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Benutzername: 
Jackolino
Wohnort: 
Rheinland-Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 19.06.2024
Enjoy Italienisch
Kenzel, Carmen

Enjoy Italienisch


gut

Zunächst einmal kann ein Medium, das sprachliches Wissen vermittelt, den Leser also schlauer zurücklässt, auf keinen Fall sinnlos sein, und sei es die Serviette beim Griechen. Deshalb ist natürlich auch diese Einführung in die italienische Sprache nützlich und man kann sein Sprachwissen erweitern. „Das Gute-Laune-Buch- zum Sprachenlernen“ verspricht uns der schön gestaltete Umschlag mit aufmerksamkeitsstarker Bildcollage. Und in der Tat ist das Buch ansprechend gestaltet und kurzweilig aufgebaut. Die Autoren haben sich Mühe gegeben, praxisrelevante Themengebiete mit den wichtigsten Vokabeln und Redewendungen einzubinden und vor allem, die Lerninhalte durch viele Übungen und Rätsel spielerisch zu vermitteln. Diese fordern geradezu zum Mitmachen auf und sind unterhaltsam konzipiert. Oft sind die italienischen Begriffe mit Illustrationen und Bildern dargestellt, so ist der Lerneffekt größer als über eine reine Vokabelaufstellung. Daneben werden viele nützliche Informationen rund um Land und Leute vermittelt, die das italienische Lebensgefühl hervorrufen, uns helfen, in Italien zurecht zu kommen und Lust zum Weiterlesen und -lernen machen.

Allerdings ist das Buch, obwohl in Titel und Beschreibung nicht angegeben, eher etwas für Jugendliche. Dass man geduzt wird, ist zwar mittlerweile durchaus gebräuchlich, kommt aber hier durch die einfache Sprache und die Ratschläge und Übungen oft sehr kindlich rüber. Dies wird z.B. deutlich durch den Lerntipp, sich doch morgens gegenseitig mit Buongiorno zu begrüßen. Auch ist der Lerneffekt des Buches sehr beschränkt. Es werden sehr schön die wichtigsten Wörter und nützliche Sätze für bestimmte Situationen angegeben, ein Lernwilliger hätte jedoch viel mehr Italienisch-Vokabeln und vor allem eine systematische Grammatik verkraftet. Das wäre noch mit dem Spaßfaktor des Buches, der ein Vokabelpauken ausschließt, zu verargumentieren, dass jedoch keinerlei Hinweise zur Aussprache der Wörter gegeben werden, ist unverzeihlich. Dies macht nicht nur eine praktische Anwendung des vermittelten Wissens in Italien bei vielen Vokabeln unmöglich, im schlimmsten Fall bringt man sich eine falsche Betonung oder Aussprache bei. Somit kann das Buch zwar sehr kurzweilig die Lust auf das Italienischlernen wecken und erste rudimentäre Inhalte vermitteln, es befähigt jedoch nicht zum Verstehen oder gar Sprechen der italienischen Sprache. Deshalb vergebe ich insgesamt 3 Punkte.

Noch ein Hinweis zum Schluss, der angegebene Link zu einem Vokabeltrainer entpuppte sich als wenig hilfreich. Das Buch wurde nicht gefunden und man sollte selbst Vokabeln eingeben.

Bewertung vom 04.06.2024
Südlich von Porto wartet die Schuld
da Silva, Mariana

Südlich von Porto wartet die Schuld


ausgezeichnet

Mariana da Silva hat auch ihren zweiten Krimi südlich von Porto angesiedelt und wenn man die Gegend kennt, fühlt man sich sofort dort angekommen. Mir gefiel die Küste zwischen Lissabon und Porto sowieso noch besser als die Städte.

Der Wiedererkennungswert ist aber auch durch das Cover gesichert, auch hier zieren gelbe Azulejos die Vorderseite.

Ria Almeida ist zurück nach Torreira gezogen, ihren Job bei der Stuttgarter Polizei hat sie nach persönlichen Problemen aufgegeben und hilft nun ihrem Schwager, dem Dorfpolizisten Joao Pinto aus, sie vertritt seine hochschwangere Frau Mariposa.

Eigentlich gibt es in Torreira gar keine Morde, doch seit sie dort ist, häufen sie sich. Eine Gruppe Umweltschützer entdeckt im Naturschutzgebiet an der Küste eine Leiche, es ist zufällig der Richter, auf den ihr Kollege Baptista, der Kommissar aus Aveiro, dringend wartet.

Und so ermitteln die beiden wieder gemeinsam, erst widerstrebend, später immer effektiver und abgestimmter.

Die Ermittlungen nehmen viel Raum ein und sind kompliziert aber auch das Familienleben der Almeidas und Pintos kommt nicht zu kurz. Mariposa ist hochschwanger und mischt trotzdem noch überall mit, ihre Ideen bringen die Polizisten weiter. Rias Eltern reisen aus Stuttgart an und Ria hat das Glück, dass sich die ganze Verwandtschaft ihrer neu angemieteten Wohnung annimmt und diese renoviert und einrichtet. Sie ist viel zu tief in die Ermittlungen eingestiegen, sie hätte keine Zeit dafür gehabt.

Zwischen Ria und Baptista knistert es vernehmlich, dennoch bleibt das kollegiale Verhältnis gewahrt. Aber Baptista hat immerhin schon zugeben müssen, dass Ria für die kleine Polizeistation in Torreira überqualifiziert ist, vielleicht wird sie im nächsten Band zur gleichberechtigten Kollegin in Aveiro. So wären weitere gemeinsame Ermittlungen möglich, denn in Torreira gibt es ja keine Morde.

Bewertung vom 11.05.2024
Mord am Lago Maggiore
Holenstein, Alexandra

Mord am Lago Maggiore


ausgezeichnet

Wir lernen Ludwig und Tabea kennen, die Kapitel sind aus der Sicht jeweils eines der beiden geschrieben. Sie wohnten bisher in Zürich und folgen nun der Einladung von Herbert, Ludwigs Vater, in seine Villa am Lago Maggiore nahe Ascona zu ziehen. Wir begleiten die beiden in ihren ersten Wochen im Zusammenleben mit Herbert. Herbert ist kein sympathischer alter Mann, er ist ausgesprochen schwierig im Umgang. Er hat immer Recht, zumindest sieht er es so, er ist mitleidlos und übergriffig. Und eines Tages findet Tabea ihn tot in seiner Wohnung.

Der herbeigerufene Arzt vermutet zu Recht Unregelmäßigkeiten, die Obduktion ergibt, dass er vergiftet wurde.

Tabea hatte wirklich keinen guten Draht zu ihrem Schwiegervater, aber Mord ist etwas, das der Aufklärung bedarf. Und da ihr Mann ständig mit der Kommissarin zusammenhängt und sie nicht an seinem Wissen teilhaben lässt, recherchiert sie auf eigene Faust.

Jeder, der in diesem Roman eine Rolle spielt, ist verdächtig oder hätte allen Grund gehabt, Herbert etwas Böses zu wünschen. Nach und nach tauchen Tabea und Ludwig in alte Geschichten ein, erfahren Dinge, die weit in der Vergangenheit liegen und trotzdem noch Einfluss auf die Gegenwart nehmen. Nachdem Ludwig dann auch noch für einige Zeit ausfällt, vergräbt sich Tabea vollends in ihre Verdächtigungen und sieht zum Schluss den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Und so kommt die Lösung als Überraschung, damit hatte keiner gerechnet, auch die Kriminalpolizei nicht.

Die Handlung spielt hauptsächlich in Ascona am Lago Maggiore. Herberts Villa hat Seeblick und bietet einen ausladenden Garten, den Tabea für ihren Gemüseanbau nutzt. Jemand, der selbst gern erntet, muss hier ganz neidisch werden, wie fruchtbar dieses Land ist. Aber es wird auch klar, dass nach mehr als 20 kg Zucchini der Ertrag zu einer Belastung werden kann.

Dennoch ist der Schauplatz für den Krimi natürlich traumhaft und die Autorin spart auch nicht mit Beschreibungen, die Lust auf eine neue Reise machen.

Die Beziehung zwischen Tabea und Ludwig ist sehr fein herausgearbeitet. Sie ist nach den vielen Jahren Ehe etwas in die Jahre gekommen, keiner bemüht sich, alles wird für selbstverständlich genommen. Trotzdem, dieser Fall führt doch dazu, dass Tabea eine gewisse Eifersucht verspürt, wenn sie ihren Mann im trauten Gespräch mit der Kommissarin beobachtet und er ihr später nicht davon berichtet. Tabeas Erwartungshaltung wird schon mal enttäuscht, wenn er mit „Bella Donna“ auf sie zukommt, sie sich als schöne Frau angesprochen fühlt und dann einsehen muss, dass er lediglich das Gift meinte, mit dem sein Vater umgebracht wurde.
Ganz anders ist die Reaktion aber, als Ludwig nach einem Autounfall erst mal im Koma liegt. Da zeigt sich dann doch, dass die lange Zeit zusammengeschweißt hat und die Zuneigung noch nicht erkaltet ist.

Einer positiven Erwähnung bedarf auch der feinsinnige Humor, der besonders in Gesprächen hervortritt, wo beide Gesprächspartner gute Miene zum bösen Spiel machen. Zwei Frauen, die einen Kampf ausfechten und sich doch ums Versprühen von Gelassenheit bemühen, wie im Gespräch zwischen Tabea und Kassandra, als diese sich noch als zukünftige Eigentümerin der Villa sieht.

Und schließlich spielt auch noch ein eher phlegmatischer Hund eine besondere Rolle. Bruno, Herberts Hund, der nach seinem Tod von Tabea und Ludwig aufgenommen wird, zeigt ganz zum Schluss, was er kann und bedankt sich auf seine Weise dafür, dass er mit den beiden eine neue Familie gefunden hat. Wie gut, dass Kassandra ihn dann doch nicht haben wollte.

Bewertung vom 30.04.2024
Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1
Lombardi, Emilia

Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1


ausgezeichnet

Das Cover des Buches stimmt auf die Handlung ein. Auf dem Bild finden wir Kakao, daneben Haselnüsse, die im Buch eine wichtige Rolle spielen, also Zutaten, mit denen sich die Crema Piemontese herstellen lässt. Das Braun der Nüsse und der Schokolade und die türkise Keramik passen sehr harmonisch zusammen, beides sind warme Farben und dieser Eindruck hält sich auch beim Lesen. Man taucht in eine angenehme, warme Atmosphäre ein.

Die 16jährige Francesca wird von ihren Eltern als Hausmädchen zu der Familie Milani nach Alba geschickt. Die Familie betreibt ein gutgehendes Café, das Café Alba.
Neben ihren Aufgaben im Haushalt der Familie lernt sie dank dem Sohn der Familie auch die Backstube kennen und ist fasziniert davon. Mit Matteo verbindet sie bald mehr als nur Freundschaft und sie ist stolz, ihn mit ihren Ideen und ihrer Hände Arbeit unterstützen zu können. Aber als Hausmädchen kann sie sich kaum Hoffnungen auf den Sohn der Inhaberfamilie machen, das passt vom Status her gar nicht zusammen.

Nach dem plötzlichen Tod des Vaters findet die Familie heraus, dass horrende Schulden bestehen und dass die Bank ihnen die Kredite kündigen will. Eine einflussreiche Familie, die ihre Tochter eigentlich mit Matteo verheiraten wollte, steht bereits als Käufer bereit. Den Biancos schwebte schon lange vor, sich das gutgehende Café einzuverleiben und die Milanis auszuschalten.

Diese Gefahr von außen schweißt Matteo und Francesca noch enger zusammen, ihr neues Produkt, die Crema Piemontese, hergestellt aus Nüssen der Region und Schokolade, wird schnell ein Renner und ist uns auch heute noch unter anderem Namen bestens bekannt.

Das Buch liest sich sehr flüssig und gut, auch wenn Schicksalsschläge nicht ausbleiben. Es ist ein steiniger und langer Weg zum Erfolg. Wenn Matteo und Francesca glauben, es endlich geschafft zu haben, tun sich an anderer Stelle wieder Schwierigkeiten auf. Und dennoch - die Hoffnung stirbt nie!
Im letzten Abschnitt wird das Buch noch einmal richtig dramatisch. Und hier zeigt sich Francescas Stärke ganz besonders. Ich habe mir ihr gelitten und mich später mit ihr gefreut, dass sie es als Frau auch ganz allein, wenn auch mit guten Mitarbeitern, schaffte, den Betrieb zu halten und weiterhin erfolgreich zu führen.

Das Buch ist auf mindestens zwei Teile angelegt und im Sommer soll es mit Teil 2 weitergehen. Es endet insofern versöhnlich, als sich zum Schluss eine neue Liebesgeschichte für Francesca andeutet. Aber ich gehe davon aus, dass die Widersache aus dem ersten Band uns auch in Band 2 weiter begleiten werden.

Ich würde das Buch als Wohlfühlschmöker, aber auch als Schicksalsroman bezeichnen. Francesca wird schon in ganz jungen Jahren Witwe, sie hat ihre Ehe kaum genießen können, zumal Matteo und sie schon so viele Widerstände überwinden mussten. Diese Verbindung bestand in erster Linie aus Arbeit und Sorgen, allerdings war geteiltes Leid auch halbes Leid.

Bewertung vom 25.04.2024
Azzurro mortale / Commissario Grassi Bd.2
Bonetto, Andrea

Azzurro mortale / Commissario Grassi Bd.2


ausgezeichnet

Azzurro Mortale ist mein zweiter Krimi von Andrea Bonetto und ich fand es zunächst einmal sehr schön, wieder zurück in Ligurien zu sein, auch wenn einen die vielen Stufen hoch und runter schon beim Lesen ins Schwitzen bringen.

Vito Grassi ist seit einigen Monaten an der ligurischen Küste, wo er das Haus seines verstorbenen Vaters mitsamt einer jungen Frau geerbt hat. Toni hatte damals mit seinem Vater zusammengelebt und pflegt Garten und Olivenhain. Außerdem ist sie eine gute Köchin und war ihm im ersten Band eine Brücke zu seinem Vater, mit dem er zu Lebzeiten wenig Kontakt pflegte.

Gerade sind Vitos Frau und Sohn zu Besuch und die drei erkunden die malerischen Dörfer entlang der Küste. Ein Anruf beendet diesen Anruf abrupt, vor Corniglia wurde eine Leiche im Wasser treibend gefunden.

Chiara weiß zwar von Tonis Existenz, hatte aber keine Ahnung, dass die beiden sich das Haus immer noch teilen. Verschnupft reist sie kurzentschlossen ab, als sie Toni in der Nähe des Fundorts der Leiche kennengelernt hat.

Somit kann Vito sich ganz auf den neuen Fall konzentrieren und der gibt Rätsel auf. Weder die Identität des jungen Mannes, noch die Todesursache lassen sich zunächst einfach bestimmen. Erst eine Einladung zu einem Rechtsanwalt nach Genua bringt erstes Licht in das Dunkel. Und diesem Licht folgen Grassi und seine Kollegin Ricci nun konsequent. Es führt sie zu Drogengeschäften, korrupten Baukonzernen und sogar der Mafia und die Ermittlungen sind alles andere als ungefährlich.

Gut fand ich, dass der Krimi auf realen Begebenheiten aufbaut, im Nachwort gibt der Autor dem Leser noch Informationen zu den zugrundeliegenden tatsächlichen Geschehnissen, die Ermittlungen Grassis und Riccis sind natürlich Fiktion.

Ricci und Grassi sind mittlerweile gut aufeinander eingespielt, beharken sich zwar noch hin und wieder ein wenig, aber das ist eher nett gemeint. Schön ist die Szene mit Anton, dem Drogenhund, hier blitzt der Humor des Autors durch, als Anton auch noch die Drogensorte benennen soll.:)

Typisch italienisch scheint mir die Liebe zu schönen Autos zu sein, nur sollte man sie vielleicht nicht gerade Grassi anvertrauen.

Wie in einem Cozy Crime üblich, spielen familiäre Beziehungen mit in die Handlung hinein. Die Zukunft von Vitos und Chiaras Ehe steht auf dem Spiel, Vito wünscht sich, seine platonische Freundin Toni in seiner Nähe zu haben, aber das muss zwischen ihm und Chiara geklärt werden. Vielleicht im nächsten Fall?!

Bewertung vom 07.04.2024
Und Großvater atmete mit den Wellen
Teige, Trude

Und Großvater atmete mit den Wellen


ausgezeichnet

Anders als im ersten Buch von Trude Teige über die Großeltern von Juni Bjerke spielt dieser zweite Band nicht auf zwei Zeitebenen. Man erkennt ihn gut als Fortsetzung des ersten Bandes, weil das Cover ähnlich gestaltet ist.

Ganz zu Anfang stellt Juni ihren Großvater Konrad und die Familienverhältnisse kurz vor, dann wechselt die Handlung in das Jahr 1943 und mitten in den Zweiten Weltkrieg, dieses Mal allerdings am anderen Ende der Welt, im damaligen Java. Konrad hat in dieser Zeit dort Schlimmes erlebt.

Japan versuchte Anfang der 1940er Jahre andere Länder in Asien zu unterjochen. Vor allem sollte hier die Vorherrschaft der Niederländer sowie der Engländer gebrochen werden und so fand ein gnadenloser Krieg auf dem Meer statt. Wurde ein Handelsschiff aufgebracht, so wanderte die Besatzung in japanische Internierungslager, die den deutschen Lagern in nichts nachstanden.

Trude Teige hat diese Jahre anhand von Zeitdokumenten sehr gut recherchiert.

Die Schilderung dieser Umstände treibt dem Leser schon mal die Tränen in die Augen, obwohl die Autorin es vermeidet, rührselig zu werden. Dennoch werden die Umstände in den Lagern sehr plastisch geschildert.

Trotz dieser schwierigen Bedingungen gedeihen auch im Krieg Liebe und Mitmenschlichkeit. Konrad lernt im Krankenhaus Sigrid kennen, ebenfalls Norwegerin, die ihn nach seiner Odyssee in einem Rettungsboot mitten auf dem Ozean gesund pflegt. Sie verlieben sich ineinander, werden dann aber in getrennten Lagern interniert. Für beide soll das Leben nach Ende des Krieges neu beginnen, diese Hoffnung hält Konrad und Sigrid aufrecht.

Doch Konrad muss bei Kriegsende allein nach Europa zurückkehren, seine Verzweiflung und die Schuldgefühle fressen ihn auf. Er fühlt sich verantwortlich, Freunde und seinen Bruder nicht haben retten zu können und selbst für Sigrid kein Beschützer gewesen zu sein.

Die Geschichte Konrads berührt und lässt mich auch noch Tage später über sein Schicksal nachdenken. Es schien mir, als ob er an Teklas Kind und Enkelin gutmacht, was ihm in der Zeit in Asien nicht gelungen ist.

Bewertung vom 29.03.2024
Die Frau am Fluss / Loreley Bd.1
Popp, Susanne

Die Frau am Fluss / Loreley Bd.1


ausgezeichnet

Ein sehr schönes Cover, das den Blick vom Loreley-Felsen bei St. Goarshausen auf die Burg Rheinfels auf der anderen Rheinseite lenkt, ebnet uns den Zugang in die Geschichte von Julie und ihrer Familie.

Die Geschichte spielt ab 1817 an verschiedenen Schauplätzen am Rhein, einmal im Mittelrheintal in Bacharach und St. Goar und zum anderen aber auch in Knielingen bei Karlsruhe.

Julie arbeitet als Vollwaise im Gasthof ihres Vormunds in Bacharach, sie hat eine Zwillingsschwester, die blind in den Ruinen von Burg Stahleck lebt.

Julie lernt eines Tages beim Besuch ihrer Schwester auf der Burg eine frühe „Touristin“ kennen, eine Dame aus Köln, Elisabeth, die die mittelalterliche Stadt ein bisschen näher kennenlernen will. Mit ihr wird sie eine lebenslange Freundschaft verbinden.

In Knielingen hat derweil Johann fast alles verloren. Als auch noch seine kleine Schwester stirbt und die ständigen Rheinüberschwemmungen seinen Acker überspült haben, entschließt er sich, dem Dorf den Rücken zu kehren und verdingt sich zunächst bei der Rheinbegradigung des Ingenieurs Tulla. Dort lernt er Xaver Freigang kennen, einen etwas zwielichtigen, vor allem aber sehr impulsiven jungen Mann, der seine Aggressionen nicht im Griff hat. Von Xaver hört er das erste Mal von Bacharach, dem kleinen Ort im engen Mittelrheintal.

Julie kommt einem vor wie das Aschenputtel im Märchen, obwohl sie ein Geheimnis zu umwehen scheint. Ihr Vormund nutzt sie aus, seine Frau schiebt ihr die Schuld an jeder ihrer eigenen Fauxpas in die Schuhe und es gibt wenig Aussicht auf Besserung. Der Wirtssohn ist zwar in die sehr schöne junge Frau verliebt, die Ehe mit einer anderen haben die Eltern allerdings bereits in die Wege geleitet.

Der Pfarrer spielt im Dorf eine seltsame Rolle, Julie hat ihn dabei ertappt, wie er sich selbst geißelte. Der Leser weiß bereits, dass er der Beichtvater einer jungen Frau auf Burg Stahleck war, die kurz nach der Beichte verstorben ist. Diese Zusammenhänge kennt Julie noch nicht. Seinen Hass auf sich selbst und die Welt lässt er an Julie aus und sorgt dafür, dass sie Bacharach verlassen muss und die Ehe mit einem sehr viel älteren und gewalttätigen Mann, dem Fährmann von St. Goar, eingehen muss. Mit ihm zusammen hat sie eine Tochter Mathilde. Dank des reichlichen Genusses an Alkohol stirbt er früh und Julie ist nicht sehr traurig darüber. Sie liebt die Arbeit auf dem Fluss, nur leider kann sie als Frau zwar die Arbeit, aber nicht die Geschäfte übernehmen.

In St. Goar vereinen sich die bisher getrennt verlaufenden Handlungsstränge, denn Johann legt dort eines Tages an und lernt zufällig zunächst Mathilde und dann auch ihre Mutter kennen. Allerdings ist auch Xaver bereits vor Ort und das Unheil nimmt seinen Lauf.

Das Buch ist spannend geschrieben, die Ungerechtigkeiten nehmen den Leser mit, die Schilderungen von der Rheinbegradigung am Oberrhein bei Karlsruhe und die Bemühungen am Mittelrhein, dort mithilfe der Dampfschiffe erste Touristen anzulocken, geben Einblicke in die Arbeit am Fluss zu dieser Zeit. Immer wieder werden auch die gerade überstandenen Befreiungskriege und die Zeit Napoleons thematisiert.

Von der Geisteshaltung her ist es die Zeit der Romantik, Clemens Brentano hat zusammen mit seinem Freund Achim von Arnim das gesamte Mittelrheintal durchwandert und Sagen und Legenden gesammelt und viele wohlhabende Bürger und Bürgerinnen sehen sich ebenfalls als zukünftige Schriftsteller und schreiben zahlreiche Briefe, auf deren Veröffentlichung sie insgeheim hoffen. Mit ihm und seiner Schwester Bettine ist Elisabeth in enger Freundschaft verbunden und Elisabeth vermutet auch eine Verbindung Brentanos nach Bacharach.

Das Schicksal der armen Bevölkerung ist allerdings von schwerer Arbeit geprägt, umso besser, wenn man diese Arbeit dann wenigstens gerne macht.

Sabine Popp beendet den ersten Teil der Saga nicht mit einem Happy End, ganz im Gegenteil. Und so müssen wir wohl bis in den Herbst hinein mit der Auflösung der Geschichte warten. Ich gehöre zu denen, die immer noch auf ein Happy End hoffen, obwohl es eigentlich eher unwahrscheinlich ist, wenn man die Gegebenheiten in St. Goarshausen kennt.

Bewertung vom 12.03.2024
Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2
Janz, Tanja

Was die Dünen verheißen / Die St.-Peter-Ording-Saga Bd.2


gut

Es handelt sich hier um den zweiten Teil der Trilogie „Die St. Peter-Ording-Saga“ und sie spiegelt das Leben der Familie Hansen in den 70er Jahren wieder.

Ich kannte den ersten Band der Reihe nicht, steige also erst in den 70er Jahren in die Geschichte ein.

Das Cover dieser Trilogie stimmt gut auf St. Peter-Ording ein und hat durch die sehr ähnliche Aufmachung auch einen hohen Wiedererkennungswert mit den anderen Bänden. Die beiden Personen, die da laufend und Händchen haltend den Strand verlassen passen allerdings nicht, weil zumindest der Mann deutlich älter ist als Achim oder Björn.

Die Zwillinge Achim und Julia sind 17 Jahre alt und sollen darauf vorbereitet werden, Hotel und Café in St. Peter-Ording zu übernehmen. Während Achim den Plänen seiner Eltern begeistert Folge leistet, sogar mit 17 schon Vater wird, hat Julia ganz andere Pläne. Ihr Traumberuf ist Stewardess, sie will etwas von der Welt sehen. Darüber gibt es häufig Auseinandersetzungen zwischen ihrem Vater und ihr, die Mutter ist geschickter im Umgang mit ihrer pubertierenden Tochter und erinnert sich vor allem auch daran, wie sie selbst als Jugendliche war.

Die Handlung spielt nicht nur an der Nordsee sondern zwischendurch auch ein paar Wochen in Gelsenkirchen, dort sind einige Events der 70er Jahre gut beschrieben.

Für mich war es ein Roman ohne Höhen und Tiefen. Da gab es einiges an Schicksalsschlägen und ein paarmal habe ich mich dabei ertappt, auf der nächsten Seite eine spannende Wendung zu erwarten, die dann aber nicht eintraf. Ganz im Gegenteil, das nächste Kapitel spielte schon wieder am nächsten Tag und die emotionsgeladene Situation des Vortags wurde in einem Nebensatz aufgelöst.

Es stimmt zwar, dass Eltern in den 70er Jahren jünger waren als Eltern in unserer heutigen Zeit und es kam natürlich auch vor, dass die jungen Eltern nicht einmal erwachsen waren. Dennoch habe ich mich über die begeisterte Reaktion der Großeltern in spe doch etwas gewundert. Meine Eltern hätten anders reagiert.

Andererseits ist der familiäre Zusammenhalt, der in unserer fiktiven Familie Hansen herrscht, schon bemerkens- und nachahmungswert. Wenn ich als junge Frau sicher sein kann, dass die Familie mich auffängt, dann macht das eine frühe Mutterschaft deutlich leichter.

Es ist eine leicht zu lesende Lektüre und wer sich auf den Urlaub an der Nordsee einstimmen möchte, ist sicherlich auch gut damit bedient.

Bewertung vom 04.03.2024
Die Entflammten
Meier, Simone

Die Entflammten


sehr gut

Das Cover könnte einem der Bilder von Vincent van Gogh entnommen sein: zwei verblühte Sonnenblumen vor grünblauem Hintergrund, der Wind scheint ihnen zugesetzt zu haben. Die „Sonnenblumen“ von van Gogh bezeichnen eine Bilderreihe, die von Vincent van Gogh im Jahre 1888 gemalt wurden.

Man sollte von dem Buch „Die Entflammten“ keine Romanbiografie oder eine kunstgeschichtliche Abhandlung erwarten.

Simone Meier hat hier zwei Geschichten in einer verflochten. In der ersten Geschichte geht es um Jo van Gogh-Bonger, die Frau von Theo van Gogh, dem Bruder Vincent van Goghs. Es war Jo, die nach dem Tod ihres Schwagers und dem Tod ihres Mannes den Maler erst berühmt machte.

Die zweite Geschichte dreht sich um Gina. Auch sie kommt aus einer Künstlerfamilie, ihr Vater hat in jungen Jahren einen erfolgreichen Roman geschrieben, leidet seitdem aber mehr oder weniger an einer Schreibblockade. Er lebt in Italien und Gina besucht ihn dort.

Es ist ein Buch, das man am besten gleich zweimal liest. Zum ersten, um einen Eindruck zu gewinnen und ein weiteres Mal um diese Eindrücke beim zweiten Lesen entweder bestätigt zu bekommen oder wieder zu verwerfen. Dieses Ineinanderfließen zweier Leben erschwert das Lesen, hin und wieder weiß man gar nicht, in wessen Leben man sich gerade befindet.

Gina hatte schon als Kind eine Faszination für Vincent van Gogh entwickelt. Im Bildband ihrer Oma hatte sie das Selbstbildnis mit dem großen Verband entdeckt, das van Gogh nach der Entfernung seines Ohres gemalt hatte. Daraus rührte eine langjährige Faszination für den Maler, den sie aufgrund der psychischen Probleme auch immer mit ihrem Vater verglich.

Und Gina vergleicht sich mit Jo, auf deren Geschichte sie während ihres Kunststudiums stößt. Gina, die ihrem Vater wieder auf die Beine helfen will, die zumindest seine Unterstützung bei der Niederschrift ihres eigenen Buches einfordert und Jo, die Vincent zwar nicht helfen konnte, die aber die Arbeit ihres Mannes Theo erfolgreicher als er es jemals gewesen war, fortsetzte und Vincent van Gogh weltberühmt machte. Hier beginnen die Parallelen, die später zur Verschmelzung der beiden Charaktere im Buch führen werden.

Aber zunächst einmal wird in aller Ausführlichkeit das Leben von Jo van Bonger geschildert, als sie noch in Amsterdam lebte, in einen anderen verliebt war und sich dann doch ganz langsam für Theo van Gogh entschied, der sich aber auch nicht hatte abweisen lassen. Gina erforscht die Geschichte der beiden und je länger sie Jo folgt, desto mehr wird sie zu ihr selbst. Es gibt diese Szene in Paris, als Gina sich auf den Spuren von Jo und Theo bewegt. Gerade ist noch von Gina die Rede, dann wechselt die Perspektive übergangslos zu Jo. Und Gina beschreibt es einige Seiten weiter auch genauso: „da verschmolz ich mit ihr ganz gegen meinen Willen“.

Gina ist während ihrer Recherchen fast besessen von Jo, sie erscheint ihr in ihren Träumen, sie spricht mit ihr, Jo interessiert sich selbst für Ginas Leben und ihre familiären Probleme. Sie erzählt ihrer Schwester, wie Jo von einem Interesse zur Besessenheit wurde, wie sie Jos Empfindungen nachempfindet, aber auch, wie leer ihr das eigene Leben erscheint. Sie ist überwältigt und diese Überwältigung fließt in ihr Schreiben ein. Sie hat kein Problem damit, die leeren Blätter zu füllen, ganz anders als der Vater, der offenbar schon lange nicht mehr überwältigt war.

Wir wissen aus dem Prolog, bzw. den ersten Seiten des Buches, dass Gina es geschafft hat, das Buch zu schreiben. Und dort erfahren wir auch, dass der Vater seiner Tochter wertvolle Unterstützung geleistet hat. Er hat sich überwinden können, die Tochter nicht als Konkurrenz zu sehen, sondern einfach stolz auf sie zu sein.

Bewertung vom 29.02.2024
Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4
Osman, Richard

Der Donnerstagsmordclub oder Ein Teufel stirbt immer zuletzt / Die Mordclub-Serie Bd.4


ausgezeichnet

Joanna, Joyces Tochter, hatte ihrer Mutter zu Weihnachten eine Thermoskanne mit dem Aufdruck "Auf ein Jahr ohne Morde" geschenkt, doch schon Tage später wird ein Bekannter des Donnerstagsmordclubs, der Antiquitätenhändler Kuldesh Shamar erschossen. Wie es scheint, war er in ein Drogengeschäft verwickelt. Vom Paket fehlt allerdings jede Spur. Nicht nur Elizabeth, Ron, Ibrahim und Joyce suchen danach, da sind ganz andere Kaliber hinter dem Heroin her.

Rahmenhandlung des 4. Falles für den Donnerstagsmordclub ist dieses Mal das Rauschgiftgeschäft. Aber tatsächlich geht es in diesem Buch um sehr viel tiefgreifendere Themen. Es geht um das Älterwerden, den Umgang mit Krankheiten, die keine Besserung erwarten lassen und schließlich auch um die Entscheidung, selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden. Das Fortschreiten der Demenz von Stephen nimmt sehr viel Raum im Buch ein, daher steht bei der Lösung des Falles Elisabeth nicht so zur Verfügung, wie die Gruppe das gewohnt ist. Aber Joyce hat sich an ihr ein Beispiel genommen und vertritt sie gut.

Ich finde es gut, dass in einem Buch mit betagten Ermittlern auch einmal auf diese Themen eingegangen wird, auch wenn die Spannung natürlich darunter leidet.

Aber das typisch Englische kommt nicht zu kurz, da blitzt ganz oft der feine englische Humor durch die die Gespräche und lässt den Leser zumindest schmunzeln. Wem es nicht in allererster Linie auf die Spannung ankommt, der ist mit diesem Buch gut bedient.