählt, trotzdem gibt es immer wieder Rückblicke und Erinnerungen, die über Mias Träume vermittelt werden. So nimmt die Autorin der Thematik ein wenig die Schwere, denn der Leser lernt auch die junge, gesunde Frau kennen. Nicht so gut gefallen hat mir das Gezänk, bei wem letztlich Juliet aufwachsen soll. Schön, dass alle für sie eintreten wollten, aber mir wurde des zu flach und ein wenig zu klischeehaft beschrieben. So wie mich auch die Sprache in dem Roman nicht vollends überzeugt hat. Das Buch lebt hauptsächlich von den Dialogen, die dann auch recht häufig oberflächlich gefärbt waren. Dabei hätte gerade dieser Roman alle Möglichkeiten gehabt auch tiefer gehende Gedanken einzubringen. Allerdings wurde auf den von mir eingangs befürchteten weinerlichen Grundton verzichtet.

Kurzum, in „Die letzten Tage von Rabbit Hayes“ hat die Autorin ein schweres Thema aufgegriffen und versucht, es leicht zu erzählen. Mir war das stellenweise ein wenig zu leicht. Trotzdem hatte ich mit diesem Roman angenehme und unterhaltsame Lesestunden.

2 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.01.2015
Unter dem Nordlicht
Bond, Jenny

Unter dem Nordlicht


sehr gut

Stockholm 1896/1930. Drei wagemutige Männer starten den Versuch, mit einem Ballon den Nordpol zu erreichen. Salomon August Andrée, Knut Frænkel und Nils Strindberg starten nach einem gescheiterten Versuch im Jahr 1896 einen zweiten im Juli 1897. Inmitten der Vorbereitungen zu dieser Expedition lernt Nils Strindberg die junge Anna Charlier kennen, langsam kommen sie sich näher und verloben sich. Eine Hochzeit vor der Expedition weiß Anna zu umgehen, denn da ist auch noch Erik, Nils Bruder, mit dem sie ebenfalls tiefe Gefühle teilt. Im Jahr 1930 werden die Leichen der Männer auf Kvitøya, der weißen Insel, gefunden und von dem Journalisten Knut Stubbendorff zusammen mit anderen Fundstücken nach Stockholm gebracht.

Jenny Bond baut ihren Roman um die wahre Begebenheit der gescheiterten Nordpolexpedition mit einem Ballon auf. Auf sehr kluge und leicht verständliche Art und Weise verbindet sie naturwissenschaftliche Erklärungen und Stationen der Expedition mit der fiktiven Romanhandlung. Um die Stimmungen und Gefühle des Nils Strindberg dem Leser zu vermitteln, bedient sie sich des künstlerischen Mittels Tagebucheinträge und Briefe einzufügen. Dadurch wirkt der Roman sehr authentisch, obwohl die Autorin in einem erklärenden Nachwort darauf hinweist, dass sie mit diesem Roman lediglich eine wahre Geschichte nacherzählt hat und dieses Buch zu weiten Teilen ein Produkt ihrer Fantasie ist.

Sehr feinfühlig schildert Jenny Bond die Gefühlswelt von Anna Charlier, einer Frau, die zwischen zwei Männern steht. Ich empfand diese Liebesgeschichte sehr schön und ganz und gar nicht kitschig. Die Zweifel und Emotionen der Protagonisten wirkten glaubhaft und lebensecht.

Auch die die Expedition betreffenden Fakten waren für den Leser gut nachvollziehbar aufbereitet. So war der gut strukturierte Roman sehr eingängig und leicht lesbar. Mir hat dieser interessante Roman spannende Unterhaltung und kurzweilige Lesestunden beschert.

Bewertung vom 10.12.2014
Von Zeit und Fluss
Wolfe, Thomas

Von Zeit und Fluss


ausgezeichnet

Jahre ist es her, seit ich Thomas Wolfes „Schau heimwärts, Engel!“ gelesen habe, in dem er die Jugendgeschichte Eugene Gants erzählt. Diese Geschichte findet in „Of Time and the River“ ihre Fortsetzung. Mit „Von Zeit und Fluss“ veröffentlichte der Manesse Verlag Irma Wehrlis Neuübersetzung des modernen amerikanischen Klassikers.

Eugene Gant ist erwachsen geworden. So beginnt der Roman mit einem Abschied, der Protagonist verlässt seine Familie und die Heimat und tritt sein Studium an der Harvard University an. Auf der Zugfahrt nach Boston durchlebt er förmlich eine Wandlung. Mit dieser Zugfahrt beginnt Eugene Gant eine Suche nach dem Sinn des Lebens. Er erkennt, das gesamte Leben ist im Fluss und die ihn ständig treibende Frage, wird er auch durch sein Studium und die Lektüre noch so vieler Bücher nie beantworten können. Nicht nur durch den Tod des Vaters, der ein Trinker war und den er eigentlich verachtete, lernt er die große, den Menschen innewohnende Trauer kennen. Der Roman trägt den Untertitel „Eine Legende vom Hunger des Menschen in der Jugend“ und genau das trifft es. Dem Leser werden die Träume und Sehnsüchte, aber auch die Ängste und Selbstzweifel, die Trauer und Verzweiflung des jungen Mannes offenbart und dies auf eine Art und Weise, die seine Gefühle sehr nachvollziehbar und verständlich macht.

Aber nicht nur die Entwicklung des Eugene Gant, der für eine Jugend voller Sehnsüchte und Leidenschaften, Wünsche und Emotionen steht, wird in diesem Roman thematisiert. Neben der Lebensgeschichte des Protagonisten steht gleichrangig das von Thomas Wolfe gezeichnete politische und gesellschaftliche Panorama der USA in den 1920er Jahren.

Mit seinen 1.200 Seiten ist dieser Roman schon ein wirklicher, vor Lesebeginn durchaus furchteinflößender Wälzer, der aber sowohl mit Anspruch, als auch mit Unterhaltung, Information und einem einem brillant gezeichneten Zeitbild überzeugt. Wie ein Film lief die Handlung beim Lesen vor meinem geistigen Auge ab. So war die Bewältigung dieses Werkes letztendlich keine Arbeit, sondern eine durchweg lohnende Lektüre, die dem Leser amerikanische Kultur und Geschichte in einer Zeit des Aufbruchs nahe bringt. Diese Neuübersetzung ist äußerst gelungen, der Charme des Originals, Schlüsselszenen habe ich parallel gelesen, blieb erhalten.

„Von Fluss und Zeit“ ist ein wunderbares Roman, der Roman einer Wandlung und Entwicklung im personlichen und gesellschaftlichen Sinne. Dieses Buch berührt und informiert, es macht eine Zeit des Aufbruchs mit dem Protagonisten gemeinsam erlebbar. Wolfes Roman ist ein Leseerlebnis der besonderen Art, das ich nicht missen möchte.

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.11.2014
Der tadellose Herr Taft
Josten, Husch

Der tadellose Herr Taft


ausgezeichnet

In letzter Zeit habe ich einige kluge und intelligent geschriebene Romane gelesen, aber keiner war dabei, in dem der Leser zum Hinterfragen eigener Standpunkte förmlich aufgefordert wird. Husch Josten stellt Fragen, unbequeme Fragen und berührt damit den Puls unserer Zeit. So schneidet sie als Themen Europa und die deutsche Politik an, bezieht die Afghanistan-Problematik im Speziellen und den Krieg im Allgemeinen ein den Roman ein. Aber auch ganz allgemeine Gedankenanstöße, z.b. den das Nachdenken der Menschen betreffend, fand ich ebenso interessant wie unterhaltsam dargelegt. Gerade die offenen Fragen regen unwahrscheinlich zum Nachdenken an, man positioniert sich selbst und hinterfragt eigene Standpunkte.So wie Daniel Taft seine Ehefrau suchte, dem mit der Frau sein Lebenssinn abhandengekommen war, der sich vollkommen neu orientieren musste, so sucht auch der Leser nach Antworten auf die aufgeworfenen Fragen.

Wie ein roter Faden zieht sich die Musik durch den Roman. In jedem Kapitel wird ein Song angesprochen, der mit dem Geschehen harmoniert.

Husch Josten hat einen ganz hervorragenden Roman geschrieben, einen der mich voll und ganz überzeugt. Sprachlich ist er kraftvoll und wortgewaltig, aber gleichzeitig sehr feinsinnig und empathisch. Inhaltlich breit gefächert, gesellschafts- und sozialkritisch, bleibt er trotzdem immer eng an der Handlung, die auch mit unvermuteten Wendungen aufwartet. Es gibt keine störenden Längen oder gar ein Abdriften ins Banale.

„Der tadellose Herr Taft“ ist ein sehr lesenswerter, kluger Roman, der zum Denken anregt, zum Diskutieren verleitet und einen langen Nachhall hat. Für mich ist er das Jahreshighlight. Ich wünsche mir, dass dieser Roman viele, viele Leser erreicht und diese genau so begeistert wie mich.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.10.2014
Am Anfang war der Frost
Bertholon, Delphine

Am Anfang war der Frost


weniger gut

Der Roman wird abwechselnd in zwei Zeitebenen erzählt. Im Jahr 1981 lernt der Leser die heile Welt von Grâce Bataille kennen, die durch die Anwesenheit des neuen polnischen Au-Pair-Mädchen langsam zu bröckeln beginnt. Der zweite Handlungsstrang setzt knapp 30 Jahre später ein. Die Kinder sind erwachsen und plötzlich taucht der Vater wieder aus der Versenkung auf.

Von Anfang an konnte mich dieses Buch nicht in seinen Bann ziehen. Schon der Liebesbrief an den Vermissten, mit dem die Geschichte eingeleitet wird, fand ich nur schwer erträglich. Der Schreibstil ist äußerst einfach und hätte ich dieses Buch nicht von den Buchflüsterern zur Rezension erhalten, hätte ich es wohl zeitig zur Seite gelegt. Die Geschichte an sich ist so banal und ohne jegliche Spannung, die Personen bleiben durchgehend blass und unscheinbar. Sie werden nicht mit Leben erfüllt, riefen bei mir keinerlei Emotionen außer Langeweile hervor, von sich entwickelnden Sympathien zu den Charakteren möchte ich erst gar nicht sprechen. Als einzig Positives kann ich bemerken, dass am Ende versucht wird, die Geschichte einer halbwegs stimmigen Lösung zuzuführen, welche allerdings auch wieder vorhersehbar war.

Familiengeschichten lese ich eigentlich recht gern – wenn sie gut geschrieben sind. Diese ist es leider nicht und für mich ist es nicht nachvollziehbar, wie der Autorin damit ihr internationale Durchbruch gelang. Eine Leseempfehlung kann ich leider nicht geben. Ich bewerte diesen Roman trotzdem mit 2 Sternen, weil nur von mir nicht beendete mit lediglich 1 Stern bedacht werden.

Bewertung vom 07.09.2014
Das Kurtisanenhaus
Tan, Amy

Das Kurtisanenhaus


gut

Die Bücher von Amy Tan habe ich immer recht gern gelesen und ich freute mich sehr, dass ich dieses von den Buchflüsterern erhielt. Jetzt nach der Lektüre bin ich ein wenig enttäuscht. Vielleicht hatte ich auch einfach zu hohe Erwartungen. Schon auf den ersten Seiten konnte ich mich für Violet nicht recht erwärmen. Ich hoffte, mit deren Erwachsenwerden würde sich das ändern, aber sie fühlte sich ständig benachteiligt und mit der Zeit wurde dieses Verhalten langweilig. Sie war mir zu einseitig charakterisiert. Auch wurde für meinen Geschmack zu viel Handlung auf Möbel und Einrichtung verwendet, woraus sich die eine oder andere Länge ergab. Sehr interessant fand ich hingegen die Schilderungen vom Leben und den Gepflogenheiten in dem Kurtisanenhaus und im China zu Beginn des letzten Jahrhunderts. Diese Abschnitte haben mich begeistert, in ihnen kam das zum Tragen, was ich an den anderen Büchern von Amy Tan schätzte, das sich versetzt fühlen in ein fernes China, in eine vergangene Zeit, der mit Information gepaarte Unterhaltungsfaktor.

“Das Kurtisanenhaus“ ist ein interessanter Roman über das Leben im früheren China, dem ein wenig Straffung sicher nicht geschadet hätte. Er lässt sich leicht lesen und die Stellen, mit denen ich ein wenig hadere, mögen vielleicht manch anderem Leser gefallen. Unterhaltsam und interessant ist dieser Roman allemal.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 12.06.2014
Die letzte Jüdin von Würzburg
Rausch, Roman

Die letzte Jüdin von Würzburg


ausgezeichnet

Von der Thematik hat mich dieser historische Roman sofort interessiert. Der Autor, Roman Rausch, wurde mir schon von verschiedenen Seiten wegen seiner gut recherchierten Romane wärmstens ans Herz gelegt. Um so mehr freute ich mich, als ich seinen neuen Roman endlich vor mir liegen hatte. Zwar geht es auch in diesem um eine Frau, die aus der Not heraus in Männerkleidung schlüpfen muss, trotzdem ist „Die letzte Jüdin von Würzburg“ keiner der Romane, in denen die Historie lediglich als Kulisse für moderne Gedanken dient. Roman Rauschs Roman verdient zu Recht die Bezeichnung historisch. Das gilt sowohl für die Handlung als auch für die Handelnden. Er hält, analog den Gemälden der alten Meister, historisches Geschehen im geschriebenen Wort fest und lässt es vor dem Auge des Lesers wieder aufleben. Dabei geht es dem Autor nicht nur um Schilderung der Ereignisse selbst, er geht auch auf die Ursachen der Judenpogrome um 1349 ein. Beim Lesen hatte ich oft das Gefühl, Roman Rausch beschreibt Personen, deren Lebensumstände und Erlebnisse, als hätte er sie über eine lange Zeit beobachtet und würde sie persönlich kennen. Er hat die verbürgten Geschehnisse mit Leben erfüllt und authentisch an den Leser weitergegeben. Einen besseren Beweis seiner mit Akribie durchgeführten Recherche kann ein Autor wohl nicht liefern.

Auch von der sprachlichen Gestaltung hat mir „Die letzte Jüdin von Würzburg“ gut gefallen. Das Buch ließ sich flüssig lesen, hatte einen gut konstruierten Spannungsbogen, war sehr interessant und informativ und hat mich darüber hinaus sehr gut unterhalten. Roman Rausch hat es geschafft, mir ein Stück Geschichte nahe zu bringen und mich diese auch begreifen lassen. Vielleicht auch weil er beiden Seiten, den Juden und den Christen, eine Stimme gab, ihre Ängste beschrieb und als Erzähler neutral blieb.

„Die letzte Jüdin von Würzburg“ führte mir Ereignisse vor Augen, die mir bislang nicht in dem Maße bekannt waren. Roman Rausch öffnete mir mit seinem Roman auf sehr unterhaltsame Weise ein Fenster in die Geschichte. Und wäre da nicht die Geschichte mit der Frau in Männerkleidung, die bei mir immer ein wenig einen faden Beigeschmack hat, würde ich diesen Roman als totales Highlight feiern und bejubeln. Den an der Geschichte interessierten Lesern empfehle ich ihn trotz meiner ganz persönlichen Animosität gern weiter.