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Waldeule

Bewertungen

Insgesamt 61 Bewertungen
Bewertung vom 12.04.2023
Wo ist die Mitte des Weltalls?
Cham, Jorge;Whiteson, Daniel

Wo ist die Mitte des Weltalls?


sehr gut

Vorneweg: es ist ein Physik-Buch und keins über Astronomie, auch wenn der Titel etwas irreführend ist. Zwar geht es natürlich um das titelgebende Weltall und damit auch um Sterne und Planeten, aber in erster Linie um die physikalischen Kräfte, die im Universum wirken, also um Neutronen, Elektronen und Quarks. Wer jetzt nicht weiß, was Letzteres ist, kann das Buch getrost trotzdem lesen, das Buch richtet sich (auch) an Physik-Laien und schafft es, schwierige Zusammenhänge verständlich zu vermitteln. Ein großer Pluspunkt des Buches!

Die ausgewählten Fragen rund um das Thema Universum bieten eine bunte Mischung von „Wo kommt das Universum her?“ bis hin zu „Leben wir in einer Computersimulation?“. Allerdings waren es für mich zu viele Kapitel, die sich um das Ende der Welt/des Universums/der Zeit drehen und damit etwas niederschlagend waren. Dafür habe ich ein paar grundlegende Basisinformationen vermisst wie: „Was ist Quantenphysik?“, „Wie sind unser Sonnensystem und das Universum aufgebaut?“ oder auch „Wie ist das mit Raum und Zeit und vor allem mit Raumzeit?“. Zwar tauchen diese Themen immer wieder auf und einiges wird im Lauf des Buches erklärt, aber ein paar Grundlagenfragen oder zumindest ein Glossar wäre hilfreich gewesen. Vielleicht werden diese Fragen ja im ersten Buch der beiden beantwortet „No idea – was wir noch nicht wissen“, doch das habe ich (leider noch) nicht gelesen.

Illustriert ist das Buch immer wieder mit witzigen Cartoons, die nicht nur unterhalten, sondern in erster Linie den Text verdeutlichen. Zusammen mit der einfachen und zugänglichen Sprache fand ich das sehr gut gemacht, denn so wird Physik auch für Laien zumindest einigermaßen verständlich. Die beiden Autoren bringen immer wieder nachvollziehbare Beispiele aus dem Alltagsleben, wobei der verschüttete Kaffee sehr oft herhalten musste ;-).

Fazit: ein verständliches und interessantes Buch mit physikalischen Antworten auf Fragen rund um das Universum. Auch wenn ich mir teilweise andere Schwerpunkte und vor allem mehr Astronomie gewünscht hätte, war es ein vergnügliches und lehrreiches Leseerlebnis und so vergebe ich gerne 4 Sterne.

Bewertung vom 01.01.2023
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


sehr gut

Der Roman erzählt die Höhen und Tiefen des Bergwerksdorfs Schlema im Erzgebirge anhand der fiktiven Familiengeschichte der Steiners. In der Gegenwart begleiten wir Luisa bei der Suche nach Antworten und abwechselnd dazu begegnen wir ihren Urgroßvater Wilhelm immer wieder im Lauf der Geschichte. An seinem Leben werden die stetigen Veränderungen in Schlema sehr anschaulich verdeutlicht.

Die Autorin vermittelt in ihrem Buch auf unterhaltsame Weise sehr viel Faktenwissen und wer sich – wie ich – für Bergbaugeschichte begeistern lässt, dem sei dieses Buch sehr ans Herz gelegt. Mehr Informationen finden sich höchstens in einem Sachbuch. Durch die enge Verbindung der Familien- mit der Bergbaugeschichte bin ich als Leser*in immer mitten drin im Geschehen und die „große“ Politik beeinflusst das „kleine“ Leben der Bergwerksleute und ihrer Familien.

Etwas schade fand ich, dass der emotionale Bezug zu den Figuren, die wir teilweise über viele Jahrzehnte hinweg begleiten, etwas zu kurz gekommen ist. Erst ganz am Ende wurde ich dann doch vom Schicksal der Steiners be- und angerührt. Durch den ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit fiel es mir auch nicht immer leicht, die Generationen zu unterscheiden. In einen Kapitel wird z. B. von der betagten Großtante Irma gesprochen, ein paar Sätze später tritt besagte Irma aufgeregt mit ihrer Backfischfreundin Martha ihre erste Stelle als Kurmädchen an. Da half der vorne abgebildete Familienstammbaum ungemein und ich habe immer wieder nachgeblättert.

Fazit: Sehr anschaulich und kurzweilig erzählte Bergbaugeschichte am Beispiel der Familie Steiner im Erzgebirge.

Bewertung vom 15.11.2022
Was nicht war, kann ja noch werden
Schmölzl, Lydia

Was nicht war, kann ja noch werden


gut

m Mittelpunkt des Buches steht Freya, die getreu des Titels „Was nicht war, kann ja noch werden“ in einer Art Midlife-Crisis versucht, die Stimmung aus ihrer Jugendzeit wiederzubeleben. Klingt nach einer unterhaltsamen Geschichte über eine Frau, die ihren Weg sucht. Das ist es auch, doch begeistern konnte mich das Buch nicht. Das lag vor allem an Freya, die für mich bis zum Schluss ein Rätsel blieb. Sie wirkt aufgedreht und wenig authentisch – in der Gegenwart und auch in den Rückblicken ins Jahr ihres Abiturs. Ihre Persönlichkeit bleibt hinter viel Geplapper und Aktionismus verborgen und auch wenn es dafür am Ende des Buches eine Erklärung gibt, konnte mich das (nicht mehr) überzeugen. Mit 19 ist ihr Verhalten gerade noch nachvollziehbar – mit 30 sollte man gerade im Umgang mit anderen zumindest etwas gereift sein.

Genauso widersprüchlich wie Freya finde ich das gesamte Buch. Zum einen möchte es gewollt komisch sein, zum anderen spricht es auch ernsthafte Themen an. Das ist erstmal positiv, doch leider kommen die Probleme zu geballt, ohne wirklich aufgearbeitet zu werden. Sie lösen sich irgendwann mehr oder weniger von selbst in Wohlgefallen auf, was ich unglaubwürdig fand. Dann lieber doch gleich weglassen. Auch Freyas Sehnsucht nach den Gefühlen ihrer Jugendzeit konnte ich nicht nachvollziehen: kann man die Vergangenheit wirklich so verklären?

Um die positiven Seiten nicht zu vergessen: das Buch hat schöne (und romantische) Szenen und liest sich sehr flüssig. Nachdem ich mich an Freyas „witzige“ Kommentare gewöhnt habe, habe ich es gerne gelesen. Super ist die abgedruckte Playlist (mit QR-Code zu Spotify) – genau mein Musikgeschmack :-)!

Fazit: Trotz gelüfteter Geheimnisse ergab sich am Ende für mich kein rundes Bild und so bleibt es ein kurzweiliges, aber wenig nachhaltiges Lesevergnügen.

Bewertung vom 01.11.2022
Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas
Innig, Katharina

Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas


ausgezeichnet

Der Autorin ist mit "Der Forscherin" ein wundervolles Buch gelungen, das uns Therese von Bayern, ihre Zeit und vor allem ihre Erlebnisse im Amazonasgebiet näherbringt. Es stecken viele geschichtlichen Details in dem Buch, die perfekt in die Romanhandlung eingewoben sind. Darüber hinaus lässt es sich ausgezeichnet lesen, so dass auch die Entspannung nicht zu kurz kommt.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen, die kapitelweise abwechseln. 1888 begleiten wir die Reisegesellschaft um Therese entlang des Amazonas, 1924 erleben wir eine gereifte Therese in ihrem Zuhause am Bodensee, als sie gemeinsam mit ihrer früheren (fiktiven) Begleitung Veronika auf die Brasilienreise zurückblickt. Meist tritt bei Büchern mit zwei Zeitebenen eine in den Vordergrund, doch hier bleiben beide bis zum Schluss ausgewogen und stehen gleichberechtigt nebeneinander. Das ist eine umso größere Kunst, da ich durch Titel, Cover und Buchbeschreibung auf die Erlebnisse in Südamerika eingestellt hatte und die Kapitel in Bayern eine große Überraschung waren. Doch gerade sie runden das Buch und vor allem das Leben von Therese wunderbar ab.

Durch das Buch durfte ich eine beeindruckende Frau und historische Persönlichkeit kennenlernen, die leider viel zu unbekannt ist. Das ist auch mein einziger Kritikpunkt am Buch: es ist zu kurz, ich hätte gerne so viel mehr über Therese erfahren. Auch die – teils fiktiven, teils historischen – Reisebegleiter Thereses und die Menschen, denen sie begegnet, sind sehr gut ausgearbeitet. Ich konnte mir nicht nur sie, sondern auch das Umfeld sehr gut vorstellen und fühlte mich mitten in der Geschichte.

Fazit: Ein sehr rundes Buch, das Wissen und Unterhaltung perfekt verbindet. Eine ganz klare Leseempfehlung und fünf Sterne von mir.

Bewertung vom 11.09.2022
Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1
Yokomizo, Seishi

Die rätselhaften Honjin-Morde / Kosuke Kindaichi ermittelt Bd.1


sehr gut

Solider japanischer Krimi im Stil Agatha Christies

Auf der Rückseite des Buches steht ein Zitat der Japan Times „… Vergleiche mit Sherlock Holmes sind absolut gerechtfertigt.“ Mit dem legendären Sherlock Holmes möchte ich das Buch nun nicht unbedingt vergleichen, aber mit einer anderen Meisterin des Cosy-Krimis, Agatha Christie, kann es meiner Meinung nach auf jeden Fall mithalten.

Wie bei Agatha Christie geht es vielmehr um genaue Beobachtungsgabe und schlaues Kombininieren als um blutige Tatbeschreibungen oder raffinierte technische Hilfsmittel. Vergleichbar ist auch die Handlungszeit 1937, nur dass dieses Buch nicht in England oder im Orient, sondern im ländlichen Japan spielt. Seishi Yokomizo ist ein bekannter japanischer Krimiautor, der diesen Auftaktband um den Detektiv Kosuke Kindaichi bereits 1973 in Japan veröffentlichte. Doch genau wie bei den Krimis von Agatha Christie ist die Handlung und ihre Aufklärung zeitlos und lässt sich heute noch genauso gut lesen wie damals. Natürlich gibt zahlreiche falsche Fährten, wobei von Anfang an der Kreis der Begrenzten begrenzt ist, was zum Miträtseln und Ermitteln einlädt.

Der sehr sympathische Erzähler ist der Autor selbst, der immer wieder die Leser auch direkt anspricht und mit an den Tatort nimmt. Er weist von Beginn an auf die Besonderheit des „Locked Room Murder Mystery“ hin und wird nicht müde, zahlreiche andere (literarische) Kriminalfälle dieser Art zum Vergleich heranzuziehen. Dieses Vorgehen hat mir immer wieder ein Schmunzeln entlockt, lockert es doch auf und bietet viele Querverweise.

Der für mich exotische Handlungsort Japan macht einen zusätzlichen Reiz der Geschichte aus. Ganz automatisch erfährt man viel über das Leben japanischer Höhergestellten auf dem Land kurz vor dem 2. Weltkrieg. Zahlreich auftretende japanische Wörter werden entweder leser/innen-freundlich direkt im Text erklärt oder lassen sich im Glossar nachschlagen. Auch ein Personenregister hilft bei der Orientierung. Zwar sind zumindest mir manche Handlungen der Protagonisten fremd, doch kann ich sie zumindest nachvollziehen. Auch der Plot ist zufriedenstellend, so dass ich das Buch mit befriedigt zugeklappt habe.

Fazit: Ein gut geschriebener solider japanischer Krimi im Stile Agatha Christies. Kein Highlight, aber ein schönes Lesevergnügen. Daumen hoch und vier Sterne.

Bewertung vom 26.08.2022
Matrix
Groff, Lauren

Matrix


ausgezeichnet

Außergewöhnlich und faszinierend
Ein ganz und gar ungewöhnliches, um nicht zu sagen außergewöhnliches Buch! Es lässt sich nicht in die ansonsten üblichen Bewertungsschemas „gefällt“ oder „gefällt nicht“ einordnen, da es nicht unbedingt „schön“, aber intelligent geschrieben und anregend, teilweise auch fordernd ist.

Ungewöhnlich ist es sowohl stilistisch als auch inhaltlich. Der Stil ist auf der einen Seite nüchtern, mehr distanzierte Erzählung als lebendiger Roman, mit durchgehend indirekter Rede. Oft mit langen, verschachtelten Sätzen. Auf der anderen Seite ist die Sprache wunderschön, fast poetisch. Der Rhythmus hat mich oft an ein Lied erinnert, ohne das aber an bestimmten Dingen festmachen zu können. Die Sprache trägt durch das Leben von Marie, einer jungen unehelichen französischen Adligen, die unfreiwillig zur Priorin eines abgelegenen englischen Klosters wird. Auch das ungewöhnlich - Klosterleben im 12. Jhd. ist üblicherweise kein Thema für heutige Bestseller.

Faszinierend fand ich, wie mich Maries Geschichte aus einer ganz anderen Zeit nicht nur in den Bann gezogen, sondern mir auch so viel zum heutigen Leben zu sagen hat bzw. mich viel zum Nachdenken anregt. Ganz unwillkürlich tauchten bei mir Fragen auf, nach der Kraft der Frauen z. B., nach dem sinnvollen Einbringen in eine Gemeinschaft oder aber auch nach Macht und wie viel davon für eine einzelne Person gut ist.

Das Buch fordert, ohne Frage. Man muss sich einlassen auf Marie, die viele unterschiedliche Seiten hat und nicht nur im Aussehen, sondern auch im Charakter kantig und sperrig ist. Man muss sich auch einlassen können auf ihre Art, die Welt zu sehen inkl. mystischer Erfahrungen und ganz eigener religiöser Anschauungen. Belohnt wird man dafür mit einem großartigen Buch, das sicherlich im Gedächtnis bleibt. Einige Längen im Mittelteil verzeihe ich da gern.

Erwähnen möchte ich noch, dass es Marie als Marie de France tatsächlich gegeben hat. Viel weiß man nicht mehr über sie, so dass die Darstellung größtenteils fiktiv ist. Doch dass es tatsächlich so gewesen hätte sein können macht das Buch für mich noch reizvoller.

Fazit: Ein außergewöhnliches und faszinierendes Buch, auf das man sich aber einlassen muss. Fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung für alle, die von Literatur mehr als nur „Unterhaltung“ wollen.

Bewertung vom 27.07.2022
Beifang
Simons, Martin

Beifang


gut

Differenzierte, aber wenig berührende Familiengeschichte

Der Titel klingt nach Fischfang und Meer, doch das Cover deutet den tatsächlichen Inhalt des Buches an: es geht um den Zechenort Beifang am Rande des Ruhrgebiets. Frank möchte nach dem Verkauf seines Elternhauses mehr über die Geschichte seines Vaters sowie Großvaters erfahren.

Es ist ein atmosphärisches und dichtes Buch, das sich fast ausschließlich auf die Spurensuche Franks beschränkt. Aus verschiedenen Perspektiven, in erster Linie von Franks Onkel und Tanten, wird die Person des Großvaters betrachtet. Die verschiedenen Erinnerungen und Hinterlassenschaften ergeben so nach und nach ein differenziertes Bild, in dem sich die eine Wahrheit nur schwer finden lässt.

Die Tiefe des Buches, in dem viel erzählt und wenig gewertet wird, hat mir gut gefallen. „Man macht ständig Kompromisse und merkte erst im Nachhinein, welcher davon der eine zu viel gewesen war.“ (Buch S. 219) Trotzdem fand ich es stellenweise anstrengend zu lesen. Immer wieder musste ich zurückblättern, wer bei den vielen Geschwistern wer ist bzw. wer was gesagt hat. Außerdem konnte es mich bis zum Ende nicht fesseln, die Personen blieben mir fremd und so haben mich auch die Erkenntnisse Franks wenig berührt. Es blieb bei mir (zu) wenig hängen.

Fazit: Eine sehr intensive Auseinandersetzung mit der Großelterngeneration. Sehr differenziert, aber auch anstrengend zu lesen. Letztlich bleibt für mich zu wenig zurück und so vergebe ich gerade noch drei Sterne.

Bewertung vom 16.05.2022
Selbstversorgung
Diederich, Marie

Selbstversorgung


sehr gut

Vorneweg: die Aufmachung des Buches ist toll. Sehr stabiles Hardcover mit Lesebändchen, dickes Papier mit einer angenehmen Haptik und durchgehend farbige Bilder, davon viele ganzseitig. Dazu farbig abgesetzte Seiten. Da rechtfertigt die hochwertige Ausstattung auch den hohen Preis. Allerdings hätte ich mir manchmal eine andere Bildauswahl gewünscht (dazu später mehr).

Wie bei anderen Ratgeberbüchern ist die Meinung über den Inhalt sehr individuell. Die eine findet genau das an Information, was sie sucht/braucht, der andere nicht. So ist auch meine Meinung sehr subjektiv. Ich kenne weder andere Sachbücher zu diesem Thema noch den Blog oder Videos der Autorin, so dass ich sehr unvoreingenommen an das Buch heranging.

Der „Untertitel“ des Buches: Dein eigenes Gemüse anbauen, mit Hühnern kuscheln, in selbstgebackenes Brot beißen tritt die Aufteilung sehr gut. Im größten Teil (ca. 2/3 des Buches) geht es um den Anbau von Gemüse und etwas Kräuter sowie Obst. Neben vielem Basiswissen wie Gartenplanung, Beetanlage oder Mulchen nehmen die sehr ausführlichen und detaillierten Pflanzenporträts großen Raum ein. Dabei unterscheidet die Autorin sehr charmant zwischen Pflanzen für Schnuppernächsen (Anfänger), Schwärmern (Fortgeschrittene) und Gemüseflüsterern (Profis). Ich habe zwar etwas Gartenerfahrung, konnte aber bei der Lektüre viel lernen und Neues erfahren.

Leider sind die Bereiche Kräuter und Obst mit nur wenigen Sorten meiner Meinung nach zu kurz gekommen. Dafür hätte ich persönlich gern auf die Tierhaltung – aufgegliedert in Hühner, Ziegen und Schafe – verzichtet. Das ist ja doch ein spezielles Thema und wäre wohl ausführlicher in einem eigenen Buch besser aufgehoben gewesen, auch wenn es eine gute Übersicht über die Grundlagen der Tierhaltung und Verarbeitung der tierischen Produkte gibt.

Mehr anfangen konnte ich wieder mit dem letzten großen Kapitel, dem Haltbarmachen von Gemüse und Obst sowie dem Brotbacken. Einkochen und Fermentieren war jahreszeitlich noch nicht drin, aber an das Backen mit Sauerteigbrot habe ich mich herangewagt und es hat nach ein paar kleineren Startschwierigkeiten gut funktioniert.

Insgesamt finde ich im Buch sehr viele verschiedene Informationen. Marie Diederich hat dabei ihre ganz eigene Methode zu gärtnern. Auch wenn ich sicher nicht alles so machen werde, konnte ich mir doch einiges abschauen. Nicht ganz glauben kann ich die Zeitangaben, selbst wenn mit viel Erfahrung sicherlich etliches schneller von der Hand geht. Aber z. B. drei Stunden wöchentlicher Aufwand für einen Selbstversorgergarten in einem 3-Personen-Haushalt finde ich zu gering angesetzt. Vielleicht im Jahresdurchschnitt, aber doch sicherlich nicht in der Hoch-Zeit im Frühjahr oder Sommer. Interessant und auflockernd fand ich die immer wieder eingeschobenen Texte, in denen sich die Autorin zu verschiedenen Themen rund um die Selbstversorgung Gedanken macht.

Ein ganz großes Plus ist der lockere Stil, in dem Marie Diederich schreibt. Als Leser*in werde ich persönlich angesprochen und die Texte kommen mir mehr wie ein Gespräch unter Freunden vor als ein Sachtext. So lassen sie sich ausgesprochen gut lesen. Dazu kommt Marie Diederichs sehr große Begeisterung, die durchgehend spürbar wird. Das motiviert ungemein und regt an, selber loszulegen und eigene Erfahrungen zu sammeln, egal wie die Umstände sind. So habe ich mich an das schon lang geplante und immer aufgeschobene Sauerteigbrot gewagt und es war längst nicht so schwierig und viel weniger zeitaufwändig als gedacht. Allerdings hätte ich mir hin und da doch noch etwas genauere Informationen und das ein oder andere hilfreiche (und nicht nur dekorative) Foto gewünscht.

Fazit: Sehr viele (hilfreiche) Informationen, eine tolle Aufmachung und vor allem spürbare Begeisterung der Autorin, die ansteckt. Einige Kritikpunkte habe ich aber trotzdem und so bleibt es bei vier sehr guten Sternen. :-)

Bewertung vom 13.03.2022
Kaiserstuhl
Glaser, Brigitte

Kaiserstuhl


ausgezeichnet

Ein tolles Buch! Eines, das mich total begeistert hat, denn es hat alles, was ich mir bei guten Büchern wünsche: eine packende (fiktive) Geschichte, die vor dem Hintergrund realer Historie erzählt wird; spannende Charaktere, die nicht einfach nur schwarz oder weiß sind und dazu ein anschaulicher Schreibstil, der mich mit vielen kleinen Details und Bildern in eine andere Lesewelt entführt.

Ihr merkt, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu schwärmen. Das Buch kurz zusammenzufassen ist für mich nahezu unmöglich, weil es so vielseitig ist. Deswegen sei hier ein Satz aus dem Klappentext des Buches zitiert:

„Kaiserstuhl erzählt von der heilenden Erfahrung, sich der Vergangenheit zu stellen und zu vergeben – und von den Anfängen des europäischen Traums.“

Das finde ich hervorragend auf den Punkt gebracht! Ergänzend sei nur noch gesagt es geht um das Leben im Grenzgebiet Deutschland/Frankreich nach und auch während des Krieges, wobei sowohl die große Politik als auch die kleinen Alltäglichkeiten 1962/1963 geschickt eingeflochten werden. Eines der weiteren großen Themen ist Champagner und Wein, ebenfalls etwas, was beide Länder eng miteinander verbindet. Als fiktiver roter Faden passt da die Suche nach einer verschwundenen Champagnerflasche sehr gut dazu.

Die Autorin schafft es bei aller Komplexität, die ganzen Fäden in der Hand zu behalten und alle Stränge in ein großes Ganzes einzubinden. Das finde ich angesichts der Vielzahl der angesprochenen Themen eine ganz große Kunst und damit ist ihr meiner Ansicht nach wirklich eine Meisterleistung gelungen.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen. Die Handlung ist auf einige wenige Hauptpersonen fokussiert, die wir durchgehend begleiten. So fügen sich alle anderen Stränge um Henny, Paul, Kätter und Kaspar wunderbar ein und das Buch verliert sich nicht in Nebenschauplätzen. Man muss sich einlassen können auf das Buch, es erfordert eine gewisse Konzentration. Belohnt wird man dafür mit einer sehr lesenswerten, komplexen und vielseitigen Geschichte. Die kurzen Kapitel haben mich immer wieder an einen Film erinnert – übrigens auch ein wiederkehrendes Thema des Buches – der in verschiedenen Szenen die Geschichte und ihre Hintergründe langsam entwickelt. Das passt hier perfekt.

Die Protagonisten sind nicht einfach. Sie haben alle ihre Erfahrungen gemacht und sind dadurch zu denen geworden, die sie im Gegenwartsstrang sind. Das fand ich sehr gut dargestellt, vor allem mit einer großen Tiefe. Überhaupt mag ich Protagonisten, die in Grautönen gezeichnet sind. Sie alle wachsen im Laufe des Buches und schaffen es, über ihren eigenen Schatten zu springen. Eine Entwicklung, die ich gerne mit ihnen gegangen bin.

Fazit: Ein Buch, über das ich noch lange schwärmen könnte. Für mich hat es perfekt gepasst und deswegen vergebe ich ausgezeichnete fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung an alle, die komplexe Geschichten aus der Nachkriegszeit mögen und sich gerne darauf einlassen.

Bewertung vom 23.01.2022
Gelassen leben
Middendorf, Katharina

Gelassen leben


ausgezeichnet

Punktgenaue Infos, hilfreiche Impulse und tolles Layout

Hinter dem unscheinbaren Cover verbirgt sich ein äußerst wertvoller Inhalt. Auf 220 Seiten gibt viele hilfreiche Informationen und Tipps zu den Themen Stress(vermeidung), Lebensfreude, Selbstliebe, Ausgeglichenheit, Kommunikation und Lebensgestaltung.

Dabei sind die Sachinformationen knapp und genau auf den Punkt zusammengefasst. Auf jeweils einer Doppelseite wird nur das Wesentliche präsentiert, so dass das Buch ein tolles Informations- und Nachschlagewerk zu den genannten Themen ist, ergänzt mit sinnvollen Impulsen. Wer darüber hinaus mehr wissen will, kann leicht nach den genannten Experten oder Stichpunkten im Internet suchen oder nutzt die angegebenen Webseiten. Eine perfekte Zusammenfassung auch von Inhalten, die mir schon bekannt waren. Etliches war für mich aber neu und einige Dinge habe ich zwar so wahrgenommen, hatte aber keine Benennung dafür. Da hat mir das Buch sehr geholfen.

Neben den Infoseiten gibt es sehr viele „Besser nicht“/“Viel besser“-Seiten, in denen positive und negative Verhaltensweisen gegenübergestellt werden. Diese immer mit tollen, aussagekräftigen Fotos, genauso wie der Rest des Buches. Diese Gestaltung des Buches begeistert mich genauso wie der Inhalt, denn es ist sehr übersichtlich strukturiert und absolut passend bebildert. Auch wenn die Seiten eine tolle Haptik haben hätte ich mir aber eine wertigere Ausstattung gewünscht, dann könnte das perfekte Layout noch besser zur Geltung kommen.

Für mich ist es kein Buch zum klassischen Durchlesen von vorne nach hinten, sondern ich nehme es immer wieder gerne zur Hand, blättere darin und lese die Punkte, bei denen ich hängenbleibe. So kann ich mich einlassen auf die gewinnbringenden Ideen und vielfältigen Tipps, die oft überdacht, verarbeitet und ausprobiert werden wollen.

Fazit: Ein enorm gewinnbringendes Buch mit vielen Informationen auf den Punkt gebracht und hilfreichen Impulsen, mehr Gelassenheit ins eigene Leben zu bringen. Leuten, die sich für das Thema interessieren, sehr zu empfehlen.