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Benutzername: 
sunmachinery
Wohnort: 
Hessen

Bewertungen

Insgesamt 65 Bewertungen
Bewertung vom 17.05.2013
Coal
Leprous

Coal


gut

Überambitioniert.
Diese Umschreibung bringt das neue Werk der mittlerweile auf Quartettgrösse geschrumpften Norweger auf den Punkt. Das 2011er Werk "Bilateral" ist ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht, insofern war ich auf ein neues Lebenszeichen von LEPROUS sehr gespannt; ich war allerdings nicht darauf gefasst, dass die Band uns einen so schwer verdaulichen musikalischen Brocken um die Ohren hauen wird.
Ein Album von LEPROUS ist kein Spaziergang, soviel ist klar, und natürlich lässt sich der bandtypische Streifzug durch alle möglichen (und unmöglichen) Stilrichtungen nicht mit wenigen Hördurchläufen erfassen, aber anders als auf "Bilateral" haben es LEPROUS auf "Coal" doch deutlich übertrieben. Sicher, "Coal" zeichnet sich durch eine schier übermenschliche Kreativität aus; die Band versucht erst gar nicht, "Bilateral" auch nur ansatzweise zu kopieren, und über die handwerklichen Fähigkeiten oder Einar Solbergs überragende Stimme muss man nicht diskutieren.
Allerdings haben LEPROUS es dieses Mal über weite Strecken nicht geschafft, ihr reichlich vorhandenes Potential und die teilweise brillanten Ideen so zu kanalisieren, dass am Ende solche Songs entstehen, die mich auf den letzten Alben so unwiderstehlich in ihren Bann gezogen haben. So findet der geneigte Zuhörer hier eine wilde Sammlung von Fragmenten, die auf dem Weg zum Meisterwerk irgendwo zwischen Ideenskizze und Song hängengeblieben scheinen. Die Arrangements erscheinen mir größtenteils gewollt komplex und undurchsichtig, so dass die bisherige LEPROUS'sche Leichtigkeit und die trotz allen Wahnsinns stets gegenwärtige Nachvollziehbarkeit hier einer verkopften Krampfhaftigkeit gewichen ist, die dafür sorgt, dass man sich das Album mühsam erarbeiten muss.
Diese Mühseligkeit wird noch dadurch unterstützt, dass viele Parts absolut unnötig in die Länge gezogen werden - so wirkt der Opener "Foe" wie ein Intro mit schier endlos nerviger Wiederholung des Schlussteils; ein Stilmittel, das sich auch in dem zweiten Song "Chronic" wieder findet. Auch das ansonsten fantastische "The Valley" wird durch einen künstlich gestreckten Mittelteil völlig verdorben, und der zunächst hypnotische Charakter dieses Parts weicht schnell einem Jungs-kommt-mal-zum-Punkt - Gefühl. Und genau dieses Gefühl ist es, das die ersten fünf Songs des Albums wie ein roter Faden durchzieht und den Zuhörer einigermaßen hilflos zurücklässt.
Doch bei den anschließenden Tracks besinnen sich LEPROUS endlich auf ihre Stärken: das relaxt-sphärische "Salt", der derbe Math-Metal Rausschmeißer "Contaminate Me" und das schlicht überwältigend großartige "Echo" (DER herausragende Song des Albums), können auf ganzer Linie begeistern und zeigen die Band in gewohnter (und ansonsten auf „Coal“ schmerzlich vermisster Bestform. Ich möchte nicht behaupten, dass diese drei Songs alleine den Kauf rechtfertigen würden, allerdings hieven sie das Album aus der Mittelmäßigkeit, und würde das auf diesen drei Songs gebotene Niveau auf Albumlänge gehalten, könnte man "Coal" getrost als weiteres Meisterwerk einer außergewöhnlichen Band bezeichnen; anders als "Bilateral", aber zumindest ebenbürtig.
Aber da die restlichen fünf Songs den Erwartungen (zumindest meinen) in keinster Weise gerecht werden, und ich sogar versucht bin, zwei Songs als Totalausfall zu bewerten, fällt es mir schwer, eine uneingeschränkte Empfehlung für "Coal" auszusprechen. LEPROUS Fans sollten das Album auf jeden Fall antesten; allen anderen Interessierten rate ich eher zu "Bilateral".

Bewertung vom 26.02.2013
Sacrifice
Saxon

Sacrifice


sehr gut

Ich gebe es unumwunden zu: Ich bin in den 80ern aufgewachsen, und "Wheels Of Steel" hat damals für mich als heranwachsenden Headbanger die Welt für immer verändert. Insofern ist natürlich jedes neue Album von SAXON immer mit einer nostalgischen Verklärtheit zu bewerten, aber es steht außer Frage, dass das britische Heavy Metal Schlachtschiff, nach einigen abgrundtief schlechten Veröffentlichungen mit "Solid Ball Of Rock" wieder Fahrt aufgenommen hat, und spätestens seit dem 97er Output "Unleash The Beast" mit der Präzision eines Uhrwerks mindestens sehr gute, teilweise sogar überragende Alben ("The Inner Sanctum"!) veröffentlicht. Sicherlich können die "neuen" SAXON nicht an die ersten fünf Alben anknüpfen, aber zumindest haben SAXON in der heutigen Metalwelt noch immer ein nicht unentscheidendes Wörtchen mitzureden; und wie viele Bands können das nach über 32 Jahren schon von sich behaupten?

Das neue Werk "Sacrifice" bietet altbekanntes in neuem Gewand; SAXON liefern, ohne sich selbst zu kopieren, genau das ab, was man von ihnen erwartet. Und das ohne sich selbst untreu zu werden. Und natürlich hat die Band auch diesmal wieder eine handvoll Hymnen für die Ewigkeit am Start, die sich sicher noch einige Zeit in der Setlist tummeln werden: Allen voran das epische "Guardians Of The Tomb", (das beweist, dass SAXON noch nichts von Ihrer Magie verloren haben), der Schädelspalter "Warrior Of The Road", die Oldschool Hymne "Stand Up And Fight" und das Riffgewitter "Sacrifice". "Night Of The Wolf" (das mich irgendwie an "Nightmare" vom "Power & The Glory" Album erinnert) und das mit einem erbarmenswürdig einfallslosen Refrain ausgestattete "Made In Belfast" kann man mit dem Prädikat "gut" versehen. Die beiden schleppenden Songs "Walking The Steel" und "Wheels Of Terror" dagegen sind Lückenfüller, die keiner braucht, und der stampfende Rausschmeißer "Standing In A Queue" mag im Liveset für ausgerenkte Nackenwirbel sorgen, kommt aber auf CD doch eher altbacken und unbeholfen rüber.
Fazit: 4x Edelmetall, 2x gut, 3x ...nun...überflüssig. Macht im Schnitt (unter Beachtung der „nostalgischen Verklärtheit“) eine klare Kaufempfehlung; für SAXON Fans ist das Album ohnehin eine Pflichtübung - die durch das limitierte Digibook noch abgerundet wird, denn hier gibt es auf einer Bonus CD noch mal 5 "Revisited Classic Tracks", die man alleine wegen der atemberaubenden Akustik-Version von "Frozen Rainbow" (YEEEEAAAHHHH!!!!!!) haben MUSS!

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Bewertung vom 08.07.2012
Psalms For The Dead
Candlemass

Psalms For The Dead


gut

Ich kann nur hoffen, dass die schwedische Doom-Legende CANDLEMASS ihre Ankündigung, "Psalms For The Dead" wäre ihr letztes Studio-Album, nicht einhält - es wäre sehr schade, wenn der Schwanengesang von CANDLEMASS (zumindest was die Studioarbeit betrifft, denn an der Live-Front soll uns die Band ja weiterhin erhalten bleiben) eines der schlechteren Outputs ihrer Karriere darstellt. Es dürfte klar sein, dass "Epicus Doomicus Metallicus" nicht zu toppen ist, insofern sollte man nicht jede CANDLEMASS-Veröffentlichung an dem Debutalbum messen. Aber neben den 80er Alben mit Messiah Marcolin (und dem sträflich unterbewerteten "Chapter VI" Album) hat die Band seit der Reunion 2005 drei phantastische Alben auf die Doom-Gemeinde losgelassen - vor allem "Death Magic Doom", das ich als bestes CANDLEMASS-Album (nach dem Debut...natürlich!) bezeichnen würde. Und in direktem Vergleich mit "Death Magic Doom" hinterlässt "Psalms For The Dead" einen eher zwiespältigen Eindruck - was allerdings nicht an dem überraschenden neuen Element im Sound der Band liegt: Keyboards. Davon machen CANDLEMASS auf "Psalm For The Dead" reichlich Gebrauch, meist mit prägnantem 70er Hammond Sound, was Songs wie "Siren Song" oder dem fantastischen "Dancing In The Temple (Of The Mad Queen Bee)" sehr gut zu Gesicht steht und ein fast schon URIAH HEEP mäßiges Flair versprüht. Auch der treibende Opener "Prophet" oder das episch-erhabene "Psalms For The Dead" (sicher das absolute Highlight des Albums) zeigen CANDLEMASS in überragender Bestform und sind der angekündigten letzten Studioveröffentlichung dieser Legende von Band würdig. Aber der Rest des Albums ist es, der mir Bauchschmerzen bereitet. Das zu lang geratene "Waterwitch" ist noch recht gut und erinnert vom Aufbau her sehr stark an "Demon Of The Deep" vom Vorgängeralbum, allerdings ohne dessen Klasse zu erreichen. Aber "The Lights Of Thebe", "The Killing Of The Sun" (mit dem peinlichsten "Paranoid" Ripp-Off-Riff aller Zeiten), "The Sound Of Dying Demons" und "Black As Time" sind, schlicht und ergreifend, für CANDLEMASS-Verhältnisse erstaunlich schwach. Zwar haben diese Songs alle ihre guten Momente, aber unterm Strich reicht mir das nicht. Vielleicht waren meine Erwartungen nach "King Of The Grey Islands" und "Death Magic Doom", in Verbindung mit der Ankündigung des letzten Studioalbums, auch zu hoch gesteckt; habe ich doch einen Hammer of Doom erwartet, der alles wegfegt. Dieser Erwartung wird "Psalms For The Dead" allerdings leider nur zum Teil gerecht. Bleibt zu hoffen, dass CANDLEMASS es sich doch anders überlegen und noch zumindest ein weiteres Album nachschieben. Nur Eins noch. Bitte....

Bewertung vom 08.07.2012
20/20
Saga

20/20


sehr gut

Was gut ist, kommt wieder. Unter diesem Motto könnte man Michael Sadlers Rückkehr zu SAGA vor gut eineinhalb Jahren und die Veröffentlichung des nunmehr 20. Studioalbums der Kanadier zusammenfassen. Also alles wieder beim Alten? Mitnichten, denn so einfach lässt sich das Rad der Zeit natürlich nicht zurückdrehen, und egal, ob man das wahrhaben will oder nicht: SAGA werden Zeitlebens an Ihrem frühen, Richtungsweisenden Wirken auf den ersten 5 Studioalben gemessen. Das mag natürlich unfair erscheinen, denn auch nach 1983 gibt es neben diversen Tiefpunkten auch genügend hochkarätige Veröffentlichungen im Backkatalog der Band. Und zu letzteren gesellt sich nun auch das neue Output "20/20", welches, soviel kann schon jetzt mit Sicherheit gesagt werden, das Zeug zum Bandklassiker hat. "20/20" bietet alles, was SAGA jemals ausgemacht hat, in komprimierter, fast schon verbesserter Form, auf den Punkt gebracht und mit einer umwerfenden Spielfreude dargeboten, so dass man fast versucht sein könnte zu glauben, hier handele es sich um eine junge, hungrige Band, und nicht um alte Hasen. Doch nicht nur das: SAGA haben gehörig an der Härteschraube gedreht, und das Songwriting gestaltet sich experimentierfreudiger, ausgefeilter und "progressiver" im eigentlichen Sinne des Wortes als noch auf den letzten Alben. Und das alles, ohne die für SAGA typische Leichtigkeit der Kompositionen oder das Gespür für griffige Arrangements zu verlieren. Es wäre vermessen, hier vom besten SAGA - Album zu sprechen, auch wenn man sich in den ersten Begeisterungsstürmen dazu verleitet sieht. Aber definitiv ist "20/20" ein überragendes Album, das ohne weiteres neben den Klassikern "Worlds Apart", "Images At Twilight" oder "The Security Of Illusion" bestehen wird.

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