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VolkerM

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Insgesamt 200 Bewertungen
Bewertung vom 27.10.2025
Fabcaro;Conrad, Didier

Asterix in Lusitanien / Asterix Bd.41


sehr gut

Diesmal rufen keine Briten, Ägypter oder Schweizer die unbeugsamen Gallier zur Hilfe, nein es sind die Portugiesen, Verzeihung, die Lusitanier. Asterix und Obelix müssen einen unschuldig im Kerker sitzenden Garum-Produzenten vor den Löwen retten, was ihnen selbstverständlich nach einigen Umwegen gelingt. Obelix fremdelt wie üblich mit den lokalen Lebensmitteln, es gibt ein paar Prügeleien mit den Römern und die Begegnung mit dem einschlägigen Piratenschiff lässt auch nicht lange auf sich warten, man reist schließlich übers Meer. Überraschend ist dagegen, dass der dunkelhäutige Pirat im Ausguck plötzlich ein „R“ spricht, nach über 50 Jahren quasi eine Wunderheilung, allein bewirkt durch die woke Empörungsindustrie. „O tempore, o mores“ kommentiert der Kapitän ironisch.

„Asterix bei den Lusitaniern“ bedient sich der altbewährten Strategie, einen malerischen Landstrich mit charakteristischen Traditionen freundlich klischeehaft auf den Arm zu nehmen, immer gewürzt mit einem bisschen aktuellen Zeitgeist. Diesmal ist es die Globalisierung, die im Römischen Reich eine Blüte erreichte und in deren Mahlwerk der Garum-Produzent Schaõprozes gerät. Der international agierende Großproduzent Fetterbonus will ihn mit allen Mitteln aus dem lukrativen Geschäft mit Caesars Palastküche drängen. Nicht alle Namensgebungen sind so originell und gelungen, wie von diesen beiden, aber der Übersetzer hat sich erkennbar Mühe gegeben, den Witz in die Deutsche Sprache zu übertragen. Bei der „weißen Iris“ waren einfach zu viele französische Wortspiele verarbeitet, die sich quasi nicht übersetzen ließen, da hat der Autor Fabcaro diesmal etwas mehr Rücksicht genommen. Trotzdem zündet nicht jeder Gag, denn es ist vieles vorhersehbar und nicht wenige Jokes sind einfach aus den klassischen Goscinny-Alben kopiert. Wiedersehen macht zwar Freude, originelle neue Ideen aber noch mehr. Dabei können die beiden, Fabcaro und Conrad, wenn sie wollen: Es gibt wirklich lustige Szenen, wie die Anmeldeprozedur am Fabrikeingang, das im Wohnkarren durch Lusitanien reisende Rentnerehepaar oder das hippe Business-Latein, das man in der Werbeabteilung von Garum Lupus ® spricht. Davon bitte mehr, dann gibt es von mir auch wieder 5 Sterne. Fazit: Nette Unterhaltung, aber auf eine Goscinny-Reinkarnation wartet die Gemeinde derzeit noch vergebens.

3 von 4 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.10.2025
Berners-Lee, Tim

This Is for Everyone


ausgezeichnet

Tim Berners-Lee erzählt in „This Is for Everyone“ die Entstehungsgeschichte des World Wide Web aus persönlicher Perspektive und zieht eine kritische Bilanz seiner Erfindung. Er beginnt mit Einblicken in sein familiäres Umfeld, das von Technik und Forschungsdrang geprägt war und seine frühe Neugier auf Informationssysteme förderte. Bei seiner Zeit am CERN führte die praktische Notwendigkeit, weltweit verteilte Forschungsdaten zu verknüpfen, 1989 zur Idee eines offenen Hypertext-Systems, aus dem das Web entstand.

Nach der Veröffentlichung des Webs setzte Berners-Lee auf Offenheit statt auf proprietäre Kontrolle und half bei der Gründung des World Wide Web Consortium (W3C). Dort arbeitete er an der Entwicklung offener Standards, die Interoperabilität und Zugänglichkeit sichern sollen. Sein Leitgedanke war, ein Netz zu schaffen, das für alle funktioniert und auf gemeinsamen Regeln basiert („This is for Eyeryone“).

Ab etwa 2012 beschreibt Berners-Lee eine Kehrseite: Große Technologieunternehmen gewinnen an Macht, zentrale Plattformen verdrängen dezentrale Strukturen, und das Individuum rückt aus dem Mittelpunkt. Diese Entwicklung bedroht die ursprüngliche „Seele“ des Internets. Ergänzend diskutiert er, wie KI die Suche und Informationsverteilung verändert, personalisierte Algorithmen Filterblasen verstärken und damit den demokratischen Diskurs belasten. Er geht detailliert auf die Chancen und Risiken der KI ein und bewertet sie neutral und nachvollziehbar. Parallel dazu sieht er einen massiven Vertrauensverlust in Medien, Regierung, Wirtschaft und Wissenschaft, wodurch traditionelle Quellen an Autorität verlieren und eine aggressive Streitkultur aufkommt, die er als „feindseligen Aktivismus“ beschreibt.

Als praktische Reaktion auf die Machtkonzentration stellt Berners-Lee sein Solid-Projekt vor, dass ihm sehr am Herzen liegt und vielversprechend klingt. Solid setzt auf persönliche Datenspeicher, sogenannte „Data Wallets“, in denen Nutzer ihre Daten kontrollieren und selektiv freigeben. Ziel ist, die Hoheit über persönliche Informationen vom Plattformbetreiber zurück zum Individuum zu verlagern. In einer Zeit, in der Künstliche Intelligenz umfangreiche Nutzerdaten auswertet, erscheint dieses Konzept wichtig, um Privatsphäre, Transparenz und Selbstbestimmung im Netz zu stärken. Es bleibt zu hoffen, dass sich diese Idee von Berners-Lee durchsetzen wird und die Nutzer zukünftig wieder selbst über ihre Daten bestimmen können.

Das Buch hat mich durch seinen persönlichen Ton, lebendige Sprache und größtenteils unterhaltsame Leichtigkeit überzeugt. Pointierte Anekdoten bereichern den Text und sorgen für angenehme Abwechslung. Die deutsche Übersetzung ist hervorragend gelungen und verwendet eine durchgehend genderneutrale Sprache. Technische Erklärungen sind bemüht einfach gehalten, können für weniger technikaffine Leser aber gelegentlich herausfordernd sein. Insgesamt gelingt es dem Autor jedoch, auch komplexe Themen verständlich zu vermitteln.

Das Buch bietet eine persönliche, gut lesbare und kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte und Zukunft des Webs; leichte Verständnisschwierigkeiten bei technischen Passagen mindern den Wert nur geringfügig.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2025

MORE LOVING


sehr gut

Den Vorgängerband „Loving“ fand ich sensationell. Es war im wahren Sinn eine Entdeckung, denn niemals hätte ich erwartet, dass es so viele Zeugnisse schwuler Beziehungen aus einer Zeit gab, in der Homosexualität noch schwer bestraft wurde. Wer traute sich damals schon, Beweise für sein „kriminelles Verhalten“ mit sich herumzutragen? Es sind völlig unwahrscheinliche Funde, die Hugh Nini und Neal Treadwell auf Flohmärkten und in Antiquitätenläden in Europa und Nordamerika gemacht haben. Keine Fotos, die man in Familienalben steckte, sondern heimlich in Brieftaschen aufbewahrte oder unters Kopfkissen steckte. Es sind echte Raritäten aus der Zeit zwischen 1850 und 1950 und es sind Dokumente einer verbotenen Liebe, die so stark war, dass sie es als Bedürfnis sah, Spuren zu hinterlassen.

„More Loving“ ist die Fortsetzung des Themas, bestückt aus derselben Sammlung und ähnlich strukturiert. Der Band zeigt wieder anrührende Beispiele, deren Auswahlkriterium der Blick der Verliebten ist, eine offenkundige Zuneigung und Vertrautheit, die über reine Freundschaft hinausgeht. Aber man sieht auch eindeutige Berührungen und verschlüsselte Liebessymbolik, vom Hochzeitsstrauß bis zum Sonnenschirm, der im 19. Jahrhundert für Geborgenheit stand. Die Protagonisten erscheinen im neuen Band insgesamt selbstbewusster, was natürlich schön für sie war, dem Betrachter aber manchmal die Freude der bewussten Entdeckung nimmt. Ein verzagter Blick in Richtung Kamera, während man(n) heimlich Händchen hält, ist nun mal viel anrührender als ein stürmischer Kuss. Die leisen Töne überwiegen jedoch, wie bei dem Foto eines eng umschlungenen Pärchens unter einem Baum, deren Alibi-Freundinnen links und rechts hinter dem Baumstamm stehen und man aus ihren Blicken ablesen kann, dass ihnen gerade die Vergeblichkeit ihres Werbens klar zu werden beginnt. Ein kleines Bild – ein großes Drama.

Lesern, die keinen der beiden Bände kennen, würde ich „Loving“ empfehlen: Zum einen ist die Bildschärfe der Originalfotos im ersten Band tendenziell besser, zum anderen kann man einige der „neuen“ Szenen auch ganz ohne homoerotische Zwischentöne lesen. Sie scheinen eher aus familiären Zusammenhängen zu stammen oder werden auch einfach nur durch die räumliche Nähe zu den anderen Fotos kontextuell „aufgeladen“. Das gibt es im ersten Band nicht. „More Loving“ ist eine schöne Fortsetzung, nur nicht überraschend neu.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.10.2025
Rosendahl, Wilfried;Hübner, Tom;Spindler, Frederik

SaurierZeitReise Deutschland


ausgezeichnet

Bei Dinosauriern denkt man zuerst mal an die USA und China, dann vielleicht noch an Argentinien und dann lange an nichts mehr. „SaurierZeitReise Deutschland“ ist da ein echter Augenöffner mit fast 70 Museen und Ausstellungen, die teilweise Weltgeltung haben. Denn auch in Deutschland gibt Dinosaurierfundstätten und einige der bedeutendsten Dinosauriersammlungen kann man hier besuchen. Die meisten liegen in der Südhälfte, weil hier auch die meisten Funde herstammen.

Jeder Museumssteckbrief passt auf genau eine Textseite, gefolgt von einigen Bildseiten. Die Autoren fassen kurz und bündig jeweils die inhaltlichen Schwerpunkte der Sammlung zusammen, beschreiben Highlights und didaktische Konzepte. Erfreulicherweise erwähnen sie auch, ob es sich bei den Ausstellungsstücken um Abgüsse oder Originale handelt, was man aus den Fotos ja nicht ableiten kann. Ein Fokus liegt auf der Fundhistorie, denn nicht wenige Saurierarten wurden erstmals aus Deutschland beschrieben, einige gibt es sogar nur hier. Das heißt aber nicht, dass der Blick nicht auch international wäre, denn vor allem die auf Evolution spezialisierten Museen haben teilweise spektakuläre Stücke auf dem internationalen Markt erworben, vom Original T-Rex bis zum marokkanischen Mosasaurus. China taucht übrigens so gut wie nicht auf. Das Land verbietet den Export von Fossilien kategorisch, weshalb solche Stücke nur in privaten Sammlungen und da meist illegal zu finden sind.
Keine Informationen gibt es zu Adressen, Öffnungszeiten oder Eintrittspreisen, aber da hilft das Internet schnell weiter. Als grobe Orientierung zur regionalen Lage hilft die Übersichtskarte nach dem Einleitungskapitel.

Angesichts der allgemeinen Saurierbegeisterung ist es verwunderlich, dass vorher noch niemand auf die Idee für dieses Buch gekommen ist. Die Umsetzung ist fachlich fundiert, sehr informativ und aussagekräftig. Man weiß anschließend ziemlich genau, was einen erwartet. Eine Fundgrube für alle Dino-Fans, die für die Highlights ihres Hobbys nicht gleich um die ganze Welt fahren wollen, denn manchmal liegt das Glück auch vor der Haustür.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.10.2025
Hofbauer, Günter;Zhou, Ruimei

Künstliche Intelligenz für Alltag und Beruf


weniger gut

Bereits nach dem ersten Kapitel keimte in mir der Verdacht, dass ChatGPT maßgeblich an der Entstehung des Buches beteiligt war, da sich bestimmte Merkmale von KI-generierten Texten häuften. Ein Blick in die kurze ‚Gebrauchsanleitung‘ im Anhang hat den Verdacht bestätigt. Hier findet sich folgender "Transparenzhinweis“ (Zitat): „Wir haben bei unseren Recherchen auch die KI genutzt und ChatGPT bzw. DeepL Write zu Hilfe genommen. Die Idee, die Struktur und die Darstellungen der speziellen Inhalte sind unser geistiges Produkt. Wir haben eigenständig gearbeitet, Rechercheergebnisse nach bestem Wissen und Gewissen geprüft und sind für das Ergebnis selbstverständlich vollumfänglich verantwortlich". Die KI-Hilfe merkt man dem Buch leider sehr stark an.

Nach meiner Erfahrung wirken Texte von ChatGPT oft nüchtern und übermäßig sachlich, eher wie überlange Wikipedia-Einträge (aus dem sich ChatGPT ja auch gerne bedient). Es fehlt ihnen an persönlichen Erfahrungen, lebendigen Analogien, stimmigen Metaphern und erzählerischer Wärme, was die Lektüre sehr mühsam machen kann, zumindest ertrage ich diesen Stil nicht über 400 Seiten. Die Autoren haben es auch versäumt, visuelle Elemente wie Bilder, Grafiken oder Tabellen einzubinden, sodass der Leser von einer unendlichen Textflut überwältigt wird. Auffällig ist zudem, dass die Kapitel – teils sogar einzelne Abschnitte in den Kapiteln – völlig isoliert stehen und kaum argumentativ miteinander verzahnt erscheinen. Ein didaktisches Konzept zur Vermittlung der Inhalte ließ sich für mich nicht erkennen.

Ein weiteres Merkmal von KI-generierten Texten ist das Fehlen eines qualifizierten Quellen- oder Literaturverzeichnisses, ein Umstand, der gerade bei akademisch geschulten Autoren ungewöhnlich erscheint. Stattdessen verweisen die Verfasser pauschal auf das Internet: "Sollten sich jemand speziell für ein bestimmtes Thema vertiefend interessieren, so stellt eine Internetrecherche stets die neuesten und aktuellsten Erkenntnisse zur Verfügung". Dieses Zitat aus dem Buch lasse ich hier einmal unkommentiert.

Ich gestehe, dass ich nach 100 Seiten abgebrochen habe. Die Mischung aus stilistischer Monotonie und dem unguten Gefühl, dass ich dem Inhalt nicht wirklich vertrauen kann, hat mich letztlich aufgeben lassen.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 06.10.2025
Kommer, Gerd

Souverän investieren vor und im Ruhestand


ausgezeichnet

Eigentlich ist Geldanlage ganz einfach: Man kauft regelmäßig breit diversifizierte Aktien-ETFs und kombiniert diese konsequent mit risikoarmen Tagesgeldern im Verhältnis des persönlichen Risikoprofils (z. B. 50 % Aktien-ETFs und 50 % Tagesgeld für einen ausgewogenen Ansatz oder 80:20 für einen offensiveren Ansatz). So entsteht im Laufe der Jahre ein ansehnliches Vermögen, das im Ruhestand konsumiert wird. Die Tücke steckt jedoch bekanntlich im Detail. Gerd Kommer beschäftigt sich in seinem Buch mit den Fragen, die sich bei der praktischen Umsetzung dieser Strategie ergeben, und legt dabei seinen Schwerpunkt auf die Phase kurz vor und im Ruhestand.

Zunächst vermittelt Kommer das nötige Basiswissen, um eine individuell passende Anlagestrategie zu entwickeln. Er erklärt, welche Anlageprodukte es gibt, welche davon empfehlenswert sind und von welchen Anleger die Finger lassen sollten. So rät er beispielsweise von Kapitallebensversicherungen (klassisch oder fondsgebunden), privaten Rentenversicherungen, aktiv gemanagten Aktien- und Rentenfonds, Mischfonds, Dachfonds, Branchenfonds, Themenfonds, geschlossenen Fonds, Zertifikaten und Optionen sowie offenen Immobilienfonds ab. Letztere bezeichnet der Autor als „risikounehrliches Anlageprodukt“.

Für Kommer bleiben letztlich nur wenige empfehlenswerte Bausteine übrig: Bankeinlagen, ETFs, die gesetzliche Rentenversicherung, die betriebliche Altersvorsorge, Gold und – neu in dieser überarbeiteten Auflage – Kryptowährungen. Auch selbstgenutzte und vermietete Immobilien sind empfehlenswert, solange man sich kein „Klumpenrisiko“ einkauft, das heißt, solange die Immobilien nicht den überwiegenden Teil des Vermögens ausmachen.
Um möglichst breit diversifiziert zu sein, bieten sich ETFs als erste Wahl an. Für die Ansparphase ist der Weltportfolio-Ansatz des Autors sehr hilfreich. Kommer erklärt nachvollziehbar und überzeugend, dass sich diese einfache Strategie für jeden Anleger eignet. Sie ist flexibel genug, um die persönliche Risikobereitschaft zu berücksichtigen, und gleichzeitig sehr einfach umzusetzen.

Auf die Phase des Vermögensaufbaus folgt die Entsparphase, also die Phase des Vermögensverbrauchs. Kommer gibt wieder viele praktische Hilfestellungen, wie sich Anleger auf die Zeit des Ruhestands vorbereiten sollten. Dabei stellen sich folgende Kernfragen: Wo stehe ich? Was habe ich an Vermögen? Wie viel gebe ich aus (Lebenshaltungskosten)? Wie kann ich meine Immobilie zu Geld machen? Wie viel Vermögen möchte ich mindestens hinterlassen, also vererben? Besonders hilfreich fand ich hier die Sammlung von „Monte-Carlo-Simulationen” (das hat nichts mit dem Casino zu tun ...), um wissenschaftlich fundiert mit Unsicherheiten zu rechnen. Wer weiß schon, wie lange er leben wird und ob er im Alter pflegebedürftig sein wird.

Kommer räumt immer wieder mit Mythen und Missverständnissen auf, beispielsweise mit Kritik an ETFs, dem angeblichen Cost-Average-Effekt oder der Entnahme von Depoterträgen vor Substanzverbrauch. Er zieht Studien als Begründung heran und gibt klare Empfehlungen an den Leser.
Darüber hinaus geht Kommer auch auf weitere Aspekte der Vermögensanlage ein: Soll ich einen Finanzberater oder Vermögensverwalter beauftragen? Wie schütze ich mein Vermögen vor dem Staat? Ist Auswandern die Lösung? Was tun beim Aktien-Crash?.

Mit „Souverän investieren vor und im Ruhestand“ erhalten Leser das nötige Rüstzeug, um ihre Vermögensstrategie umzusetzen. Kommer gibt in genderfreier und gut verständlicher Sprache viele praktische und fundierte Tipps, die vor Fehlentscheidungen bewahren. Die speziellen Aspekte der Vermögensnutzung im Ruhestand werden ausführlich beleuchtet und tragen dazu bei, mehr Sicherheit in die persönliche Zukunftsplanung zu bringen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.10.2025
Schwandt, Jörg

Die Magie der Glasur


ausgezeichnet

Bei Royal Kopenhagen denkt man wohl zuerst an Porzellan und übersieht leicht, dass auch in der Steinzeugabteilung unter Nils Thorsson über fast 40 Jahre Herausragendes geleistet wurde. Anders als sein Vorgänger Hans Madslund, der als Chemiker mit reinen Ausgangsmaterialien experimentierte, stützte Thorsson seine Glasurrezepte mehr auf naturnahe Grundmaterialien, wie z. B. rohes Eisenerz. Die Vorbilder waren Typen der ostasiatischen Keramik, z. B. chinesische Seladonglasuren oder die expressiven Temmoku-Glasuren Japans.

Die Beispiele, die Jörg Schwandt in seiner Monografie herangezogen hat, lassen diese ostasiatischen Referenzen schon auf den ersten Blick erkennen und zeigen die absoluten Spitzenprodukte aus der Steingut-Abteilung von Royal Kopenhagen. Es sind Stücke, die man auf Auktionen kaum einmal zu sehen bekommt, nämlich die echten „Glasur“-Objekte, die keine figürliche oder geometrische Dekoration tragen (diese sind relativ häufig). Alleine deswegen ist der exzellent illustrierte Band schon lesenswert. Hinzu kommt, dass sich der Autor auch technischen Fragen stellt, indem er grundlegende Informationen zu Brandtechniken und Glasurrezepturen liefert. Diese sind allerdings nicht bis ins letzte Detail aufgeschlüsselt, sondern vermitteln eher Prinzipien als konkrete Rezepte oder Temperaturkurven. Es geht dem Autor darum, dass der Leser versteht, welche Randbedingungen zu bestimmten Glasurmerkmalen führen, z. B. Auskristallisieren, Phasentrennung oder „Störeffekte“, die einen gewissen Grad an Zufälligkeit in das Ergebnis bringen. Auch Spannungsrisse (Craquelée) lassen sich nur im begrenzten Umfang steuern. Nils Thorsson hat in diesen Bereichen viel geleistet, indem er diese aufwendigen Glasuren vom Experiment in die Serienfertigung brachte. Dennoch sind diese Stücke, wie schon gesagt, selten auf dem Markt.
Im Anhang des Buches findet sich auch noch eine sehr informative Aufstellung von Signaturen, Stempeln und Datierungshilfen. Auch die Bronzemontierungen von Knut Andersen, die bis etwa 1950 von Royal Kopenhagen verwendet wurden, werden thematisiert.

„Die Magie der Glasur“ kann natürlich nur den visuellen Eindruck wiedergeben, die besondere und viel komplexere Haptik als bei Porzellan muss man sich dagegen vorstellen, was aufgrund der ausgezeichneten Aufnahmen und zahlreicher Vergrößerungen tatsächlich ganz gut funktioniert. Diese ungewöhnliche Werkschau erschließt einen eher unbekannten Teil der „Porzellanmanufaktur“ Kopenhagen, der zwar selten in Erscheinung tritt, aber definitiv einen zweiten und dritten Blick wert ist. Man braucht nur Geduld und Hartnäckigkeit bei der Suche.

Bewertung vom 04.10.2025
Stevenson, Robert Louis

Reise mit einer Eselin durch die Cevennen


ausgezeichnet

Robert Louis Stevenson war gerade einmal 27 Jahre alt, als er mit einem Esel per pedes durch die Cevennen zog. Das war im Jahr 1878 und seine Tagebuchaufzeichnungen, die er ein Jahr darauf publizierte, gehören zu den absoluten Klassikern der Reiseliteratur. Die Auswirkungen reichen bis in die Gegenwart, denn auch heute noch kann man in den Cevennen aus einem reichhaltigen Angebot von Eselverleihern wählen.

Dabei war das Verhältnis zwischen Robert und Modestine, so der Name des Grautiers, zu Beginn etwas getrübt. Mit der seiner Rasse eigenen Sturheit verweigerte die Eselin zunächst den ordnungsgemäßen Dienst und ließ sich nur mit aus heutiger Sicht etwas zweifelhaften Methoden überzeugen. Der Nadelstock sorgte für Tempo und Stevenson durchquerte eine Landschaft, die mit ihrer Kargheit und Weite seine Seele berührte. Auch die Menschen hinterließen Eindruck bei ihm. Er begegnete eisiger Gefühlskälte ebenso wie mitfühlender Hilfe und überall fand er Spuren des gewaltsamen Religionskrieges, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Region heimsuchte. Stevenson, der zwar protestantisch, aber eher wenig religiös war, verwunderte, wie unterschiedlich die Gemeinschaften in den einzelnen Dörfern mit ihrem historischen Erbe umgingen. Von religiöser Engstirnigkeit bis zu äußerst harmonischem Miteinander fand er jede Spielart.

Stevenson hat einen ganz eigenen Tonfall, um das Land und seine Bewohner zu charakterisieren. Er bezieht moralisch Position und sein für einen 27-Jährigen erstaunlicher Bildungshintergrund ordnet das Gesehene mit dem Geschehenen, stets mit einem wohlwollenden Augenzwinkern kommentiert. Seine Bilder und Metaphern, die er für die Natur findet, brillant ins Deutsche übertragen, sind intensiv und von eindringlicher Wirkung, zumal er meist mit Schlafsack in offener Landschaft campierte. Ungewöhnlich für die Zeit, in der diese Art des Reisens den Vagabunden vorbehalten war, was regelmäßig zu Misstrauen der Bevölkerung führte, wenn er beim „wilden Campen“ entdeckt wurde.

Nach 12 Tagen endet die Tour und die Trennung von Modestine, der anfangs Verfluchten, ist herzzerreißend. So kurz diese Reise auch war, der Eindruck hallt auch 150 Jahre später noch nach. Der Fernwanderweg GR 70 zwischen Monastier-sur-Gazeille und Saint-Jean-du-Gard trägt heute den Namen „Robert Louis Stevenson Weg“.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.10.2025
Hauser, Françoise

DUMONT Reise-Handbuch Reiseführer Japan


ausgezeichnet

Japan ist im Moment in, leider muss man fast schon sagen, denn der Übertourismus wütet hier besonders schlimm. Umso wichtiger ist es, gut informiert ins Land zu reisen, damit man ggf. ausweichen kann. Françoise Hauser macht in ihrem Reiseführer als eine der wenigen Reisebuchautoren tatsächlich auf das Problem aufmerksam und weist auf besonders belastete Ziele hin. Sie sucht neben den Höhepunkten, die natürlich nicht fehlen dürfen, auch nach interessanten Alternativen.

Das Buch bietet eine ausgewogene Mischung aus Kultur und Reiseinformation, also Hintergrund und praktische Orientierung. Das Kartenmaterial der Großstädte ist übersichtlich (z. B. farbliche Markierung für unterschiedliche Interessen), allerdings fehlen z. T. Straßen oder sie sind zu klein abgebildet, so dass die Karten bei der Orientierung vor Ort nicht helfen. Man braucht entweder präzises Kartenmaterial (Straßenkreuzungen zählen, viele Straßen sind nicht beschriftet) oder ein Navi (japanische SIM-Karte!). Die Übersichtskarten dienen auch der Strukturierung von Regionalkapiteln, was die Tagesplanung einfacher macht, weil man die Entfernungen zwischen den Sehenswürdigkeiten abschätzen kann. Das gilt aber nur für die Großstädte, kleinere Städte haben kein Kartenmaterial mehr, was die Planung erschwert. Die Auswahl der Orte ist sehr durchdacht und bedient verschiedene Interessen: Kultur, Natur, Aktivitäten und Kulinarik. In allen Bereichen gibt es in Japan viel zu erleben.

Strukturiert ist der Reiseführer nach den Großregionen: Von Hokkaido im Norden bis Kyushu im Süden (Okinawa wird nur kurz gestreift), wobei der Fokus aus naheliegenden Gründen auf Kanto und Kansai liegt, den Gebieten um Tokio und Osaka, wo sich auch viele der Top-Sehenswürdigkeiten befinden. In allen Kapiteln geht die Autorin vom Allgemeinen ins Spezielle: Zuerst eine Übersicht des Gebiets mit überregionalen Empfehlungen, dann die Orte mit lokalen Tipps. Jede Location wird kurz vorgestellt, es folgen Adressen, Öffnungszeiten, Links, Markierungspunkte in den Karten (sofern vorhanden) und Telefonnummern. Die sind übrigens weniger zum Telefonieren gedacht als für die Programmierung des Navi. Das läuft in Japan wegen des erratischen Hausnummernsystems (die werden nach Baujahr vergeben) nämlich über Telefonnummern. In vielen Fällen gibt es auch Angaben zu Eintrittspreisen, die in Japan erstaunlich niedrig und vor allem stabil sind. Ich reise seit fast 20 Jahren immer wieder nach Japan und da hat sich kaum etwas bewegt, trotz Inflation. Unterkünfte und Restaurants sind in drei Preiskategorien eingeteilt.

Mich hat die Auswahl der Ziele insgesamt überzeugt. Sie sind sowohl für Neulinge wie für Fortgeschrittene geeignet. Die Fokussierung auf die Regionen Kanto und Kansai hat den Vorteil, dass das Buch ein taschentaugliches Format behalten hat, den Nachteil, dass die außerhalb liegenden Ziele oft große Distanzen haben und nicht ganz so detailliert beschrieben sind. Sie sind auch oft aufwendig zu erreichen (und damit teuer). Dieses Problem hat Japan aber generell und die Kompromisslösung finde ich insgesamt gelungen. Kein „Geheimtipp“-Führer, aber solide und kenntnisreich gemacht.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 02.10.2025
Fine Food Days Cologne

Genial einfach


ausgezeichnet

„Spitzengastronomie“ klingt zuerst mal nach viel Schischi, aber ich wurde angenehm überrascht. Kaum etwas in diesem Rezeptbuch ist wirklich kompliziert, die Zutaten sind leicht erhältlich und meist auch bezahlbar. Die Food-Stylisten haben ebenfalls ganze Arbeit geleistet, die Präsentation hat Sterneküche-Niveau. Ich denke, das ist auch eine Form des Respekts vor den Lebensmitteln (oder vor dem „Produkt“, wie der Schischi-Koch sagt) und ein schöner Teller ist immer auch ein Kunstwerk.

Die Kunst ist es tatsächlich, ungewöhnliche Aromen zu kombinieren. Man nennt sowas „Foodpairing“ und es gibt ein ausgezeichnetes Buch von Peter Coucquyt zum Thema, das einem die Augen öffnet. „Genial einfach“ ist quasi die Umsetzung des Prinzips in die Praxis. Steak Tartar mit gebratenem Römersalat oder konfierte Garnele mit Flöns sind solche Beispiele. Aber auch viele Klassiker folgen den Foodpairing-Regeln wie z. B. das Lachsfilet mit Schalotten-Gurkengemüse oder die Topfenknödel mit Zabaione. Aromatische Gemeinsamkeiten und Gegensätze ergänzen sich hier perfekt.

Ein paar Rezepte brauchen schon ein wenig Übung (z. B. die Wantan und ein pochiertes Ei gelingen in der Regel auch nicht beim ersten Mal), die meisten sind aber unkompliziertes Küchenhandwerk. Unüberwindbar ist nichts. Hummerschwanz und Rinderfilet sind heutzutage schon eine echte Investition, aber das ist die Ausnahme und die meisten Zutaten sind absolut erschwinglich.

Interessant sind die „Küchen-Hacks“ von den beteiligten Köchen, mit teilweise echt raffinierten Tipps. Manchmal kann man mit einem kleinen Detail ein Gericht vom Normalen zum Außergewöhnlichen heben. Und gerade diese „Hacks“ kann wirklich jeder in seiner Küche umsetzen.

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Originell, informativ und eben gar kein Schischi.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.