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hereforbooksandcoffee

Bewertungen

Insgesamt 37 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2023
All dies könnte anders sein
Thankam Mathews, Sarah

All dies könnte anders sein


gut

Leider nicht zu 100% meins

All dies könnte anders sein von Sarah Thankam Mathews wurde aus dem Englischen von Yasemin Dinçer übersetzt.

Sneha macht ihren Abschluss mitten in der amerikanischen Rezession und gehört doch zu den wenigen, die direkt im Anschluss einen Job finden. Der ermöglicht ihr zwar Geld zu ihren Eltern nach Indien zu senden, aber so wirklich stabil ist ihr Leben nicht. Auf Sneha kommt einiges zu…

Ich hatte große Erwartungen an All dies könnte anders sein, denn er kam mit Empfehlung der Shortlist des National Book Awards und Romane dieses Preises und mein Lesegeschmack sind oft auf einer Wellenlänge. Vom Klappentext war ich auch sofort begeistert: queere Protagonistin, Tochter indischer Einwanderer, sich selbst in unseren stürmischen Zeiten finden und auch zurechtfinden.

Aber irgendwie hat alles für mich nicht zu 100% gepasst:
Der Schreibstil, den ich in der Leseprobe noch so mochte und sehr flüssig fand, ging mir nach 100 Seiten auf die Nerven. Sarah Thankam Mathews schreibt kolloquial und gestellt modern. Sneha entwickelt sich im Laufe des Buches und bei all den Themen, an denen sie arbeitet, sind einige fragwürdige Sachen (Fatphobia, ihre Obsession mit der weißen Marina) überhaupt nicht Teil ihrer Reflektion. Hier hatte ich mehr von der Autorin erwartet.

All dies könnte anders sein hat mich aber auch nicht gelangweilt. Das Fenster in Snehas Leben war unterhaltsam, solange es offen war. Ich konnte es aber auch ohne großes Bedauern schließen.

Bewertung vom 14.10.2023
Das Buch der Phobien und Manien
Summerscale, Kate

Das Buch der Phobien und Manien


ausgezeichnet

Halloween-Lektüre vom Feinsten

Das Buch der Phobien und Manien – Eine Geschichte der Welt in 99 Obsessionen von Kate Summerscale, aus dem Englischen von Maria Zettner und Caroline Weißbach, liefert genau das, was vom Titel versprochen wird.

Die Autorin nimmt den Leser an die Hand und führt ihn von A bis Z durch verschiedene Obsessionen. Für jede gibt es eine kurze Erläuterung zu z.B. der historischen Definierung, den ersten bekannten Fällen, Therapiemethoden oder auch der Verarbeitung der Phobie oder Manie in Literatur oder Film.
Dabei deckt sie eine große Bandbreite von mehr oder weniger bekannten Ängsten oder Manien ab.

Das Buch der Phobien und Manien ist kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest. Es ist vielmehr ein Buch, in das man immer und immer wieder eintauchen und jedes Mal etwas Neues lernen kann.
Durch die kurzen Abrisse zu den unterschiedlichen Stichworten liest sich das Buch trotz seiner Faktendichte sehr kurzweilig und die Autorin sowie die Übersetzerinnen haben einen sehr angenehmen Sprachstil.
Besonders begeistern konnten mich auch die vielen kleinen Illustrationen, die immer thematisch passend durch das gesamte Buch verteilt sind.

Ich hatte sehr viel Freude an dem Buch und kann es gerade aktuell zu Halloween all denjenigen empfehlen, Angst und Grusel mit ein paar Fakten unterlegen wollen.

Bewertung vom 21.09.2023
The Magic Border
Parks, Arlo

The Magic Border


sehr gut

The Sky is Dog Rose

The Magic Border von Arlo Parks, aus dem Englischen von Amanda Mukasonga, vereint Gedichte und Songtexte der Autorin mit Bildern von Daniyel Lowden.

Ich mochte die Mischung aus den verschiedenen Textarten und war begeistert, dass in dem Buch Songtexte aus ihrem aktuellen Album My Soft Machine enthalten waren.
Die Texte parallel zum jeweiligen Lied zu lesen, hat dem Ganzen eine andere Tiefe gegeben.

Arlo Parks schenkt den kleinen Momenten Beachtung, auch wenn es hässliche sind. Und sie schafft es dann diese so gekonnt in Worte auszudrücken, dass man diese gleichzeitig in den Texten entdeckt und sich doch darin wiederfindet.

Ich kannte Arlo Parks vor diesem Buch nicht, kann jetzt aber sagen, dass sie einen Fan mehr hat.

Anmerken muss ich, dass ich meine Probleme mit der Wortwahl deutschen Übersetzung hatte und hier für mich viel Gefühl zwischen den beiden Sprachen verloren gegangen ist. Umso besser, dass es sich um eine zweisprachige Ausgabe handelt und das Original enthalten ist.

Bewertung vom 10.09.2023
Cleopatra und Frankenstein
Mellors, Coco

Cleopatra und Frankenstein


sehr gut

Die Nebencharaktere machen es aus!

Cleopatra und Frankenstein von Coco Mellors, aus dem Englischen von Lisa Kögeböhn, ist der Debütroman der Autorin und hat im letzten Jahr im englischen Sprachraum große Wellen geschlagen.

Cleo und Frank lernen sich an einem Silvesterabend in New York in einem Fahrstuhl kennen: Sie ist Mitte 20, Künstlerin aus Großbritannien, er Mitte 40 und Inhaber eine Werbeagentur. Sie verlieben sich Hals über Kopf und als Cleos Visum auszulaufen droht, folgt die Hochzeit.
Aber ihre Beziehung ist nicht frei von Turbulenzen, während sie beide mit Sucht und Mental Health zu kämpfen haben. Und diese Turbulenzen ergreifen auch die Leben ihrer Freunde und Familie: Zoe, Franks ehrgeizige Halbschwester; Quentin, Cleos besten Freund, Eleanor, die neue Mitarbeiterin in Franks Agentur und einige mehr.

Coco Mellors erzählt nicht nur die Geschichte von Cleo und Frank und deren Liebe und Beziehung, sondern nimmt auch deren engen Freundes- und Bekanntenkreis – was mich nach dem Klappentext des Buches tatsächlich überrascht hat. Es gibt immer wieder eingeschobene Kapitel aus Perspektiven der Personen in Cleos und Franks Leben. Dies und die gewählte Timeline (zwischen den Kapiteln liegen teilweise Monate) machen die Geschichte episodenhaft, so dass man als Leser das Gefühl hat mehr einer Serie als einem Buch zu folgen.

Cleopatra und Frankenstein unterhält und ich habe es wirklich gerne gelesen, was vor allem an den Charakteren um Cleo und Frank lag. Cleos Geschichte (depressive junge Künstlerin) kam mir zu bekannt vor, für mich lebt das Buch von den Nebencharakteren und deren Kapiteln, in denen die Autorin es schafft, jedem eine eigene Stimme zu geben.

Trotzdem hat mich das Buch leider nicht so geflasht, dass ich es zu meinen Highlights zählen kann. Dazu war ich als Leser durch die Episodenhaftigkeit der Geschichte zu getrennt von den Charakteren. Es wirkt in Teilen auf mich, als hätte Coco Mellors das Buch direkt für dessen Adaption geschrieben.

Ich habe keinen Zweifel, dass es in ein paar Jahren die Serie zum Buch geben wird und freue mich jetzt schon drauf – bis dahin eine Leseempfehlung!

Bewertung vom 08.09.2023
Vom Himmel die Sterne
Walls, Jeannette

Vom Himmel die Sterne


weniger gut

Mit Hochgeschwindigkeit

Vom Himmel die Sterne von Jeanette Walls, aus dem amerikanischen Englisch von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, spielt zwischen den beiden Weltkriegen und folgt der Geschichte der jungen Sallie Kincaid. Sie ist die Tochter des Dukes, dem mächtigsten Mann in einer verschlafenen Ecke der amerikanischen Provinz. Ihre Mutter ist tot, die Umstände mysteriös, aber der Duke heiratet und schnell hat Sallie einen Bruder. Als es zu einem Unfall kommt, wird Sallie zu ihrer Tante geschickt. 9 Jahre später kehrt sie zurück…

Jeanette Walls schafft es auf 450 Seiten so viele Personen, Beziehungen und Geschehnisse zu packen, dass man zwar regelrecht durch die Seiten fliegt, aber nie von der Handlung ergriffen wird. Ich hatte leider zu keiner der Personen irgendeine Bindung. Mir fehlte die Authentizität in den Personen, sie wirken teilweise wie ein Stereotyp auf zwei Beinen: die sich selbst aufziehenden Hinterwäldler-Brüder, der schneidige Pilot, die ehrgeizige und immer übergangene ältere Schwester des Dukes und immer so weiter. und auch
Auch in der Handlung fehlte mir die Plausibilität. Sie ist so rasant und schneidet so viele Themen an, dass man als Leser wie mit Hochgeschwindigkeit hindurchrast und dabei wenig über Hintergründe, Ursachen und auch Auflösungen erfährt.

Ich hatte gehofft Vom Himmel die Sterne eine Geschichte zu finden, die vergleichbar ist mit Kreiseziehen von Maggie Shipstead. Dem war leider absolut nicht so und ich bleibe weiter auf der Suche.

Bewertung vom 03.09.2023
Die Lügnerin
Karig, Friedemann

Die Lügnerin


gut

Was ist Wahrheit?

„Das bin ich für Sie: die Summe der Geschichten, die ich Ihnen erzähle. Mehr nicht.“

In einer abgelegenen Privatklinik sitzt Clara ihrer Therapeutin gegenüber und behauptet so gut lügen zu können, dass sich die Realität ihren Erzählungen anpasst. Sie erzählt von ihrem Leben, den Geschehnissen, die sie zu dieser Überzeugung gebracht haben und mit jeder weiteren Sitzung steigt die Unsicherheit ihres Gegenübers: Was, wenn all das stimmt?

Mich konnte Die Lügnerin von Friedemann Karig leider nicht komplett überzeugen:

Es werden philosophische Fragen über Wahrheit, Lüge und Zufall aufgeworfen, die interessant waren, die Las Vegas Storyline hatte ein bisschen was von Ocean’s Eleven und der Schreibstil war schön und gleichzeitig angenehm zu lesen.

Das Problem war für mich, dass wir die Geschichte nur aus Claras Sicht erfahren. Sie erzählt ihre Geschichte selbst und ist kein verlässlicher Erzähler. Durchaus passend in einem Roman, in dem es um subjektive Wahrheiten geht. Allerdings hat mich die andauernde Verwirrung was in ihrer Geschichte wahr und was erfunden ist, irgendwann abgehängt.

Ich hätte dem Buch mehr abgewinnen können, wenn es für den Leser einen Kontrastpunkt gäbe, der zeigt, wie die Welt außerhalb Claras eigner Wahrnehmung aussieht.

So habe ich leider das Gefühl, nicht alle Schichten des Romans verstanden zu haben.

Bewertung vom 22.08.2023
Prophet
Blaché, Sin;Macdonald, Helen

Prophet


sehr gut

Nostalgie tötet

Prophet von Sin Blanché und Helen MacDonald, aus dem Englischen von Thomas Gunkel, ist ein seitenstarker Thriller mit vielen Science-Fiction Elementen.

Ich habe Prophet wirklich gerne gelesen: In meinen Augen war diese Geschichte eine gute Mischung aus klassischem Thriller und Elementen, die eben nicht ganz in unserer Welt spielen – irgendetwas seltsames ist im Busch und alle versuchen schleunigst herauszufinden was vor sich geht. Dazu eine gute Portion Slow-Burn Romance mit schlagfertigen Protagonisten – ich hatte Spaß!

Zu klären ist das Auftauchen von nostalgischen Dingen (die Lieblingspuppe aus der Kindheit, das amerikanische Diner), die nach Einnahme der Substanz „Prophet“ auftauchen und nur der menschliche Lügendetektor Rao und US Armee Offizier Adam können den Fall lösen. Natürlich haben diese beiden eine Vergangenheit und diese wird in Rückblenden erzählt.

Prophet ist zu Anfang ziemlich verwirrend: Charaktere, die nicht detailliert durch die Autorinnen eingeführt werden, Sprünge auf verschiedene Zeitebenen und immer die Frage im Hintergrund, was zur Hölle eigentlich gerade passiert. Ich habe mich an weiten Stellen wie in guter Fanfiction gefühlt: Die Geschichte ist spannend, sie ist gut geschrieben, aber die Charaktere und deren Hintergründe kennen die Leser ja schon – also muss keine Zeit mit langen Erklärungen verbracht werden.

Ist Prophet ein Jahreshighlight für mich? Fast! Dafür gab es ein paar Längen zu viel und manche Hintergründe blieben doch zu nebulös.
Und trotzdem empfehle ich dieses Buch uneingeschränkt, denn es zu lesen macht wirklich Spaß.

Bewertung vom 22.08.2023
Nichts in den Pflanzen
Haddada, Nora

Nichts in den Pflanzen


weniger gut

Leila und ihr Drehbuch

Nichts in den Pflanzen ist der Debütroman von Nora Haddada und folgt der Mitzwanzigerin Leila, die sich, an der Oberfläche betrachtet, gerade vor Erfolg nicht retten kann. Ihr aktuelles Drehbuch hat sie für eine gute Summe an eine Produktionsfirma verkauft und die letzten Seiten wird sie sicherlich schnell schreiben können.
Doch dann kommt die Schreibblockade und Leila versackt immer mehr in Alkohol, Partynächten, einer Affäre und verzweifelten Versuchen doch noch ihren Flow im Schreiben wiederzufinden. Und wenn das nur geht, wenn andere leiden – dann ist das eben so.

Ich brauche muss Charaktere nicht mögen, um gerne von ihnen zu lesen, aber ich brauche eine gewissen Nähe zu ihnen, um mich für sie zu interessieren. Und diese hatte ich hier leider nicht.
Leila ist in ihrer Beziehung und in dem großen Bekanntenkreis unglaublich einsam und versinkt immer weiter in Vorstellungen, was sie tun muss, um doch noch ihr Drehbuch beenden zu können. Das klingt nach der Grundvoraussetzung für eine interessante Charakterstudie.
Nur leider war Leila mir komplett egal, denn sie war mir nicht greifbar genug.
Den Plottwist am Ende fand ich gut, aber allein das rehabilitiert nicht die 220 Seiten davor.

Fazit: Leider nichts für mich, ich kann mir aber gut vorstellen, dass andere Leser das ganz anders sehen.

Bewertung vom 27.07.2023
Schönwald
Oehmke, Philipp

Schönwald


gut

Leider unter den Erwartungen geblieben

Schönwald von Philipp Oehmke erscheint am 27.07. bei Piper.

In dem Buch folgen wir den namesgebenden Schönwalds: der Vater Harry ist pensionierter Staatsanwalt, Mutter Ruth hätte gerne einen Weg als Professorin eingeschlagen, Sohn Chris lebt in New York, Tochter Karolin in Berlin und Sohn Benni mit Kind und Kegel in der Uckermark.
Zur Eröffnung des queeren Buchladens der Tochter trifft sich nun die ganze Familie in Berlin und das Aufeinandertreffen sorgt für das Aufbrechen alter Themen und Konflikte.

Die Schönwalds sind in ihrer Unfähigkeit zu Kommunizieren und in ihren Problemen mit der Wahrung des schönen Scheins ein Paradebeispiel für dysfunktionale Familien.
Mit jeder Seite will man allen Familienmitgliedern ans Herz legen, sich doch einfach mal zusammenzusetzen und ohne Vorbehalte Themen anzusprechen. Aber durch die ganze Familie zieht sich das Motto „niemals klagen, niemals erklären“ und das tut keinem der Mitglieder gut.

Genau hier liegt in meinen Augen auch die Schwäche des Buches: keiner der Charaktere schafft es aus der ihr zugewiesenen Rolle hinaus – man liest von Klischees, bei denen eines übertriebener und versteifter ist als das andere. Auch die Handlung war mir zu vorhersehbar und ich habe an einigen Stellen der viel zu langen 500 Seiten den Text nur überflogen.

Leider enttäuschend.

Bewertung vom 27.07.2023
Die Einladung
Cline, Emma

Die Einladung


gut

Im Rausch

Die Einladung von Emma Cline, aus dem Englischen übersetzt von Monika Baark, ist der zweite Roman der Autorin.

Wir folgen Alex, einer jungen Frau Anfang 20, die den Sommer mit ihrem viel älteren und reichen Freund Simon, in dessen Haus in den Hamptons verbringt. Nach einer unangenehmen Situation bei einem Abendessen mit seinen Freunden, nimmt er die Einladung zurück und zahlt für ein Ticket zurück nach New York.
Für Alex ist das Ganze nicht so einfach, in der Stadt erwartet sie nur offene Rechnungen, und so entscheidet sie sich in den Hamptons zu bleiben – denn irgendwie wird sie das mit Simon schon wieder hinbiegen können…

Wir driften auf den 300 Seiten des Buches mit Alex von einer scheinbar aussichtslosen Situation in die nächste. Alex ist am Boden angekommen, ein Wrack mit einem Hang zu Schmerz- und Schlafmitteln und einer unglaublichen Gabe ihrem Gegenüber immer genau die Alex vorzuspielen, die derjenige sehen möchte.

In ihrem Opportunismus nimmt sie keine Rücksicht auf Verluste, auch für sie selbst nicht. Uns so eng wir Alex für die paar Sommertage in dem Hamptons folgen, desto weniger wissen wir über sie aus der Zeit davor. Es scheint so, als sei sie vor einigen Jahren aus dem Nichts in New York aufgetaucht und während wir über die Zeit vor New York gar nichts erfahren, sind auch die Geschehnisse in der Stadt und Alex Beweggründe nur Szenenhaft nachvollziehbar.

Das Buch liest sich drückend und hypnotisch. Es ist, als wird man in dem Rausch von Alex Entscheidungen kraftlos mitgezogen und kann gar nicht anders, als ihr immer und immer weiter zu folgen. Die Seiten fliegen dahin, aber die Geschichte hat keinen Bestand – die einzelnen Szenen bleiben nicht spezifisch im Kopf, sondern verschwimmen zu einem großen Ganzen.

Erwähnen muss ich auch das Ende, bei dem ich mir auch Tage nach Beenden des Buches immer noch nicht sicher bin, wie ich es denn nun fand. Mir persönlich gibt es zu viel Möglichkeiten zur Interpretation.