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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
reimon
Wohnort: 
Vorarlberg

Bewertungen

Insgesamt 26 Bewertungen
Bewertung vom 08.07.2023
Elternhaus
Mank, Ute

Elternhaus


sehr gut

Nur ein Haus?
Das Elternhaus ist mehr als ein Haus: Erinnerungen, Erfahrungen, Werte, … so vieles ist damit verbunden.
Ute Mank erzählt von drei Schwestern in einer typischen Konstellation: Eine ist die fürsorgliche „große Schwester“, die auf sich selbst vergisst; eine lebt entfernt als Single mit Affäre; eine ist die eher unscheinbare „normale“.
Sanne, die große, überredet die alten Eltern, aus ihrem selbst gebauten Häuschen mit dem wunderbar weitläufigen Garten in eine „praktische“ Wohnung zu ziehen. Welches Motiv hat sie für ihre egozentrische Fürsorge? Vielleicht Ablenkung vom eigenen Unglücklichsein?
Die Eltern arrangieren sich unerwartet gut mit der neuen Umgebung. Der Vater kehrt aber heimlich immer wieder zurück in sein Haus. Das gehört mittlerweile der Ältesten und Sanne will es verkaufen. Aber so einfach ist das nicht. Es ist zwar aus aktueller Sicht unzulänglich, weil sparsam und eigenhändig erbaut. Aber schließlich hängt für die ganze Familie viel dran.
Die Geschichte zieht sich zeitweise etwas dahin - das kann als Gelegenheit für die eigene Reflexion zum Umgang mit dem Altwerden betrachtet werden.

Bewertung vom 22.05.2023
Solange wir leben
Safier, David

Solange wir leben


ausgezeichnet

Ein Pflichtbuch

Gleich vorneweg: Das ist eines der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe!
Safier kennt man von „Mieses Karma“ … und den köstlichen „Miss Merkel“-Büchern. Auch die erste Seite der Familiengeschichte der Safiers ist noch amüsant - und dabei bleibt mir schon das Lachen im Hals stecken.
Die Familienkonstellation ist mir am Anfang etwas unübersichtlich erschienen. Das hat sich aber gelegt, viele der Menschen werden mir im Verlauf der Geschichte sehr vertraut.
Und damit wird die Erzählung besonders erschütternd – fast die gesamte Großfamilie des Vaters wurde im Holocaust ermordet.

Die beiden Familienstränge sind durch unterschiedliche Schriften deutlich gemacht: die österreichisch-jüdische Familie von Vater Joschi und die deutsche Familie von Mutter Waltraut.
Sehr spannend und mit oft trockenem Humor erzählt Safier die Liebesgeschichte seiner Eltern – Joschi ist um 20 Jahre älter als seine spätere Frau. Über all dem sind stets auch die unterschiedlich gelebten Belastungen und Folgen aus den dramatischen Erfahrungen gedemütigter und vernichteter Familienmitglieder für die Überlebenden zu spüren.

Immer wieder denke ich beim Lesen an „Trotzdem ja zum Leben sagen“ von Viktor Frankl.
Hier wird ebenfalls sehr persönlich, vor allem aber als Familiengeschichte erzählt. Das spricht auch Menschen wie mich besonders an, die lieber Romane als Sachbücher lesen.

Bewertung vom 26.03.2023
Melody
Suter, Martin

Melody


ausgezeichnet

Große Leseempfehlung!
Ein echter Suter! Am Anfang plätschert die Geschichte etwas dahin. Das dient aber vor allem dazu, die beteiligten Figuren – außer den zentralen Dr. Stotz – gut kennen zu lernen. Letzterer entpuppt sich als genialer, fantasievoller Erzähler seiner Lebens- und Liebesgeschichte zu Melody.
Seinen bezahlten Zuhörer, Tom Elmer, hat er offiziell engagiert, um seine umfangreichen Dokumente, Erinnerungen, ... zu ordnen und Wesentliches aufzubewahren. Es stellt sich aber immer mehr heraus, dass Tom vor allem die erzählten Erinnerungen sammeln soll. Doch wie weit kann man seinen Erinnerungen trauen? Bewahren wir nicht alle die Vergangenheit so, wie wir sie gerne gehabt hätten?
Suter schlägt Haken beim Erzählen. Wenn man glaubt, endlich zu wissen, was die „Wahrheit“ ist, schafft er wieder eine erstaunliche Wendung. So bleibt die Geschichte bis zum Schluss spannend und dabei sehr berührend.

Bewertung vom 23.03.2023
Wovon wir leben
Birnbacher, Birgit

Wovon wir leben


sehr gut

Ausatmen
Das Cover des Buchs hat mich sofort angesprochen. Möglicherweise durchzieht dessen Poesie auch die Geschichte, die mich trotz ihrer Sperrigkeit bis zum Schluss in den Bann gezogen hat. Julia, die gekündigte Krankenschwester, die wieder zurück zu ihrem schwierigen Vater ins Heimatdorf geht, irritiert mich manchmal mit ihrer nüchternen Sprache. Wenn sie ihren neu gewonnenen Freund Oskar bis zum Schluss als „Städter“ bezeichnet, zum Beispiel. Mag sein, dass da die Soziologin in Birnbacher spricht. Zur Charakterisierung der Dörfler, der „Abgehängten“, passt die Sprache sehr gut.
Sehr berührend sind die Szenen, in denen sich Julia mit ihrem behinderten Bruder beschäftigt. Von denen geht für mich Wärme im Buch aus. Und vom Ende der Geschichte.
Den Titel finde ich spannend, aber er erschließt sich mir nicht. Vielleicht ist damit auch das Ausatmen gemeint, das Loslassen?

Bewertung vom 15.03.2023
Aus ihrer Sicht
Céspedes, Alba de

Aus ihrer Sicht


gut

Eines der Bücher, die streckenweise mühsam sind – aber man will sie doch fertig lesen.
Die Autorin zeigt eine große Präzision im Beschreiben von Gefühlen und Stimmungen. Das ist einer der Gründe, warum ich den Roman bis zum Schluss geschafft habe.
Um sich ein bisschen in die Hauptperson Alessandra, eine anfangs sehr junge Römerin, versetzen zu können, ist es hilfreich, ein bisschen über die geschichtlichen Hintergründe zu wissen. Die erste Auflage des Buchs ist in Italien bereits 1949 erschienen, die deutsche Übersetzung erst jetzt. Die jungen Frauen in der Geschichte hoffen alle auf eine glückliche Zukunft an der Seite eines Mannes. Sehr bald erleben sie aber resigniert, dass die allermeisten Frauenschicksale ähnlich aussehen: Die Männer gelten was, die Frauen werden ans Haus gebunden, unabhängig von ihren Talenten und Wünschen.
Die Mutter von Alessandra nimmt sich aus unerfüllbarer Liebe das Leben. Das bestimmt weitgehend das Leben ihrer Tochter. Sie übersiedelt von ihrem verhassten Vater und dem armseligen Leben in Rom zur väterlichen Großmutter in die Abruzzen. Dort lernt sie das Selbstversorgerleben schätzen und kommt erstaunlich gut mit der strengen Großmutter aus.
Zurück in Rom verliebt sie sich und heiratet – und erlebt, wie sie dabei verkümmert. Auch sie erlebt eine (platonische) Liebesbeziehung außerhalb ihrer Ehe.
Das Buch ist ein Anti-Kriegsroman und möglicherweise in Teilen autobiografisch.
Irritierend für mich war, dass „Antifaschist“ für Alessandra eine schreckliche Bezeichnung ist. Überhaupt sind ihre Gefühlsverwirrungen und ihre sprunghaften Schilderungen schwer nachvollziehbar. Dass das schließlich in einem Verbrechen mündet, ist wohl vor allem dem System und nicht so sehr dem Opfer geschuldet.

Bewertung vom 05.03.2023
Das Meer und ich
Randau, Tessa

Das Meer und ich


sehr gut

Frischer Wind in der Lebensmitte
Anfangs habe ich mich erst einmal geärgert: „... wie meine nackten Zehen tiefer in den Sand sickerten“ – das ist mir zu schlampig lektoriert.
Die Geschichte plätschert dann nett dahin und gibt tatsächlich immer wieder Denkanstöße. Die Reise der Hauptdarstellerin auf die Insel und damit zu sich selbst ist mir aber doch zu unrealistisch. Aber, wie gesagt: Die eine oder andere Anregung zur Beschäftigung mit dem eigenen Leben ist schon brauchbar; die kann ich dann auch „sickern“ lassen.
Das Cover passt gut dazu – auch die Erzählung ist für mich pastellig.
Das Buch liest sich angenehm, eine feine Lektüre für einen Regentag oder für den Urlaub. Tröstlich ist, dass ich mich als Frau mit meinen vielen Selbstzweifeln und den (oft zu) hohen Ansprüchen an mich selbst beim Lesen wiederfinde. Und sehr gut gefallen mir die Überlegungen, wie man ab der Lebensmitte erreichen kann, dass die Zeit nicht immer schneller vergeht: Was kann ich alles zum ersten Mal machen?

Bewertung vom 27.01.2023
Bissle Spätzle, Habibi?
Alaoui, Abla

Bissle Spätzle, Habibi?


sehr gut

Spätzle Halal
Der Titel lässt schon auf den Gehalt der Geschichte schließen. Meist leicht und amüsant erzählt, werden viele interkulturelle Differenzen zwischen der marokkanisch-arabischen und der schwäbisch-deutschen Gesellschaft aufgezeigt. Immer ist dabei aber klar, dass die Eltern nur das Beste für ihre Kinder wollen. Dabei müssen sie sich allerdings eigener Fehler und Erfahrungen bewusst werden und ihre tradierte Einstellung manchmal überwinden. Der Zusammenhalt in der Familie und letztendlich auch die Aufgeschlossenheit der Eltern tragen zu einem glücklichen Ausgang der Geschichte bei.
Sehr amüsant finde ich, wie sich die marokkanische Familie mit modernen Dating-Apps beschäftigt. Unglaubwürdig ist für mich allerdings, dass die Erzählerin dann längere Zeit platonisch mit ihrem nicht-muslimischen – sogar atheistischen – Partner zusammenlebt.
Eine Leseempfehlung, die auf leichte Art anregt, sich mit den (vermeintlichen) Unterschieden zwischen den Kulturen, die immer näher zusammenrücken, zu beschäftigen.

Bewertung vom 06.11.2022
Shorty
Maurer, Jörg

Shorty


ausgezeichnet

Per Shorty zum Weltuntergang
Shorty, schon dieser Titel macht neugierig. Und dass auf dem Cover "Spiegel Bestseller" klebt, bürgt auch für Qualität. Jennerwein und das Bestatterpaar Grasegger, liebgewordene Darsteller in den Maurer-Krimis, kennt Shorty nicht. Dafür dürfte der Autor ein Fan von Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis" sein.Trockener, oft skurriler Humor ist auch im neuen Roman deutlich erkennbar.
Mein Interesse an Außerirdischen und -irdischem hält sich in Grenzen, aber dem originellen Plot dieser Geschichte kann ich mich nicht entziehen.
Shorty ist ein Lebenskünstler, der sich mit unterschiedlichsten Jobs durchschlägt. An Karriere ist er überhaupt nicht interessiert. Als die anpassungsfähige Stimme eines Aliens Kontakt mit ihm aufnimmt, gerät er in eine aufregende und gefährliche Spirale in Richtung Weltuntergang. Noch dazu gilt er als Verursacher der Katastrophe.
Unbedingte Leseempfehlung!

Bewertung vom 13.09.2022
New Moms for Rebel Girls
Mierau, Susanne

New Moms for Rebel Girls


sehr gut

Brav und angepasst? Nein danke!
Die auffällige Farbe habe ich bisher nicht mit Gleichberechtigung verbunden. Sie hat aber unter anderem dazu geführt, dass ich das Buch gelesen habe. Es regt dazu an, sich mit der eigenen Einstellung auseinanderzusetzen und zwar am besten, bevor man Mutter wird. Dann kann man diese Erkenntnisse an künftige Töchter – und Söhne! – weitergeben.
Ganz nach dem Motto: Schützt nicht eure Töchter, erzieht eure Söhne! Dazu erscheint es mir sehr sinnvoll, das Buch auch möglichst vielen jungen Männern, zukünftigen Vätern zugänglich zu machen. Dafür ist allerdings das knallpinke Cover vielleicht nicht so förderlich.
Die seit vielen Jahrzehnten und Jahrhunderten so schwer und oft schmerzvoll erkämpften Gleichstellungsmaßnahmen scheinen mir in jüngster Zeit wieder gefährdet. Zurück zur Frauen-an-den-Herd-Einstellung? Nein danke, dagegen schreibt die Autorin sehr engagiert und gut recherchiert an. Und das in einer gut lesbaren, flott aufgemachten Form.

Bewertung vom 13.09.2022
Liebe machen
Fröhlich, Susanne;Kleis, Constanze

Liebe machen


sehr gut

Liebe machen - weit mehr als Sex

Gleich einmal zum Cover: Das knallige Pink spricht mich normalerweise gar nicht an. Aber diesmal hat es zurecht meine Aufmerksamkeit erregt, zusammen mit dem Titel. Kann man Liebe machen?
Witzig, leichtfüßig und selbstironisch schreiben die beiden Autorinnen abwechselnd die Kapitel. Dabei bleiben sie persönlich, ehrlich und bei Bedarf auch kritisch mit uns Frauen. Originell finde ich die Überleitungen zum jeweils nächsten Kapitel, dem immer auch ein Zitat einer meist bekannten Persönlichkeit vorangestellt ist. Eines lautet: "Liebe muss man sich nicht verdienen."
Sehr aktuell stellen die beiden Freundinnen verschiedene Schönheit"ideale" in Frage, auch bei Männern. Und sie plädieren immer wieder dafür, dass man in einer Beziehung miteinander reden muss. Schon alleine deswegen, damit es nicht zum "Brötchen-GAU" kommt (Was das ist, steht auf S. 66)
Das Buch kann ich allen empfehlen, besonders allen Frauen, auch den jungen.