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Wortakrobat

Bewertungen

Insgesamt 13 Bewertungen
12
Bewertung vom 17.01.2010
Blut will fließen
Ellroy, James

Blut will fließen


weniger gut

783 Seiten die es in sich haben: Namen, Orte und reale Ereignisse aus den Jahren 1964-1972 der amerikanischen Geschichte. Die Ermordungen Kennedys und M. L. King werden verknüpft mit den Intrigen staatlicher Behörden und korrupter Polizisten. All dies ist durchdrungen von brutaler Gewalt und offenkundigem Hass gegenüber Schwarzen und Schwulen.

Für mich persönlich ein Roman, den ich nicht noch einmal lesen möchte. Nur, wer das nötige Hintergrundwissen zu den im Buch beschriebenen Daten und Personen besitzt, wird diesen Roman flüssig lesen können. Für alle anderen wird es äußerst schwierig sein. Zu viele Personen, denen kaum eine Charakterisierung zukommt, zu viele Orte, die überraschenderweise oftmals besser beschrieben sind als die Protagonisten, zu viele, meist nur angerissene historische Geschehnisse. Hinzu kommt eine stakkatoartige, durchweg derbe Sprache mit abgehackten Sätzen oder z.T. auch nur einzelne Worte, die einerseits zwar durchaus den Zeitgeist widerspiegeln, das Lesen aber erschweren.

Problematisch sind auch die "Akteneinschübe", also aufgezeichnete Telefonate oder Tagebucheinträge der Akteure. Diese tragen nur wenig zum Fortgang der Handlung bei, bremsen aber den Lesefluss ungemein.

Ellroy hebt in seinem Romane die klassischen Grundsätze der Belletristik aus ihren Angeln: Gut und böse manifestiert sich gleichzeitig in jeder einzelnen Person, eine Kategorisierung durch den Leser schließt sich aus. Erzählstränge bleiben oft allzu lange unvollendet, wodurch sich Zusammenhänge nur schwer erschließen. Eine Hauptperson als solche existiert nicht und scheinbar tragende Rollen sterben oft früh und überraschend. Genau dies macht das Buch überaus realistisch, aber zugleich für den Romanleser auch sehr ungewöhnlich.

Erst im letzten Viertel des Buches wurden viele Zusammenhänge aufgeklärt und die Geschichte einzelner Charaktere vervollständigt. Ebenfalls werden die wichtigsten vorangegegangenen Ereignisse zusammengefasst. Auch wird den (noch lebenden) Protagonisten erst an so später Stelle ein gewisses Maß an Menschlichkeit durch den Autor zugestanden.

Ich empfehle dieses Buch ausschließlich solchen Lesern, die sich für die behandelte Zeit, und die damaligen politischen Verhältnisse und Daten interessieren. Dem Leser, der in Büchern Unterhaltung sucht, möchte ich aber abraten. Politische Themen aus jener Zeit lassen sich schließlich auch in Fachbüchern nachlesen - einen Roman in dieser Form braucht es dazu wohl eher nicht.

Bewertung vom 16.12.2009
Ich will dich, ich krieg dich
Robertsen, Hedda H.

Ich will dich, ich krieg dich


schlecht

Auf den ersten Seiten mag man noch denken: "Interessanter Stil!". Schließlich besteht das Buch zum Großteil aus inneren Monologen der Protagonistin Alba. Doch im Verlauf des Buches wird schnell klar: Dies bleibt das einzig Positive.

Die Thematik ist schnell zusammengefasst: Die 19-jährige Alba arbeitet in einer Buchhandlung und schwärmt für einen älteren Kunden mit den Initialen M.M. Sie begegnet ihm fortan in ihrer Fantasie und erlebt auf diese Weise heiße Nächte mit ihm. Wunsch und Wirklichkeit beginnen hierbei mit der Zeit zu verschmelzen...

Die Handlung dreht sich immerzu im Kreis und eine Entwicklung der Hauptperson ist ebensowenig zu erkennen, wie ein Ziel oder eine Erkenntnis, auf die die Handlung zusteuert. Auf die Dauer langweilt dies sehr, da die Geschichte immerzu zwischen Albas Arbeit in der Buchhandlung, während der sie hofft, M.M. zu begegnen, und ihren Träumereien/Schwärmereien/Fantasien changiert. Hierbei gleitet die Autorin allzu oft ins Pornografische ab. Es wirkt beinahe so, als werde auf diese Weise versucht, die seichte Story aus dem Mittelmaß zu holen, was aber eindeutig mißlingt.

Man weiß nich so recht, wo dieser Titel einzuordnen ist. Für einen leichten Frauenroman werden Albas sexuelle Fantasien allzu handfest dargelegt und auch der Stil ist zu ungewöhnlich. Für eine anspruchsvollere Lektüre fehlt jedoch die Tiefe und der sprachliche Schliff. Obwohl der Leser sehr viel über Albas Liebesleben erfährt, werden andere Details aus ihrem Leben nur gestreift, wodurch die Figur einseitig bleibt. Auch den übrigen Personen (Mutter, Schwester, Freundin) wird nicht genug Raum gegeben.

Meine Hoffnung, eine überraschende Wendung der Geschichte/Entwicklung der Hauptperson möge dem Buch irgendwann zu mehr Fahrt verhelfen, blieb leider bis zur letzten Seite unerfüllt.

Fazit: Gute Idee, fantasielos umgesetzt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.12.2009
Das München-Komplott / Georg Dengler Bd.5
Schorlau, Wolfgang

Das München-Komplott / Georg Dengler Bd.5


sehr gut

BEÄNGSTIGENDE NÄHE

Wo viele andere Kriminalgeschichten scheinbar in einem Vakuum und somit fern aktueller Ereignisse spielen, schafft Schorlau scheinbar mühelos eine beinahe beängstigende Nähe zur Realität. Insbesondere derjenige, der die Schauplätze (v.a. Stuttgart und München) kennt, kann sich dem Buch kaum entziehen. Jedoch darf "Das München-Komplott" keinesfalls als reiner Krimi gesehen werden, sondern muss vielmehr als ein kritisches Werk gegenüber Gesellschaft und Politik verstanden werden.

Der Autor bindet dabei geschickt Themen der jüngsten Vergangenheit in seine Geschichte mit ein. Diese Verweise stören den Handlungsfluss nicht im Geringsten, sondern ziehen ganz im Gegenteil den Leser noch tiefer hinein in ein Spiel um Macht und Einfluss.

Als Ausgangspunkt dient Schorlau das Oktoberfest-Attentat aus dem Jahr 1980. Die Hauptperson, Dengler, erhält den Auftrag die alten Akten nochmals zu überprüfen. Neben diesem Haupt-Handlungsstrang finden sich noch einige weitere. Diese, zunächst zusammenhanglos, dann aber mit der Zeit immer näher an die Handlung rund um Dengler rückend, machen einen besonderen Reiz des Buches aus, da hier neue Fragen aufgeworfen und bis dato noch unbekannte Details enthüllt werden. Am Schluss münden die einzelnen Handlungsstränge ineinander und zuvor nur erahnte Vermutungen werden zur Gewissheit. Die Figuren entwickeln sich im Lauf der Geschichte stetig weiter und manch ein Blick in das Seelenleben der Akteure verdeutlicht die Akribie, mit der Schorlau an seinen Figuren feilt.

Und je weiter die Geschichte fortschreitet, desto tiefer dringen auch die Schatten der Vergangenheit in Denglers Leben ein. Was für diesen zunächst als harmloses Aktenstudium begann, endet schließlich mit einem Mordversuch ans einer Person. Der Ermittler schlittert, ohne, dass er oder der Leser es im Einzelnen bewusst wahrnehmen, immer tiefer in einen Sumpf aus Verschwiegenheit und Brutalität.

Schorlaus Sprache ist klar und minimalistisch. Dieser Schreibstil führt aber leider an einigen Stellen dazu, dass einzelne Abschnitte recht oberflächlich erscheinen. Schorlau hat scheinbar sehr genau für dieses Buch recherchiert. Es wäre schön gewesen, wenn er dies durch ausführlichere Beschreibungen hier und da auch zusätzlich untermauert hätte.

Insgesamt ist dem Autor ein sehr lesenswertes Buch gelungen, dessen Realitätsnähe dem Leser durchaus kalte Schauer über den Rücken laufen zu lassen vermag. Gerne mehr davon!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

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