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Benutzername: 
Dreamworx
Wohnort: 
Berlin

Bewertungen

Insgesamt 1361 Bewertungen
Bewertung vom 26.08.2024
Die Modeschöpferin von Manhattan
Weng, Joan

Die Modeschöpferin von Manhattan


weniger gut

Ziehe dich immer an, als würdest du deinen ärgsten Feind treffen. - Kimora Lee
1939 Manhattan. Die junge Südstaatlerin Daisy Goldenblatt wohnt bei ihrer Tante und arbeitet in dem Salon der berühmten, aber exzentrischen ukrainischen Modeschöpferin Valentina Schlee, die nur für eine ausgewählte namhafte und zahlungskräftige Kundschaft ihre Kreationen entwirft. Ohne Termin kommt niemand in den Salon, meistens sogar nur auf Empfehlung. So trifft man dort die Präsidentengattin Eleonor Roosevelt ebenso an wie Greta Garbo oder Marlene Dietrich. Daisy soll nach dem Wunsch ihrer Eltern den wohlhabenden Alistair heiraten, aber insgeheim hat sie sich in den irischen Journalisten Christopher verliebt, der schon bald nach Europa abreisen will. Und dann gibt es ja auch noch Valentinas gut gehütetes Geheimnis…
Joan Weng hat mit „Die Modeschöpferin von Manhattan“ einen historischen Roman vorgelegt, der die damalige Zeit sowie die Modeszene und die verschiedenen Gesellschaftsschichten beleuchtet. Der flüssige Erzählstil sowie die Sicht aus unterschiedlichen Perspektiven können leider nicht verhindern, dass die Handlung nur aus einer Aneinanderreihung von Ereignissen ist, die den Leser nicht wirklich mitnehmen, sondern nur als Statist folgen lassen. Daisy arbeitet gerne in dem Salon, obwohl ihr die Eigenheiten ihrer Chefin Valentina oftmals Rätsel aufgeben. Die Arbeit mit der illustren Kundschaft und den Umgang mit den exklusiven Roben entschädigen sie dafür. Valentina dagegen lebt in einer Ehe, die für sie und ihren Ehemann nur Mittel zum Zweck ist. Insgeheim liebt Valentina eher Frauen, doch zur damaligen Zeit ging das nur im Verborgenen. Zudem leidet sie unter der Flucht aus ihrem Heimatland, aber was wirklich dort passiert ist, wird der Leser bis zum Schluss leider nicht erfahren, weil viel mehr Wert auf Unwichtiges gelegt wird. Die Klientel des Modesalons und der Umgang mit ihnen wird ausführlicher behandelt, zeigt z.B. die große Rivalität zwischen Hollywoodstars und die Extravaganz so mancher Künstlerin.
Die Charaktere bleiben leider bis auf Daisy sehr farblos, so dass dem Leser die Rolle als unsichtbarer Zuschauer zufällt. Daisy ist eine junge, liebenswerte Frau, die vor der Entscheidung steht, ihrem Leben einer Richtung zu geben. Sie ist hilfsbereit, clever und besitzt den nötigen Südstaatencharme, um so manch brenzlige Situation zu entschärfen. Valentina ist ständig am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Vor ihren Kundinnen kehrt sie die Chefin raus, aber im Inneren ist sie unsicher und verletzlich. Ihre Exzentrik geht an die Nerven und man wundert sich, dass sie überhaupt Kundinnen hat bei dem Benehmen.
„Die Modeschöpferin von Manhattan“ ist historischer Roman, dessen Handlung leider sehr langweilig präsentiert wird und auch nicht mit interessanten Charakteren punkten kann. Das kann die Autorin wirklich viel besser. Diesmal leider keine Empfehlung!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.08.2024
Rebellin mit Herz
Büchle, Elisabeth

Rebellin mit Herz


ausgezeichnet

Du bist nur machtlos, wenn Du glaubst, dass Du es bist. – Zitat aus „Robin Hood-König der Diebe“
1811 England. Außerhalb von London wird die unverheiratete Lady Henrietta Murray auf die junge Pfarrerstochter Lily Thomson aufmerksam, die ihr Herz auf der Zunge trägt, und bietet ihr eine Stelle als ihre Gesellschafterin in London an. Lily sieht eine Chance für sich und macht sich vom Land auf den Weg in die unbekannte Großstadt, wo sie alsbald nicht nur das Leben von Lady Henrietta durcheinanderwirbelt und ihr den Weg zurück in die Hochadelskreise zurückbringt, sondern auch für den überaus charmanten, aber auch scharfsinnigen Marvin, dem Earl of Kantley, eine echte Herausforderung darstellt. Als Lily durch die Zufallsbekanntschaft mit einem kleinen Straßendieb herausfindet, unter welchen Umständen die Menschen und vor allem die Kinder an den Themse-Docks leben, möchte sie deren Zustände mit allen Mitteln verbessern. Dabei ist sie auf die Hilfe von Henrietta und Marvin angewiesen. Wird ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt?
Elisabeth Büchle hat mit „Rebellin mit Herz“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der sowohl mit einer starken charismatischen Hauptprotagonistin als auch mit einer tiefgründigen Handlung den Leser von der ersten Zeile an in den Bann schlägt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert antreten, wo er sich sofort an Lilys Seite wiederfindet und sich von dort nicht mehr entfernt, bis das Schicksal der jungen, mutigen Frau ergründet ist. Die Aufgabe als Gesellschafterin nimmt Lily sehr ernst und holt Lady Henrietta mit unkonventionellen Mitteln immer mehr aus ihrem Schneckenhaus. Die beiden tauchen ein ins gesellschaftliche Leben des Hochadels, wobei sich deren Geister über die zwei Frauen scheiden. Die einen rümpfen die Nase, während die anderen ihnen insgeheim Respekt zollen. Lilys Anstrengungen, den Ärmsten der Armen zu helfen und Unterstützung vom Adel zu bekommen, sind nicht von Erfolg gekrönt, so dass sie zu drastischeren Mitteln greift, die sich am Rande der Legalität bewegen. Zwischen Marvin und Lily gibt es nicht nur lebhafte, teils sehr humorvolle Wortwechsel, sondern es knistert auch zwischen den beiden, obwohl sie aus völlig verschiedenen Gesellschaftsschichten stammen. Die Autorin versteht es sehr geschickt, nicht nur die damaligen Lebensumstände der armen Bevölkerung darzustellen, sondern auch die gesellschaftlichen Gepflogenheiten sowie die Stellung der Frau sehr gut herauszustellen. Ebenso war es damals eine Kunst zu verstehen, wenn das eine gemeint, aber das Gegenteil gesagt wird. Der Leser klebt aufgrund von Lilys gefährlichem Unterfangen sowie den teils amüsanten Wortwechseln und Entwicklungen regelrecht an den Seiten und durchlebt so manche Achterbahn der Gefühle, wozu auch die überraschenden Wendungen beitragen.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Ihre glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften ziehen den Leser an, der sich direkt an ihre Fersen heftet, um nichts zu verpassen. Lily ist eine liebenswerte, sehr ehrliche, direkte, ungeduldige junge Frau mit einem großen Gerechtigkeitssinn, die ihr Herz auf der Zunge trägt und sich mutig der Welt stellt. Henrietta sah sich schon lebendig begraben, taut aber mit Lilys Hilfe auf und ist ihrer jungen Gesellschafterin eine gute Ratgeberin, die allerdings auch von Lilys frischer Art profitiert. Marvin ist ein intelligenter, aufrichtiger Mann, der dem Standesdünkel keinen Raum gibt, jederzeit unterstützt und mit wohldosierten Ratschlägen dient. Dabei offenbart er seinen Witz und Charme immer wieder. Aber auch James und der Butler dürfen in dieser außergewöhnlichen Geschichte nicht fehlen.
„Rebellin mit Herz“ ist die Geschichte von „Robina Hood“, die ihrem Namensvetter alle Ehre macht. Mit starken Charakteren, wunderbar humorigen Dialogen, einer spannenden Handlung, dem historischen Setting, wo neben Nächstenliebe auch Romantik ihren Platz hat, schafft Elisabeth Büchle einmal mehr, den Leser von Beginn an die Seiten zu fesseln. Absolute Leseempfehlung für ein Jahreshighlight! Chapeau!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 16.08.2024
Das Lied der Biene
Groß, Gabriela

Das Lied der Biene


ausgezeichnet

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. – Demokrit
Seit Jahren ist Marga geschieden und hat mit ihrer Stelle als Haushälterin bei dem Unternehmer Paul Alprecht den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter Conny erarbeitet. Nun geht Conny eigene Wege, der Grund für die momentane Funkstille zwischen Marga und ihr. Wenigstens ihre Freundinnen Kirsten und Eva halten ihr die Stange und versuchen Marga aus ihrem zurückgezogenen Leben zu locken. Als ausgerechnet am Tag, als Marga aufgrund der hochnäsigen und übergriffigen Verlobten ihres Arbeitgebers kündigen möchte, diese im Swimmingpool an einem Bienenstich verstirbt, wendet sich Margas Leben um 180 Grad. Marga möchte ihren Chef Paul in seiner Trauer unterstützen, deshalb schreibt sie ihm via E-Mail anonym Worte des Trostes und der Unterstützung, die Paul langsam wieder aufbauen. Er möchte unbedingt wissen, wer ihm diese Mails zukommen lässt, doch bis er durch Zufall herausfindet, dass es sich hierbei um Marga handelt, stehen sich die beiden privat schon sehr viel näher, als es jeder von ihnen es je für möglich gehalten hätte…
Gabriela Groß hat mit „Das Lied der Biene“ einen wunderschönen, unterhaltsamen Gegenwartsroman vorgelegt, dessen Handlung einerseits wie ein modernes Märchen anmutet, andererseits auch wie aus dem Leben gegriffen zu sein scheint. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und empathische Erzählstil stellt den Leser sofort an Margas Seite, lässt diesen tief in ihre Seelenwelt blicken, während er gleichzeitig darauf hofft, dass Margas Leben vom Glück geküsst wird und sie aus ihrem Schneewittchenschlaf erwacht. Marga hat sich über die Jahre selbst immer mehr in den Hintergrund bugsiert und das Leben an sich vorbeiziehen lassen, was zwar sicher ist, aber auch schrecklich langweilig. Doch das Unglück in Pauls Haus lässt sie über sich hinauswachsen. Mutig und liebevoll formuliert sie Briefe per E-Mail an Paul, um nicht nur ihn bei seiner Trauer zu unterstützen, sondern auch, um ihre unbegründeten Schuldgefühle in den Griff zu bekommen. Dass Paul ihr auf die Schliche kommt, gleicht dem verlorenen gläsernen Schuh von Cinderella. Er musste irgendwann herausfinden, wer ihn die ganze Zeit mit sensiblen Worten und Lebensweisheit aufbaut. Die Autorin hat ihre Handlung wunderbar gestrickt und lässt den Leser Stück für Stück den Standesdünkel zwischen Haushälterin und Chef vergessen. Hier geht es um zwei Menschen, die auf der Suche nach dem privaten, erfüllenden Glück suchen und mit Unterstützung ihres Umfeldes Zugeständnisse und mutige Schritte machen müssen, damit es gelingt. Die farbenprächtigen Landschaftsbeschreibungen Portugals bilden einen schönen Rahmen und vermitteln eine aufgelockerte Atmosphäre, in der vieles passieren kann.
Die Charaktere sind ausgesprochen lebendig und authentisch beschrieben. Ihre glaubwürdigen Eigenschaften lassen den Leser glauben, sie schon lange zu kennen, weshalb er ihnen nicht von der Seite weicht, um keinen Augenblick ihres Schicksals zu verpassen. Marga ist eine patente, liebenswerte Frau, die ihr Licht viel zu sehr unter den Scheffel stellt. Sie ist hilfsbereit, zupackend und bisher leider „unsichtbar“. Doch im Verlauf der Geschichte wird sie immer mutiger, gewinnt Stärke und eine gewisse Leidenschaft – sie kämpft für sich und das steht ihr wahnsinnig gut. Paul ist ein freundlicher Mann, der trotz seines Reichtums nicht abgehoben, sondern sehr menschlich geblieben ist. Sowohl sein Freund Jörg als auch Stieftochter Inga nehmen ihm die Scheuklappen von den Augen. Aber auch Margas Tochter Connie sowie die Freundinnen Eva und Kirsten tragen zum Wohlfühlcharakter der Geschichte bei.
„Das Lied der Biene“ ist ein wundervoller Roman über Hoffnung, Mut, den eigenen Schatten zu überspringen, und vor allem Stärke, endlich für sich und sein Glück einzustehen. Ein modernes Märchen, das überall jederzeit wahr werden kann. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der mitten ins Leserherz trifft!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 05.08.2024
Träume aus Meerglas und Sand
Lowe, T. I.

Träume aus Meerglas und Sand


sehr gut

Wenn du etwas wagst, wächst dein Mut. Wenn du zögerst, deine Angst. – Gandhi
Nach der Scheidung von ihrem berühmten, aber übergriffigen Ehemann Ty kehrt Sophia Prescott mit ihrem dreijährigen Sohn Collin in ihre Heimatstadt Sunset Cove zurück, um dort bei ihrer Mutter und ihren Freundinnen ihre Enttäuschung und ihren Schmerz zu verarbeiten. Derweil lässt sich der engagierte Kinderarzt Weston Sawyer in Sunset Cove nieder, um Abstand vom Unfalltod seiner Frau Claire zu bekommen und einen Neustart zu wagen. Als Sophia sich bei Weston Sawyer für einen Job als Assistentin bewirbt, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, erhält sie schon bald eine Zusage. Doch die Zusammenarbeit zwischen den beiden ist sowohl für Sophia als auch für Weston aufgrund ihrer unterschiedlichen Ansichten eine Herausforderung. Aber Stück für Stück klappt das Miteinander zwischen den beiden immer besser und sie kommen sich immer näher. Gibt es für Sophia und Weston die Chance auf ein gemeinsames Glück?
T. I. Lowe hat mit „Träume aus Meerglas und Sand“ den dritten Teil ihrer Sunset Cove-Reihe vorgelegt, der den Leser nicht nur ins wunderschöne Örtchen Sunset Cove entführt, sondern mit einer berührenden Geschichte wunderbar zu unterhalten weiß. Der flüssige, gefühlvolle und bildhafte Erzählstil stellt den Leser schnell an Sophias Seite, wo ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernt und jeden ihrer Schritte mitverfolgt. Die Rückkehr nach Sunset Cove bedeutet für Sophia nicht nur, wieder mit ihren Freundinnen Josie und Opal vereint und ihrer Unterstützung sicher zu sein, sondern auch den Trost und die Liebe ihrer Mutter zu erhalten. Die Misshandlungen durch ihren Ehemann haben Sophia Selbstvertrauen gekostet und seelische Blessuren hinterlassen, die erst einmal verheilen müssen, aber auch Sohn Collin hat an der Trennung der Eltern zu knabbern. Die Arbeit bei Kinderarzt Weston Sawyer hält Sophia in Atem, da sie beide starke Charaktere sind und jeweils mit ihrem Schicksal hadern. Erst, als sich jeder dem anderen nach und nach öffnet und über den erlittenen Verlust spricht, wird die Zusammenarbeit harmonischer und freundschaftlicher. Die Autorin hat ein gutes Händchen für die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Schicksale ihrer Protagonisten, denn mit viel Empathie und glaubhaften Handlungen sorgt sie beim Leser für warmherzige Lesemomente und eine Gefühlsachterbahn nebst Kopfkino. Der christliche Aspekt wird angenehm mit der Geschichte verwoben und handelt von Vertrauen in Gott, Vergebung, Trauerverarbeitung und Neubeginn.
Die Charaktere sind lebensecht gezeichnet und mit authentischen menschlichen Eigenschaften in Szene gesetzt worden. Aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit folgt der Leser ihnen auf Schritt und Tritt und genießt dabei die Zeit in Sunset Cove. Sophia ist eine liebenswerte, aber etwas naive Frau, die aufgrund des ehemals wohlhabenden Lebensstils oft falsch eingeschätzt wird. Sie ist verletzt, unsicher und hadert mit sich selbst, versucht aber, sich für ihren Sohn zusammenzureißen. Weston ist ein sehr gläubiger Mann, der in seinem Beruf seine Berufung gefunden hat. Er ist hilfsbereit und fürsorglich, hat aber mit seinen Dämonen zu kämpfen. Sophias Sohn Collin ist ein Herzensbrecher und das Zünglein an der Waage. Die alten Ladies vom Strickclub sowie die Freundinnen Opal und Josie mit ihren Ehemännern sorgen für zusätzlichen Unterhaltungswert in der Geschichte.
„Träume aus Meerglas und Sand“ ist ein schöner Roman über Neuanfänge, Schicksalsbewältigung, Hoffnung, Liebe und Freundschaft. Den Leser erwartet eine gefühlvolle, abwechslungsreiche Handlung, die aufzeigt, dass der Glaube einiges bewirken kann. Verdiente Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.07.2024
Anna O.
Blake, Matthew

Anna O.


schlecht

Schlaftablette ohne Risiko und Nebenwirkungen
Ein Anruf lässt den forensischen Psychologen und Schlafexperten Dr. Benedict Prince in die Schlafklinik „The Abbey“ eilen, denn dort wurde heimlich die 29-jährige Anna Ogilvy eingeliefert, die vor vier Jahren angeblich ihre besten Freunde erstochen haben soll und seit der Tat in einem komaähnlichen Tiefschlag liegt. Sie gilt als dringend tatverdächtig, muss aber erst einmal wach werden, bevor ein Gerichtstermin überhaupt in Frage kommt. Unter Aufsicht der Behörden soll Dr. Prince Anna endlich wecken. Ob es ihm gelingen wird, und welche Tatsachen kommen dann endlich ans Licht?
Matthew Blake hat mit „Anna O.“ einen Roman vorgelegt, an dem sich die Geister scheiden. Es soll tatsächlich Leser geben, die dieses Buch als Thriller bezeichnen, jedoch gibt es Gott-sei-Dank auch diejenigen, die diese Geschichte als eine der wirksamsten Schlaftabletten schlechthin ansehen. Obwohl das Thema „Morden während des Schlafwandels“ recht interessant ist und vom Autor ausgiebig recherchiert wurde, wird es innerhalb der Handlung eher wie eine Abhandlung präsentiert, was den Leser nicht fesseln kann. Der Schreibstil ist flüssig, vermag aber trotz wechselnden Perspektiven und unterschiedlichen Handlungssträngen sowie den Zeitensprüngen zwischen Gegenwart und Vergangenheit keinerlei Spannung zu vermitteln. Alles wirkt wie eine willkürliche Aufzählung, eine Aneinanderreihung an Begebenheiten, wobei man sich manchmal fragt, was sie wirklich mit dem Fall zu tun haben. Vieles wirkt sehr konstruiert und kann den Leser so gar nicht überzeugen. Die recht verworren erzählte Handlung ohne jegliche Spannung lässt Langeweile aufkommen, man quält sich regelrecht durch die doch recht stattliche Anzahl von 480 Seiten und hofft, endlich selbst aufzuwachen, um der Qual ein Ende zu bereiten.
Die Charaktere sind durchweg unsympathisch und unnahbar, der Leser fühlt sich keinem von ihnen verbunden und beobachtet daher die Szenerie eher als unbeteiligter Zaungast. Dr. Prince ist ein Karrierist, der sich von dem Fall natürlich noch mehr Ansehen verspricht. Er wirkt regelrecht besessen. Ebenfalls blass bleiben Annas Mutter, die Kommissarin sowie die Bloggerin. Keiner von ihnen kann wirklich überzeugen.
„Anna O.“ ist eine langweilige, konstruierte Story, die niemandem den Schlaf raubt. Im Gegenteil: es sollte als Schlaftablette ohne Nebenwirkungen verschrieben werden. Ansonsten Ablage P – keine Leseempfehlung!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 13.07.2024
Schwere Entscheidungen / Blankenese - Zwei Familien Bd.2
Grünig, Michaela

Schwere Entscheidungen / Blankenese - Zwei Familien Bd.2


ausgezeichnet

Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen. - Albert Camus
1939 Hamburg. Die Familien Casparius und Jacobson schicken ihre Kinder Charlotte, Max und Kurt auf einen Kindertransport nach England, wo sie diese aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln vor den Nazis in Sicherheit sind. Die Trennung von Jugendfreundin Fanni macht Kurt schwer zu schaffen, zumal er in England in einem Heim aufwachsen muss. Max‘ Zwillingsschwester Sonja kümmert sich dagegen um ihre Mutter und die familieneigene Reederei, da der Vater einfach untergetaucht ist, um seine eigene Haut zu retten. Aber die Androhung einer Zwangsenteignung durch die Nazis macht es Sonja immer schwerer, die Reederei weiterzuführen. Eine Zwangsehe mit einem hochrangigen Nazi wäre die einzige Lösung. Derweil entwickelt Fanni als Krankenschwester bei der Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt Otto Casparius Gefühle für diesen, während Jugendfreund Kurt sich mit falscher Identität in die Royal Air Force mogelt und schon bald gezwungen ist, Luftangriffe gegen seine Heimatstadt Hamburg zu fliegen…
Michaela Grünig hat mit „Blankenese – Schwere Entscheidungen“ den zweiten Teil ihrer historischen Blankenese-Familiensaga vorgelegt, der in punkto Spannung, großen Emotionen sowie wunderbarer Hintergrundrecherche dem Vorgängerband in nichts nachsteht und den Leser mit den ersten Zeilen völlig in den Bann zieht. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort in die Vergangenheit reisen, um die Lebenswege der einzelnen Protagonisten hautnah i mitzuerleben, während er zwischen England und Deutschland hin- und herpendelt. Der Zeitrahmen spannt sich über die Jahre 1939 bis 1949, die Kriegszeit wird sehr gut wiedergespiegelt ebenso wie die Phase der Entnazifizierung, wobei alles sehr gut mit den Handlungen der Protagonisten verknüpft ist. Sonja kämpft an allen Fronten, sie kümmert sich nicht nur rührend um ihre Mutter, sondern versucht mit allen Mitteln, die Reederei zu erhalten, obwohl die Zwangsenteignung durch die Nazis droht. Der faule Kompromiss durch den Antrag eines Nazis stellt sie vor eine gewaltige Entscheidung. Derweil muss Kurt sich in England durch die Zeit im Heim durchbeißen, doch er sieht seine Chance in der Royal Air Force, in die er durch einen Trick eintritt. Aber auch er steht vor einer großen Herausforderung, als von ihm verlangt wird, Bomben über Hamburg abzuwerfen, wo seine Jugendfreundin Fanni lebt. Die Autorin hat nicht nur den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verbunden, sondern macht sehr deutlich, vor welche tiefgreifenden Entscheidungen die Menschen damals standen. Da geht es nicht nur um Kinderverschickung ins Ausland und die Trennung von Familien, sondern auch um den Erhalt von Eigentum vor dem Schrecken der Enteignung oder die Ausführung von militärischen Befehlen wohlwissend, dass am Zielort Menschen leben, die man kennt und liebt. Diese Gewissenskonflikte werden immer wieder deutlich und bescheren dem Leser neben einem großartigen Kopfkino vor allem Gänsehaut und eine Achterbahn der Gefühle.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie besitzen glaubwürdige menschliche Ecken und Kanten und überzeugen durch ihre Authentizität. Der Leser kann gar nicht anders als ihnen auf Schritt und Tritt zu folgen. Kurt musste schnell erwachsen werden und eigene Entscheidungen für sich selbst treffen. Er hat sich zu einem guten, gewissenhaften Mann entwickelt, der sich durch Mut und Verantwortungsgefühl auszeichnet. Sonja muss einiges auf ihren Schultern tragen, zeigt neben Zähigkeit und Geschäftssinn auch eine sehr sensible und feinfühlige Seite. Aber auch Fanni, Charlotte, Max und Otto tragen viel zum Unterhaltungswert der Geschichte bei.
Der Titel „Schwere Entscheidungen“ ist in diesem Roman Programm, die nicht nur vom ausgezeichneten Erzählstil und der Recherche der Autorin lebt, sondern auch mit Familiengeschichte, Liebe und historischem Hintergrund zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse!

Bewertung vom 13.07.2024
Eve
Towles, Amor

Eve


sehr gut

Die Strippenzieherin von Tinseltown
1938/39. Eve Ross ist einem Zug auf dem Weg nach Los Angeles, nachdem sie sich in New York von ihrem Verlobten getrennt und alle Brücken hinter sich abgebrochen hat. Im Speisewagen lernt sie den pensionierten Inspektor der Mordkommission, Charlie Granger, kennen, der gerade überlegt, nach dem Tod seiner Frau in LA alle Brücken hinter sich abzubrechen und zu seinem Sohn zu ziehen. Schon bald ist Charlie von Eve fasziniert, bringt sie ihn doch dazu, seine Pläne noch einmal zu überdenken. Kaum in LA angekommen, mietet sich Eve im Beverly Hills Hotel ein, wo sie auf den ehemaligen Schauspieler Prentice Symmons trifft, dessen Ruhm inzwischen verblasst ist und der seinen Kummer mit Essen betäubt. Auch er fällt schnell in Eves Bann, überlässt ihr sogar seinen Chauffeur, um die Stadt kennenzulernen. Bei einem ihrer Ausflüge begegnet Eve zufällig der jungen aufstrebenden Schauspielerin Olivia de Havilland und nimmt sich ihrer an. Die beiden werden schnell Freundinnen, und als Olivia in Schwierigkeiten gerät und Eve sogar von deren Studio als Aufpasserin engagiert wird, trommelt Eve all ihre neuen Bekanntschaften zusammen, um Olivias Ruf zu retten…
Amor Towles hat mit „Eve“ eine kleine, aber feine Gesellschaftssatire vorgelegt, die sowohl mit wunderbaren Charakterstudien als auch mit einer amüsanten Story überzeugen kann, obwohl die Geschichte kaum Spannungsbögen bietet. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser nicht nur ins alte Hollywood reisen, sondern stellt ihn auch mal an die Seite von Eve, Charlie und anderer Protagonisten, wo er deren Gefühls- und Gedankenwelt genau erkunden kann. Während der Leser sich voll und ganz auf die einzelnen Personen konzentriert, baut sich im Hintergrund ein Schurkenstück in Form von Erpressung auf. Eve, die sich vorgenommen hat, ihre neue junge Freundin Olivia zu beschützen, zieht ihre bereits gemachten Bekanntschaften zusammen und macht sich mit deren Hilfe daran, den Erpressern ein Bein zu stellen. Interessant ist, wie sehr es Eve gelingt, vor allem Charlie und Prentice wieder das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden. Beide sahen sich selbst schon als abgeschrieben und für die Gesellschaft bereits unsichtbar, doch beide leben in den ihnen zugeteilten Aufgaben völlig auf und zeigen ganz neue Gesichtszüge. Towles hat seiner Geschichte zudem eine interessante Kulisse als Hintergrund beigefügt, denn das alte Hollywood mit seinen Studios fasziniert auch heute noch. Außerdem macht er deutlich, wie damals mit jungen Schauspielerinnen verfahren wurde, die eigene Vorstellungen und Wünsche hatten.
Die Charaktere sind sehr detailliert und authentisch gezeichnet, so dass der Leser sofort ein Bild vor Augen hat. Unsichtbar verfolgt er die Protagonisten bei ihren Handlungen und hofft auf einen guten Ausgang. Eves Gesicht ist durch eine einseitige Narbe gekennzeichnet und vielleicht macht dies schon neugierig auf sie. Sie umgibt etwas Geheimnisvolles, doch animiert es gerade ihre neuen Bekanntschaften, sich ihr zu öffnen. Sie spart mit Worten, gibt nicht viel von sich preis, jedoch ist alles, was sie sagt, in irgendeiner Weise genau auf den Punkt. Charlie ist ein gutmütiger Kerl, der den Polizeidienst vermisst und die Chance ergreift, wieder ins Geschehen einzugreifen. Prentice vegetiert regelrecht vor sich hin, doch mit Eves Hilfe springt er über seinen Schatten und wächst noch einmal über sich hinaus. Olivia ist noch sehr jung und unbedarft, doch durch Eve gewinnt sie an Selbstvertrauen. Aber auch Billie und weitere Protagonisten lassen ihre Fußspuren in dieser Geschichte.
„Eve“ ist nicht nur eine unterhaltsame Gesellschaftssatire, sondern auch eine Geschichte über das Miteinander sowie Geben und Nehmen. Manchmal braucht es einen Schubs aus der richtigen Richtung, um dem Leben neue Würze zu geben. Genau dies wird in der Handlung immer wieder deutlich. Verdiente Leseempfehlung für ein Buch mit Tiefgang!

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 07.07.2024
Der Ruf der Nachtigall / Eifelfrauen Bd.2
Riebe, Brigitte

Der Ruf der Nachtigall / Eifelfrauen Bd.2


ausgezeichnet

Der kluge Fuchs ist derjenige, der Stärke darin findet, sich selbst zu überlisten. – Unbekannt
1945 Altenburg/Eifel. Der Krieg hat von allen große Opfer gefordert, nach seinem Ende geht es nun an den Wiederaufbau, der nochmals für alle ein Kraftakt sein wird. Aber nun ist die Chance groß, auch eigene Träume zu verwirklichen, und gerade das möchten steht ganz oben auf dem Wunschzettel von Klara und Mia. Die beiden sind bei Johanna Fuchs wie Schwestern aufgewachsen, obwohl Mia von Johanna adoptiert wurde. Die zurückhaltende Klara ist leidenschaftlich der Musik verbunden, während der extrovertierten Mia eher Bilanzen und Zahlen liegen. Die Begegnung mit dem tschechischen Opernsänger Pavel bringt die Gefühle beider Schwestern in Wallung, verändert aber vor allem Klaras Leben drastisch. Mia dagegen findet eine Aufgabe in der Fuchs Tabakfabrik ihres Onkels Heinrich. Werden sich die Träume der Schwestern erfüllen und werden sie zudem das große Glück finden?
Brigitte Riebe hat mit „Der Ruf der Nachtigall“ den zweiten Teil ihrer historischen „Eifelfrauen“-Dilogie vorgelegt, der in Bezug auf historischen Hintergrund, unterhaltsamer Familiengeschichte, lebensechten Protagonisten und farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen dem Vorgänger in nichts nachsteht. Der flüssig-leichte, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil beamt den Leser sofort in die Eifel der Nachkriegszeit, um neben Klara und Mia auch Johanna auf ihren Lebenswegen zu begleiten. Über wechselnde Perspektiven erlebt der Leser mit, wie sich die introvertierte Klara von Tausendsassa Pavel überreden lässt, in Köln eine Gesangskarriere zu verfolgen und durch sie dabei die Welt der Oper näher kennenzulernen. Im nächsten Moment darf er miterleben, wie Mia Altenburg den Rücken kehrt, um sich in den Fuchs-Werken bei ihrem Onkel die ersten Sporen zu verdienen. Auch die Liebe kommt nicht zu kurz, denn jede der Schwestern trifft über Umwege auf ihren Gegenpart. Doch bis dahin sind einige Hürden zu überwinden, Gewissensfragen und Ängste zu überstehen. Wunderbar wird auch die zwischenmenschliche Beziehung der beiden Schwestern untereinander beschrieben und ihr Verhältnis zu Johanna, die immer ihr Ankerpunkt ist und deren Leben ebenfalls im Wandel begriffen ist. Die Autorin versteht es hervorragend, den ausgezeichnet recherchierten Hintergrund mit ihrer Handlung verschmelzen zu lassen und ebenso den damaligen Zeitgeist so einzufangen, dass der Leser sich als Teil davon fühlt. Überraschende Wendungen lassen den Leser regelrecht an den Seiten kleben und durch die Erlebnisse von Klara und Mia eine Gefühlsachterbahn durchlaufen, während vor seinem inneren Auge das Kopfkino auf Hochtouren läuft.
Die Charaktere sind so authentisch mit menschlichen Eigenheiten ausgestattet, so dass der Leser sie bildlich vor Augen hat, sich ihnen sofort verbunden fühlt und regelrecht an ihren Fersen klebt. Klara ist eine zurückhaltende, eher schüchterne junge Frau, die musikalisch sehr talentiert ist. Während der Handlung entwickelt sie sich vom Entlein zum Schwan, wird selbstbewusster und selbstsicherer. Mia strotzt vor Selbstbewusstsein, ihr fliegen die Herzen der Menschen schnell zu. Dafür ist sie innerlich unsicher, teils sogar zerrissen, was ihre Einstellung zu eigenen Kindern angeht. Johanna ist der Fels in der Brandung, besitzt Stärke und Mut sowie die Weisheit von jemandem, der bereits vieles erlebt und allein schultern musste. Pavel ist ein netter Kerl, der sich als Filou entpuppt. Simon dagegen zeichnet sich zu Beginn durch Neugier aus, sorgt aber dann für einige Überraschungen. Aber auch Christoph, Heinrich, Cees und weitere Protagonisten bringen zusätzliche Farbe in diese abwechslungsreiche Geschichte. Doch über allem steht die Fähe, die mit ihrem Erscheinen immer wieder für den Gänsehautfaktor und ganz besondere Momente sorgt.
„Der Ruf der Nachtigall“ steht für eine wunderbar gefühlvolle Lektüre, die alles in sich vereint: starke Frauen, die ihren Weg gehen, eine spannende Familiengeschichte, Liebe mit all ihren Freuden und Tücken, historische Recherche vom Feinsten sowie einem Erzählstil, der seinesgleichen sucht. Absolute Leseempfehlung für eine Lektüre mit Sogwirkung! Besser geht es nicht – Chapeau!!!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.06.2024
Die Freundin der Braut
Barreau, Nicolas

Die Freundin der Braut


ausgezeichnet

Es gibt keine fünf oder sechs Weltwunder, sondern nur eines: die Liebe. – Jacques Prévert
Viele Jahre sind seit dem letzten Kontakt zwischen Jean-Pierre Morel und seinem ehemals besten Freund Paul vergangen. Grund für den Zwist zwischen den beiden seit Kindertagen engsten Kumpanen war der Streit um eine Frau, denn beide hatten eine Vorliebe für Blondinen und ein Tabu wurde gebrochen, als der eine mit der Freundin des anderen anbandelte. Jean-Pierre, der das Café des Poètes im Pariser Marais besitzt, hatte seitdem kein Glück mit den Frauen. Als Jean-Pierre eines Tages die Hochzeitseinladung von Paul in den Händen hält, will er diese erst ignorieren, doch dann siegt neben der Neugier auch die Sehnsucht nach dem alten Freund. Am Tag der Hochzeit macht sich Jean auf den Weg von Paris zu einem Schloss in Südfrankreich, doch vorher muss er sich noch mit seiner ungemütlichen Ex-Freundin Océane rumschlagen und seine Großmutter zum Notarzt fahren. Bei all dem Stress findet er die Einladung mit der Adresse der Hochzeitslocation nicht wieder und landet nach einer unfreundlichen Szene mit dem Rotschopf Juliette an der Tankstelle und einer Autopanne mitten in der Pampa, wo ihn ein netter Automechaniker aufgegabelt und zum Schloss bringt, damit er endlich seinen alten Freund wiedersehen kann. Auf der Hochzeitsgesellschaft trifft er erneut auf Juliette, während er seinen Freund Paul nebst dessen Frau nirgends entdecken kann…
Daniela Thiela alias Nicolas Barreau hat mit „Die Freundin der Braut“ einen wunderschönen Roman vorgelegt, der nicht nur mit seinen farbenfrohen Landschaftsbeschreibungen zu begeistern weiß, sondern auch mit einem untrüglichen Gefühl für zwischenmenschliche Beziehungen ihrer Protagonisten den Leser in den Bann zu schlagen vermag. Der flüssig-leichte und gefühlvolle Erzählstil stellt den Leser schnell an die Seite von Jean-Pierre, wo er dessen Gefühls- und Gedankenwelt ebenso gut kennenlernt wie in kurzen Rückblenden dessen wichtigste Erlebnisse mit Paul aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Jean-Pierre, dessen Leidenschaft für Literatur sich an den Wänden seines Cafés wiederspiegelt, nimmt die Hochzeit seines ehemals besten Freundes zum Anlass, die alte Freundschaft vielleicht wieder kitten zu können. Allerdings gibt es im Leben immer wieder Tage, wo alles schief geht, egal, wie gut man sie geplant hat. Gemeinsam mit Jean-Pierre erlebt der Leser eine Achterbahn der Gefühle, und die Uhr tickt, bis er sich endlich auf den Weg zur Hochzeit machen kann, wobei auch die Reise ein Abenteuer ist. Schon bei einer ersten Sichtung der Gäste beschleicht den Leser das Gefühl, vielleicht am falschen Ort zu sein, doch Jean-Pierre ist nicht nur geduldig, sondern verfällt immer mehr dem Charme von Juliette, die ihr Herz auf der Zunge trägt. Komisch, romantisch, ja geradezu faszinierend nimmt der Leser die anwesenden Gäste mit ihren kleinen Marotten wahr und fühlt sich selbst als Teil von ihnen, Polonaise tanzend und Kontakte knüpfend, wie es bei jeder solcher Gelegenheiten der Normalfall ist. Dass Jean-Pierre spät in der Nacht unter magischen Bedingungen sogar einen Heiratsantrag bekommt, wirkt hier gar nicht kitschig, sondern eher als eine logische Schlussfolgerung.
Die Charaktere verzaubern vom ersten Moment an mit ihrer Authentizität, der Leser lässt Jean-Pierre keinen Moment aus den Augen, man möchte ihn einfach vor allem Unbill beschützen. Jean-Pierre ist ein liebenswerter Mann, dem es allen recht machen will. Insgeheim vermisst er Paul schon lange, aber der Stolz hat ihn in seinen Klauen. Er ist recht schlagfertig, wenn es die Situation erfordert, besonders bei Océane. Diese ist einfach unerträglich in ihrer Art, und in mancher Situation möchte man sie an den Haaren wegschleifen ob ihrer Dreistigkeit. Juliette ist herzerfrischend, offen, unkonventionell und überraschend, was auch für einzelne Mitglieder der Hochzeitsgesellschaft gilt.
„Die Freundin der Braut“ ist wunderbar kurzweilig, romantisch, überraschend, lebendig und jede Zeile unterhaltsam. Eine zauberhafte Reise von Paris nach Südfrankreich mit skurrilen, liebenswerten Protagonisten, mit denen man als Leser immer wieder gerne eine Hochzeit feiern möchte. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der die französische Lebensart in jeder Silbe wiederspiegelt!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.06.2024
Der Totenarzt / Detective Robert Hunter Bd.13
Carter, Chris

Der Totenarzt / Detective Robert Hunter Bd.13


ausgezeichnet

Gewalt ist die letzte Zuflucht des Unfähigen. – Isaac Asimov
Ein Verkehrsopfer, das auf dem Autopsietisch der Gerichtsmedizinerin Dr. Hove gelandet ist, liegt wenig später als Mordfall auf dem Tisch von Detective Robert Hunter und seinem Partner Carlos Garcia, denn der Tote ist nicht durch einen Unfall gestorben, sondern wurde vorher brutal gefoltert und dann auf Eis gelegt. Während Hunter und Garcia sich noch mit dem ungewöhnlichen Fall beschäftigen und im Leben des Toten nach Hinweisen suchen, wird ein zweites Opfer per Autopsie durch eine Medizinstudentin identifiziert. Nr. 2 war ein angeblicher Suizidkandidat, der allerdings schon tot war, als er von der Brücke sprang. Schnell wird Hunter und Garcia klar, dass die getarnten Unglücksfälle einem Serienmörder zuzuordnen sind. Aber wie sollen sie den Täter aufspüren und vor allem: wie viele Opfer gibt es noch, die bisher nicht entdeckt wurden? Hunter und Garcia machen Jagd auf den Killer, der schnell einen von ihnen im Visier hat…
Chris Carter hat mit „Der Totenarzt“ den 13. Fall seines Ermittlerduos Hunter und Garcia vorgelegt, der diesmal weniger blutig, dafür psychologisch raffiniert und spannend daherkommt. Der flüssige, bildhafte und rasante Erzählstil lässt den Leser kaum zum Luftholen kommen, denn gleich mit den ersten Zeilen ist er mitten in der Szenerie und begibt sich gemeinsam mit den Ermittlern nicht nur in die Räume der Autopsie, sondern auch auf Recherche über das Leben der Opfer, die kaum Kontakte hatten und von jemanden vermisst wurden. Nach und nach gibt es kleine Anhaltspunkte, die das zu lösende Puzzlebild plausibel erscheinen lassen, doch kaum schlagen Hunter und Garcia endlich die richtige Richtung ein, fällt einer von ihnen dem Killer in die Hände. Carter weiß ganz genau, welche Knöpfe er bei seinem Leser drücken muss, dass dieser das Buch kaum aus der Hand legen kann, zumal er sich mit der Handlung an einen wahren Fall anlehnt. Fiebrig versucht der Leser, des Rätsels Lösung zu finden, um weiteres Unheil zu verhindern und den Killer zur Strecke zu bringen. Der Ausflug in den Kopf des Mörders und dessen Geschichte lässt einerseits Mitleid aufkommen, allerdings auch Abscheu gegenüber allen, die sich dann gewaltsam an allem und jedem dafür rächen. Der Spannungslevel ist während der Handlung durchweg auf hohem Niveau, wozu auch die unterschiedlichen Schauplätze beitragen sowie die recht kurz gehaltenen Kapitel.
Die Charaktere von Robert Hunter und Carlos Garcia kennt der Leser nach bereits 12 „gemeinsam“ gelösten Fällen in und auswendig. In dieser Geschichte konzentriert sich der Autor mehr auf die Opfer. Hunter ist ein Einzelgänger und Allround-Genie mit ungewöhnlichen Denkansätzen, die ihn verschiedene Aspekte aufgrund ihrer Plausibilität beleuchten lassen. Dabei ist er bis zu einem gewissen Grad empathisch, jedoch gibt sein messerscharfer Verstand auch Anlass zu dem Gedanken, dass er selbst ebenfalls der perfekte Serienkiller wäre. Garcia ist die gute Seele des Duos, der mit Hunter umzugehen weiß. Dr. Hove ist eine intelligente Frau, die auch als Uni-Professorin eine gute Figur abgibt.
„Der Totenarzt“ ist diesmal weniger blutig, jedoch ist die Handlung bildhaft, fesselnd, rasant, atmosphärisch-düster und durchaus verstörend, wenn man bedenkt, dass sie auf einer wahren Geschichte beruht. Der Leser hat wieder einmal eine schlaflose Nacht, bis die letzte Seite gelesen und das Rätsel gelöst ist. Absolute Leseempfehlung für diesen atemberaubenden Pageturner!

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