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Jennifer

Bewertungen

Insgesamt 33 Bewertungen
Bewertung vom 01.10.2023
Wir träumten vom Sommer
Rehn, Heidi

Wir träumten vom Sommer


gut

„Wir träumten vom Sommer“ erzählt die Geschichte von Amrei, die nach zwei Jahren im Ausland nach München zurückkehrt und bei ihrer Großtante einzieht, um dort ihr Studium zu beenden. Dort war sie vor ihrer Abreise hin- und hergerissen zwischen zwei Männern: dem Polizisten Wastl und dem Linksaktivisten David. Doch mittlerweile sind die beiden Freunde geworden. Vor der Kulisse der Olympischen Spiele gerät Amrei zwischen die Fronten.

Die Handlung spielt auf zwei Zeitebenen. Die Ereignisse im Jahr 1968 stehen im Schatten der Studentenproteste und arbeiten die Vorgeschichte von Amrei, David und Wastl auf. 1972 stehen die Olympischen Spiele im Vordergrund und nehmen Einfluss auf die drei Protagonisten. Ich liebe historische Romane, allerdings empfand ich „Wir träumten vom Sommer“ doch eher als Liebesroman vor historischem Setting. Zwar hat man natürlich von den Studentenprotesten und dem Attentat währen der Olympischen Spiele schon gehört, aber sonderlich viel wusste ich darüber nicht, weshalb ich umso gespannter war mehr darüber herauszufinden.

„Wir träumten vom Sommer“ war mein erstes Buch der Autorin, weshalb ich mit ihrem Stil nicht vertraut bin. Den Schreibstil fand ich in Ordnung, aber er hat mich auch nicht wirklich begeistert. Die Geschichte ist schlicht erzählt und dem Schreibstil fehlt leider der Wiedererkennungswert. Trotzdem lässt sich die Geschichte soweit gut lesen, aber ich glaube nicht, dass es ein Buch ist was mir sehr lange in Erinnerung bleiben wird.

Die Charaktere sind größtenteils recht gelungen dargestellt, allerdings sind mir alle eher fremd geblieben und ich habe mich zu niemandem verbunden gefühlt, weshalb ich die Handlung eher anteilnahmslos verfolgt habe. Amrei mochte ich nicht sonderlich, aber die Szenen mit ihrer Großmutter haben mir gut gefallen.

Ich hätte mir gerade in Hinsicht auf die historischen Ereignisse, die der Roman behandelt, doch etwas mehr erwartet. Was Handlung, Charaktere und Schreibstil angeht ist das Buch nicht schlecht, aber halt auch einfach nicht hervorragend. Mir hat einfach das gewisse Etwas gefehlt. Sobald ich das Buch zugeklappt habe, waren meine Gedanken nicht mehr bei der Geschichte und ich wollte auch nicht wirklich wissen wie es weitergeht. Vielleicht ist das Buch aber auch einfach an eine etwas ältere Zielgruppe gerichtet.

Bewertung vom 27.08.2023
Das Pferd im Brunnen
Tscheplanowa, Valery

Das Pferd im Brunnen


gut

Vier starke Frauen

„Das Pferd im Brunnen“ beschäftigt sich mit der Familie von Walja, die im russischen Kurort bei Kasan aufgewachsen ist. Dorthin kehrt sie zurück, als ihre Großmutter stirbt und fängt an sich mit der Geschichte ihrer Familie zu beschäftigen. Die Geschichte beschäftigt sich aber nicht nur mit Walja, sondern auch mit ihrer Großmutter Nina und ihrer Urgroßmutter Tanja, allesamt starke Persönlichkeiten. Das Buch wird als autobiografisch inspirierter Roman vermarket und beschäftigt sich nicht nur mit vier eindrucksvollen Frauen, sondern zeichnet gleichzeitig auch ein interessantes und realistisches Bild von Russland im 20. und 21. Jahrhundert.

Die Frauen stehen im Mittelpunkt der Geschichte und die einzelnen Handlungsstränge sind eng miteinander verbunden. Dabei springt die Handlung zwischen den einzelnen Frauen und auch zwischen den verschiedenen Zeitebenen, was teilweise etwas verwirrend sein kann. Die vier Frauen sind sicherlich eindrucksvoll und jede hat eine interessante Geschichte zu erzählen. Allerdings gelingt es der Autorin nicht wirklich jede Protagonistin individuell herausstechen zu lassen und teilweise verschwimmen die Grenzen zwischen den Charakteren und man muss sich beim lesen in Erinnerung rufen, welcher Charakter nun eigentlich gerade im Mittelpunkt steht.

Die Erzählperspektive wechselt zwischen der Ich-Perspektive und der 3. Person, was sicherlich nicht jedem Leser zusagt aber in diesem Fall durchaus gut funktioniert, allerdings werden die Beweggründe dafür nicht wirklich deutlich. Der Schreibstil ist recht nüchtern und konnte bei mir keine großen Gefühle hervorbringen. Das Buch ist nicht schlecht geschrieben, aber irgendwie hat mir das gewisse Etwas gefehlt und ich fand es teilweise auch schwer am Ball zu bleiben und musste mich zwingen weiterzulesen.

Ich muss an der Stelle leider auch das Cover ansprechen, welches ich absolut grausam finde. Ich weiß nicht was man sich dabei gedacht hat, aber ich würde das Buch wegen dem Cover von selbst niemals in die Hand nehmen. Die Farben sind grell; es ist einfach nicht schön und hat auch nichts mit der Handlung zu tun. Es ist mir ein absolutes Rätsel wer dachte das Cover wäre eine gute Idee und ich bin tatsächlich versucht allein wegen dem hässlichen Cover einen Stern von der Bewertung abzuziehen, weil doch eigentlich jeder Autor ein hübsches Cover verdient hat.

Alles in einem muss ich sagen, dass „Das Pferd im Brunnen“ ein Buch ist, welches ich definitiv kein zweites Mal lesen würde und welches mir auch nicht lange in Erinnerung bleiben wird. Es hat gute Momente und die Geschichte hat Potential, aber die Umsetzung konnte mich nicht überzeugen. Es ist keine schlechte Lektüre, aber mir hat einfach was gefehlt.

Bewertung vom 23.08.2023
Die Erinnerungsfotografen
Hiiragi, Sanaka

Die Erinnerungsfotografen


sehr gut

„Die Erinnerungsfotografen“ ist ein absolutes Herzensbuch voller leiser Emotionen und bildgewaltiger Inhalte. Mich hat die Geschichte sehr berührt und auch nach dem beenden des Buchs nicht losgelassen und noch viele Tage beschäftigt. Ich merke wie meine Gedanken immer wieder zu dem Buch zurückkehren und bin wirklich überrascht wie gut mir die Geschichte gefallen hat.

Im Mittelpunkt der Handlung steht das Fotostudio von Mister Hirasaka, ein magischer Ort zwischen unserer Welt und dem Jenseits. Verstorbene erhalten vor ihrer Reise ins Jenseits die Möglichkeit alte Augenblicke neu zu erleben. Ein Foto für jedes Lebensjahr. Und gleichzeitig bietet das Fotostudio einen besonderen Service an: man kann an einen beliebigen Tag zurückreisen und ihn neu erleben, wenn das Foto zum Beispiel verblasst ist.
So bieten sich natürlich unglaublich viele Möglichkeiten und die Autorin begleitet in der Geschichte drei verschiedene Personen: Hatsue, Waniguchi und Mitsuru, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Eine ehemalige Kindergärtnerin, ein Bandenmitglied und ein kleines Mädchen. Dadurch gewinnt die Handlung an vielen Facetten und jede Seite ist unglaublich mitreißend. Die Autorin hat einen sehr klaren und direkten Schreibstil, der nicht überladen wirkt und trotzdem gerade durch seine Schlichtheit viele Emotionen auszulösen vermag!

Überrascht hat mich wie dünn das Buch ist und es wirkt auf den ersten Blick eher wie eine Kurzgeschichte. Trotzdem konnte mich die Handlung mitreißen und man ist sehr schnell in der Handlung drin. Man hätte sicherlich noch mehr draus machen können, aber das ist auf Grund der geringen Seitenanzahl natürlich nur bedingt möglich und an vielen Ecken und Enden muss eingespart werden. Trotzdem lohnt sich die Handlung! Ich persönlich hätte es besser gefunden wenn die Autorin noch mehr in die Tiefe gegangen wäre, aber trotzdem ist es ein ganz besonderes Leseerlebnis und ich bin bereits gespannt auf künftige Bücher der Autorin!

Bewertung vom 21.04.2023
Morgen und für immer
Meta, Ermal

Morgen und für immer


sehr gut

„Morgen und für immer“ erzählt eine berührende Geschichte über Liebe, Verrat und Familie. Im Mittelpunkt der Handlung stehen Kajan und Elizabeta, die sich innereinander verlieben und deren Liebe durch die Zeiten des Krieges und Totalitarismus geprägt wird. Das Buch beginnt in Albanien im Jahre 1943 wo Kajan in einem kleinen Bergdorf lebt und vom Krieg nur wenig mitbekommt. Vom dem deutschen Desertuer Cornelius erlernt er das Klavier spielen und ihm gelingt der Aufstieg vom Bauernjunge zum berühmten Pianisten. Er verliebt sich in Elizabeta, die Tochter eines Regimekritikers. Doch Kajans Mutter, eine strenge Kommunistin bringt die beiden auseinander. Kajans Reise führt in über Albanien in die DDR, nach Westberlin und schließlich bis in die USA.

Das Buch vereint viele verschiedenen Themen, zum einen geht es natürlich um die Liebe, aber gleichzeitig werden viele andere ernstere Dinge besprochen. Es geht um die Familie und Verrat, der in diesem Fall besonders hart ausfällt weil er von Kajans Mutter kommt. So eisern folgt sie den Vorgaben des Kommunismus, dass sie bereit ist ihren eigenen Sohn dafür zu verraten. Die politische Lage in dieser Zeit wird sehr ausführlich behandelt und es ist spannend in das DDR und Westberlin dieser Zeit einzutauchen. Besonders interessant fand ich aber auch Albanien zu erkundigen, ein Land welches man vielleicht nicht unbedingt so gut kennt und welches bis heute unter seiner Regierung leidet. Der Autor schreckt dabei nicht zurück grausame Dinge zu beschreiben und zu erläutern. An der Stelle eine Warnung, dass in dem Buch ausführliche Folterszenen beschrieben werden, die einige Leser vielleicht nicht lesen wollen. In dem Fall das Buch bitte gar nicht erst in die Hand nehmen!

Die Charaktere fand ich überraschend nichtssagend und ich hatte die ganze Zeit über das Gefühl als wären sie nicht wirklich greifbar. Besonders Kajan ist mir fremd geblieben und mir hat einfach das gewisse Etwas gefehlt. Und ich muss auch zugeben, dass ich nach dem Klappentext doch irgendwie was anderes erwartet habe, als ich letztendlich bekommen habe. Das mag vielleicht meine Schuld sein oder einfach schlechtes Marketing. Darüber kann man wohl streiten. Fest steht, dass das Buch zwar sehr schön geschrieben ist, aber es wird bestimmt nicht jeden Geschmack treffen. Es war interessant zu lesen und ich bereue es auch nicht unbedingt es gelesen zu haben, aber es ist definitiv kein Buch das ich ein zweites Mal in die Hand nehmen würde.

Triggerwarnung: Folter

Bewertung vom 18.04.2023
Der weiße Fels
Hope, Anna

Der weiße Fels


gut

Im Roman „Der weisse Fels“ steht besagter Fels im Mittelpunkt der Handlung. Im Jahre 2020 reist eine Schriftstellerin in ein mexikanisches Küstenstädtchen und eben dort befindet sich besagter weißer Fels. Und dieser unscheinbare Fels vereint die Schicksale von ganz verschiedenen persönlichkeiten. 1969 flieht Jim Morrison vor dem Vietnamkrieg an den mexikanischen Strand. Anfang des 20. Jahrhundert werden zwei Schwestern des Yoeme-Stamm dorthin verschleppt. Und 1775 findet sich ein spanischer Leutnant an dem Felsen wieder. Anna Hope erzählt eben diese vier Schicksale vor der Kulisse des heiligen Felsen in Mexiko. Vom Inhalt her klang es für mich sehr vielversprechend und ich war gespannt darauf zu sehen wie die Autorin diese ganz unterschiedlichen Schicksale miteinander verbinden würde. Doch eben dies gelingt ihr nur bedingt.

Ich lese gerne in neue Genre rein, die sonst nicht unbedingt mein Geschmack sind und ich hatte ein wirklich gutes Gefühl bei „Der weisse Fels“. Und es gab auch einige Dinge die mir gut gefallen haben. Der Schreibstil ist leicht zu lesen und ich mochte die Idee sehr gerne. Ich finde es spannend wenn ganz unterschiedliche Schicksale miteinander verknüpft werden und besonders gut gefallen hat mir, dass die einzelnen Handlungsstränge auf verschiedenen Ebenen spielen. Ich liebe historische Elemente in Büchern und war gespannt wie all dies vor der Kulisse Mexikos umgesetzt werden würde.

Leider muss ich aber sagen, dass gerade das verknüpfen der Schicksale nicht wirklich gelungen ist. Vielmehr fühlt es sich beim lesen so an als würde man einzelne Kurzgeschichten lesen, die nicht miteinander zusammen hängen. Und letztendlich haben sie außer dem Felsen auch nichts miteinander zu tun. Ich hätte mir da doch mehr gewünscht und hätte gedacht die Autorin würde tiefer in die Geschichten eintauchen!

Besonders wichtig bei Büchern sind mir immer die Charaktere und selbst eine mittelmäßige Geschichte kann noch einiges herausholen wenn die Charaktere mich überzeugen. Leider war das hier nicht der Fall. Die Charaktere bleiben teilweise namenslos und ihnen fehlt auch ganz klar die Individualität und der Wiedererkennungswert. Einige Leser mögen die Richtung, die die Autorin damit einschlägt vielleicht gefallen, aber für mich war es leider überhaupt nichts. Ich habe schnell gemerkt, dass mir langweilig wurde beim lesen und ich konnte überhaupt kein Interesse für die Charaktere und ihr Schicksal aufbringen, was ich wirklich sehr schade fand.

Alles in einem verspricht das Buch mehr, als es tatsächlich erfüllen kann, weshalb es von mir guten Gewissens keine Empfehlung geben kann! Ich denke es ist hier wirklich reine Geschmackssache, ob einem das Buch und die Erzählart gefällt oder nicht. Ich würde jedem empfehlen in die Leseprobe reinzulesen und sich selbst einen Eindruck zu verschaffen, da man sehr schnell ein Gefühl für das Buch bekommt.

Bewertung vom 17.04.2023
Dalee
Gastmann, Dennis

Dalee


sehr gut

Der junge Bellini sticht mit seiner Familie von Kalkutta in See. Das Ziel: die Andamaneninseln. Und mit an Bord der Schiffes ist Dalee, der Arbeitselefant der Familie. Denn Bellini soll das altehrwürdige Handwerk des Mahuts, des Elefantenführers, erlernen. Doch das neue Leben der Familie wird durch zahlreiche Schwierigkeiten erschwert: der undurchdringliche Dschungel, die ehemaligen Häftlinge eines Kolonialgefängnisses und ein reicher Unternehmen machen der Familie das Leben schwer. Doch trotz allem entwickeln Bellini und Dalee eine lebenslange Freundschaft, die das Herz des Leser im Sturm erobern wird. Dennis Gastmann erzählt ein außergewöhnliches Abenteuer, das von einer wahren Geschichte inspiriert ist und hat mich an vielen Stellen überraschen können.

Der Autor hat als Auslandsreporter einige Erfahrungen wenn es um exotische und ferne Länder geht und das merkt man dem Roman auch an. Immer wieder erhält der Leser Einblicke in ein Leben, das uns vollkommen fremd ist. Allerdings hatte ich das Gefühl als würde sich der Autor oftmals zurückhalten und ich hätte gerne noch mehr über die Geschichte des Landes erfahren. Aber ich kann verstehen, dass es für andere Leser vielleicht eher abschreckend gewirkt hätte. Doch auch über Land und Leute gab es für meinen Geschmack nicht immer genug Einblicke und vieles wurde nur oberflächlich behandelt. Aber wie schon zuvor gesagt ist das wohl in erster Linie eine Sache des eigenen Geschmacks.

Die Geschichte selbst ist sehr gefühlvoll erzählt und ich musste wieder einmal feststellen was für faszinierende Geschöpfe Elefanten doch sind. Das Thema alleine hat dazu geführt, dass ich das Buch lesen wollte und ich bereue meine Entscheidung nicht. Trotzdem muss ich eingestehen, dass das Buch definitiv einige Schwachstellen hat. Zum einen ist das Erzähltempo nicht unbedingt immer passend und über viele viele Seiten zieht sich die Geschichte scheinbar endlos in die Länge. Da hätte man definitiv einiges noch dran machen können und obwohl ich lange Bücher immer lieber mag, hätten dieser Geschichte hundert Seiten weniger vielleicht ganz gut getan!

Die Charaktere sind liebevoll gezeichnet und besonders Dalee ist mir sehr ans Herz gewachsen. Die Freundschaft zwischen Mensch und Tier steht im Mittelpunkt der Handlung und für einige Leser könnte „Dalee“ vielleicht etwas zu langweilig sein. Selbst ich musste mich einige Male doch zwingen am Ball zu bleiben und das Buch nicht aus der Hand zu legen. Letztendlich liebe ich es aber einfach fremde Länder zu bereisen, sei es nun im wahren Leben oder auf den Seiten eines Buches, weshalb mir „Dalee“ definitiv viel Freude bereitet hat.

Bewertung vom 26.02.2023
Young Mungo
Stuart, Douglas

Young Mungo


ausgezeichnet

Das Glasgow der 90er Jahre ist geprägt von Gewalt, Alkohol und Exzessen. Mungo passt nicht in diese Welt. Er ist zu hübsch und zu sanft. Im Gegenteil zu seinem Bruder Hamish, ein gefürchteter Bandenanführer. Hamish will aus seinem Bruder einen ‚richtigen‘ Mann machen. In den Kämpfen zwischen Protestanten und Katholiken trifft Mungo dabei auf James und lernt sich seinen Gefühlen zu stellen – und sich nicht für diese zu schämen. Doch die Liebe zwischen den beiden jungen Männern ist lebensgefährlich in einer von Gewalt geprägten homophoben Welt. Mungo kann niemanden trauen, nicht einmal seiner Schwester Jodie, der er sonst alles erzählen kann.

„Young Mungo“ ist das neuste Werk von Douglas Stuart, der mit seinem ersten Roman „Shuggie Bain“ weltweit Aufmerksamkeit erregt hat. Ich war sehr gespannt auf sein neues Buch und wurde nicht enttäuscht. „Young Mungo“ ist eine tiefgehende, eindringliche und bildgewaltige Geschichte, die auch nach der letzten Seite den Leser nicht verlässt. Die Handlung ist gewalttätig, brutal und eindringlich und dabei sicherlich nichts für schwache Nerven. Es ist kein Buch, das man mal eben so lesen kann, sondern eine Geschichte, die in Erinnerung bleibt und darauf angelegt ist den Leser zum nachdenken anzuregen.

Der Autor porträtiert das Glasgow der 90er Jahre sehr gelungen und schafft es die Kultur und die Eigenarten der Schotten ins eine Geschichte einzubauen. Das Setting bietet eine ganz eigene Atmosphäre, die wirklich gekonnt beschrieben wird. Der Schreibstil ist bildgewaltig und eindringlich und es gelingt Douglas Stuart eine authentische Geschichte zu erschaffen. Die Charaktere und ihre Probleme werden realistisch dargestellt und besonders Mungo ist beeindruckend, wie er in einer homophoben Welt zu sich selbst findet. Der Autor setzt sich mit den Themen Homophobie und Männlichkeit auseinander und behandelt diese meiner Meinung nach sehr gekonnt.

„Young Mungo“ ist genau das richtige Buch für jeden Leser, der nicht vor schwierigen Themen zurückschreckt. Es ist kein leichtes Buch, aber absolut empfehlenswert!

Bewertung vom 19.02.2023
Roxy
Bülow, Johann von

Roxy


sehr gut

Das Debüt von Johann von Bülow erzählt von Marc und Roy. Die zwei Freunde wachsen in München der Achtzigerjahre auf und könnten kaum unterschiedlicher sein. Marc wächst in einer Doppelhaussiedlung auf und will ausbrechen und die Welt erobern. dem Industriellensohn Roy – eigentlich Robert – liegt die Welt hingegen schon zu Füßen. Als die bildschöne Carolin in ihr Leben tritt, verändert sich jedoch alles. Viele Jahre später haben sich die beiden Freunde auseinander gelebt. Wie es so oft passiert wenn Jugendfreunde erwachsen werden und ihr eigenes Leben leben. Als sich Marc zurück nach München auf macht, zur Beerdigung von Roy, erinnert er sich an die alten Zeiten und die Momente im „Roxy“.

Das Buch gliedert sich in 5 Teile und begleitet Marc und Roy durch die 80er Jahre in München. Der Autor hat ein klassisches Coming-of-Age Buch geschrieben mit allen wichtigen Themen die dazu gehören. Ein besonders wichtiges Thema ist dabei die Freundschaft zwischen den beiden jungen Männern. Und damit verbunden auch die Unterschiede zwischen Marc und Roy, die in ganz anderen Umständen aufgewachsen sind. Die Handlung beginnt von der Kindheit und zieht sich durch die Jugend der Protagonisten und eine besonders wichtige Rolle nimmt dabei Carolin ein, die die Dynamik der Freunde verändert. Marc sieht erstmals Wesenszüge von Roy, die er vorher nicht gesehen hat – oder nicht sehen wollte. Der Autor beschreibt die Charaktere dabei sehr gefühlvoll und erschafft eine authentische Geschichte. Carolin bleibt allerdings im Vergleich zu Marc und Roy eher außen vor und es fällt schwer sie wirklich zu verstehen. Ihre Darstellung bleibt oberflächlich und ich hätte es interessant gefunden mehr über sie zu erfahren. Vielleicht wäre es sogar eine gute Idee gewesen Carolin und Roy zur Sprache kommen zu lassen, um die Handlung noch besser verstehen zu können.

Der Schreibstil ist für ein Debüt Roman bereits sehr gut gelungen und es fällt leicht in die Geschichte abzutauchen. Müsste ich etwas kritisieren wäre es wohl, dass mir das gewisse Etwas fehlt was ein Buch zu etwas Besonderem macht.

Bewertung vom 04.12.2022
Das Zuhause
Coccia, Emanuele

Das Zuhause


weniger gut

Das Zuhause aus philosophischer Sicht

Emanuele Coccia ist Professor für Philosophiegeschichte in Paris und promovierte in Florenz. Der Italiener zog selber mehr als 30 Mal um und beleuchtet in „Das Zuhause“ die Philosophie des Wohnes. Dabei beschäftigt er sich mit der Frage was ein Zuhause ist und geht dabei sehr genau auf die Aufteilung einzelner Räume ein und wie sehr diese die Psyche prägen können. Im Mittelpunkt steht dabei der Gedanke wie der Mensch die Welt zu seinem Zuhause macht und welche Rolle das Zuhause im Leben eines Menschen spielt.

Mit 160 Seiten ist „Das Zuhause“ nicht sehr dick, aber der Inhalt ist keine leichte Kost und man sollte ein Interesse für Philosophie mitbringen, andernfalls werden sich die Seiten ganz schön in die Länge ziehen. Und so fiel mir der Anfang nicht ganz leicht und ich hatte Probleme in die Gedankenwelt des Philosophen einzutauchen. Besonders der Schreibstil und der Aufbau des Buchs haben mir das lesen erschwert. Ich lese nur selten Sachbücher und wollte unbedingt neues ausprobieren und aus meiner comfort zone ausbrechen, aber „Das Zuhause“ hat es mir dabei nicht ganz leicht gemacht. Wer ein grundlegendes Interesse an Philosophie mitbringt wird dies aber vielleicht anders sehen.

Emanuele Coccia betrachtet nicht nur das Zuhause der Gegenwart sondern unternimmt auch eine Reise in die Vergangenheit und es ist interessant zu sehen wie sich unser Verständnis verändert. Dabei bringt er stets seine eigenen Erfahrungen mit ein, was es leichter macht seinen Gedanken zu folgen. Alles in einem ist das Buch definitiv keine leichte Unterhaltung und es regt den Leser bewusst zum denken an und lädt einen ein selber darüber nachzudenken was einem das Zuhause bedeutet. Für mich war „Das Zuhause“ ein auf und ab der Gefühle und immer wenn mein Interesse geweckt wurde, war es auch schon wieder verloren weil der Autor es nicht schafft konstant den Leser zu unterhalten. Ich würde das Buch empfehlen wenn man ein Interesse für das Thema und ein Interesse für Philosophie mit sich bringt. Die Gruppe die mit dem Buch angesprochen wird ist definitiv eher klein und ich werde das Buch nicht nochmal lesen und hätte grundsätzlich auch eher darauf verzichten können. Aber es war interessant mal einen Ausflug in die Philosophie zu unternehmen.

Ein Pluspunkt bekommt das Buch zweifelsohne für sein Cover, welches nicht nur perfekt zum Inhalt passt, sondern auch ein echter Hingucker ist. Gerade bei Sachbüchern finde ich Cover oftmals schlecht gewählt, aber hier hat der Verlag großartige Arbeit geleistet.

Bewertung vom 18.09.2022
Sanfte Einführung ins Chaos
Orriols, Marta

Sanfte Einführung ins Chaos


sehr gut

„Sanfte Einführung ins Chaos“ folgt Marta und Daniel, die sich mit der Frage auseinandersetzen müssen wie sie mit einer ungewollten Schwangerschaft umgehen wollen. Während Daniel das Kind bekommen möchte, ist Marta fest entschlossen in sechs Tagen einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Der Leser begleitet das junge Paar über diese sechs Tage und lernt dabei auch einiges über sich selbst. Denn letztendlich polarisiert das Buch natürlich auch und fordert den Leser aktiv dazu auf sich selber mit dem Thema Abtreibung zu beschäftigen. Ein Thema das aktuell besonders durch die schockierenden Ereignisse in den USA aktueller den je ist. Abtreibungen sind noch immer ein Tabu Thema und ich finde es großartig, dass sich Marta Orriols dafür einsetzt dies zu ändern.

Die Handlung konzentriert sich auf Marta und Dani und beleuchtet deren Leben und auch deren Wünsche und Ziele im Leben. Marta ist Fotografin und möchte unbedingt nach Berlin. Dani ist Drehbuchautor und glücklich mit seinem Leben und mit Marta. Doch schnell wird deutlich wie unterschiedlich die beiden ihre Beziehung betrachten, denn Marta ist sich gar nicht so sicher, ob sie wirklich für immer mit Dani zusammen sein möchte. Die Interaktionen zwischen den beiden sind spannend geschildert und Orriols widmet sich dem Thema sehr gefühlvoll. Es geht nicht nur um die Problematik der ungewollten Schwangerschaft, sondern vielmehr um eine Frage die wohl alle Leser kennen: Was möchte ich mit meinem Leben anfangen? Wo sehe ich mich in der Zukunft?

Die Autorin hat einen nüchternen und ausdrucksvollen Schreibstil, der es dem Leser ermöglicht vollkommen in der Geschichte abzutauchen. Man kann sich gut in die Charaktere hineinversetzen und bekommt einen Eindruck von deren Gefühlen und Gedanken, wodurch sich die Handlung sehr gut lesen lässt und es nicht langweilig wird. Auch das Cover passt hervorragend zu der Handlung und ist ansprechend gestaltet. Der Titel ist ebenfalls voller Bedacht gewählt.

Von mir bekommt „Sanfte Einführung ins Chaos“ eine volle Leseempfehlung, denn das Buch behandelt eine unglaublich wichtige Thematik mit der sich jeder auseinander setzen sollte.