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Putzibaer

Bewertungen

Insgesamt 27 Bewertungen
Bewertung vom 19.10.2022
Das Herz, der Kreis und der Tod
Berg, Carsten

Das Herz, der Kreis und der Tod


gut

Weniger wäre mehr

In seinem Aachen-Krimi lässt Carsten Berg den Privatdetektiv Libuda vordergründig in einem Vermisstenfall ermitteln. Bald stößt dieser aber auch auf einen Betrug nach dem Schneeballsystem, einen über 20 Jahre zurückliegenden Raubüberfall und schließlich sogar Verbrechen, die während des zweiten Weltkrieges begangen wurden. Dazu wechselt der Autor vorwiegend zwischen zwei Zeitebenen hin und her.

Leider werden die früheren und heutigen Geschehnisse abwechselnd in so vielen kurzen Kapiteln erzählt, dass lange zwischen den verschiedenen Handlungssträngen kein Zusammenhang zu erkennen ist. Auch wird dadurch der Lesefluss unterbrochen und die Spannung des Krimis bleibt auf der Strecke.

Im Laufe der Geschichte werden verschiedene Verdächtige eingeführt, allerdings bleibt deren Beschreibung so vage, dass der Leser nicht wirklich miträtseln kann. Das Verhalten des Privatdetektivs ist dabei auch nicht hilfreich. Er verhält sich wenig professionell, geht manchen Spuren gar nicht oder erst mit Verspätung nach und setzt sich mit seinem impulsiven Verhalten manchem Risiko aus.

Letztendlich gab es für mich in dem Buch keine Figur, die mir sympathisch war. Und das macht es erfahrungsgemäß schwierig, mit den Akteuren mitzufiebern oder ihnen die Daumen zu drücken.

Für einen Folgeband kann ich nur eine entschlackte Handlung, weniger überflüssige Figuren und einen überzeugenderen Protagonisten empfehlen.

Bewertung vom 14.10.2022
Heißes Pflaster / Seiler und Novic Bd.2
Pohl, Alex

Heißes Pflaster / Seiler und Novic Bd.2


ausgezeichnet

Grauzone zwischen Recht und Unrecht

Im zweiten Fall des Leipziger Ermittlerduos Seiler und Novic geht es vordergründig um den Tod eines Lokalpolitikers. Dahinter verbergen sich aber noch andere Straftaten wie Korruption bei Behördenmitarbeitern, kriminelle Machenschaften politischer Gruppierungen sowie der Baumafia und Verdunkelung bei der Polizei.

"Heißes Pflaster" ist ein zum großen Teil politischer Krimi, der mir noch besser gefällt als der erste Band der Buchreihe. Dies liegt vor allem an den originellen, glaubwürdig gezeichneten Ermittlern. Der Synästhetiker Novic leidet unter seiner Hypersensibilität, gleichzeitig befeuert sie seine Intuition bei der Aufklärung des Falles. Da bekommt die Redewendung, jemanden nicht riechen zu können, noch mal ein ganz anderes Ausmaß. Angesichts seiner offensichtlichen sozialen Isolation empfindet man Mitleid.

Auch Seiler bekommt in diesem Band mehr Raum, sei es durch private Beziehungen oder ihren Verdacht, dass der vermeintliche Suizid ihres Mannes mit Machenschaften seiner Exkollegen in Zusammenhang stehen könnte. Dabei spielt auch der Vorgesetzte der beiden Hauptkommissare eine noch undurchsichtige Rolle.

In diesem Krimi werden Zwiespalte aufgezeigt: welche Handlungen, die aufgrund von Wohnungsnot, wirtschaftlichen Interessen oder politischer Gesinnung erfolgen, können noch akzeptiert werden? Der Riss geht durch die Gesellschaft: ob es Polizisten sind, deren politische Einstellung ihre Arbeit beeinflusst, oder Anwohner, die zwar die soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit erkennen, aber nicht in das Sperrfeuer politischer Gruppierungen geraten wollen. Der Autor bezieht selber Stellung, indem er mit der Hausbesetzerszene sympathisiert, die naiv bis idealistisch dargestellt wird, während vor der rechten Gefahr gewarnt wird, die manipulativ ist und die Bereitschaft zeigt, über Leichen zu gehen.

Alex Pohl zeigt einmal mehr sein Talent für sehr spannende Szenen sowie unterschwelligen Humor. Dass er Liebeskummer und Trauer weniger gut oder weniger bereitwillig beschreibt, konnte mich nicht bewegen, dafür einen Stern abzuziehen.

Bewertung vom 07.10.2022
Gangs of Katzenstadt
Bremmer, Michael;Grüning, Veronika

Gangs of Katzenstadt


sehr gut

Zusammenhalt macht stark

"Ähnlichkeiten der beiden Protagonistinnen mit lebenden Katzen sind nicht zufällig sondern beabsichtigt."

So könnte das Vorwort dieses Buches lauten. Die Autoren haben dieses Katzenabenteuer ihren beiden Familienmitgliedern Bonnie und Bandini auf den Leib geschrieben.

In diesem Krimi müssen Katzen ihre Stadt gegen menschliche und tierische Eindringlinge verteidigen, die kriminelle Pläne verfolgen. Die Geschichte ist spannend, teilweise blutig, aber durch den Zusammenhalt der verschiedenen Katzengangs auch immer hoffnungsvoll. Mit Hilfe eines Masterplans der Anführerin Bandini können einige Gangster in die Flucht geschlagen und viele Katzen erst einmal gerettet werden.

Die Charaktere der felinen Hauptdarsteller sind sehr liebevoll und kenntnisreich gezeichnet. Es gibt jede Menge ausgefallene Persönlichkeiten, unter denen jeder Leser einen oder mehrere Favoriten finden wird.

Das Ende des Buches ermutigt zu einer Fortsetzung der Geschichte. Ich werde Bonnie und Bandini gerne wieder begleiten.

Bewertung vom 01.10.2022
Fischkatz
Panizza, Kaspar

Fischkatz


ausgezeichnet

Ein Katzenkrimi mit Wortwitz und Biss

Es ist meine erste Begegnung mit der Münchner Mordkommission um Hauptkommissar Steinböck und seine sarkastische Katze. Der humorvolle Krimi lebt von der fast familiären Zusammenarbeit des skurrilen Ermittlerteams. Sie arbeiten, schlemmen, frotzeln und feiern gemeinsam und sind dabei immer menschlich und unterhaltsam. Der Autor kann in der Figur des rücksichtsvollen, unaufgeregten Steinböcks seine soziale Seite ausleben und in der Person der Lästerkatze unangepasste Meinungen äußern und seinem gelegentlichen Unmut Luft machen.

In diesem Rahmen ist eine sorgsam durchdachte Krimihandlung angesiedelt, die skrupellose Mörder, unsympathische Politiker und eine ganze Handvoll Verdächtige aufweist und dabei noch aktuelle und frühere gesellschaftliche Auswüchse beleuchtet.

Das Buch ist kurzweilig und spannend, bietet gleichermaßen humorvolle Beobachtungen und tragische Momente. Der Star ist jedoch die respektlose Frau Merkel, die scharf beobachtet, ständig genauso treffende wie witzige Kommentare abgibt und dabei ein Charisma entfaltet, dem sich kein Leser entziehen kann.

Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 19.09.2022
Ein paar kurze Jahre
Manko, Ida

Ein paar kurze Jahre


sehr gut

Verpasste Gelegenheiten

In "Ein paar kurze Jahre" geht es um die Liebe zwischen Theo und Ava, die sie sich aber jahrelang nicht gestehen.

In berührenden und fast schon philosophischen Worten beschreibt vor allem Theo, wie es trotz gegenseitiger Anziehung lange nicht zu einer Liebesbeziehung kommt. Dies liegt neben der Rücksichtnahme auf dritte Personen vor allem daran, dass den Protagonisten wiederholt der Mut fehlt, zu ihren Gefühlen zu stehen. Sei es aufgrund der Angst vor einer möglichen Ablehnung oder der Sorge, sich auf einen unpassenden Partner einzulassen.

Die fast schon tragische Konsequenz dieser verpassten Gelegenheiten ist letztlich eine Beziehung, der nur "ein paar kurze Jahre" vergönnt sind.

Bewertung vom 02.09.2022
Niederrheinische Glut
Wedershoven, Anja

Niederrheinische Glut


ausgezeichnet

Die Grenze verschwimmt...

Während eine Gluthitze über dem Niederrhein liegt, untersuchen Johanna Brenner und Axel Holtz die Entführung eines betagten Rollstuhlfahrers. Das Opfer war bei niemandem beliebt, was die Identifizierung des Täters sowie Motivs nicht einfach macht.

Erschwert werden die Ermittlungen durch einen Trittbrettfahrer, der die Polizei zunächst auf eine falsche Fährte führt. Zusätzlich wird das Ermittlerduo wiederholt durch private Probleme von der Arbeit abgelenkt.

Anja Wedershoven hat einen atmosphärisch sehr dichten Kriminalroman komponiert, der sich durch exzellente Charakterstudien auszeichnet. Ob es sich um den falschen Verdächtigen handelt, die oft impulsiv und unüberlegt agierende Ermittlerin oder den Täter, der zugleich Opfer ist - alle werden sehr glaubwürdig zum Leben erweckt.

Besonders beeindruckt hat mich dabei, wie sehr die Grenze zwischen gut und böse sowie stark und schwach verschwimmt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.08.2022
Lahn Sieg Tod
Halbe, Sandra

Lahn Sieg Tod


ausgezeichnet

Logenplatz bei der Ermittlung

Ich werde niemanden mit einer Inhaltsangabe von "Lahn Sieg Tod" langweilen oder davon schwärmen, wie klug dieser vielschichtige Krimi konstruiert ist und mit wie vielen möglichen Verdächtigen und Motiven er aufwartet. Okay, doch, vielleicht ein bisschen... Aber vor allem möchte ich von einem Lesephänomen berichten:

Sandra Halbe öffnet uns die Tür zu einem Kriminalfall, der sich im Wittgensteiner Land ereignet hat, und was passiert? Durch sehr genaue Situationsbeschreibungen und ausgefeilte Charakterzeichnungen wird man direkt in die Ermittlungsarbeit hineingesogen. Der Leser ist ganz nah am Geschehen, als wäre er selber zugezogen. Es ergibt sich eine persönliche Beziehung zu den Hauptfiguren, weil man sie schnell gut zu kennen glaubt. Plötzlich möchte man dem Ermittlungsleiter auf die Schulter klopfen für die kompetente Spurensuche oder auch wieder Trost zusprechen, wenn sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, obwohl alle Mitarbeiter vor Erschöpfung schon zu Kaffeejunkies werden. Und man ertappt sich dabei, dass man über das Verhalten von Verdächtigen schimpft und sich aufregt, als seien es die eigenen Nachbarn von gegenüber.

Die Protagonistin des Buches, Kommissarin Caro König, wird einem mit ihren beruflichen Fähigkeiten und ihren kleinen persönlichen Macken - über die auch andere Mitglieder des Ermittlungsteams reichlich verfügen - so vertraut, dass man ihr bis zur spannenden Auflösung des Falls abwechselnd zu ihrer Intuition gratulieren, Zuversicht zusprechen und ihr manche Unsicherheit nehmen möchte.

Sandra Halbe adoptiert uns mit diesem Buch in ihre Krimiwelt. Ich bezweifle, dass sie weiß, wie gut sie ist. Aber ich weiß es. Ich war dabei.

Bewertung vom 12.08.2022
Sandmann: Albtraumleben
Aurass, Dieter

Sandmann: Albtraumleben


sehr gut

Mordermittlung im fremden Körper

In "Sandmann: Albtraumleben" erwacht das Bewusstsein des Protagonisten immer wieder in einem anderen Menschen und muss für ein Jahr dessen Leben teilen. Das Konzept dieser Seelenwanderung ist sehr komplex, muss vom Leser aber auch nicht bis ins Detail verstanden werden, um die Krimihandlung genießen zu können.

Im aktuellen "Albtraumleben" muss der Sandmann einen Mordfall aufklären, was ihm dank tatkräftiger Hilfe auch gelingt. Dabei sind die Besonderheiten der Seelenwanderung - vor allem das gleichzeitige Vorhandensein von zwei Seelen in einem Körper - ebenso oft Hindernis wie Vorteil.

Der Mystery-Krimi bietet neben einem sehr interessanten gedanklichen Konstrukt kurzweilige Spannung und skurrile Situationen. Die Charakterisierung des Sandmanns ist noch ausbaufähig - vielleicht ein Fall für den Folgeband?

Bewertung vom 12.08.2022
Sinken & Fliegen
Frank, Lex R.

Sinken & Fliegen


sehr gut

Rascher Fall und langsamer Aufstieg

Lex R. Frank erzählt das Abrutschen eines erfolgreichen Wirtschaftsanwalts in eine schwere Depression. Auslöser sind kriminelle Machenschaften seines Arbeitgebers, die der Protagonist nicht mittragen kann, seine Enttäuschung darüber, dass er ein Opfer der Situation geworden ist und sein immer größeres Misstrauen Menschen und Systemen gegenüber. Die psychische Krise führt die Hauptfigur zu einem langen Klinikaufenthalt, der durch ein mangelndes Vertrauen in die Behandlung, das emotionale Auf und Ab der Liebesbeziehung zu einer Patientin sowie die hartnäckig anhaltenden Symptome der Depression und Paranoia geprägt ist.

Der Autor beschreibt die psychische Krise, ihre Vorbedingungen sowie ihre Auswirkungen auf sehr authentische Weise, was exzellenter Recherche zu verdanken ist. Dabei verwendet er manchmal verstörende Bilder, oft aber auch eine berührend poetische Sprache.

Sinken & Fliegen ist sicher keine leichte Lektüre, bietet interessierten Lesern aber einen spannenden Einblick in eine vielleicht unbekannte Welt.

Bewertung vom 05.08.2022
Flammen über der Marsch
Denzau, Heike

Flammen über der Marsch


ausgezeichnet

Tödliche Beziehungen

Dies ist meine erste Begegnung mit der Hauptkommissrin Lyn Harms, die bereits in ihrem achten Fall ermittelt. In "Flammen über der Marsch" wird die Verbindung zwischen dem mysteriösen Verschwinden einer Studentin vor vier Jahren und einer aktuellen Brandstiftung mit Todesfolge entdeckt. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Perspektive des anonymen Brandstifters, der sich zunehmend in eine Ecke gedrängt fühlt, eines Opfers und des Ermittlungsteams um Lyn Harms erzählt. Heike Denzau holt den Leser dabei durch ihre atmosphärisch sehr dichten Schilderungen ganz nah an die Hauptfiguren heran, so dass man fast das Gefühl hat, ein Augenzeuge zu sein. Der Kreis der Verdächtigen, die von der Autorin in einem mitreißenden Plot auf tragische und erschütternde Weise miteinander verbunden werden, wächst ständig. Und am Schluss der Ermittlung hat jeder der Beteiligten einen Verlust erlitten.