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smayrhofer

Bewertungen

Insgesamt 16 Bewertungen
12
Bewertung vom 10.12.2012
Blutsommer / Martin Abel Bd.1
Löffler, Rainer

Blutsommer / Martin Abel Bd.1


sehr gut

Der Herr der Puppen nennt sich der Mörder, den die ermittelnde Mordkommission und die lokale Presse aufgrund seiner Arbeitsweise schlicht den „Metzger“ nennt. Und seine Opfer sind die "Auserwählten" – man ahnt es schon, hier hat man mit einem Psychopathen zu tun, der keinen Spaß versteht. Der Familienausflug der Familie Lerch nimmt ein abruptes Ende, als die beiden jüngsten Töchter eine verweste Leiche entdecken, offensichtlich ein weiteres Opfer des "Metzgers", der in und um Köln herum bereits einige Menschen auf dem Gewissen hat.

Der zuständige Ermittler Konrad Greiner hält zwar nicht viel von neuen Polizeimethoden, aber trotzdem erhält auf Vermittlung von Frank Kessler, Leiter der operativen Fallanalyse (OFA) im LKA Baden-Württemberg, Unterstützung von Martin Abel. Der wiederum ist ein ausgewiesener Spezialist auf dem Gebiet der OFA, aber auch ein ziemlicher Eigenbrötler. Und ausgerechnet er soll im Zuge der Ermittlungen sein Wissen an eine neue Kollegin weitergeben: Hannah Christ hat sich in den Kopf gesetzt, nur mit dem Besten seines Fachs zusammen zu arbeiten, auch wenn es bedeutet, mit einem Stinkstiefel wie Abel auszukommen.

Dieses Buch hat mich im großen und ganzen überzeugt. Ein Psychopath und ein eigenwilliger Ermittler sind zwar nicht unbedingt bahnbrechende Elemente der einschlägigen Krimiliteratur, aber der Autor schafft es mit seinem Erstlingswerk trotzdem, von Anfang an Spannung aufzubauen und eine gewisse Neugier zu wecken. Trotz - oder gerade wegen - der einfachen Sprache gelingt ihm dies auch bis zum Schluss, wobei noch geschickt einige falsch gelegte Fährten und Wendungen eingebaut wurden. Nebenbei wird dann auch noch die traurige Vergangenheit und damit die (zweifelhafte) Motivation des Täters beleuchtet.

Bezüglich des eigentlichen Falles sollte man erwähnen, dass man nicht allzu zart besaitet sein sollte, denn wenn man einen Mörder „Metzger“ nennt, kann man sich halbwegs vorstellen, was einen auf 490 Seiten erwartet. Und auch wenn man nach Lektüre zu dem Schluss kommt, dass das alles doch allzu stark übertrieben sei, holt einen der Autor mit dem Nachwort wieder in die Realität zurück, denn auch da gab und gibt es genug Schlagzeilen dieser Art. Vielleicht holt sich da Herr Löffler weitere Inspirationen und lässt Martin Abel noch den einen oder anderen Fall lösen – ich würde es begrüßen!

5 von 8 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.08.2012
Toter geht's nicht / Henning Bröhmann Bd.1
Faber, Dietrich

Toter geht's nicht / Henning Bröhmann Bd.1


sehr gut

Kriminalhauptkommissar Henning Bröhmann ist ein Verlierer-Typ. Seinen Job hat er nicht im Griff, seine Kinder mögen ihn nicht und sein Hund gehorcht ihm nicht. Zu allem Überfluss wird just zu dem Zeitpunkt, als ihn seine Frau verlässt und mit den Kindern sitzen lässt, eine Leiche entdeckt. Wo doch sonst im oberhessischen Vogelsberg kriminaltechnisch nichts los ist! Und der Tote war ausgerechnet als Sensenmann auf dem Karnevalsumzug unterwegs, also toter geht’s wirklich nicht! Fortan versucht Henning, den Spagat zwischen einem Mordfall, der Organisation der Kinderbetreuung und einer scheinbar gescheiterten Ehe zustande zu bringen.

Autor Dietrich Faber lässt in seinem Erstlingswerk seine Hauptfigur Henning Bröhmann als zum Teil sarkastischen Ich-Erzähler auftreten, der trotzdem sympathisch rüberkommt. Dieser Erzählstil hat natürlich auch Auswirkung auf die Beschreibung der anderen Figuren, die auf diese Weise sehr plastisch und witzig erfolgt. Zwischendurch hat auch Hennings Frau Franziska Gelegenheit, mit kleinen Einschüben ihre Gedanken mitzuteilen, wodurch eine zweite Sichtweise ermöglicht wird. Hier hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle etwas mehr erhofft. Das etwas überraschende Ende ist aber dann wieder ein Pluspunkt.

Alles in allem mehr Komödie als Krimi, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch bereitet. Man darf hoffen, dass uns Dietrich Faber noch mit weiteren Fällen des sympatischen Ermittlers beglückt.

Bewertung vom 22.03.2012
Eine Frau bei 1000° - Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson
Helgason, Hallgrímur

Eine Frau bei 1000° - Roman. Aus den Memoiren der Herbjörg María Björnsson


gut

Herbjörg Maria Björnsson, Jahrgang 1929, lebt in einer Garage und wartet auf den Tod. Ihre ständigen Begleiter sind Zigaretten, ein Laptop und eine Handgranate, die ihr im zweiten Weltkrieg "in die Hände gefallen" ist. Neben den täglichen Besuchen von zwei Pflegerinnen hält sie mit dem Laptop Kontakt zur Außenwelt (Facebook lässt grüßen); auf Sauerstoffversorgung verzichtet sie, da ihr die tägliche Nikotindosis wichtiger ist. In mehreren nicht chronologischen Zeitsprüngen lässt sie ihr Leben vorbei ziehen und berichtet in ihrer sehr direkten, teils derben und ordinären Sprache von diversen Begegnungen und Begebenheiten, die sie und ihr Leben geprägt haben. Die Erlebnisse des zweiten Weltkrieges nehmen dabei eine herausragende Stellung ein.

Dieses Buch lässt mich etwas ratlos zurück. Nach dem fulminanten Einstieg mit dem ersten Kapitel waren die Erwartungen an dieses Buch entsprechend hoch. Diese konnten jedoch nur zum Teil erfüllt werden. Wer nach dem ersten Kapitel ein Feuerwerk an skurrilem Humor erwartet, wird nach dem Lesen wohl etwas enttäuscht sein. Aufgrund der Leseprobe und des Klappentextes erwartet man die Lebensgeschichte einer Frau, die Zeit ihres Lebens nichts anbrennen ließ. Stattdessen lernt man eine Frau näher kennen, die anscheinend jedes Unglück magisch anzuziehen scheint. Besonders die detailliert geschilderten Schrecken des zweiten Weltkrieges verlangen dem Leser einiges ab. Und so weicht dieser skurrile Humor der alten Dame mit der Zeit einer Mischung aus Kampfeslust, Selbstmitleid und Resignation.

Die nicht chronologischen Zeitsprünge und Rückblenden haben mir den Zugang zu diesem Werk erschwert, und so fiel es mir schwer, den roten Faden zu erkennen und zu verfolgen. Zudem tauchen immer wieder neue Personen auf, deren für uns ungewohnte Namen zusätzlich für Verwirrung sorgen. Und nicht zuletzt legt der Autor seiner Protagonistin eine derart derbe und ordinäre Sprache in den Mund, die man einer bettlägerigen 80jährigen Frau nicht so ohne weiteres zutraut.

„Eine Frau bei 1000°“ ist definitiv kein einfaches Buch. Trotz der beschriebenen Schwächen im Aufbau eine Lebensgeschichte, die einen nicht kalt lässt.

Bewertung vom 25.01.2012
Nichtschwimmer
Wegener, Felix; Stolz, Matthias

Nichtschwimmer


gut

Prostata trifft Zeugungsschwäche - so beschreibt Felix Wegener die im Wartezimmer einer urologischen Praxis versammelte Patientenschar. Der Hauptdarsteller des Buches „Nichtschwimmer“ Felix fühlt sich zu keiner der beiden Gruppen zugehörig, aber zuliebe seiner Freundin Sonja lässt er sich – nach einigem Zögern – untersuchen, um jegliche Zweifel an seiner Zeugungsfähigkeit auszuräumen. Denn Felix und Sonja wünschen sich ein Kind, und nachdem bei Sonja biologisch alles in Ordnung zu sein scheint, muss der „Defekt“ bei Felix liegen. Und so ist es dann leider auch. Fortan nehmen wir teil an der Leidensgeschichte und dem Kampf um das Vater- bzw. Mutterglück und erfahren einiges über den aktuellen Stand in der Reproduktionsmedizin und ihren Auswirkungen, hier insbesondere auf die Beziehung zwischen Sonja und Felix.

Es soll an dieser Stelle natürlich noch nicht verraten werden, wie die Geschichte weiter- bzw. ausgeht. Es handelt sich laut Epilog um eine wahre Geschichte. Sie ist flüssig und mit viel Augenzwinkern geschrieben worden, ohne in den Klamauk abzurutschen. Obwohl die Geschichte aus der Sicht des Mannes geschrieben wurde, kommen auch Motive und Gefühle der Frau nicht zu kurz. Insofern ist dies ein Buch für Männer und Frauen gleichermaßen. Darüber hinaus ist es sowohl für Betroffene (also Paare mit ähnlichen Problemen wie Sonja und Felix) als auch für „Unbeteiligte“ eine lehrreiche und unterhaltsame Lektüre.

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