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haberlei
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Wien
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Begeisterte Leserin von Krimis, Thrillern, Humorvollem, historischen (Frauen-)Romanen, Biografien

Bewertungen

Insgesamt 306 Bewertungen
Bewertung vom 20.03.2025
Winzerkrieg
Ittensohn, Uwe

Winzerkrieg


ausgezeichnet

Andrés rettender Einfall

Mit „Winzerkrieg“, dem 7. Band dieser Reihe, liefert Uwe Ittensohn einen ganz besonders kniffligen Fall, der das polizeilich/private Ermittler-Kleeblatt Frank, Verena, André und Irina nicht nur hinsichtlich der Lösung des Falles, sondern auch zwischenmenschlich fordert.

Kurz zum Inhalt:
Eine Leiche mit Kopfschuss findet sich am Rheinufer. Ein Selbstmord? Aber die Tatwaffe fehlt! Was eher für Mord spricht. Es gibt Verdächtige und letztlich zwei Geständnisse. Während Frank in einer ermittlungstechnischen Sackgasse steckt, hat André eine aberwitzige Idee, wie es abgelaufen sein könnte …

Ich bin bereits seit Band vier Fan dieser Reihe. Daher waren mir die Protagonisten bereits vertraut, aber man kommt als Quereinsteiger jederzeit problemlos in die jeweilige Geschichte hinein. Durch das Personenverzeichnis gewinnt man rasch einen Überblick hinsichtlich der Haupt- und Nebenfiguren. Das Buch erschien 2025. Das Cover unterstreicht das Ambiente des Buches. Es ist sehr übersichtlich in angenehm kurze Kapitel unterteilt, jeweils mit Titel, Datums- und Zeitangaben versehen. Letztere sind im Hinblick auf diverse Rückblenden sehr hilfreich. Das Buch spielt im Jahr 2023.

Der Schreibstil ist flüssig, gut beschreibend. Immer wieder sind regionale Besonderheiten in die Handlung mit eingewoben sowie Wissenswertes über Wein. Das Lokalkolorit wird sprachlich durch den breiten pfälzischen Dialekt der Winzer unterstrichen – durchaus auch für mich als Österreicherin gut verständlich. Einen humorvollen Touch bringen die Dialoge zwischen André und seiner Mitbewohnerin, der jungen Studentin Irina, hinein. Besonders liebenswert ist deren neuester Mitbewohner: ein entzückender kleiner Kater namens Charly.

Man ist sofort mitten im Geschehen. Denn ausgerechnet André und Irina stoßen beim Joggen auf eine durch einen Kopfschuss verunstaltete Leiche. Der Fall erweist sich als knifflig. Obwohl es auf den ersten Blick nach Selbstmord aussieht, weist das Fehlen der Tatwaffe eher auf Mord hin. Andererseits spricht die prekäre finanzielle Situation des Opfers, der Ruin seines Weinguts für eine Verzweiflungstat. Franks Ermittlungen konzentrieren sich auf die dem Toten nahegestandenen Personen, dessen Ex-Frau und deren Partnerin. Durch den Druck der Vernehmungen verwickeln sich die Verdächtigen in Widersprüche. Als zwei Geständnisse vorliegen, sieht sich Frank in einer Sackgasse.

Die stetigen Perspektivenwechsel zwischen den laufenden Ermittlungen und den Rückblenden, die die Lebensgeschichte des Opfers, dessen Wesen und Werdegang sowie die Gründe für sein Scheitern offenlegen, die Kürze der Kapitel, immer wieder mit einem Cliffhanger endend, auch brenzlige Situationen, sowie last but not least ein dramatisches Finale, erzeugen nicht nur eine temporeiche Handlung, sondern heizen die Spannung an und lassen einen das Buch kaum aus der Hand legen. So nach und nach fügt sich Puzzleteil zu Puzzleteil bis sich letztendlich durch einen genialen Einfall Andrés der Tathergang schlüssig klärt.

Die Protagonisten wirken lebendig und empathisch, zeigen nicht nur Stärken, sondern auch Schwächen und spontane Emotionen. Die fruchtbringende Zusammenarbeit der beiden Kriminalbeamten mit dem privaten Ermittler-Duo basiert auf einer langjährigen Freundschaft, ist geprägt von Vertrauen und Offenheit. Wobei diese Freundschaft diesmal auf eine harte Probe gestellt wird. Interessant ist auch die Entwicklung der Personen, insbesondere von Verena, die sich zunehmend gegenüber Frank durchsetzt und seine Impulsivität und ausufernde Emotionalität deeskalierend bremst. Auch André zeigt sich von einer neuen Seite. Er entdeckt nicht nur die Liebe zu einer Katze, sondern auch zarte Gefühle zu einer Frau. Die Nebenfiguren sind ebenfalls anschaulich beschrieben und gut vorstellbar beschrieben, sodass man ihre Handlungen nachvollziehen kann.

Mit „Winzerkrieg“ ist dem Autor wieder einmal ein nicht nur spannender, sondern auch unterhaltsamer Krimi gelungen. Das Buch bietet alles, was ein ausgezeichneter Regionalkrimi beinhalten sollte: sympathische Protagonisten, regionales Flair, einen Schuss Humor und natürlich Spannung und Action. Mit Vorfreude auf den nächsten Fall empfehle ich das Buch gerne weiter und vergebe 5 Sterne.

Bewertung vom 18.03.2025
Die Brandung - Leichenfischer
Kliewe, Karen

Die Brandung - Leichenfischer


ausgezeichnet

Verfolgt, gefangen, vergraben

„Die Brandung - Leichenfischer“ von Karen Kliewe ist der zweite Fall für das deutsch-dänische Ermittlerduo Svensson & Ohlsen.

Worum geht es?
Im deutsch-dänischen Grenzgebiet findet man zwei tote Frauen, mit Grabbeigaben wie zur Wikingerzeit. Um diesem Rätsel auf die Spur zu kommen, zieht die Polizei die Archäologin Fria Svensson als Beraterin hinzu. Die Zeit drängt, denn weitere junge Frauen werden vermisst …

Das Cover mit der eindrucksvollen Küstenlandschaft stimmt auf den Schauplatz des Krimis ein und ist stilmäßig an den ersten Band angelehnt. Ein ausgezeichneter Wiedererkennungseffekt. Das Buch erschien 2025 im DTV Verlag. Die Kapitel unterteilen sich jeweils in mehrere kurze Abschnitte, in stets wechselnde Perspektiven. Genaue Orts- oder Zeitangaben sind nicht vorhanden. Die Handlung spielt im Jahr 2022. Der Schreibstil ist flüssig, gut beschreibend und dialogreich. Jeder Band steht für sich alleine und ist auch für Quereinsteiger problemlos verständlich. Wegen des großen Personenkreises hätte ich eine Liste sehr geschätzt. Hinweise haben aber meine Neugier geweckt, Band 1 nachzulesen.

Anfangs ist es gar nicht einfach durchzublicken. In mehreren Handlungssträngen wird man mit einer Vielzahl von Personen konfrontiert, allen voran mit den dänischen und deutschen Kriminalisten, den Menschen aus Frias Arbeitsumfeld und mit ihrer zahlreichen Verwandtschaft, aber auch noch mit einigen anderen Menschen: mit einer irgendwo gefangen gehaltenen Frau, mit einem Stalker und noch einer seltsamen jungen Frau. In stetigem Wechsel wird aus Sicht dieser Personen erzählt. Man fragt sich, wie all diese Szenen zusammenhängen. Als Leser genießt man zwar scheinbar einen Wissensvorsprung gegenüber den Ermittlern, die verzweifelt nach Anhaltspunkten suchen, nach Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Toten, doch gelingt es einem trotzdem nicht, die Zusammenhänge zu durchschauen. Somit bleibt es weiterhin spannend. Für die Polizei beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Denn je mehr Puzzlesteinchen sie zusammentragen, desto wahrscheinlich erscheint es, dass jene weiteren vermissten Frauen dem Täter zum Opfer gefallen sein könnten..

Die zahlreichen Perspektivenwechsel, des Öfteren mit einem Cliffhanger endend, halten den Spannungsbogen straff. Abwechslungsreich und temporeich. Einerseits verfolgt man die Recherchen und Aktionen der Polizei, andererseits bangt man mit eingesperrten Opfern, beobachtet die mutmaßlichen Täter. Und tappt lange Zeit im Dunkeln. Erst als sich einige Handlungsstränge verlinken, lichtet sich der Fall, aber nur etwas – den tatsächlichen Täter, die wahre Motivation, erkennt man wirklich erst am Ende. Die unerwartete Lösung ist schlüssig, nachvollziehbar.

Ich denke, kennt man den ersten Band ebenfalls, dann erschließen sich einem die Charaktere der Hauptpersonen noch etwas besser. Nichtsdestotrotz sind die Wesenszüge von Fria und Ohlsen gut herausgearbeitet: seine Schweigsamkeit und seine Probleme, Gefühle zu zeigen und auszudrücken, Frias Energie, Neugier, Intuition und Hartnäckigkeit, ihr Hang zu Alleingängen, aber auch wie wichtig ihr Familie ist. Auch wenn sich Fria der Archäologie zugewendet hat, im Herzen blieb sie die polizeiliche Ermittlerin mit einem ausgezeichneten Spürsinn. Die sie umgebenden Menschen sind mit markanten Eigenschaften und auch vom Aussehen her gut vorstellbarer beschrieben. Das Privatleben ist gut dosiert mit der Handlung verwoben.

„Die Brandung - Leichenfischer“ hat mir packende Lesestunden beschert und mich neugierig auf den Vorgängerband sowie – schon allein wegen des Cliffhangers am Ende des Buches – auf den nächsten Band gemacht. Eine Leseempfehlung mit 5 Sternen!

Bewertung vom 15.03.2025
Gefährliches Wasser
Izquierdo-Hänni, Daniel

Gefährliches Wasser


ausgezeichnet

Wasser ist Leben

„Gefährliches Wasser“ von Daniel Izquierdo Hänni ist der dritte Band mit Vicente Alapont als Protagonisten, einem ehemaligen Inspektor bei der Mordkommission, der nun Taxi fährt und nebenbei privat ermittelt.

Kurz zum Inhalt:
Vicente Alaponts soll die oder den Verursacher diverser Vandalenakte ausforschen. Ein einfacher Auftrag, denkt er, doch es steckt ein wesentlich schwereres Verbrechen dahinter.

Die Kathedrale von Valencia an der Plaza de la Reina bildet das Motiv am Cover. Die Kathedrale stammt aus dem Jahr 1262, wurde an der Stelle einer ehemaligen Moschee errichtet und weist verschiedene Baustile auf, darunter Romanik, Barock und Gotik. Somit stimmt das Cover auf den Schauplatz ein. Denn die Krimihandlung ist harmonisch eingebettet in reichlich Lokalkolorit – die anschaulichen Beschreibungen haben mich immer wieder animiert, die Landschaften zu googeln. Dabei habe ich festgestellt, welch wunderschöne Regionen, z.B. rund um die zahlreichen Stauseen in Spanien, es gibt. Das Buch bietet viel Interessantes und Wissenswertes, sowohl Historisches als auch Aktuelles, über die Stadt Valencia. Man wird auf besonders schöne Plätze hingewiesen, kulinarische Köstlichkeiten und Gebräuche, wie z.B. die „almuerzo“, die bei spanischen Angestellten und Beamten übliche Kaffeepause vormittags. Als vorrangiges Thema zieht sich die Bedeutung des Wassers für Spanien bzw. insbesondere für Valencia – ob Hochwasser oder Wassermangel - durch den Roman. Die spanische Lebensart sowie der familiäre Zusammenhalt werden ebenso thematisiert.

Der Schreibstil ist flüssig, selbst die ausführlichen Schilderungen von Land und Leuten sind nie langatmig und lesen sich flott und leicht. Immer wieder eingeworfene spanische Begriffe und Floskeln verdeutlichen den Schauplatz. Die Kapitel sind kurz, lediglich nummeriert, ohne Zeit- oder Ortsangaben. Der 2025 erschienene Roman spielt in der nicht näher bezeichneten Gegenwart. Das Buch kann problemlos ohne Kenntnis der Vorgängerbände gelesen werden. Abgerundet wird die Wasser-Thematik durch historische Informationen im Prolog und im Nachhang.

Man ist von Beginn an mitten im Geschehen. Dass der Roman im Präsens verfasst ist, verdeutlicht dieses Gefühl des Dabeiseins. Im Mittelpunkt steht Vicente Alapont, aus dessen Sicht primär erzählt wird. Vereinzelt wechselt die Perspektive, sodass man Einblick in die Gedankenwelt anderer, u.a. jener des gesuchten Verbrechers, erhält. Als Leser verfügt man somit über einen Wissensvorsprung gegenüber Alapont, was die Spannung nicht mindert, ist es doch interessant, wie er das Rätsel löst und dem Täter auf die Spur kommt. Die Ermittlungen erweisen sich als schwierig. Es dauert, bis Alapont auf Ansatzpunkte stößt. Mit detektivischem Instinkt erkennt er so nach und nach die Zusammenhänge, ahnt die Motivation des Täters. Der Fall löst sich schließlich nach einem dramatischen Showdown.

Vicente Alapont ist sympathisch charakterisiert, ein Familienmensch und geschätzt bei seinen ehemaligen Kollegen. Nach wie vor ist er gut vernetzt. Er genießt einerseits das Leben, auch seine Ungebundenheit als Taxifahrer, andererseits reizt es ihn doch nach wie vor, zu ermitteln. Gute Menschenkenntnis und exzellenter Spürsinn sind die Basis für seine Erfolge.

„Gefährliches Wasser“ ist ein Wohlfühlkrimi mit deutlich spürbarem spanischen Ambiente, ein Buch, das Lust macht, das Land zu bereisen, all die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten selbst zu sehen. Man spürt bei jeder Zeile die Begeisterung des Autors für dieses Land, seine Wahlheimat. Genau in diesem Sinne habe ich – wie bereits die Vorgängerbände – auch diesen Krimi genossen, mich Urlaubssehnsucht hingegeben und nebenbei interessiert Alapontes Ermittlungen verfolgt. Gerne empfehle ich das Buch weiter, vor allem Lesern, die ruhige, unblutige Krimis mögen, mit viel Lokalkolorit.

Bewertung vom 12.03.2025
Die Villa
Ryder, Jess

Die Villa


ausgezeichnet

Licht ins Dunkel der Erinnerung

„Die Villa “ von Jess Ryder ist ein spannendes Buch, aber kein packender Thriller mit Gänsehautfeeling und atemberaubender Action.

Kurz zum Inhalt:
Vor drei Jahren feierte Aoife mit vier Freundinnen ihren Jungesellinnenabschied in Marbella. Das Wochenende endete mit Aoifes Tod. Dani litt seitdem sehr darunter, sich nicht daran erinnern zu können, was an diesem verhängnisvollen Abend geschah. Aus diesem Grund organisiert sie – quasi als Gedenktreffen – eine Reise der vier Frauen. Sie hofft herausfinden zu können, was damals geschah und wer Aoife ermordet hat. Der neuerliche Aufenthalt in der Villa bringt so einige Geheimnisse ans Tageslicht.

Das Cover fällt durch seine Farbenpracht und Buntheit sofort ins Auge. Das Motiv vermittelt den Schauplatz, passend zum Titel. Die Originalausgabe kam 2023 unter dem Titel „The Villa“ heraus und wurde von Matthias Frings übersetzt. Die deutsche Fassung erschien 2025 im Aufbau Verlag. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten. Durch die Überschriften ist eindeutig erkennbar, aus welcher Sicht erzählt wird und ob die Szene in der Gegenwart spielt oder eine Rückblende ist. Der Schreibstil ist flüssig und locker. Die Atmosphäre der Stadt, das Leben und Treiben von Touristen und Jet-Set ist anschauliche beschrieben.

Die Handlung entwickelt sich sukzessive durch die Perspektivenwechsel von den Aktionen der vier Frauen in der Gegenwart und den Rückblenden, den Erinnerungen. Je mehr Lokale und andere Schauplätze sie aufsuchen, wo sie an diesem verhängnisvollen Wochenende ebenfalls waren, desto mehr Details werden offenbar. Vor allem zeigt sich, dass jede Einzelne Geheimnisse vor den andern hatte, es Erlebnisse, Aktionen oder auch nur Gedanken gab, die sie für sich behielten. Es zeigen sich auch Animositäten, Eifersucht und Konkurrenzkampf um Aoifes Zuneigung. Es war keineswegs ein so fröhliches und harmonisches Beisammensein, wie sie bei der polizeilichen Befragung damals vorgaben. Bald scheint jede ein Motiv gehabt zu haben, Aoife los zu werden. Nicht nur die Frauen wirken verdächtig, sondern auch diverse Männer, mit denen vor allem auch Aoife Kontakt hatte. Dani ist die treibende Kraft und muss bald erfahren, dass ihre Nachforschungen keineswegs willkommen sind. Man warnt sie, beschattet sie, bedroht sie. Trotzdem forscht sie weiter und findet einen entscheidenden Hinweis, der dazu führt, dass sie sich schließlich detailliert an die Geschehnisse rund um Aoifes Tod erinnert. Ein dramatisches Finale und eine unerwartete Lösung.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Charaktere der Frauen, die man anhand ihrer Aktionen und Reaktionen sowohl in der gegenwärtigen Handlung als auch in den Rückblicken immer detaillierter kennenlernt. Alle sammeln relativ wenige Sympathiepunkte. Es kommen nach und nach negative Eigenschaften zutage, auch Mordmotive, sodass man immer wieder geneigt ist, dieser oder jener die Tat zuzutrauen, aber natürlich führt manches auch in die Irre. Im Großen und Ganzen sind die fünf Frauen sowie Nebenfiguren gut vorstellbar und lebendig gezeichnet.

Das Buch ist im Hinblick auf die Frage nach dem Wer und Wie von Anfang an spannend, es ist aber kein Pageturner. Es fasziniert eher auf psychologischer Basis, weil man selber rätselt, wer von den Haupt- und Nebenfiguren die Tat ausgeführt haben könnte und warum. Mir hat das Buch gefallen, daher empfehle ich es auch gerne weiter.

Bewertung vom 05.03.2025
Die Spur der Sehnsucht
Janssen, Jaane

Die Spur der Sehnsucht


ausgezeichnet

Die Kraft der Liebe

„Die Spur der Sehnsucht“ von Jaane Janssen ist ein packender historischer Roman, der Romantik mit Spannung verbindet.

Kurz zum Inhalt:
1775, Borkum. Sventje ist mit Lian, einem Walfänger, verheiratet, der sich viele Monate lang auf See befindet. Während dieser Zeit muss sie alleine für ihre drei Kinder sorgen, ist zudem erneut schwanger. Immer wenn Sventje in Schwierigkeiten gerät, eilt ihr der Gutsherr Valentin zu Hilfe, der sie seit Kindheit trotz des Standesunterschiedes heimlich liebt.

Das Cover ist wunderschön, stimmt auf die typische Landschaft auf Borkum ein. So stelle ich mir auch Sventje und Lian als Kinder vor. Das Buch erschien 2024 im Verlag Tinte & Feder. Die Kapitel sind einerseits mit Namen übertitelt, andererseits mit Orts- und Zeitangaben versehen, wodurch man sowohl die Perspektivenwechsel als auch die Chronologie sehr gut nachvollziehen und Rückblenden deutlich erkennen kann. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft. Das karge Leben der Inselbewohner ist ebenso anschaulich beschrieben wie die gefahrvolle Tätigkeit als Walfänger. Im Gegensatz dazu stehen die Lebensumstände des Gutsherrn, der zwar wohlhabend, aber dennoch gewissen Einschränkungen unterworfen ist. Man fühlt sich gut in jene Zeit versetzt. Es wurde offensichtlich ausgiebig recherchiert und sehr geschickt Fiktives mit Fakten (z.B. tatsächlich vorhandenen Schauplätzen) verknüpft. Die Sprache ist der damaligen Zeit angepasst. Der hie und da vorkommende Dialekt unterstreicht das Lokolkolorit. Besonders gefielen mir die gefühlvollen Briefe und Logbucheintragungen Lians, dadurch wirkt die Handlung so lebendig und authentisch.

Die Handlung wird von drei Protagonisten getragen: dem Ehepaar Sventje und Lian sowie dem Gutsherrn Valentin. Aus Sicht dieser Drei werden die Ereignisse auch erzählt. Die Nebenfiguren sind ebenfalls gut gezeichnet, sowohl jene in Sventjes Umkreis als auch Valentins Familie. Hervorzuheben ist die Hebamme Fenna, der dahingehend große Bedeutung zukommt, als sie als Bindeglied zwischen Sventje und Valentin fungiert. Der stetige Wechsel zwischen den Akteuren gestaltet die Handlung abwechslungsreich, Cliffhanger in dramatischen Situationen verstärken die Spannungsmomente, sodass man das Buch oft gar nicht mehr aus der Hand legen möchte. Die Rückblenden zeigen Szenen aus Sventjes, Lians und Valentins Kindheit, wie sie einander kennengelernt haben, sich die Beziehungen entwickelt haben.

Den Roman bevölkern vorwiegend sympathische Menschen. Sventje, Lian und Valentin sind geprägt durch ihre jeweilige Herkunft, ihr Milieu. Sventje, das Findelkind, von einer Klosterschwester aufgezogen, Lian, der unbeschwerte Junge aus einfachen Verhältnissen, der von Kind auf davon träumt, auf See zu gehen, Walfänger zu werden, und Valentin, der älteste Sohn des Gutsherrn, der von Kind an zum Respekt einflößenden Herrscher über seine Pächter erzogen und von ihm standesmäßig nicht ebenbürtigen Kindern ferngehalten wird, die er von Weitem sehnsüchtig beobachtet. Die Charaktere sind facettenreich und lebendig beschrieben, zeigen Stärken und Schwächen, Ängste und Sehnsüchte und Emotionen, vor allem tiefempfundene Liebe. Schon nach wenigen Seiten hatte ich sie ins Herz geschlossen, litt und freute mich mit ihnen.

Ich kannte bislang Krimis und Thriller dieser Autorin, die sie unter dem Namen Jennifer B. Wind schreibt, und war sehr neugierig, ob sie dieses für sie neue Genre ebenso mitreißend umsetzt. Ich wurde nicht nur nicht enttäuscht, ich bin begeistert. Basierend auf gut recherchierten Fakten versetzt einen dieses Buch nicht nur in eine längst vergangene Epoche und vermittelt ein anschauliches Milieubild, sondern dramatische Entwicklungen und nebulöse Geheimnisse sorgen für reichlich Spannung, alles wunderbar verwoben mit Liebe und Romantik.

Voller Vorfreude auf die Fortsetzung und Neugierde, wie es mit Sventje, Lian und Valentin weitergeht, spreche ich fürs Erste einmal eine unbedingte Leseempfehlung aus und vergebe 5 Sterne!

Bewertung vom 26.02.2025
TÖDLICHE INTELLIGENZ - KEIN NORMALER ARBEITSTAG
Maria Heinrich

TÖDLICHE INTELLIGENZ - KEIN NORMALER ARBEITSTAG


sehr gut

Ein umstrittenes KI-Projekt

„Tödliche Intelligenz“ von Maria Heinrich ist der dritte Band der Thriller-Reihe „Kein normaler Arbeitstag“ mit Ana Rubin als Protagonistin.

Kurz zum Inhalt:
Ana Rubin ist Leiterin eines KI-generierten Verkehrsprojekts. Der letzte Testlauf ist im Gange, doch das Projekt droht zu scheitern, weil maßgebende Störfaktoren auftreten. Aktivisten demonstrieren, der Bürgermeister wird währen der Pressekonferenz attackiert und die IT wird durch einen Hacker angegriffen. Als vor Anas Augen ein Mordanschlag verübt wird, beginnt sie nachzuforschen. Wer steckt dahinter? Die Aktivisten? Konkurrenz? Oder gar jemand aus ihrem eigenen Team?

Das Cover ist schlicht und macht doch auf sich aufmerksam; es ähnelt den Vorgängerbänden, hat somit guten Wiedererkennungswert. Das Buch erschien 2024. Die Kapitel sind angenehm kurz gehalten, verfügen weder über Zeit- noch Ortsangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart, teils in Wien, teils in Korneuburg, Niederösterreich. Als Wienerin genoss ich es besonders, dass mir die Schauplätze vertraut waren. Der Schreibstil ist flüssig und dialogreich, und trotz der Thematik nicht zu techniklastig. An und für sich kann man in diese Reihe problemlos quer einsteigen; Kenntnis der Vorgängerbände ist nicht erforderlich. Lediglich hinsichtlich des relativ großen Personenkreises wäre ein Personenverzeichnis hilfreich gewesen.

Die von Beginn an schwelende Spannung steigert sich temporeich von Kapitel zu Kapitel, je mehr sich Ana engagiert. Und ihr bleibt praktisch nichts anderes übrig, als aktiv zu werden. Denn nicht nur das Projekt ist gefährdet, sondern Ana erkennt, dass der Täter auch sie selbst im Visier hat. Ana schlittert bei ihren Nachforschungen von einer prekären Situation in die andere, gerät letztens sogar in Lebensgefahr, als sie dem Täter zu nahe kommt. Dem unerwarteten Täter. Denn bis zuletzt ahnte ich nicht, wer der Täter ist und welches Motiv ihn antreibt.

Ana steht im Mittelpunkt der Handlung, um sie herum sind unzählige Nebenfiguren, die für mich großteils eher gesichtslos blieben, die sich zu wenig voneinander unterschieden, keine eindeutigen Charaktere bildeten. Das Businessmilieu ist anschaulich dargestellt und die Menschen agieren in ihren Funktionen. Grundsätzlich wirkt das Team harmonisch. Alle ziehen am selben Strang. Sie sind ambitioniert, einsatzwillig, der Erfolg des Projekts ist ihnen wichtig. Sie zeigen zwar gewisse Aversionen und Ehrgeiz, aber darüber hinaus, also gefühlsmäßig, bleiben sie charakterlich blass. Ana als Leiterin des Projektes ist die Zentralfigur. Da man auch aus ihrer Perspektive die Geschichte miterlebt, erhält sie deutlichere Konturen. Sie ist sehr verantwortungsbewusst, kompetent, natürlich auch ehrgeizig, ihr liegt viel am Gelingen des Projekts. Trotzdem riskiert sie ihren Job, weil sie unbedingt dem Mörder auf die Spur kommen will. Er darf nicht ungestraft davonkommen. Sie agiert mutig, meist zu impulsiv, unvernünftig ganz alleine. Mir fehlte etwas die persönliche Seite von Ana, private Gefühle. Sie war mir zu kühl. So richtig warm wurde ich nicht mit ihr.

Mir hat der Roman spannende Lesestunden beschert und Lust auf mehr Bücher dieser Autorin gemacht. Gerne empfehle ich das Buch weiter.

Bewertung vom 22.02.2025
Das Altersheim kann warten
Horster, Bettina;Linnemann, Gesa A.;Reimann, Linda-Elisabeth

Das Altersheim kann warten


sehr gut

Digitale Lösungen als tägliche Hilfe für ältere Menschen

„Das Altersheim kann warten“ mit dem Untertitel „Neue digitale Wege für ein selbstbestimmtes und sicheres Leben im Alter“ gibt einen Überblick über (bei Erscheinen des Buches im Jahr 2024) bereits vorhandene digitale Hilfsmittel bzw. zeigen die Autor*innen auf, in welche Richtung Pilot- oder Forschungsprojekte laufen.

Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis bietet einen guten Einblick in die Themenbereiche, die in 13 Kapiteln abgehandelt werden. Im Anhang findet man Links und Kontakte, sowie umfangreiche Literaturhinweise zu der Thematik. Der Schreibstil ist flüssig, leicht verständlich. Viel Theorie, aber nicht nur. Anhand von drei älteren Personen, die verschiedene Handicaps haben – schwindende Sehkraft, Demenz und körperliche Einschränkung nach einen Schlaganfall – wird verdeutlicht, inwieweit intelligente Assistenzsysteme Hilfe leisten und ein selbstständiges Leben zuhause unterstützen können. Mir erschloss sich nur nicht gänzlich der technische Aufwand, z.B. die Anzahl notwendiger Geräte/Sensoren, ob WLAN reicht oder Verkabelungen vonnöten sind.

Ich gehöre selbst bereits zur älteren Generation. Mit 70+ macht man sich natürlich des Öfteren Gedanken, wie lange einem ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden wohl vergönnt sein wird. Daher hat mich das Buch auch sehr interessiert. Die Fallbeispiele bilden zwar einen ausgezeichneten Praxisbezug, dennoch zeigt sich, dass man trotz allem auf eine Bezugsperson, z.B. Sohn/Tochter, Partner, angewiesen ist. Auf jemanden, der sich um die Hardware kümmert, diese selbst besorgt oder von einer Firma installieren lässt, der dem Betroffenen die Handhabung erklärt und im Falle von Problemen, bei der Lösung behilflich ist. Wer übernimmt das für alleinstehende, kinderlose Menschen?

Nicht unwesentlich ist die Kostenfrage. Das wird hier nicht näher beziffert. Viele Projekte befinden sich zudem noch in der „Ideenphase“, sind von der Vermarktung noch weit entfernt. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass – jedenfalls zu meinen Lebzeiten - sich diese Luxuslösungen nur Betuchte werden leisten können. Manche Informationen sind auch nur für Leser*innen in Deutschland relevant, wie z.B. Kostenübernahme durch Krankenkassen.

Schließlich habe ich mir die Frage gestellt, was mir persönlich die Lektüre dieses Buches gebracht hat. Das Buch enthält viel Wissenswertes und praktische Tipps. Als Denkanstoß für mich nahm ich mit, dass ich mich mit den Funktionen meines bestehenden Equipments, wie Notebook und Smartphone, noch etwas eingehender befassen sollte (Videocall, Sprachnachrichten, Spotify, etc.), weil diese die Basis für den Umgang mit Sprachassistenten bilden.

Das Buch bietet einen soliden Überblick und gibt Impulse. In diesem Sinne fand ich das Buch lesens- und empfehlenswert.

Bewertung vom 18.02.2025
Donaumelodien - Praterblut
Zach, Bastian

Donaumelodien - Praterblut


ausgezeichnet

Unschuldig unter Mordverdacht

„Donaumelodien - Praterblut“ von Bastian Zach ist der Auftakt zu einer historischen Krimireihe, die Ende des 19. Jahrhunderts in Wien beheimatet ist.

Kurz zum Inhalt:
Im Prater werden drei junge Frauen ermordet, grausam zerstückelt. Hieronymus Holstein gerät in Verdacht und muss in nur sieben Tagen den wahren Mörder finden, um seine Unschuld zu beweisen. Sein Freund, der „bucklige Franz“ hilft ihm bei den Nachforschungen, vor allem bei der Suche nach jener unbekannten Frau, die Hieronymus in diese prekäre Situation gebracht hat. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt …

Das Cover stimmt ausgezeichnet auf die Epoche ein. Das Foto vermittelt den Eindruck, man befände sich mitten in dieser Menschenmenge, die da in den Prater spaziert. Das Buch erschien 2020, die Handlung spielt im Jahr 1876. Die Kapitel sind kurz gehalten, weisen weder Zeit- noch Ortsangaben auf. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, ist sprachlich der Zeit angepasst, mit zahlreichen altösterreichischen Ausdrücken gespickt, die (für Nicht-Wiener) im Glossar erklärt werden. Das Lokalkolorit ist anschaulich beschrieben, seien es die prunkhaften Bauten sowie das Interieur bedeutender Gebäude, oder das Straßenbild und die Klassen- bzw. Milieuunterschiede, die Kluft zwischen Arm und Reich. Man bekommt ein sehr lebendiges Bild der Lebensumstände im sogenannten Alten Wien. Dass der Autor über Fachkenntnisse über diese Zeit verfügt und gut recherchiert hat, ist deutlich zu spüren. Geschickt vermengt er seine fiktive Kriminalgeschichte mit historisch belegten Personen und Ereignissen. Einen guten Überblick über das damalige Wien bietet auch der Orientierungsplan aus dem Jahr 1876 (für Details benötigt man allerdings eine Lupe).

Erzählt wird vorwiegend aus der Sicht von Hieronymus, dazwischen auch aus jener von Franz. Die beiden stehen im Mittelpunkt der Handlung. Sie sind durchaus sympathische Protagonisten mit einer positiven Ausstrahlung, sind hilfsbereit und freigiebig, empathisch, mutig und findig. Man merkt Hieronymus an, dass er früher in besseren Verhältnissen lebte, denn er bewegt sich problemlos in Adelskreisen ohne aufzufallen. Auch Franz ist bei weitem nicht so einfältig, wie er sich auf den ersten Blick gibt. Beide hatten schwere Schicksalsschläge und Bösartigkeit anderer Menschen erfahren, mussten ein neues Leben beginnen. Das hat sie zwar geprägt, doch weder Verbitterung noch Rachegelüste beherrschen ihre optimistische Lebenseinstellung.

Man ist von Beginn an mitten in der Geschichte, als Zeuge von Hieronymus Flucht, als er nicht wissend wie er dort gelandet ist, neben einer Leiche erwacht. Die Spannung lässt bis zum Schluss nicht nach, geraten doch die beiden Freunde bei ihren Nachforschungen immer wieder in prekäre Situationen, aus denen sie sich mit Geschick und Einfallsreichtum immer wieder hinaus lotsen können. Hieronymus und Franz sammeln eine Fülle von Informationen, doch lange Zeit erschließt sich ihnen kein Zusammenhang der drei Morde, kein verbindendes Motiv. Erst als Hieronymus ein winziges Detail auffällt, erkennt er den wahren Täter. Mit List und Risiko gelingt in einem dramatischen Finale die Überführung des Mörders. Letztlich verdankt es die Wiener Polizei ihnen, dass der wahre Täter entlarvt werden kann.

Dieser historische Kriminalroman beinhaltet alles, was ich persönlich bei diesem Genre sehr schätze: nämlich ein mit gut dosierten Details geschildertes Zeitbild, das sehr authentisch und atmosphärisch wirkt, sympathische Protagonisten und last but not least einen interessanten und spannend aufbereiteten Kriminalfall. Ich freue mich schon auf den nächsten Fall! Mit Freuden und Überzeugung empfehle ich dieses Buch und vergebe 5 Punkte.

Bewertung vom 13.02.2025
Hochgeboxt
Kerwien, Bettina

Hochgeboxt


ausgezeichnet

Das zweigeteilte Berlin im Jahr 1984

„Hochgeboxt“ von Bettina Kerwien ist der mittlerweile 38. Band der Serie „Es geschah in Berlin“, wo beginnend im Jahr 1910 anhand von fiktiven Kriminalfällen die Geschichte der Stadt Berlin dokumentiert wird. Als Verfasser der Reihe agieren verschiedenen Autor*innen. Fünf Fälle stammen bislang aus Bettina Kerwiens Feder; nach „Tot im Teufelssee“, „Tiergarten-Blues“ und „Agentenfieber“ war dies mein viertes Buch von ihr.

Kurz zum Inhalt:
Bei einer ausgelassenen Feier im Partykeller des ehemaligen Profiboxers Hans-Jürgen „Kid“ Kilinek wird seine Ehefrau Elfriede erschossen. Kommissar Kappe und sein Team stoßen bei den Ermittlungen nicht nur auf Ungereimtheiten …

Das Cover im typischen Stil dieser Reihe, schwarzer Hintergrund, mit den ins Auge stechenden roten Boxhandschuhen, hat ausgezeichneten Wiedererkennungswert und harmoniert optimal mit dem Titel des Buches. Der Krimi erschien 2024. Die Handlung umfasst einen Zeitraum von rund zwei Wochen, vom 23. Juli bis 4. August 1984; die Kapitel sind datiert, pro Tag ein Kapitel.

Als Österreicherin bin ich mit der Geschichte Berlins zwangsläufig nicht sehr vertraut. Gerade deswegen schätze ich die Zeitreise, auf die die Autorin einen mitnimmt. Für mich fühlen sich ihre Geschichten, so auch diese, stets sehr gut recherchiert und authentisch an. Die Atmosphäre im geteilten Berlin ist ausgezeichnet zu spüren, auch die Einschränkungen, von denen die Menschen im Westteil von Berlin ebenfalls betroffen sind. Das wird durch Peter Kappes verwandtschaftliche Beziehungen zur DDR zusätzlich unterstrichen. Der Schreibstil ist flüssig, der gut dosiert eingesetzte Berliner Dialekt trägt zur Lebendigkeit der Szenerie bei.

Wenn auch die vorliegende Geschichte und die darin vorkommenden Personen an und für sich fiktiv sind, so basiert der Krimi dennoch auf Fakten. Als Basis diente der sogenannte Bubi-Scholz-Mord. Scholz erschoss am 22. Juli 1984 im Vollrausch seine Frau Helga. Da ihm kein Tötungsvorsatz nachgewiesen werden konnte, wurde er letztlich wegen fahrlässiger Tötung zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.

Dadurch dass das Buch im Präsens geschrieben ist, fühlt man sich mitten im Geschehen, mitten in den Ermittlungen. Peter Kappe und sein Team sind voll gefordert. Was auf den ersten Blick einwandfrei nach Mord aussieht, mit einem eindeutigen Täter, entpuppt sich nach und nach als nebulös. Es steckt mehr dahinter. Im Prominentenmilieu nachzuforschen, erweist sich als mühsam. Dennoch, Kappe, Rosi und Landsberger kommen nicht nur immer mehr Geheimnissen auf die Spur, es tun sich regelrechte Abgründe auf. Die Spannung steigt kontinuierlich. Puzzlesteinchen für Puzzlesteinchen verdichten sich die Informationen bis in einem dramatischen Showdown sich alles klärt, sich alles findet – überraschend und packend.

Zwischengeschaltet ist ein zweiter Handlungsstrang über einen jungen Burschen in der DDR, der verhaftet wird, weil er eingeschmuggelte, verbotene westliche Bücher liest. Man gewinnt einen guten, wenn auch beklemmenden Eindruck, welchen Restriktionen die Menschen damals ausgesetzt waren.

Die Charaktere, sowohl des Ermittlerteams als auch der Verdächtigen, fand ich gut vorstellbar beschrieben. Gut dosiert eingeflochten ist das Privatleben von Kappe und seinem Team: die sich immer mehr festigende Beziehung zwischen Kappe und Rosi, ebenso wie die zwar legale, aber nach wie vor vielfach nicht akzeptierte Homosexualität Landsbergers. Besonders gefiel mir Kappes „Familienzuwachs“, der Schäferhund Rocky.

Seit Generationen sind Mitglieder der Familie Kappe (sowohl im Westen als auch im Osten) im Polizeiapparat tätig. Es ist sicher interessant, diese Entwicklung ab 1910 zu verfolgen. Doch auch wenn man irgendwann quer einsteigt, kommt man problemlos in den jeweiligen Fall hinein. Was den roten Faden anbelangt, gibt es, soweit erforderlich, entsprechende Erklärungen oder Hinweise.

Wiederum hat ein Band dieser Krimireihe mich sehr lebendig und anschaulich in eine Zeitspanne der Stadt Berlin entführt, und Erinnerungen an einen spektakulären Kriminalfall geweckt, den ich seinerzeit nur am Rande wahrgenommen habe. Das Buch war informativ, spannend und unterhaltsam. Gerne empfehle ich es weiter. Ich finde, diese Reihe ist wirklich lesenswert.

Bewertung vom 13.02.2025
Tödlicher Steinschlag
Manz, Eric

Tödlicher Steinschlag


sehr gut

Major Höfers 3. Fall

„Tödlicher Steinschlag“ von Eric Manz ist der dritte Band der Regionalkrimireihe mit dem Ermittler-Duo Major Höfer und Abteilungsinspektor Kerbl.

Kurz zum Inhalt:
Bei einem Spaziergang findet Major Höfer einen am Kletterfelsen hängenden verletzten Mann. Er wurde von einem herabfallenden Stein getroffen. Unfall oder Mordanschlag? Höfer vermutet letzteres, da er meint, hoch oben ein Gesicht gesehen zu haben. Inspektor Kerbl ist allerdings erst bereit zu ermitteln, als auf den Kletterer im Krankenhaus ein weiterer Anschlag verübt wird.

Diese Krimireihe spielt in Mödling. Dazu passt der am Cover abgebildete Schwarze Turm, er ist ein markantes Mödlinger Ausflugsziel. Das Buch erschien 2024. Die Kapitel sind kurz gehalten, ohne Orts- oder Zeitangaben. Die Handlung spielt in der Gegenwart. Der Schreibstil ist flüssig, sprachlich typisch österreichisch gefärbt, mit amüsanten Dialogen, die die Handlung auflockern. Beschauliche Landschaftsbeschreibungen ergänzen die Krimihandlung. Der Fall ist in sich abgeschlossen, Kenntnis der Vorgängerbände ist nicht erforderlich.

Obwohl Major Höfer sofort einen Mordanschlag wittert, sieht es für die Polizei anfangs lediglich nach einem Unfall eines leichtsinnigen Kletterers aus. Nach einer weiteren Attacke auf den Verletzten schaltet sich auch Inspektor Kerbl in die Ermittlungen ein. Der Kreis der Verdächtigen ist zwar überschaubar, doch bei allen fehlt auf den ersten Blick das Mordmotiv. Die Ermittler kommen nur mühsam voran, es gibt keine wirklich hilfreichen Hinweise. Erst als bei einem weiteren Mord dem Täter ein maßgeblicher Fehler unterläuft, erkennen Höfer und Kerbl, wer hinter den Anschlägen steckt, doch es fehlt nach wie vor an stichhaltigen Beweisen. So beschließen sie ein riskantes Manöver: sie stellen dem Täter eine Falle. Es kommt zu einem dramatisches Finale, im Zuge dessen der Täter überwältigt und schließlich festgenommen werden kann.

Primär agieren sympathische Menschen in diesem Krimi, die Nebenfiguren sind ebenso wie die Hauptakteure gut vorstellbar beschrieben. Die lockeren Dialoge sind unterhaltsam, Major Höfers Privatleben ist geschickt mit der Handlung verwoben und gut dosiert. Die beiden Ermittler ergänzen einander recht gut, Abt.Insp. Kerbl ist der ruhigere Typ, geduldig und höflich, während Major Höfer engagierter wirkt, aber auch cholerisch und unduldsam ist. Die beiden liebenswerten Krimidamen bilden ein gutes Pendant zu Kerbl und Höfer.

„Tödlicher Steinschlag“ ist ein ruhiger, unterhaltsam-spannender Krimi, in solider Whodunit-Krimi, den man locker in wenigen Stunden auslesen kann. Gerne empfehle ich das Buch weiter.