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Benutzername: 
Schabrackentapir
Wohnort: 
Köln

Bewertungen

Insgesamt 16 Bewertungen
12
Bewertung vom 18.01.2019
Besteuerung der GmbH
Stache, Ulrich

Besteuerung der GmbH


weniger gut

Als Lehrbuch ungeeignet

Für mich (Dipl.-Kaufmann), der sich bei der Vorbereitung auf eine leitende Position in einer GmbH einmal eingehend über die steuerlichen Aspekte informieren wollte, war das Buch nicht geeignet. Wie die Besteuerung der GmbH grundsätzlich funktioniert, wird nicht oder nur äußerst kurz dargestellt. Das Buch wendet sich offenbar vorwiegend an Steuerberater, denen man die "Besteuerung der GmbH" an sich nicht mehr erklären muss. Entsprechend geht der Autor jeweils Dutzende Seiten lang auf bestimmte, vertrackte Einzelprobleme ein, z.B. Teilwertabschreibungen und verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Darstellung geschieht mehrheitlich durch die Zitierung von BFH-Urteilen. In diesem Sinne ist das Buch eher ein thematisch sortierter juristischer Kurzkommentar zur GmbH-Besteuerung. Entsprechend ist das Buch nur mühsam durchzulesen und könnte eher als Nachschlagewerk für sehr spezialisierte Praktiker von Nutzen sein.

Bewertung vom 05.08.2016
Mainstream
Krüger, Uwe

Mainstream


ausgezeichnet

Sachliche Analyse eines kontrovers diskutierten Themas
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Wenn bei Pegida, auf einschlägigen Blogs oder in Foren und Kommentarspalten über die "Lügenpresse" und "von den USA gesteuerte Journaille" geschimpft wird, fühlt man sich sofort abgestoßen, weil die angebotenen Alternativen wie PoliticallyIncorrect oder Russia Today nun wirklich völlig indiskutabel sind. Aber trotzdem hat man oft das Gefühl, dass Berichte und Kommentierungen in den deutschen Leitmedien immer in dieselbe Kerbe hauen, bestimmte Dinge Tabu sind und man über viele politisch relevante Themenbereiche so gut wie gar nichts mehr hört.

Uwe Krüger, der hier offenbar seine Dissertation für die breite Öffentlichkeit aufbereitet hat, stellt zunächst einmal fest, dass der Eindruck einseitiger oder selektiver Berichterstattung nicht nur eine Idee verbitterter Spinner ist, sondern Realität. Im Rest des Buches zeigt er, dass dies kein Resultat von Verschwörungen oder geheimen Befehlsketten aus Politik und Geheimdiensten in die Sender und Verlage ist, sondern dass es rationale Erklärungen gibt, die im Ergebnis aber nicht minder gefährlich sind:
- Durch das Aufkommen des Internets ist die wirtschaftliche Basis zumindest der Verlage eingebrochen, so dass die Abhängigkeit von den verbleibenden Anzeigenkunden steigt und weniger Geld für gründliche Recherche übrig bleibt. Pressetexte von Regierung, Verbänden und Unternehmen werden arbeitssparend nur etwas umformuliert
- Der einfache Journalist hat stets Angst um seinen Job. Kontroiverses ist riskant.
- Durch den Onlinejournalismus müssen Texte zunehmend in Echtzeit geschrieben werden, so dass zwischen Ereignis und Veröffentlichung kaum Zeit bleibt für Verifizierung und Einordnung.
- Politiker versorgen Journalisten in Hintergrundgesprächen mit exklusiven Informationen, unter der Bedingung, dass sie nicht verwendet werden. Verwendet ein Journalist sie doch oder berichtet kritisch über seine Quelle, wird sie für immer versiegen. Das sorgt für Selbstzensur.
- Journalisten sind fast immer studierte Leute und fast immer aus bürgerlichem Elternhaus. Kaum einer pflegt Umgang mit "einfachen Leuten".
- Ressortleiter der Leitmedien werden von angesehenen und finanzkräftigen Think-Tanks und Elitenetzwerken umworben, die ihnen Aufträge, Beiratsposten und vorgefertigte Meinungen anbieten.
- Durch die sinkende politische Polarisierung gibt es statt leidenschaftlicher Links-Rechts-Kontroversen zunehmend "vernünftige", "alternativlose" "Konsens"-Lösungen.

Im Ergebnis leben die einflussreichen Chefjournalisten in der einer engen Blase, die in engem Kontakt mit den Blasen derjenigen Gruppen steht (Politiker, Wirtschaftsührer, Lobbyisten) , über die sie eigentlich kritisch berichten sollten.

Ingesamt ein gut zu lesendes, sehr interessantes Buch, dass einem gute Argumente für die nächste "Lügenpresse"-Diskussion liefert.

Bewertung vom 21.11.2015
Muksmäuschenschlau
Muk, Yigit

Muksmäuschenschlau


sehr gut

Das Buch ist die Autobiographie von Yigit Muk, eines jungen Mannes türkischer Abstammung, der in Berlin-Neukölln/Nord aufgewachsen ist. Muks überdurchschnittliche Intelligenz fällt in seiner Schullaufbahn nicht auf - kein Wunder, da er, in Deutschland geboren, aber bei seiner Familie in der türkischen Parallelgesellschaft aufgewachsen, bei der Einschulung kein Wort deutsch spricht, wie ein Großteil seiner Klassenkameraden auch. Die Integration in die Zwänge des Schulalltags gelingt ihm schnell. Dabei stehen aber nicht die Anforderungen der Lehrer an erster Stelle, sondern die Integration in den anarchischen Mikrokosmos von Schulhof und Neuköllner Milieu. Schneller als die deutsche Sprache lernt er, dass man in seinem Umfeld Freunde braucht und sich, notfalls mit kollektiver Gewalt, durchsetzen muss. Wer kein "Opfa" sein will, muss sich den Ruf erarbeiten, dass man sich mit ihm (= ihm und seinen Freunden) besser nicht anlegt. Bis zu seinen Teenagerjahren steigert sich diese Mischung aus Gruppendynamik und Wehrhaftigkeit immer weiter, so dass winzigste Anlässe genügen, um einen vermeintlichen Gegner mit zehn Mann gegen einen halbtot zu schlagen. Die Schule ist zu dieser Zeit schon längst nachrangig geworden - eine freiwillige Veranstaltung, bei der man auch den (resignierenden) Lehrern zu zeigen hat, wer am längeren Hebel sitzt. Der Tod eines gleichaltrigen Verwandten löst Yigit für einen Moment aus dem Teufelskreis und er wird zunehmend entschlossener, auszusteigen und aus seinem Leben noch etwas zu machen. Mit viel Fleiß und Einsatz kämpft er sich zurück und schafft es bis ganz nach vorne und reift dabei vom Halbstarken zum Erwachsenen.
Am interessantesten fand ich die Beschreibung der Motive und Institutionen einer gewalttätigen Jugendgang aus der Innensicht. Die Gang ist eine auf Geben und Nehmen, Vertrauen und Misstrauen gründende Überlebensgemeinschaft. Wenn du willst, dass deine Kumpels dich schützen, musst du auch für sie einstehen, wenn sie Hilfe wollen, mag der Grund für die Inanspruchnahme auch noch so winzig sein. Und wenn die Gewalt einmal da ist (weil das aggressivste Gangmitglied einfach "präventiv" losschlägt), dann gibt es kein Zurück mehr, bis der Gegner - oft der Unglückliche, der nur "falsch geguckt" hat - oder man selbst im eigenen Blut liegt. Gleichzeitig (und das kommt im Buch nur indirekt rüber) ist die Gang auch Ersatzfamilie mit Bekundungen und Ritualen gegenseitiger Zuneigung und Wertschätzung, zum Beispiel dass man sein Getränk, bevor man selbst trinkt, immer erst seinen Kumpels anbietet. Diese Zeichen persönlicher Verbundenheit sind es auch, die Muk später auf einem fast rein deutschen Privatgymnasium vermisst.
Das Buch ist absolut lesenswert. Ich werde aber das Gefühl nicht recht los, dass der Co-Autor (= i.d.R. Textautor) des Buches ein bisschen erzähltechnisches Handwerkszeug eingesetzt hat, um die Lebensgeschichte spannender / massentauglicher rüberzubringen. Ich kann deshalb nicht beurteilen, wie authentisch die (Selbst-)Darstellung ist.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 10.08.2013
Gebrauchsanweisung für Amerika
Watzlawick, Paul

Gebrauchsanweisung für Amerika


gut

Zeitlos? - Nur zum Teil!

Paul Watzlawicks "Gebrauchsanweisung für Amerika" (genauer: die USA) ist zweifellos ein Klassiker und hat eine ganze Buchreihe begründet. Die sprachliche und intellektuelle Qualität des Buches zeigen, warum.
Allerdings ist die "Gebrauchsanweisung" mittlerweile ziemlich angejahrt und das ist bei Gebrauchsanweisungen für sich im Wandel befindliche Objekte nachteilig. Der erstmals 1978 erschienene Ratgeber des 2007 verstorbenen Autors wurde offenbar im Jahr 2002 zuletzt überarbeitet.
In zweierlei Hinsicht wirkt das Buch veraltet:
Erstens ist die Haltung des Autors antiquiert: Es ist die des europäischen Intellektuellen alter Schule, der mit einer gewissen Abschätzigkeit auf die traditions- und kulturarme Nation auf der anderen Seite des großen Teiches hinabblickt. Auch wenn dies zu einem guten Teil Ausdruck einer vom Autor gepflegten zynischen Abgeklärtheit ist, hört es sich stark nach der Haltung von im strikt nationalen bzw. europäischen Horizont sozialisierten Vor-68er an. Watzlawicks Amerikabild lässt sich sehr gut mit den Schilderungen zur Nazizeit in die USA emigrierter europäischer Schriftsteller zur Deckung bringen und steht in gewisser Weise in der jahrhundertealten Tradition der Klage über die "kulturlose Moderne".
Zweitens ist der praktische Wert der vielen konkreten Reisetipps von Zoll und Einreise über Kommunikation und Medien bis zu Straßen- und Zahlungsverkehr großenteils fraglich bis nicht mehr gegeben. Hinweise zur Abwicklung von handvermittelten R-Gesprächen, die Klage, dass es in Amerika keine Postbankzahlkarten gibt und die Angabe der Menge zollfrei einführbarer Zigaretten zum damaligen Zeitpunkt helfen einem nicht viel weiter.
Als Zeitdokument oder gut lesbare Charakterisierung des "Amerikaners" mit hohem Unterhaltungswert und abgemildertem Wahrheitsanspruch ist das Buch empfehlenswert. Zur Vorbereitung einer Reise ist es jedoch ungeeignet, auch und gerade wegen des dort vermittelten eher negativen Amerikabildes. Wer das Buch auf dem Transatlantikflug liest - es hat dafür genau die richtige Länge - und sich die dort vermittellte Attitüde zu eigen macht, braucht sich nicht zu wundern, wenn er mit den Amerikanern nicht klarkommt.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

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