Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
TPC
Wohnort: 
Offenbach

Bewertungen

Insgesamt 25 Bewertungen
Bewertung vom 13.04.2022
Wo das Böse lauert
Ahlborn, Ania

Wo das Böse lauert


ausgezeichnet

Steve ist ein Junge, der im beschaulichen Örtchen Deer Valley eigentlich ein typisch amerikanisches Kleinstadtleben führen könnte. Doch Steve ist Außenseiter, weil er eine dem Tourette-Syndrom ähnliche neurologische Störung hat. So stottert er häufig oder wiederholt immer einzelne Worte im Satz mit sich reimenden Partnerwörtern und auch sein Denken bewegt sich nicht in den gewohnten Bahnen. Dadurch begegnet man ihm häufig mit Ablehnung und er wird von seinen Mitschülern gemieden. Und seit der Vater die Familie von einem auf den anderen Tag verlassen hat, ist auch die Beziehung zu seiner Mutter, die hart damit zu kämpfen hat, den Lebensunterhalt zu verdienen, eher angespannt. Nur in seinem Cousin Jude, der nach dem Unfalltod seines Vaters immer rebellischer wird und die ganze Welt zu hassen scheint, findet Steve einen Wegbegleiter und Freund. Zusammen bauen die beiden Baumhäuser, unternehmen Streifzüge durch den Wald und untersuchen ein mysteriöses altes Haus. Als Jude eines Tages spurlos verschwindet, bricht für Steve eine Welt zusammen. Und weil die Polizei und die Dorfbewohner seiner Meinung nach nicht gründlich genug nach dem verschwunden Freund fahnden, begibt sich Steve selbst auf die Suche und stößt auf mysteriöse Hinweise …
Zu Beginn scheint dieser Roman der US-amerikanischen Bestseller-Autorin Ania Ahlborn durch den „Vermisster Junge“-Plot eine eher traditionelle Richtung einzuschlagen, wobei jedoch der Einblick in die besondere Gedankenwelt des psychisch beeinträchtigten Protagonisten und seine Hilflosigkeit gegenüber den Geschehnissen eine besondere, teils sehr beklemmende Faszination ausübt. Aber gerade durch den zusätzlichen Handlungsstrang im zweiten Teil und die darauf folgenden Zusammenführung der beiden Geschichten hebt sich das Buch vom Horror-Allerlei ab und entwickelt eine ganz eigene, packende, finstere und bedrohliche Dynamik. Nur dass der Leser bereits auf dem Cover die komplette Richtung der Geschichte des ersten Teils, der ungefähr ein Drittel des gesamten Buches ausmacht, verraten bekommt, ist dann doch etwas zu viel des Guten …

Bewertung vom 13.04.2022
Wie Serienmörder denken
Berry-Dee, Christopher

Wie Serienmörder denken


ausgezeichnet

Der britische Kriminologe Christopher Berry-Dee gibt in dieser Veröffentlichung interessante und erschreckende Einblicke in die Gedanken von insgesamt zehn Serienmördern, darunter so illustre Namen wie Henry Lee Lucas oder Aileen Wuornos, aber auch weniger bekannte Täter wie John Martin Scripps, der seine Taten als Tourist in Südostasien beging, oder dem sexuellen Sadisten Michael Bruce Ross. Dies untermauert er mit Zitaten aus persönlichen Gesprächen oder Auszügen aus der teils jahrelangen Korrespondenz mit den Mördern, was für eine besonders „intime“ Authentizität sorgt. Detailliert, schockierend aber auch notwendig – so muss True-Crime sein!

Bewertung vom 11.04.2022
Wo die Toten tanzen
Doughty , Caitlin

Wo die Toten tanzen


ausgezeichnet

Die US-Amerikanerin Caitlin Doughty, die sich als Inhaberin eines Bestattungsinstituts für alternative Bestattungsmethoden einsetzt, stellt hier acht außergewöhnliche Begräbnisrituale aus aller Welt vor. Dazu gehört die einzige Möglichkeit einer traditionellen Leichenverbrennung unter offenem Himmel in den USA, das Zusammenleben mit den Mumien der Angehörigen in Indonesien und eine hochmoderne Buddha-Lightshow zu Ehren der Toten in Japan. Diese Schilderungen sind mal witzig, mal makaber, aber immer höchst interessant und das Buch ist ein lesenswertes Plädoyer für einen menschlicheren und aufgeschlosseneren Umgang mit den Toten und dem Tod.

Bewertung vom 08.04.2022
Der Klang brechender Rippen
Lorn, Edward

Der Klang brechender Rippen


ausgezeichnet

Belinda Walsh hat gerade erfahren, dass ihr Mann sie seit Jahren betrügt, all ihr Geld gestohlen hat und sie aus ihrer Wohnung geschmissen werden wird. Außer sich vor Wut und Hass setzt sie sich ins Auto und fährt ziellos umher. Als sie eine einsame Joggerin am Straßenrand laufen sieht, brennen ihr alle Sicherungen durch, sie überfährt die Frau und rast danach davon. Doch das Opfer, die erfolgreiche und glücklich verheiratete Schriftstellerin Lei Duncan überlebt gerade so. Während der langen Monate der Rekonvaleszenz im Krankenhaus schmiedet Duncan finstere Rachepläne. Dabei entdeckt sie ein dunkles Wesen, dass zu ihr spricht und sie bei ihren Vergeltungsgedanken bestärkt. Sobald sie wieder gesund ist, macht sich Duncan auf die Suche nach ihrer Peinigerin …
Edward Lorns Roman ist auf den ersten Blick eine klassische Rachegeschichte. Was ihn jedoch von der Genre-Masse abhebt, ist die brutale Konsequenz, mit der darin teils gerade erst eingeführte Charaktere gleich schon wieder das Zeitliche segnen, wodurch angenehm mit üblichen Erzählkonventionen gebrochen wird. Die genaue Schilderung der Leidenszeit des Opfers erinnert dabei, was Intensität und Schrecken angeht, wohltuend an Andrew Davidsons „Gargoyle“. Außerdem wird der Gegensatz in Gedanken- und Gefühlswelt der beiden Protagonistinnen zuerst sehr deutlich gemacht und dann in letzter Konsequenz wieder aufgehoben, wodurch das Handeln von Menschen in Extremsituationen einer Art universellen Gesetzmäßigkeit zu unterliegen scheint. Dazu sorgen die teils heftigen, blutigen und verstörenden Gewaltexzesse dafür, dass auch Gore-Hounds nicht enttäuscht werden. „Der Klang brechender Rippen“ ist also ein etwas ungewöhnlicher und gerade deswegen umso lesenswerterer Rache-Thriller mit hartem Horror-Einschlag.

Bewertung vom 08.04.2022
Viren für Anfänger
Benecke, Mark

Viren für Anfänger


ausgezeichnet

Bei diesem Buch handelt es sich um die Umsetzung der Beantwortung der Fragen zum Thema „Corona“, die Deutschlands bekanntesten Kriminalbiologen auf einer eigens dafür eingerichteten Website und über die sozialen Netzwerke erreichten. Diese Fragen werden dann, nach verschiedenen Themenbereichen geordnet, in einfachen (teils zu flapsigen) Worten ohne Fachjargon beantwortet. Die Antworten reichen, je nach Fragestellung, von interessant und aufschlussreich, bis hin zu banal und selbstverständlich. Einen Extrapunkt gibt es für die deutliche Benennung von Massentierhaltung und Fleischkonsum als Ursache für zahlreiche Krankheiten.

Bewertung vom 06.04.2022
Nur Heringe haben eine Seele
Sellin, Fred

Nur Heringe haben eine Seele


ausgezeichnet

Im Alter von 23 Jahren wird Rudolf Pleil zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt, weil er einen Kaufmann erschlagen hat. Während der Haft gesteht er jedoch, mindestens 25 Frauen missbraucht und getötet zu haben. Als sich einige seiner Aussagen verifizieren lassen, kommt es 1950 zu einem spektakulären Prozess. True-Crime-Experte Fred Sellin („Spuren des Todes“) gibt in diesem, in der Zeit um und während des zweiten Weltkriegs angesiedelten Tatsachenroman einen verstörenden Einblick in einen brutalen, psychopathischen Triebtäter, bei dem vor allem die Ich-Perspektive für besondere Intensität sorgt, aber auch Fragen zur Akkuratheit aufwirft.

Bewertung vom 04.04.2022
Bleiche Knochen
Masterton, Graham

Bleiche Knochen


ausgezeichnet

Auf einer Farm in Irland werden die Skelette von elf Frauen gefunden. Diese liegen schon seit Jahrzehnten unter der Erde, die Opfer wurden zu Lebzeiten grausam gefoltert, verstümmelt und gehäutet. Dennoch gibt es kaum noch Spuren oder Zeugen aus dieser Zeit und auch der Mörder ist heute wahrscheinlich bereits verstorben, weswegen der Fall eigentlich gleich wieder zu den Akten gelegt werden soll. Als jedoch plötzlich die Leiche einer jungen Frau auftaucht, die auf die gleiche Art gequält und ermordet wurde wie die damaligen Opfer, übernimmt die ehrgeizige Detective Superintendent Katie Maguire den Fall. Dabei stößt sie auf ein uraltes Opferritual, bei dem durch die Verstümmelung und Ermordung von Frauen eine mythische Göttin, die ihrem Befreier jeden Wunsch erfüllt, heraufbeschworen werden soll. Maguire tappt zuerst völlig im Dunkeln, und als eine weitere junge Frau verschwindet, wird auch noch die Zeit knapp …
„Bleiche Knochen“ ist der erste Roman rund um die irische Ermittlerin von Graham Masterton, einem der erfolgreichsten britischen Autoren von Horror- und Spannungsliteratur. Leider sind die Zutaten bei der Charakterzeichnung der Heldin – der übertriebene Ehrgeiz, um es dem vergötterten Vater, einem Ex-Polizisten, zu beweisen; das verstorbene Kind, für das sie sich selbst die Schuld gibt; der in kriminelle Kreise abrutschende Ehemann – nicht wirklich neuartig. Dafür punktet der Roman auf anderen Gebieten: Die Story ist rasant und sehr packend, der mythologische Hintergrund sorgt für Abwechslung und vor allem die Folterszenen sind so finster und blutig, dass einem schier der Atem stockt. Zusammen mit der originellen Auflösung ist „Bleiche Knochen“ also ein lesenswerter Ersteinsatz einer neuen Ermittlerin.

Bewertung vom 04.04.2022
Grausame Frauen
Saimeh, Nahlah

Grausame Frauen


sehr gut

Ärztin Nahlah Saimeh („Jeder kann zum Mörder werden“), die fast zwanzig Jahre Kliniken für Forensische Psychiatrie leitete und sich zuletzt als Gutachterin mit dem Fall des „Horror-Hauses“ in Höxter befasste, gibt hier Einblicke in die Taten und die Psyche von weiblichen Gewalttäterinnen. Dies tut sie exemplarisch anhand von acht verschiedenartigen, anonymisierten Fällen, wie dem „Probemord“ einer Frau an ihrem Dealer, die eigentlich ihren Lebensgefährten umbringen wollte, oder dem sehr seltenen Fall eines (geplanten) weiblichen Schulamoklaufs. Dadurch ist „Grausame Frauen“ ein interessanter, wenn auch stilistisch etwas dröger True-Crime-Beitrag.