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Volker M.

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Insgesamt 365 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2024
Ferne Länder, ferne Zeiten

Ferne Länder, ferne Zeiten


ausgezeichnet

Reisen war über Jahrhunderte eine gefährliche Sache, die man niemals nur aus Neugier oder auf der Suche nach Erholung unternahm. Am Ende des Mittelalters begann dann die Zeit der Entdeckungsreisen, aber erst mit der Aufklärung wurde das Reisen zu einem Element bürgerlichen Lebens. Mit Thomas Cook wurden Reisen ab 1840 dann für ein breites Publikum erschwinglich und es begann das Zeitalter des Massentourismus. Um 1900 gab es einen ersten Boom, der sich, nur unterbrochen durch die beiden Weltkriege, bis heute fortsetzt. Mittlerweile schrumpft die touristische Welt allerdings wieder. Die meisten islamischen Regionen sind für „ungläubige“ Besucher nicht mehr sicher zu bereisen, andere ehemals vielbereiste Länder werden von Klimakrise oder politischen Unruhen destabilisiert.

Die Ausstellung „Ferne Länder, Ferne Zeiten“ im Folkwang-Museum Essen fokussiert sich auf die Goldene Zeit des Tourismus zwischen 1900 und etwa 1970 mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg. Werbeplakate waren immer schon Spiegel ihrer Zeit und bieten sich daher als gesellschaftliche Projektionsfläche an. Destinationen werben parallel zu den Reiseanbietern um ihre Gäste und damals wie heute locken die Plakate mit einer idealisierten Welt, die Sehnsüchte weckt und nicht selten Klischees bedient. Um 1900 sind die Adressaten vor allem begüterte (Groß)bürger, später demokratisiert sich das Reisen, während gleichzeitig die Reiseziele internationaler werden.

Neben den gesellschaftlichen Entwicklungen spiegeln Reiseplakate auch den stilistischen Wandel der Kunst. Jugendstil, Art déco und die Moderne hinterlassen ihre unverwechselbaren Spuren in der Handschrift der Designer, wobei eher wenige namentlich bekannt sind. Tourismusplakate waren nie Innovationstreiber, sondern bedienten den aktuellen Zeitgeist.

Der Katalog zeigt technisch hervorragende Reprografien der Plakate in der Ausstellung, die zwar meist auf etwa ein Viertel verkleinert sind, was aber aufgrund des auf Fernwirkung angelegten Designs keine Auswirkungen auf Lesbarkeit oder Wirkung hat. Die editorischen Beiträge beschränken sich auf einige wenige und sehr knapp gefasste Einwürfe, die eher Denkanstöße als tiefere Analysen sind. Die Plakate sprechen ihre eigene Sprache, die auch nach 100 Jahren noch genauso verständlich ist wie damals. Sie brauchen weder Übersetzer (übrigens ein echtes Charakteristikum von Tourismusplakaten), noch Erklärer. Sie sind einfach in Farbe gedruckte Sehnsucht.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.05.2024
Panni tartarici
Fircks, Juliane von

Panni tartarici


ausgezeichnet

Seide verbinden wir intuitiv mit China und tatsächlich kommt der kostbare Stoff seit der Antike aus dem Osten. Nicht immer wurden fertig gewebte Textilien gehandelt, sondern auch das Rohmaterial, das dann im Mittelmeergebiet veredelt wurde. Das Spätmittelalter war eine Zeit besonderer wirtschaftlicher Blüte und politischer Stabilität, das den Handel über die Seidenstraßen sicher und verlässlich machte. Es ist also kein Wunder, dass sich kostbare Textilien aus dieser Periode vergleichsweise häufig erhalten haben, insbesondere in den Schatzkammern von Kirchen und Klöstern.

„Panni tartarici“ verweist auf die damals gängige Bezeichnung für flächendeckend goldgewirkte Seidentextilien, wobei im Namen bereits eine wichtige Information steckt: China wurde im Spätmittelalter bis 1368 von den fremdländischen Mongolen („Tartaren“) beherrscht, die ein Weltreich schufen, das bis in den Iran reichte. Gerade diese große räumliche Ausdehnung garantierte den sicheren Austausch von Waren, wobei zwischen dem westlichen und dem östlichen Tatarenreich enge kulturelle und politische Bindungen bestanden.

Juliane von Fircks hat ihre 2016 in Mainz verfasste Habilitationsschrift mit Mitteln der Abegg-Stiftung nun in erweiterter Form als Buch veröffentlicht, wobei ich gleich zu Beginn feststellen will, dass diese Habilitation sprachlich außergewöhnlich klar und verständlich geschrieben ist. Die in den Kunstwissenschaften leider sehr ausgeprägte Tendenz, wissenschaftliche Unsicherheiten mit wolkigen Buzzwords oder steilen (aber unbelegten) Thesen zu verschleiern, ist in diesem Band nicht einmal ansatzweise vorhanden. Es ist damit nicht nur für ein Fachpublikum interessant, sondern aufgrund der vielschichtigen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Bezüge auch für interessierte Laien spannend zu lesen.

Die Autorin untersucht einerseits die materielle Herkunft der Seidentextilien, wobei sie die verschiedenen Herstellungsschritte und beteiligten Kulturkreise differenziert. Auf der anderen Seite steht die europäische (und ansatzweise auch mongolische) Rezeption der kostbaren Stoffe im Spätmittelalter, sowohl aus sakraler als auch weltlicher Sicht. Interessant ist, dass die heute noch erhaltenen, ursprünglich weltlichen Textilien meistens aus einem kirchlichen Überlieferungskontext stammen.
Dass der kulturelle Austausch entlang der Seidenstraßen keine Einbahnstraße war, belegt die Autorin am Beispiel der ersten goldgewirkten Stoffe, die ihren Ursprung in der islamischen Welt hatten, aber am Ende des 13. Jahrhunderts als Technologietransfer nach China wanderten und dort zur Perfektion reiften. Als flächendeckendend gewebte Goldstoffe waren sie eine echte Innovation, die bei den Eliten Europas großen Anklang fand und als „Panni tartarici“ zur Handelsware wurden.
Anhand repräsentativer Fallbeispiele untersucht von Fircks die Funktionen und Kontexte (bzw. deren Veränderung) von sakral und weltlich genutzten Panni tartarici. Hier zeigt sich die Adaptation höfischer Lebensart durch den Klerus, während das bürgerliche Patriziertum die Goldseiden nur für kirchliche Stiftungen verwendete und nicht selbst trug. Erstaunlicherweise ist allen Gesellschaftsschichten die exotische Herkunft der kostbaren Gewänder stets bewusst und deutet sie entsprechend symbolisch um.
Das letzte Kapitel widmet sich der Darstellung von Panni tartarici in der spätmittelalterlichen Tafelmalerei, die fast zeitgleich mit der Verfügbarkeit der Stoffe in Europa einsetzt. Andere Luxusstoffe wurden dagegen erst mit deutlicher Verzögerung als Bildthema entdeckt und stellten somit eine historisierende Verbindung zur glorreichen Vergangenheit dar. Auch das Mittelalter kannte eben seine „gute alte Zeit“.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2024
Schnecken, Muscheln & Tintenfische an Nord- und Ostsee
Janke, Klaus

Schnecken, Muscheln & Tintenfische an Nord- und Ostsee


ausgezeichnet

Auf den ersten Blick ist die Muschelwelt am Spülrand deutscher Meere eher monoton, doch wer genauer hinsieht, kann eine erstaunliche Vielfalt entdecken. Zahlreiche Vertreter ähneln sich zwar äußerlich, sind letztlich aber eigenständige Arten. Mit einem guten Bestimmungsbuch lassen sie sich oft gut voneinander unterscheiden, vor allem, wenn man Verwechslungsarten im direkten Vergleich hat.

Klaus Janke beschreibt in seinem Buch über 200 Muschel-, Schnecken- und Tintenfischarten, die an deutschen Stränden mehr oder weniger häufig zu finden sind. In der Nordsee treffen zwei Klimazonen aufeinander, so dass hier Faunenelemente aus den Nordmeeren mit atlantischen zusammentreffen, was die Vielfalt deutlich erhöht. Andererseits befinden sich viele Arten hier auch an der Verbreitungsgrenze und sind dementsprechend selten.

Die Fotos zeigen meist „unbewohnte“ Schalen, wie man sie am Strand findet, in einigen Fällen hat der Autor aber Zeichnungen gewählt, weil auf Fotos die entscheidenden Merkmale nicht deutlich genug zu erkennen sind. Zu jedem Steckbrief gibt es eine kurze textliche Beschreibung der artspezifischen Merkmale, sowie Informationen zur geografischen Verbreitung und der Lebensweise. Zu einigen Arten gibt es noch interessante Hintergrundinformationen, z. B. zur menschlichen Nutzung, der Fortpflanzung oder Verwechslungsmöglichkeiten. Eine Reihe Arten ist ohne Sezieren des Weichtierkörpers nicht eindeutig zu bestimmen. In den Fällen verzichtet der Autor auf eine Aufschlüsselung und zeigt nur exemplarisch die häufigsten Arten.

Die Beschreibungen sagen leider so gut wie nie etwas zur Häufigkeit, was aus meiner Sicht aber eine wichtige Information wäre. Ansonsten ist das handliche und wettertaugliche Bestimmungsbüchlein in jeder Hinsicht ein hilfreicher Begleiter am Strand. Denn es gibt dort erheblich mehr zu finden, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 24.05.2024
Pflanzenparadiese in Deutschland
Martin, Anne Chr.;Feldhoff, Stefan

Pflanzenparadiese in Deutschland


ausgezeichnet

Um die Natur steht es in Deutschland nicht gut. Neben Biotopzerstörung und Umweltgiften macht vor allem der rasante Klimawandel vielen Arten das Leben schwer. Ursache ist immer der Mensch.
Aber wir haben auch Natur- und Nationalparks als biologische Archen eingerichtet, die seltenen Pflanzen und Tieren ein relativ sicheres Refugium geben und die zumindest teilweise auch als Erholungsräume genutzt werden dürfen. Anne-Christine Martin und Stefan Feldhoff haben 12 Parks erwandert und nicht nur stimmungsvolle Landschafts- und Pflanzenfotos mitgebracht, sondern auch eine umfangreiche Liste mit empfehlenswerten Wandertouren, die sowohl die regionaltypische Flora und Fauna im Blick haben als auch naturerzieherische Angebote, die von Vereinen oder Gemeinden bereitgestellt werden. Herausgekommen ist ein ganz besonderer Wanderführer, der aufgrund seines großen Formats zwar nicht zum Mitnehmen geeignet ist, dafür aber fast 300 Fotos attraktiver Pflanzen zeigt, die man mit großer Sicherheit im jeweiligen Gebiet zu sehen bekommen (sofern man während der Blütezeit unterwegs ist). Hervorzuheben ist, dass nicht nur die Raritäten gezeigt werden, sondern auch häufigere, dafür aber auffällige Arten, die man unterwegs nicht verfehlen wird.

Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen geobotanischen Einleitung, die die besonderen klimatischen oder geologischen Verhältnisse beschreibt, die verantwortlich für die jeweiligen Pflanzengesellschaften sind. Vom Hochgebirge bis zum Niedermoor braucht jedes Biotop besondere Anpassungen, damit Pflanzen überleben können. Nicht unerwähnt lassen die Autoren die zahlreichen Bedrohungen, sei es durch Skipisten und -lifte, die mitten durch Naturparks gehen oder das Verschieben von Klimazonen durch den Klimawandel. Nur wenige Regionen sind so gut geschützt wie der Bayerische Wald, in dem Wanderer nur sehr begrenzten Zugang haben.

Die Beschreibung der Wanderrouten ist kurz und beschränkt sich weitgehend auf Aussagen zu den botanischen oder geologischen Highlights, dem Schwierigkeitsgrad und der Weglänge. Eine Ausschnittskarte liefert grobe Informationen zum Höhenprofil und der Bewaldung, ist aber für eine echte Wanderkarte meistens nicht präzise genug. Im Internet finden sich auf den gängigen Wanderportalen jedoch immer entsprechende GPS-Routen, die man runterladen kann. Solange GPS-Empfang ist, kann man danach wunderbar wandern und verläuft sich nie.

Die Autoren haben sich botanische Expertise bei Peter Gutte, dem ehemaligen Leiter des botanischen Gartens der Uni Leipzig geholt, der auch Hintergrundinformationen beigesteuert hat.

Ein gelungener Mix aus Spezial-Wanderführer und Bildband mit qualifizierten und abwechslungsreichen Empfehlungen, die erkennbar in der Praxis überprüft wurden.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 22.05.2024
Lustiges Taschenbuch 90 Jahre Donald Band 02
Disney

Lustiges Taschenbuch 90 Jahre Donald Band 02


ausgezeichnet

Onkel Donald macht auch mit 90 noch eine gute Figur. Faul wie ein Sack Muscheln, hat er doch die ganze Welt gesehen, unzählige Schätze gefunden (und genauso viele wieder verloren), viele Fantastilliarden Taler poliert und trotz eines cholerischen Charakters immer noch keinen Bluthochdruck. Donald ist eben unverwüstlich, und so oft er sich auch neu erfindet, bleibt er letztlich immer derselbe. Genau das macht ihn zur sympathischsten Figur im Entenhausener Universum. Den Strebertypen Micky habe ich nie gemocht, Donald dagegen von Anfang an.

Die Sonderedition No. 2 versammelt Geschichten, in denen Donald das große Los zieht. Endlich mal reich sein und ein Leben in Luxus führen. Donald hat das tatsächlich einige Male hinbekommen und durfte mit den großen Tieren pinkeln, aber er wäre nicht Donald, wenn das alles glatt liefe. Am Ende ist er natürlich wieder arm wie eine Kirchenmaus und putzt Taler, aber in der Zwischenzeit lernt er, dass die Reichen auch kein sorgenfreies Leben führen, dass die meisten hart arbeiten müssen, um oben zu bleiben und dass ein einfaches Leben zwischen Hängematte und Polierpaste, unter Menschen, die man liebt, vielleicht der größte Schatz ist, den man besitzen kann. Die ausgewählten Geschichten sind überdurchschnittlich gut gelungen, mit intelligenten Anpassungen klassischer Stories an die Gegenwart, witzigen Dialogen und unterhaltsamen Einfällen, die auch ein erwachsenes Publikum zum Schmunzeln bringen. Mich hat bei weitem nicht jedes LTB in der Vergangenheit überzeugt, aber diese Sonderedition hat wirklich keinerlei Schwächen. Ich werde die noch folgenden Bände jedenfalls im Auge halten.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.05.2024
ADAC Roadtrips - Toskana

ADAC Roadtrips - Toskana


ausgezeichnet

Reiseführer für die Toskana gibt es buchstäblich wie Sand am Meer, warum dann noch einen vom ADAC? Die Antwort steckt schon im Titel: Hier geht es um den klassischen Roadtrip mit PKW oder Motorrad und für diesen Zweck ist das neuartige Konzept ideal. Neben übersichtlichem Kartenmaterial (Teilkarten jeweils bei den Routen und eine Gesamtübersicht als herausnehmbare Faltkarte) gibt es anschauliche Routenbeschreibungen, wobei landschaftliche Highlights mindestens so im Fokus stehen, wie die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Es ist kein Reiseführer à la Lonely Planet oder Loose, das heißt, man bekommt so gut wie keine Empfehlungen für Unterkünfte oder Verpflegung, kaum einmal Öffnungszeiten oder Eintrittspreise von Sehenswürdigkeiten und auch historische Informationen sind sehr spärlich gesät. Dafür sind die insgesamt fünf Routen wirklich ausgefuchst und decken die gesamte Toskana engmaschig ab. Alle irgendwie relevanten Ziele der Region liegen entweder direkt auf der Route oder sehr nahe daran. Das Besondere sind die Umsteigepunkte, an denen sich entweder Routen neu kombinieren oder abkürzen lassen, ohne dass man für die Übergänge lange Strecken zurücklegen muss. Je nach persönlicher Präferenz kann man die eigene Tour zusammenstellen.

Insgesamt sind es fünf Routen, die alle als Einwegstrecken miteinander verbunden sind, aber auch Elemente von Rundtouren als Teiletappen oder durch die genannten Umsteigepunkte enthalten. Die reinen Fahrzeiten pro Route sind 6-7 Stunden, also insgesamt etwa fünf Tage reine Fahrzeit, wobei jede Route in drei Teile untergliedert ist, damit man auch genug Zeit für Besichtigungen vor Ort hat. Zusammen macht das ca. 15 Tage Reisezeit, aber dann hat man aus meiner Sicht ein strammes Programm.

Wer nicht nur den Weg als Ziel sieht, der sollte auf jeden Fall zusätzlich einen klassischen Reiseführer für Individualtouristen zu Rate ziehen, denn es sind hauptsächlich die absoluten touristischen Highlights beschrieben (ein paar weniger bekannte und doch sehenswerte Orte sind auch dabei) und es gibt einen gewissen Schwerpunkt bei der Kulinarik, die vielleicht nicht jeden Touristen reizen. Die Streckenführung ist allerdings landschaftlich sehr abwechslungsreich und oft auch abseits der Hauptrouten, was in den normalen Reiseführern kaum einmal berücksichtigt wird. Zum Beispiel habe ich die berühmten Zypressenalleen bei meinen bisherigen Toskanareisen nie gefunden. Wir waren immer knapp dran vorbeigefahren... Zu den Top-Zielen gibt es im Buch QR-Codes, die auf ADAC-Webseiten mit relativ aktuellen Informationen verlinken, aber auch diese nur zu den Sehenswürdigkeiten und nicht zur touristischen Infrastruktur.

Die kurz gefassten allgemeinen Touristeninformationen im Anhang fokussieren auf den PKW-Reisenden, geben also z. B. praktische Tipps zum Parken oder zum Mietwagenverleih. GPS-Daten der Touren sind per QR-Code und ADAC-App downloadbar und verhindern, dass man sich verfährt.

Insgesamt ein kompakter und individuell „konfigurierbarer“ Tourenführer, ideal für PKW und Motorrad und eingeschränkt auch für Campingurlauber.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 15.05.2024
Reisen im Mittelalter
Bale, Anthony

Reisen im Mittelalter


sehr gut

Das dunkle Mittelalter war gar nicht so rückständig und finster, wie es auch heute immer noch dargestellt wird. Die mittelalterliche Welt war über Kontinente hinweg vernetzt, sowohl über den Handel als auch den monastischen Austausch und die Fernrouten zeigten zu gewissen Zeiten fast schon Züge von Massentourismus. Rom und Jerusalem wurden im 15. Jahrhundert von Pilgern regelrecht geflutet, und es entstand parallel eine florierende Reiseliteratur, die an neuzeitliche Lonely Planet Ausgaben erinnert. Anthony Bale hat in seinem Buch Quellen vom 11. bis frühen 16. Jahrhundert für ein Laienpublikum aufgearbeitet und dabei ein überaus detailreiches und schillerndes Bild der Reisekultur gezeichnet. Gefährlich war das Reisen in jedem Fall, alleine schon durch die gesundheitlichen Risiken, aber auch Wegelagerer, Naturkatastrophen und das Klima machten den Reisenden zu schaffen. Auf der anderen Seite gab es schon im 13. Jahrhundert Strecken, die relativ sicher und für die damalige Zeit komfortabel zu bereisen waren (Marco Polo war z. B. NICHT der erste europäische Kaufmann im tatarischen China!). Herrscher aller Zeiten und Religionen haben immer wieder erkannt, dass Handel Wohlstand bringt und Handel nur blüht, wenn die Kaufleute sicher an ihr Ziel kommen.

Bale fokussiert zunächst auf den Pilgertourismus in Europa (die im Klappentext unnötig in Initialstellung gebrachten „Pilgerinnen“ sind de facto die beiden einzigen (spät)mittelalterlichen Frauen, die schriftliche Zeugnisse zu ihren Reisen hinterlassen haben, verglichen mit unzähligen Männern). Das ist ein guter Einstieg, denn er beleuchtet eine der Haupttriebfedern für das frühe Reisen: Der Glaube. Im erweiterten Sinn gehören dazu auch die Kreuzzüge, die Bale ebenfalls einbezieht, denn auch hier wurde eine gefahrvolle Reise gegen das Seelenheil „eingetauscht“. Kulturkonflikte bleiben dabei nicht aus, wobei mir aufgefallen ist, dass die angebliche Toleranz des mittelalterlichen Islam, die heute gerne zitiert wird, ein Mythos ist. Gerade der Islam zeigt in dieser Zeit einen extremen Hang zu Gewalttätigkeit und Unterdrückung, angefangen mit der Zerstörung der Jerusalemer Grabeskirche (VOR den Kreuzzügen, wohlgemerkt!), der Umwandlung christlicher Kirchen in Moscheen, der Zerstörung von Pilgerstätten, bis hin zu Zwangskonvertierungen und natürlich zu Schutzgeldern speziell für Ungläubige. Die Liste ist erschreckend lang und zieht sich über den gesamten Untersuchungszeitraum, ohne dass Anthony Bale das dahinter liegende Problem direkt anspricht. Kritik am europäischen Kolonialismus lässt er dagegen nie aus. Selbst eine mythische Heilquelle, die angeblich dunkle Haut weiß bleichen sollte, wird als verkappter kolonialer Rassismus diskutiert. Dieses Messen mit zweierlei Maß ist in akademischen Kreisen leider derzeit Mainstream, auch wenn es wissenschaftlich bewusst in die Irre führt.

Trotz der etwas bedenklichen ideologischen Schieflage sind Bales Darstellungen der mittelalterlichen Reiserealität überaus spannend und erstaunlich detailreich, wenn man bedenkt, wie alt die Quellen sind. Man kann als Leser fast schon etappenweise den Spuren bekannter und vor allem vieler unbekannter Reisender folgen, wobei Bale die geografischen Kreise immer weiter zieht: Von Europa zunächst bis zum Nahen Osten, dann weiter über Indien bis nach China. Afrika ist nur im Norden erschlossen, Japan noch gar nicht. Aber ansonsten ist die damalige Welt überraschenderweise von einem dichten Routennetz durchzogen und Informationen über die Reisepraxis wurden in Pilger- und Händlerkreisen schon früh als Ware gehandelt.

Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen und bis auf den offensichtlichen blinden Fleck bei gewissen ideologisch aufgeladenen Themen halte ich es für ein mitreißend und kompetent geschriebenes Sachbuch, das ein helles Licht auf ein gar nicht so dunkles Mittelalter wirft.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.05.2024
Meine digitale Sicherheit für Dummies
Große-Kampmann, Matteo;Wojzechowski, Chris

Meine digitale Sicherheit für Dummies


sehr gut

Mit dem Internet kam die Cyberkriminalität: Erpressungstrojaner, Phishing-Mails, Identitätsdiebstahl, Social Engineering, Viren, Malware und Bots sind nur einige der Gefahren, die für Unternehmen existenzbedrohend sein können. Aber auch Privatpersonen werden immer wieder Opfer von Cyberattacken und erleiden finanzielle Schäden durch Betrugsmaschen. In ihrem Buch „Meine digitale Sicherheit für Dummies“ zeigen die IT-Experten Matteo Große-Kampmann und Chris Wojzechowski, wie man Risiken erkennt, richtig einschätzt und sich erfolgreich vor Lug und Betrug im Internet schützt.

Sicherheitslücken machen Systeme angreifbar und so sind die wichtigsten Tipps der beiden Autoren, Endgeräte wie Computer, Netzwerke und Smartphones abzusichern und zu schützen. Dazu gehören beispielsweise regelmäßige Updates (Windows, Webbrowser etc.), die Aktivierung der Verschlüsselung im WLAN, die Vergabe von starken Passwörtern und das Herunterladen von Software nur aus sicheren Quellen.

Insbesondere mit dem Aufkommen von groß angelegten Ransomware-Angriffen, bei denen Daten verschlüsselt und nur gegen Lösegeld wieder freigegeben werden, ist die Notwendigkeit von Datensicherungen wieder in den Fokus gerückt. Ein Backup ist aber auch hilfreich, um Daten auf einen neuen Rechner zu übertragen oder im Falle eines Defekts nicht komplett ohne Daten dazustehen. Dieses Thema liegt den Autoren besonders am Herzen, da viele Privatanwender ihre Daten nur halbherzig und unregelmäßig sichern und erst im Schadensfall (sei es durch einen Angriff oder einen Defekt) feststellen, dass ein Großteil ihrer Bilder und Dokumente unwiederbringlich verloren sind. Daher gehen Große-Kampmann und Wojzechowski ausführlich auf die verschiedenen Sicherungsmethoden ein und beschreiben die Besonderheiten von Android- und iOS-Geräten.

Das größte Sicherheitsrisiko ist der Mensch und dementsprechend sind Phishing-Mails und wie man sie erkennt, ein Schwerpunkt. Ein aus meiner Sicht besonders wichtiges Thema, da Phishing-Mails in Zukunft durch künstliche Intelligenz immer raffinierter werden.

Es gibt aber auch die klassischen Betrugsmaschen, über die immer wieder in der Presse berichtet wird: Falsche Support-Mitarbeiter, gefälschte Webshops, Betrug per Vorkasse oder falsche Verwandte. Und auch hier erwarten die Autoren neue Betrugsmaschen durch KI (Stichwort Deepfakes).

Auch als privater Nutzer muss man ein „Risikomanagement“ betreiben und sich mit einem ausgearbeiteten Notfallplan auf eine Ausnahmesituation vorbereiten, zu dem die Autoren praktische Hinweise geben.

Der Ratgeber richtet sich an Einsteiger, ist verständlich geschrieben und sehr strukturiert aufgebaut - ein Blick ins Inhaltsverzeichnis lohnt sich. Die Tiefe der einzelnen Kapitel ist aus meiner Sicht sehr unterschiedlich, daher habe ich insbesondere ein Literaturverzeichnis mit weiterführenden Informationen vermisst. Die vereinzelt im Text abgedruckten Links fand ich nicht wirklich hilfreich.

Fazit: „Meine digitale Sicherheit für Dummies“ ist ein guter Einstieg, um sich im digitalen Alltag besser zu schützen und im Ernstfall richtig zu reagieren.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.05.2024
Sebastião Salgado. Arbeiter. Zur Archäologie des Industriezeitalters

Sebastião Salgado. Arbeiter. Zur Archäologie des Industriezeitalters


ausgezeichnet

Sebastião Salgado gehört zu den besten lebenden Reportagefotografen der Welt und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine. Er besitzt nicht nur die Fähigkeit zur Empathie, die aus jedem seiner Bilder spricht, sondern er beherrscht auch das Medium der analogen Fotografie wie kaum ein anderer. Zwar beschränkt er sich auf die s/w-Fotografie, aber eben diese Beschränkung fördert in besonderer Weise die Konzentration auf das Motiv. Salgado ist ein Meister des klassischen Bildaufbaus, wodurch selbst Szenen, die in ihrer sozialen Grausamkeit manchmal schwer erträglich sind, überhaupt erst darstellbar werden. Nicht selten dringt der Fotograf nämlich in Bereiche ein, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind und in solchen Fällen die Würde der Menschen nicht zu verletzen, ist eine große Kunst. Ich glaube, Salgado gelingt dies unter anderem dadurch, dass er Bilder von großer ästhetischer Schönheit schafft, die den Wert jedes einzelnen Protagonisten außer Zweifel lassen. Das gilt insbesondere für „Arbeiter“, einem Klassiker des Fotobuchs, der 1993 erstmals erschien und sofort ein internationaler Erfolg wurde.

Über dreißig Jahre ist es her, seit Salgado seine Aufnahmen in allen Teilen der Welt machte, von den Steppen Afrikas über den Dschungel Südamerikas, in den Minen Zentralasiens und den Werften Europas. Seine „Befürchtung“, dass die Handarbeit verschwinden würde, hat sich in dieser Zeit nur zum Teil erfüllt. Einerseits ist die Automatisierung weiter fortgeschritten, andererseits sind gerade die Tätigkeiten, die Salgados Fotos zeigen, auch heute noch in ähnlicher Form Handarbeit. Natürlich gibt es auch die nostalgische Rückbesinnung auf Manufakturwaren aller Art, aber das ist nicht Salgados Thema. Bei ihm waren es Menschen, die ihren Lebensunterhalt unter teilweise schwersten Bedingungen erarbeiten mussten, Menschen, die dennoch oft hart am Existenzminimum vegetieren und kaum Perspektiven haben. Auch das hat sich in dreißig Jahren nicht wesentlich geändert, was zum großen Teil der explodierenden Weltbevölkerung zuzuschreiben ist. „Arbeiter“ war 1993 eine Anklage gegen soziale Ungleichheit und ist es heute leider immer noch.

Die Erstauflage ist schon lange vergriffen und wird teilweise hoch gehandelt. TASCHEN hat die jetzt erschienene Neuedition im gleichen Folio-Format und ebenfalls im Duoton-Verfahren produziert, was reprografisch fast schon an einen Galerieabzug heranreicht. Nur die Bildkörnung der Negative ist limitierender Faktor. Die Bildlegende liegt als Flyer lose bei, wodurch kein Text auf den Bildseiten vom Motiv ablenkt und das lästige Blättern zum Index entfällt. „Arbeiter“ war 1993 ein wichtiges Buch und ist es 2024 immer noch.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.05.2024
Die Gemälde des Spätmittelalters im Germanischen Nationalmuseum

Die Gemälde des Spätmittelalters im Germanischen Nationalmuseum


ausgezeichnet

Nach fast 100 Jahren wird derzeit der erste Bestandskatalog der mittelalterlichen Malerei des Germanischen Nationalmuseums in mehreren Teilbänden publiziert, obwohl gerade dieses Themengebiet zu den Kernbereichen der Sammlung gehört. Der Bestand an spätmittelalterlicher Tafelmalerei bis 1500 gehört zu den bedeutendsten weltweit. Das dem Museum angegliederte Institut für Kunsttechnik und Konservierung besitzt ebenfalls Weltruf.
Der jetzt vorgelegte, zweibändige Katalog zur spätmittelalterlichen Tafelmalerei aus Köln, den Niederlanden, Westfalen und dem Bodenseegebiet (im übertragenen Sinn also den „Rheinländern“) schließt nahtlos an die bereits erschienenen Bände zur fränkischen Malerei an und weitere Kataloge der Werke von Bayern bis Südtirol sind bereits in Arbeit. Auch wenn die Ergebnisse noch nicht systematisch nach kunsthistorischen Aspekten ausgewertet wurden (sieht man von den Werkstattzuschreibungen einmal ab), werden sie aufgrund ihrer Detailliertheit eine fundamentale Quelle zukünftiger Forschung sein. Besonders in den letzten zwei Jahrzehnten entwickelte sich die material- und kunsttechnologische Untersuchung zu einem der wichtigsten Elemente der kunsthistorischen Systematik, die bei fehlenden Quellen und Signaturen oft auf stilkritischen Überlegungen basierte. Diese „Übung“ ist in hohem Maße subjektiv, methodisch schwer begründbar und völlig zu Recht in Misskredit geraten. Die Naturwissenschaften liefern hier zerstörungsfrei oder zumindest materialschonend teilweise revolutionäre und gleichzeitig überzeugendere Erkenntnisse.

Insgesamt sind 52 Gemälde dokumentiert, davon alleine 29 aus dem Kölner Raum, der neben Franken besonderer Schwerpunkt der Sammlung ist. Drei Werke aus der Zeitstellung wurden bereits von Löcher 1997 publiziert und daher nicht wieder aufgenommen. Neben der chronologischen bedient sich der Katalog einer Systematik auf Basis der Werkstätten bzw. deren Zuschreibungen. Einer sorgfältigen Beschreibung der Darstellungen, mit detaillierter Ikonografie, Transkription der Inschriften und Auflösung von Wappen folgt eine ausgesprochen umfangreiche kunsttechnologische Dokumentation. Untersuchungen zu Bildträger, Malgrund und -technik, Unterzeichnungen mit zugehörigen IR Aufnahmen und der handwerklichen Behandlung der Metallauflagen geben ein vollständiges Bild auf aktuellem Leistungsstand der Wissenschaft. Die ergänzenden Originaldaten (Analysen, Fotos etc.) sind auf der Webseite des RGZM über eine Datenbank abrufbar, die ständig aktualisiert wird, zentrale Detailaufnahmen sind aber auch direkt in den Text integriert. Ein wichtiger Aspekt ist die Dokumentation von Überarbeitungen, Restaurierungen und aktuellen Schäden, die nicht selten das ursprüngliche Werk wesentlich verfälschen und die oft nur mit fortschrittlichen Methoden nachweisbar sind. Ebenfalls sehr umfangreich ist die kunsthistorische Einordnung, die sämtliche Zuschreibungen, Datierungen und regionale Zuordnungen der Vergangenheit synoptisch diskutiert, aber auch eigene und neue Schlüsse formuliert. Der Rhein als bedeutendste Wasserstraße Mitteleuropas und verbindendes Element, über den Stile und Techniken Verbreitung finden, tritt dabei in den Diskussionen immer deutlicher hervor.

Dieses monumentale, multinationale und von zahlreichen Drittmittelgebern ermöglichte Projekt erfüllt sämtliche Anforderungen, die an einen Bestandskatalog heutzutage gestellt werden können. Es ersetzt die persönliche Inaugenscheinnahme, soweit dies zwischen zwei Buchdeckeln nur möglich ist und wird sicher noch viele Forschergenerationen beschäftigen.

(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.