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Island
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Nürnberg

Bewertungen

Insgesamt 64 Bewertungen
Bewertung vom 14.01.2021
Die siebte Zeugin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.1
Schwiecker, Florian;Tsokos, Michael

Die siebte Zeugin / Eberhardt & Jarmer ermitteln Bd.1


ausgezeichnet

Nikolas Nölting, ein in Berlin lebender Beamter im Baureferat einer brandenburgischen Kleinstadt, tickt an einem Sonntagmorgen in einer Bäckerei in Charlottenburg völlig aus und erschießt einen Mann und verletzt zwei weitere. Zum Motiv will er sich nicht äußern, seine Frau engagiert aber Rocco Eberhardt als seinen Strafverteidiger, der nichts unversucht lässt, trotz des Schweigens seines Mandanten Licht ins Dunkel zu bringen. Dabei erhält er Unterstützung durch seinen besten Freund Tobias, einem ehemaligen Polizisten, der mittlerweile als Privatdetektiv arbeitet und den Gerichtsmediziner Dr. Justus Jarmer. Gleichzeitig ist diese eigenmächtige Ermittlung aber nicht ganz ungefährlich für Rocco Eberhardt und alle, die ihm nahe stehen.

Der Aufbau des Krimis, der mit der Tat beginnt und anschließend im Rahmen der Gerichtsverhandlung und den Geschehnissen parallel zur Verhandlung langsam mehr Details offenbart, trägt auf jeden Fall zur Spannung bei. Die Schauplätze wechseln dabei recht häufig und lange bleibt unklar, was Nikolas Nölting zu seiner Tat motiviert hat und wer in welcher Weise involviert ist. Schließlich endet der Krimi noch mit einem Cliffhanger, der schon einmal ordentlich Neugier auf den folgenden Fall von Rocco Eberhardt und Dr. Justus Jarmer weckt. Der Gerichtsmediziner spielt in diesem Fall aber eher eine Nebenrolle, in weiteren Fällen ist er dann hoffentlich noch präsenter, weil es mehr auf sein Knowhow ankommt. Der Schreibstil des Autorenduos war gut lesbar und anschaulich mit einer ausgewogenen Mischung aus Fachsprache und gut verständlicher Alltagssprache. Es handelt sich hierbei auch um keinen besonders gruseligen oder "blutigen" Krimi, sonderm im Vordergrund stehen ganz klar die Beweggründe des Angeklagten und die Ermittlungen dazu. Die Protagonisten sind mir sympathisch und ich freue mich schon auf ihren nächsten Fall.

Bewertung vom 06.07.2020
Man wird ja wohl noch träumen dürfen (MP3-Download)
Günak, Kristina

Man wird ja wohl noch träumen dürfen (MP3-Download)


ausgezeichnet

Physiotherapeutin Thea betreibt ihre kleine Praxis in einer tollen und zugleich etwas skurrilen Hausgemeinschaft. Außerdem kümmert sie sich gerne um ihre recht aufgeweckte Oma, in Liebesdingen tut sich bei ihr aber gerade nicht allzu viel und dann wird ihr und ihren Nachbarn auch noch wegen Eigenbedarf gekündigt, was sie vor die nahezu unlösbare Aufgabe stellt, wieder etwas zu finden, wo sie alle gemeinsam unterkommen. Zudem möchte Thea, auch auf das Drängen ihrer Oma hin, nun auch wieder die Augen nach einem potentiellen Partner offen halten.

Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. In Thea, die etwa Mitte bis Ende 20 ist, kann ich mich sehr gut hineinversetzen und sie ist mir total sympathisch, wie sie an Probleme herangeht, mit schwierigen Patienten umgeht und ihren Alltag so meistert. Auch die anderen Mitglieder der Hausgemeinschaft sind sympathisch, wenn auch teilweise etwas skurril, aber das trägt zum Unterhaltungswert des Hörbuches bei. Es kommt immer wieder zu amüsanten Vorfällen, der Humor ist dabei aber nie zu plump ausgefallen. Man wünscht sich für diese bunte Truppe auf jeden Fall, dass es am Ende einen Weg gibt, wie sie im Haus bleiben können. Im Verlauf der Handlung ist manches natürlich schon recht leicht vorhersehbar, es kommt aber durchaus auch zu überraschenden Wendungen.

Sowohl der Erzählstil von Kristina Günak als auch die Sprechstimme von Vanida Karun haben mir gut gefallen. Beide waren mir schon von anderen Büchern / Hörbüchern bekannt. Ich mag die Art der Romane von Kristina Günak sehr gerne, sie schreibt sehr lebendig, anschaulich und mit einem angenehmen Humor. Vanida Karun gelingt es sehr gut, das auch beim Hörbuch umzusetzen. Man hört ihr wirklich gerne zu und ich fand es dann sehr schade, dass der Roman so schnell zuende war.

Bewertung vom 30.06.2020
Schatten und Licht / Fräulein Gold Bd.1
Stern, Anne

Schatten und Licht / Fräulein Gold Bd.1


ausgezeichnet

Hulda Gold ist Mitte 20 und Hebamme im Berlin der 20er Jahre. Sie liebt ihren Beruf und ist sehr engagiert, macht wesentlich mehr als ihr die Kassen und die oft sehr armen Schwangeren bezahlen können. Ihr eigenes Privatleben bleibt dabei etwas auf der Strecke, sie würde sich aber auch nicht von einem Mann vorschreiben lassen wollen, dass sie sich nur noch um ihn und die eigene Familie kümmert, anstatt weiter ihrem Beruf nachzugehen. Ihre neugierige Hauswirtin, ihre Jugendliebe der Kaffeehausbetreiber und der Besitzer des Zeitungsstandes vor ihrem Haus haben aber immer ein wachsames Auge auf Hulda, da sie sie trotz ihres manchmal lockeren Mundwerkes ins Herz geschlossen haben.

Bei der Betreuung einer werdenden Mutter im Elendsviertel um den Bülowbogen bekommt Hulda dann mit, dass deren Nachbarin ertrunken ist, sie aber nicht an einen Unfall oder Selbstmord glaubt. Dieser Fall lässt Hulda auch deshalb nicht los, weil sie den ermittelnden Kommissar Karl North nicht ganz uninteressant findet, auch wenn sie mit dessen mangelndem Ermittlungseifer nicht zufrieden ist. Hulda stellt auf eigene Faust Nachforschungen an und bringt sich dabei auch immer wieder in Gefahr.

Mir hat der Roman gut gefallen. Er entführt einen in das Berlin der 20er Jahre und zeigt dabei auch viele schäbige Seiten der Stadt und der Zeit, abseits der goldenen 20er. Waisenkinder, die sich auf den Straßen durchschlagen, Prostitution, vom Krieg traumatisierte Männer, beengte Wohnverhältnisse, der Aufstieg der Nationalsozialisten und Frauen, die sich den Männern unterzuordnen haben. Hulda Gold ist dabei für viele Schwangere und frischgebackene Mütter ein willkommener Lichtblick, da sie spüren, dass sie alles tut, um ihnen zu helfen und Ahnung von ihrem Metier hat. Zudem scheut sie sich auch nicht, den Männern Anweisungen zu geben, wie sie ihre Frauen entlasten können. Hulda ist mir daher sehr sympathisch und ich würde gerne noch weitere Bücher mit ihr als Protagonistin lesen.

Bewertung vom 26.08.2013
Fuck you, Kita!
Wiedemann, Anna;Wiedemann, Daniel

Fuck you, Kita!


sehr gut

Anna und Daniel Wiedemann leben in Berlin Prenzlauer Berg, also dem Stadtteil der Hauptstadt, der für seine besonders hohe Kinderwagendichte bekannt ist. Dennoch gehen sie alles während der Schwangerschaft und der ersten Lebensmonate von Söhnchen Gustav verhältnismäßig entspannt an und tragen sich nicht, wie andere Eltern, bereits zu Beginn der Schwangerschaft in Wartelisten für Kita-Plätze ein. Doch nachdem Gustav gut ein Jahr alt ist, erhält Anna das Angebot bereits sechs Wochen später eine Stelle als Lehrerin an einer Schule anzutreten, da eine Kollegin erkrankt ist. Daniel arbeitet Vollzeit in einem Filmunternehmen, die Großeltern leben in Nordrhein-Westfalen und Bayern, somit muss unbedingt ein Kita-Platz oder eine Tagesmutter für Gustav gefunden werden und das in denkbar kurzer Zeit. Im Buch finden sich dann zunächst alle möglichen, teils recht amüsante, manchmal aber auch desillusionierende Begebenheiten während der schon fast verzweifelten Suche. Sicher ist auch manche Anregung dabei, wie man selbst vorgehen könnte oder was man besser lassen sollte. Nachdem endlich ein Platz gefunden ist, geht es dann darum, welche Probleme das Leben als berufstätige Eltern mit einem Kita-Kind so bereithält. Auch hier finden sich neben unangenehmen Dingen wie Krankheiten oder dem schlechten Gewissen gegenüber dem Kind oder dem Arbeitgeber immer wieder witzige Anekdoten.

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Beim Titel des Buches „Fuck you, Kita“ handelt es sich angeblich um den Ausruf eines Fünfjährigen, während einer der vielen Kita-Besichtigungen. Sicher erregt dieser Buchtitel gemeinsam mit der recht auffälligen Covergestaltung erst einmal Aufsehen, ich finde ihn aber nicht ganz passend, da für mich so mehr der Eindruck entsteht, dass es sich um ein nicht ganz ernst zu nehmendes Buch handelt, in dem vieles ins Lächerliche gezogen wird. Das ist hier aber eigentlich nicht der Fall, sondern die beiden Autoren erzählen jeweils aus ihrer Perspektive, wie sie alles erlebt haben. Dabei wirken sie auf mich sehr sympathisch, da sie das Elternsein relativ entspannt anzugehen scheinen und der Umgang mit ihrem Sohn trotzdem immer sehr liebevoll wirkt. Besonders mit Anna kann ich mich identifizieren, da sie, wie ich, als Lehrerin arbeitet und mir irgendwann wohl ein ähnlicher Spagat zwischen dieser Arbeit und einer eigenen Familie bevorsteht. Das Thema des Buches ist momentan ja sehr aktuell, nachdem seit August jedem Einjährigen ein Betreuungsplatz zustehen soll. Dass es in städtischen Gegenden aber weiterhin sehr schwierig bleiben wird, einen passenden Platz zu finden und die Erlebnisse der beiden Autoren sicher kein Einzelfall sind, halte ich leider auch für realistisch und daher fand ich es interessant, auf eine gleichzeitig informative wie amüsante Weise, Einblicke in dieses Thema zu bekommen, auch wenn manche Passagen für mich als Noch-Nicht-Mama etwas kürzer ausfallen hätten können.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2013
Garantiert wechselhaft
Birk, Carolin;Wagner, Fanny

Garantiert wechselhaft


ausgezeichnet

Von Fanny Wagner, einer der beiden Autorinnen von „Garantiert wechselhaft“, durfte ich bereits ihr sehr unterhaltsames Roman-Debüt „George Clooney, Tante Renate und ich“ lesen, in dem eine Münchener WG im Mittelpunkt steht. Der Handlungsort ihres zweiten Frauenromans „Garantiert wechselhaft“ ist nun aber ihre Wahlheimat, die Fränkische Schweiz, was das Buch für mich als echte Oberfränkin natürlich noch etwas interessanter machte. Außerdem hat sich Fanny Wagner diesmal auch noch Unterstützung durch ihre Co-Autorin Carolin Birk geholt, die in Franken aufgewachsen ist, aber mittlerweile in Berlin lebt, wo Nina, die Protagonistin von „Garantiert wechselhaft“ eigentlich herkommt.


Die Geschichte beginnt dann auch erst einmal in der deutschen Hauptstadt. Dort lebt die 48-jährige Nina mit ihrer 16-jährigen Tochter Marie und arbeitet ausgerechnet in der Agentur ihres Ex-Mannes, der ihr mit seiner unangenehmen Art schon lange den letzten Nerv raubt. Und da sie auch noch von ihrem Noch-Freund Stefan total genervt ist, kommt es ihr gerade recht, dass sie von ihrem Onkel Hubert einen Gasthof im fiktiven Örtchen Wiestal in der Fränkischen Schweiz geerbt hat. Obwohl Nina dort zuletzt in ihrer Kindheit war, beschließen Mutter und Tochter, ihre Zelte in Berlin abzubrechen und in der vermeintlichen ländlichen Idylle in Oberfranken neu durchzustarten. Dort angekommen erwarten die beiden Großstädterinnen dann aber erst einmal einige unangenehme Überraschungen in Form eines sehr in die Jahre gekommenen Hauses, ungewöhnlicher lokaler Spezialitäten, eines für Hinzugezogene nur schwer verständlichen Dialektes, Ninas immer wieder im ungünstigsten Moment auftretenden Hitzewallungen und mehr als abweisenden Dorfbewohnerinnen. Und auch was die neuen Männerbekanntschaften angeht, läuft nicht alles rund. Trotzdem lassen sich Nina und Marie nicht abschrecken und versuchen das Beste aus ihrer neuen Lebenssituation zu machen.


Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen. Dabei spielte natürlich zunächst auch Lokalkolorit eine Rolle. Ich lebe selbst nicht weit entfernt von dort, wo sich Wiestal befinden soll, und erkannte so viele der erwähnten „Macken“ und dialektalen Besonderheiten der Einheimischen („Dubberbahdie“) wieder, was mich oft sehr amüsierte, da es natürlich zudem etwas überspitzt dargestellt ist. Wegen des Dialekteinsatzes hatte ich anfangs ehrlich gesagt etwas Bedenken, ob mir das nicht doch ein bisschen zu viel des Guten ist, weil mich Dialekt manchmal schon sehr im Lesefluss stört, auch wenn ich dabei keine Verständnisprobleme habe. Aber ich fand die Dosis hier noch angenehm und auch zur Situation passend, weil man sich als Leser so noch besser in Nina und Marie hineinversetzen kann, wie es ihnen gehen muss, in einem neuen Ort, unter Menschen, deren Dialekt sie kaum verstehen. Menschen, die mit dem Fränkischen weniger vertraut sind, werden bei manchen Begriffen wohl erst einmal etwas rätseln müssen, aber aus dem Zusammenhang lässt sich die Bedeutung dann eigentlich immer erschließen. Sehr gut hat mir die Gestaltung der Charaktere im Buch gefallen. Neben den beiden Protagonistinnen, die mir beide sehr sympathisch sind, auch wenn sie jeweils einer anderen Altersklasse als ich angehören, gibt es noch so einige sehr liebevoll gezeichnete Nebenfiguren, die aber auch ihre Ecken und Kanten haben, wie es hier in Oberfranken eben meist so ist. Als kleines Extra finden sich zu Beginn der Kapitel immer wieder kleine Illustrationen, die über die „Wetterlage“ informieren, womit im übertragenen Sinn natürlich die Stimmung im folgenden Abschnitt gemeint ist. Gerne empfehle ich dieses Buch allen, die einen humorvollen und liebevoll gestalteten Frauenroman suchen und als kleinen Bonus vielleicht noch etwas mehr über meine fränkische Heimat erfahren wollen und würde mich über eine Fortsetzung sehr freuen!

Bewertung vom 18.06.2013
Mutter bei die Fische / Küsten Roman Bd.2
Matisek, Marie

Mutter bei die Fische / Küsten Roman Bd.2


ausgezeichnet

Bei „Mutter bei die Fische“ handelt es sich quasi um die Fortsetzung von „Nackt unter Krabben“. In diesem ersten Band erbt Protagonist Falk nämlich den Strandkorbverleih seines verstorbenen Onkels auf der fiktiven Nordseeinsel Heisterhoog, wo auch „Mutter bei die Fische“ nun spielt. Der zweite Teil lässt sich aber auch ohne Kenntnis des Vorgängers gut lesen. Die Autorin beider Bücher, Marie Matisek, lebt eigentlich in Bayern, verbringt aber seit ihrer Kindheit gerne ihre Urlaube auf Föhr, dem Vorbild für Heisterhoog und ihre Leidenschaft für diese Insel merkt man auch beim Lesen.

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In „Mutter bei die Fische“ steht die zweite Saison von Falk Thomsen als Strandkorbvermieter auf Heisterhoog ins Haus. Es könnte jedoch alles besser laufen. Mit seiner Freundin Gina, die mangels Alternativen als Architektin in Berlin arbeitet, führt er eine Fernbeziehung, die beide nicht wirklich glücklich macht, und außerdem hat er neben der Strandkorbvermietung noch einen zeitraubenden zweiten Job im Tourismusbüro angenommen, um über die Runden zu kommen. Als Gegenmaßnahme zu rückläufigen Touristenzahlen nach Gerüchten um ein geplantes Windpark-Projekt direkt vor Heisterhoog, lockt Falk ein Filmteam auf die Insel, was natürlich auch wieder alles durcheinander bringt. Und zu allem Überfluss taucht dann auch noch seine, frisch in den Fischimbissbesitzer Piet verliebte, Mutter auf, gefolgt von seinem lange verschollenen Vater, dem sie auf keinen Fall begegnen sollte. Es gibt also auf jeden Fall viele verschiedene „Baustellen“ für Falk und damit jede Menge amüsante Begebenheiten auf der kleinen Nordseeinsel.

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Ich habe das Buch mit großem Vergnügen gelesen. Wenn man schon in Wirklichkeit nicht ständig an die Nordsee reisen kann, so nimmt einen Marie Matisek doch zumindest beim Lesen mit auf ihre Insel. Durch ihre Art zu schreiben, fühlt man sich fast, als ob man beim munteren Treiben auf Heisterhoog dabei wäre. Die verschiedenen Charaktere, bis hin zu den Nebenfiguren, sind sehr überzeugend gestaltet und haben alle so ihre kleinen Macken, werden dadurch aber auch besonders liebenswert, allen voran Falk. Es gibt immer wieder humorvolle Szenen, die für gute Unterhaltung sorgen, aber auch eine kleine Prise Tiefgang ist durchaus enthalten. Insgesamt lässt sich der Roman sehr flüssig und angenehm lesen und eignet sich so perfekt für den Strandkorb oder eben auch den Liegestuhl oder das Sofa, wenn Ersterer nicht vorhanden ist. Gerne würde ich noch einen oder auch mehrere weitere Ausflüge nach Heisterhoog unternehmen.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 29.05.2013
Fürchtet euch
Cash, Wiley

Fürchtet euch


sehr gut

Bei „Fürchtet euch“ handelt es sich um das Roman-Debüt des amerikanischen Autors Wiley Cash, der aus einer Bergregion im äußersten Westen North Carolinas stammt, welche auch Schauplatz von „Fürchtet euch“ ist. Das Buch wurde in den USA bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet, sodass ich sehr gespannt darauf war.

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Im Mittelpunkt des Romans steht eine Kirchengemeinde in dem kleinen Ort Marshall in North Carolina, die von dem sehr charismatischen Prediger Carson Chambliss geführt wird. Dieser reißt gerne Bibelstellen aus ihrem Zusammenhang oder legt sie so aus, wie er sie braucht. Außerdem ist es beispielweise üblich, dass die Anhänger ihre Glaubensstärke beweisen, indem sie im Gottesdienst Giftschlangen berühren. Dabei starb bereits vor längerer Zeit eine ältere Dame, deren wahre Todesursache dann von der Gemeinde vertuscht wurde. Nun kommt es aber zu einem weiteren Todesfall. Der dreizehnjährige Christopher Hall, der seit seiner Geburt noch nie ein Wort gesprochen hat, soll im Abendgottesdienst „geheilt“ werden und stirbt bei dieser Zeremonie. Die Mitglieder der Gemeinde schweigen natürlich dazu, was genau passiert ist, und so fällt es dem örtlichen Sheriff schwer, die genauen Todesumstände zu klären. Allerdings hat Jess, der neunjährige Bruder des getöteten Jungen mehr mitbekommen, als alle wissen, und zwar nicht nur von den Vorfällen im Gotteshaus, sondern auch davon, was sich einige Tage davor in seinem Elternhaus abgespielt hat.

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Erzählt wird die Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven. Aus der Sicht des neunjährigen Jess, aus der von Adeleide Lyle, einer älteren Dame, die als Hebamme und Heilerin im Ort arbeitet und die Sonntagsschule leitet und schließlich noch aus der Perspektive von Clem Barefield, dem örtlichen Sheriff. Diese tragen jeweils unterschiedliche Aspekte zu den Hintergründen bei, sodass sich langsam ein immer klareres Bild von dieser sehr speziellen Gemeinde und den Machenschaften ihres Predigers ergibt. Diese Erzähltechnik hat mir einerseits sehr gut gefallen, da man als Leser so tiefe Einblicke erhält, stellenweise behinderte sie den Lesefluss allerdings etwas, da es mit den Perspektivwechseln auch immer wieder zu Zeitsprüngen kam, die sich manchmal nicht sofort erschlossen. Als etwas langatmig empfand ich die immer wieder eingebauten Rückblicke, in denen man mehr über die Lebensgeschichte verschiedener Protagonisten erfährt, was aber meiner Meinung nach nicht immer in dieser Ausführlichkeit notwendig für das Verständnis der Zusammenhänge gewesen wäre. An anderen Stellen hätte ich mir dafür teilweise noch etwas genauere Informationen erhofft, besonders was bestimmte Glaubenspraktiken angeht. Insgesamt beschäftigt sich das Buch aber mit einer Thematik, die ich sehr interessant finde und es gelingt dem Autor auch auf eine beeindruckende Art, aufzuzeichnen, wohin ein derart fanatischer Glaube führen kann, welche Doppelmoral gerade beim Anführer der Gemeinde vorhanden ist und welche weiteren Umstände dies alles begünstigten.

Bewertung vom 19.05.2013
Wer soll denn das anziehen, bitteschön
Schedel, Susanne

Wer soll denn das anziehen, bitteschön


ausgezeichnet

Bei „Wer soll denn das anziehen, bitteschön“ aus dem Rowohlt-Verlag handelt es sich um Susanne Schedels zweiten Band mit Erzählungen nach ihrem Debüt „Schattenräume“, für das sie sogar mit dem Bayerischen Staatsförderpreis für Literatur ausgezeichnet wurde. Die aus Unterfranken stammende Autorin lebt mittlerweile in Düsseldorf und ist promovierte Germanistin.

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Das Buch besteht aus acht in sich abgeschlossenen Erzählungen, in denen jeweils andere Protagonisten verschiedenster Altersklassen im Mittelpunkt stehen. Dabei handelt es sich um recht alltägliche Personen, wie sie einem auch auf der Straße begegnen können. Ein Student, der eine Hochschulkarriere anstreben will, aber Gefahr läuft, dabei sein Privatleben komplett zu vernachlässigen. Eine verwitwete ältere Damen, die aus Verbundenheit zu ihrem verstorbenen Mann regelmäßig ins Casino geht. Eine unter Angststörungen leidende Frau mittleren Alters, die von ihrem Mann nach einem längeren Klinikaufenthalt abgeholt wird. Eine junge Frau, die ihren Freund besucht, der als Doktorand an einer amerikanischen Universität ist und eine andere, die eine besondere Beziehung zu ihrer Großtante, einer Ordensschwester hat. Auch die Orte der Handlung sind ganz verschieden: Unter anderem Alabama, Italien, Hamburg und Unterfranken. Das, was die Protagonisten in den Geschichten erleben, erscheint auf den ersten Blick manchmal nicht allzu spektakulär, stellt für sie selbst aber doch eine einschneidende Situation dar. Die verbindende Gemeinsamkeit zwischen allen Erzählungen ist, dass sie von Momenten im Leben handeln, an denen sich, mal mehr mal weniger offensichtlich, ein Umbruch andeutet.

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Susanne Schedel versteht ihr Handwerk und es gelingt ihr, in ihren Erzählungen Situationen, Stimmungen und Bilder einzufangen und diese sehr authentisch und anschaulich zu beschreiben, sodass man das Gefühl hat, den Protagonisten sehr nahe zu sein. Die Charaktere sind sehr verschieden, aber durchweg überzeugend gezeichnet, was es spannend macht, sich beim Lesen auf sie einzulassen und interessante Eindrücke aus ihrem Leben zu erhalten.

In ihren Erzählungen findet die Autorin viele treffende sprachliche Bilder, die man gerne im Gedächtnis behält und für die es sich lohnt, die Geschichten auch ein zweites Mal zu lesen. Der Sprachstil der Erzählungen ist angenehm lesbar und die Wortwahl wirkt wohlüberlegt und jeweils sehr gut zur Situation passend. Gerne würde ich daher noch mehr von Susanne Schedel lesen. Zudem finde ich es toll, dass es auch Autoren und Verlage gibt, die sich noch trauen, Erzählungen zu verfassen und zu veröffentlichen, auch wenn es sehr schwer ist, damit heutzutage einen Kassenschlager zu landen.