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Bücherfreundin

Bewertungen

Insgesamt 256 Bewertungen
Bewertung vom 10.06.2024
Die Vermesserin der Worte
Seck, Katharina

Die Vermesserin der Worte


weniger gut

Konnte mich leider nicht überzeugen
Im Mittelpunkt von "Die Vermesserin der Worte", dem neuen Roman von Katharina Seck, steht die 29-jährige Schriftstellerin Ida Hermann. Nach ihrem Studium und einigen Jahren bei einer Lokalzeitung arbeitet sie nun als freie Autorin. Seit vier Monaten hat sie eine Schreibblockade und wird bald die Miete für ihre winzige Einzimmerwohnung nicht mehr aufbringen können. Auch der Kühlschrank ist leer, sie braucht dringend eine Arbeit. Durch einen Tipp ihres Briefträgers Theobald erfährt sie, dass für ein großes Anwesen im Grünen eine Haushaltshilfe gesucht wird. Ida hat Glück und wird eingestellt. Ihr neuer Arbeitsplatz befindet sich in einem abgelegenen Dorf, und ihre Arbeitgeberin, Ottilie Selig, ist eine alte Dame, die ihr mit Zurückhaltung und Ablehnung begegnet. Im Ort ist man auf Ottilie, die von den Einwohnern als "Die Herrin des papiernen Anwesens" bezeichnet wird, nicht gut zu sprechen ...

Das Buch beginnt sehr vielversprechend, liest sich leicht und flüssig. Wir lernen die junge Ida kennen, die in dem heruntergekommenen Haus von Ottilie damit beschäftigt ist, jahrzehntealten Schmutz und Staub zu beseitigen. Schnell wird ihr klar, dass die alte Dame Gedächtnislücken hat. Ganz behutsam nähern sich die Frauen an, und Ottilie bittet Ida, ihr eine Geschichte zu erzählen. Ab diesem Moment wird aus dem Roman ein Märchen, eine Fantasy-Geschichte, an der ich schnell die Lesefreude verloren habe. Die Handlung wird seicht, kitschig und vorhersehbar. Es geht gewaltig an der Realität vorbei, besonders im Zusammenhang mit dem ernsten Thema Demenz. Da werden Ottilie Weisheiten und Sätze in den Mund gelegt, die eine Demenzkranke ihres fortgeschrittenen Stadiums niemals äußern könnte. Die romantisierende Darstellung der Krankheit fand ich unerträglich.

Das Putzthema nimmt in meinen Augen übertrieben viel Raum ein, dadurch kommt es zu häufigen Wiederholungen. Gut gefallen haben mir die Beschreibung der Kunst des Buchbindens und die Unterteilung des Buches in einzelne Kapitel mit passenden, gut gewählten Überschriften. 

Wer ein Faible für sogenannte Wohlfühlromane mit Fantasy-Elementen hat, wird das Buch vielleicht mögen - für mich war es leider nicht das Richtige.

Bewertung vom 07.06.2024
25 letzte Sommer
Schäfer, Stephan

25 letzte Sommer


ausgezeichnet

Kluge und warmherzige Geschichte über das Leben
In seinem Debütroman "25 letzte Sommer" erzählt Stephan Schäfer die Geschichte eines gestressten Mannes, der gefangen ist in seinem hektischen Alltag. Der namenlose Ich-Erzähler verbringt das Wochenende wie so oft auf dem Land in einem kleinen Haus, diesmal allerdings ohne seine Frau und die Kinder. Es gelingt ihm nicht, abzuschalten, die Gedanken kreisen in seinem Kopf, Emails sind zu lesen und zu beantworten, dienstliche Anrufe sind zu erledigen. Er erhofft sich Entschleunigung, indem er seine Joggingschuhe anzieht und einfach losläuft. Ganz spontan beschließt er, im nahe gelegenen Badesee zu schwimmen. Dort begegnet er einem älteren Mann, der sich ihm als Karl vorstellt. Sie kommen ins Gespräch, und Karl lädt den Ich-Erzähler zu sich auf seinen Hof ein. Obwohl dieser eine umfangreiche To-do-Liste abzuarbeiten hat, nimmt er die Einladung an. 
 
Mit ganz wunderbaren Worten und viel Empathie erzählt der Autor die Geschichte zweier Männer, die sich in langen und intensiven Gesprächen austauschen. Sie nähern sich langsam einander an, öffnen sich und erzählen aus ihrem Leben. Karl zeigt ehrliches Interesse an seinem Gast, der nicht nur offen und ehrlich auf seine Fragen antwortet, sondern ihm auch die traumatischen Ereignisse seines Lebens anvertraut. Auch Karl erzählt von seiner Vergangenheit und seiner Einstellung zum Leben. Er hat vor vielen Jahren eine wichtige Lebensentscheidung getroffen, genießt seinen Alltag und liebt seine Tätigkeit als Kartoffelbauer. Die beiden unterschiedlichen Männer lernen sich immer besser kennen und werden zu Freunden.

Die warmherzige und ruhig erzählte Geschichte, in der es um Freundschaft, Lebensträume und Entschleunigung geht, hat mir sehr gut gefallen. Sie regt den Leser dazu an, sich auf das Wesentliche zu besinnen und seine Prioritäten zu überdenken, vielleicht dabei auch den eigenen Internetkonsum auf den Prüfstand zu stellen. Der Roman enthält viele Lebensweisheiten und macht nachdenklich. Ich mochte die sympathischen Protagonisten, hier den gehetzten Ich-Erzähler, dort den ausgeglichenen und in sich ruhenden Karl und habe durch ihren intensiven Austausch viele Denkanstöße erhalten. 

Hervorheben möchte ich, dass nicht nur der Schutzumschlag, sondern auch der Einband des Buches in wunderschönen Farben kunstvoll und liebevoll gestaltet ist.
"25 letzte Sommer" ist eine Bereicherung für jeden Bücherschrank - absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 03.06.2024
Das Jahr ohne Sommer
Neumann, Constanze

Das Jahr ohne Sommer


ausgezeichnet

Großartige Geschichte mit Tiefgang
In "Das Jahr ohne Sommer" erzählt Constanze Neumann ihre eigene Geschichte und die ihrer Familie. Die kleine Constanze wächst in den siebziger Jahren in  Leipzig bei ihren Eltern auf. Der Vater ist an einer Musikschule in Dresden tätig, die Mutter ist Geigerin. Als die Kleine drei Jahre alt ist, beschließen die Eltern, mit ihr in den Westen zu fliehen. Der Fluchtversuch scheitert, die Eltern werden verhaftet, und Constanze kommt  zunächst in ein Kinderheim, bevor sie von den Großeltern mütterlicherseits abgeholt wird. Nach 18 Monaten dürfen die Eltern ohne ihre Tochter nach Westdeutschland ausreisen. Die Kleine ist fast 6 Jahre alt, als auch sie endlich ausreisen und ihre Eltern wiedersehen darf. 
 
Die Jahre vergehen, die Familie ist inwischen nach Aachen umgezogen, wo der Vater eine Beamtenstelle als Direktor einer Musikschule bekommen hat. Die Mutter leidet immer noch unter den Nachwirkungen einer schweren Krankheit aus der Zeit ihrer Inhaftierung und kämpft mit eiserner Disziplin darum, wieder Geige spielen zu können. Der Vater sieht sich mehr und mehr als Westdeutscher, während Constanze sich weder der alten noch der neuen Heimat zugehörig fühlt.
 
Die Geschichte ist in der Ich-Form aus Constanzes Sicht erzählt. Sie ist in ganz wunderbarer und intelligenter Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Ruhig und nahezu sachlich beschreibt die Autorin das Zusammenleben eines Kindes mit einer depressiven Mutter und einem optimistischen Vater, der stets bemüht ist, sich in der neuen Heimat anzupassen und hart daran arbeitet, seinen sächsischen Dialekt abzulegen. Für Constanze ist es nicht einfach, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden, sie vermisst ihre in Leipzig verbliebene Großmutter und wird auch nach dem Mauerfall, den sie während eines Austauschjahrs in Michigan erlebt, das Gefühl der Heimatlosigkeit nicht verlieren.

Mir hat das Buch, in dem es um Heimatgefühl, Entwurzelung und Sehnsucht geht und das Constanzes innere Zerrissenheit sehr eindrücklich beschreibt, sehr gut gefallen. Die Autorin zeigt auch die Probleme nach der Wiedervereinigung unseres Landes auf, die Enttäuschungen und die unterschiedlichen Lebensauffassungen. Besonders erwähnen möchte ich das Nachwort der Autorin, in dem sie von ihrer schweren Erkrankung erzählt, gegen die sie viele Jahre später kämpft. Dieser Teil des Buches ging mir neben der Schilderung der Fluchtgeschichte sehr unter die Haut.
Es hat mir sehr gut gefallen, dass die Autorin den Zeitgeist sowie politische und gesellschaftspolitische Ereignisse in ihre Geschichte hat einfließen lassen.

Ich habe das melancholische Buch sehr gern gelesen, es hat mich gleichermaßen gefesselt und zutiefst berührt.
Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 31.05.2024
Kosakenberg
Rennefanz, Sabine

Kosakenberg


ausgezeichnet

Zwischen alter und neuer Heimat
Im Mittelpunkt von "Kosakenberg", dem neuen Roman von Sabine Rennefanz, steht die Ich-Erzählerin Kathleen. Großgeworden in der Enge des kleinen Dorfs Kosakenberg in Brandenburg, in dem jeder jeden kennt, zieht es sie 1997 nach dem Abitur zum Studieren nach Berlin. Ihr Weg führt sie nach München, Hamburg und wieder Berlin, ehe sie sich dazu entschließt, nach London zu ziehen, um dort bei der Zeitschrift "Design Review" als Grafikdesignerin zu arbeiten. Sie lässt außer ihren Eltern, der Großmutter und ihrer Schwester Annett ihre ehemals beste Freundin Nadine aus Kindertagen zurück.
 
Die Handlung zieht sich über einen Zeitraum von 15 Jahren, während dieser Zeit kommt es zu zehn Besuchen in der Heimat. Kathleen enttäuscht und schmerzt es, dass ihre Eltern sich nicht für ihr neues Leben in England interessieren, und sie schämt sich für ihr bescheidenes Elternhaus, als ihr südamerikanischer Freund Octavio sie bei einem ihrer Besuche begleitet. Auch die Freundschaft zu Nadine verändert sich, die beiden entfremden sich zunehmend.
 
Das Buch ist in intelligenter Sprache geschrieben und liest sich sehr flüssig. Die unterschiedlichen Charaktere sind klar skizziert und authentisch. Was Kathleen angeht, war ich etwas zwiegespalten, auf der einen Seite gefiel mir ihr Selbstbewusstsein und ihr Ehrgeiz, auf der anderen Seite mochte ich ihr bisweilen überhebliches Auftreten bei den Besuchen in der Heimat, vor allem ihrer Mutter gegenüber, nicht. Es fällt ihr schwer zu akzeptieren, dass es nicht jeden in die Welt hinauszieht und dass viele Dorfbewohner ein zufriedenes Leben führen. Die Kosakenberger leben in ihrer eigenen Welt, was außerhalb geschieht, scheint sie nicht zu interessieren.
 
Die Autorin schildert in jedem Kapitel, das einen aktuellen Besuch Kathleens beinhaltet, die Veränderungen im Dorfleben. Besonders gut gefallen hat mir das Kapitel mit Tamaras Hochzeit, das auch teilweise sehr humorvoll erzählt ist und die Kluft zwischen Kathleen und den Dorfbewohnern sehr eindrücklich beschreibt. Auch die Schilderung der sich verändernden Beziehung zwischen Kathleen und Nadine und den immer seltener werdenden Begegnungen ist der Autorin großartig gelungen. Das schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis wird ebenso thematisiert wie die Ost-West-Probleme nach der Wende. Kathleen erinnert sich während ihrer Besuche an ihre Vergangenheit in Kosakenberg, und wir erhalten Einblicke in ihr Leben in London.
 
Das Buch hat mir sehr gut gefallen, während der Lektüre habe ich oft an meine eigene "alte Heimat" gedacht. Besonders berührend fand ich die drei letzten Kapitel und das hoffnungsvolle Ende, das Raum lässt für eigene Gedanken.
 
Absolute Leseempfehlung für diesen ruhig geschriebenen und fesselnden Roman über Heimat und Loslassen, Weggehen und Zurückkommen, der mich bestens unterhalten, aber auch sehr nachdenklich gemacht hat!

Bewertung vom 30.05.2024
Die Rückenlüge
Nürnberg, Robin

Die Rückenlüge


gut

Interessanter Ratgeber für Menschen mit Rückenschmerzen
Das Buch "Die Rückenlüge - Verabschiede dich von alten Mythen - werde schmerzfrei und stark" des Physiotherapeuten und Schmerzcoachs Robin Nürnberg richtet sich an Menschen mit Rückenschmerzen.

Das Sachbuch ist sehr übersichtlich in 6 Kapitel gegliedert. Im ersten Kapitel geht es um den Aufbau und die Funktion der Wirbelsäule, die Bandscheiben sowie Muskeln, Gelenke und Faszien. Zweites und drittes Kapitel widmen sich dem Thema Schmerz, während der Autor im vierten Kapitel unterschiedliche Mythen unter die Lupe nimmt. Im fünften Kapitel stellt der Autor eine Reihe von Akuthilfen bei Rücken- und Nackenschmerzen vor, und im sechsten Kapitel beschreibt er neue Wege in der Physiotherapie.

Der lebendige Schreibstil hat mir gut gefallen, das Buch ist auch für Laien gut verständlich und liest sich flüssig. Ich finde die Ansätze des Autors sehr interessant, der die Behandlungen einiger Schmerztherapeuten, die Dehnübungen und Faszienbehandlungen in den Vordergrund stellen, kritisch hinterfragt. Er zeigt einmal mehr auf, wie wichtig Bewegung ist und rät dem Leser, nicht lange in einer Körperhaltung zu verharren, sondern sie ständig zu verändern, um Schmerzen und Verspannungen zu vermeiden. Wie wichtig ein gesundes Darmmilieu für die Bandscheiben ist, ist ebenso Thema wie die Bedeutung der Ernährung.

Das Kapitel über die Haltungsroutinen am Schreibtisch ist zwar interessant, ich finde es allerdings in der Praxis kaum umsetzbar, alle fünf Minuten eine Haltung einzunehmen, die bequeme Kleidung erfordert und schon dadurch nicht für jeden alltagstauglich ist.

Wenn mich wieder einmal ein schmerzhafter Hexenschuss erwischt, werde ich gern auf das Akutprogramm zurückgreifen. Es bezieht auch Atemübungen und Selbstmassage mit ein und besteht aus mehreren Übungsstufen. Hierzu gibt es ergänzend viele Fotos.

Das Buch enthält auch ein wenig Eigenwerbung: Im letzten Kapitel stellt der Autor das B.R.E.-System gegen Schmerzen vor, das er selbst entwickelt hat und als Schmerzcoach vermarktet.

Über das Thema Rückenschmerzen gibt es sehr viel Literatur, vieles in Robin Nürnbergs Buch war mir bereits bekannt. Dennoch habe ich das sehr schön und übersichtlich gestaltete Buch gern gelesen und dabei neben guten Tipps auch Denkanstöße erhalten.

Bewertung vom 26.05.2024
Die Auszeit
Rudolf, Emily

Die Auszeit


weniger gut

Enttäuschend
Der Scherz Verlag hat "Die Auszeit", das Thriller-Debüt von Emily Rudolf, veröffentlicht. Das Buch wird als "Die aufregende deutsche Thriller-Entdeckung" beworben, der blaue Farbschnitt ist ein Eyecatcher. Der Klappentext versprach eine spannende Geschichte vor interessanter Kulisse, auf die ich mich freute - doch ich wurde enttäuscht.

Viktoria Kaplan, eine bekannte Influencerin, hat bald eine Million Follower. Auf diesen Moment fiebert sie hin und hat daher ihren Freund, ihren Bruder und drei Freunde eingeladen, mit ihr in einem einsam gelegenen Retreat in den Alpen zu feiern. Es soll ein schönes Wochenende werden, der Besitzer des luxuriösen Hotels und sein Personal werden der Gruppe alle Wünsche erfüllen. Bei Wellnessbehandlungen, gutem Essen und sehr viel Alkohol genießt die Gruppe ihre Auszeit, die selbstverständlich auf Social Media begleitet wird. Schon bald kommt es zu Spannungen, und eine Leiche wird aufgefunden ....

Die Geschichte wird auf zwei Ebenen erzählt: auf der ersten begleiten wir die Gruppe ab dem Tag ihrer Reise in die Alpen, auf der zweiten Erzählebene erleben wir die Zeit nach dem Mord aus Sicht nur einer Person. Die Perspektiven wechseln mit jedem Kapitel, alle Personen fungieren als Ich-Erzähler. Wir lernen neben Viktoria ihren Freund Julian, ihren Bruder Max und dessen Freundin Josefine sowie Viktorias Freundin Karla und Sebastian, den besten Freund Julians, kennen. Nach und nach wird eine Geschichte aufgeblättert, in der es nicht nur um Liebe und Freundschaft, sondern auch um Hass und Eifersucht geht. Geheimnisse werden gelüftet, und bald ist jeder des Mordes verdächtig.

Es mangelte mir an Spannung und Raffinesse, die Handlung war durch die ausführliche Schilderung unwichtiger Details unnötig in die Länge gezogen. Schon früh hatte ich die richtige Person in Verdacht , so dass die Auflösung für mich keine Überraschung war. Die Sprache ist stellenweise recht derb und obszön. Öfter verwendet die Autorin unterschiedliche F-Wörter, die für mich nicht in ein gutes Buch gehören.

Der Sprachstil gefiel mir überhaupt nicht, Sätze wie diese:
"Die Wassertropfen bohren sich in mich hinein.
Den Schmerz, der diesmal mein Herz durchfährt, könnte keine
Schmerztablette dieser Welt lindern.
Mich im Wald zu verirren, wäre das letzte, was ich jetzt noch gebrauchen
könnte.
Ich höre einen Schrei durch meinen Schädel hallen.
Ich lachte, doch es klang gezwungen.
Er strich mir die lose Strähne aus dem Gesicht, die sich schon wieder dorthin
verirrt hatte, und unsere Blicke trafen sich.
Tränen flossen aus mir heraus wie Blut aus einer Wunde."
kommen im Buch zuhauf vor und haben mir sehr schnell das Lesen verleidet. 

Die Grundidee der Handlung, die einmal mehr einen Einblick in die schillernde Scheinwelt der Influencer vermittelt, hat mir gefallen, ich hätte mir allerdings eine sprachlich schöne Umsetzung gewünscht.

Ich kann das Buch leider nicht empfehlen.

Bewertung vom 21.05.2024
Mord stand nicht im Drehbuch
Horowitz, Anthony

Mord stand nicht im Drehbuch


ausgezeichnet

Sehr unterhaltsam und humorvoll
Der Insel Verlag hat "Mord stand nicht im Drehbuch" des britischen Autors Anthony Horowitz veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um den vierten Band einer Reihe um den ehemaligen Polizisten Daniel Hawthorne und den Schriftsteller Anthony Horowitz. Die Bände können sehr gut unabhängig voneinander gelesen werden, da jedes Buch einen in sich abgeschlossenen Kriminalfall beinhaltet.

Der Schriftsteller Anthony Horowitz hat Daniel Hawthorne, der aus dem Polizeidienst ausgeschieden und nun als Privatdetektiv tätig ist, die Zusammenarbeit gekündigt. Daniel braucht Geld, und er möchte, dass Anthony ein viertes Buch über ihre gemeinsamen Ermittlungen schreibt. Doch Anthony fühlt sich von Daniel nicht freundlich behandelt, außerdem braucht er Zeit für sein neues Theaterstück "Mindgame", das in Kürze uraufgeführt wird. Das Stück wird ein Erfolg, und schon bald soll es 3 Monate lang in London zu sehen sein. Zwei Stunden nach der Premierenfeier erscheint die vernichtende Kritik von Harriett Throsby im Internet, und am nächsten Morgen wird die einflussreiche Kritikerin der Sunday Times in ihrem Haus tot aufgefunden. Sie wurde erstochen, und auf der Tatwaffe befinden sich Anthonys Fingerabdrücke. Nach seiner Verhaftung setzt sich der völlig Verzweifelte mit Daniel in Verbindung ... 

Ich habe bereits mehrere Krimis des Autors gelesen, die mich alle begeistert haben. Seinen intelligenten und humorvollen Stil mag ich sehr, langsam und stetig baut sich die Spannung auf und bleibt bis zum Ende auf hohem Niveau. Die beiden Protagonisten erinnern mich an Sherlock Holmes und seinen Gehilfen Watson. Auch hier tappt der Gehilfe noch im Dunkeln, während sein Partner ihm bei der Aufklärung immer mindestens einen Schritt voraus ist. Ich fand den gut durchdachten Krimi bis zur für mich überraschenden Auflösung sehr spannend. Es gab viele Verdächtige und Wendungen, es wurden Geheimnisse und Verbindungen aufgedeckt, und ich habe mich auf falsche Fährten locken lassen. 

Wie schon die Vorgängerromane ist auch dieses Buch aus Anthonys Sicht in der Ich-Form erzählt. Diese Erzählweise fand ich sehr gelungen, da sie mir seine Gedanken- und Gefühlswelt intensiv vermittelte. Der Autor gibt nicht nur den Gesprächen mit den Verdächtigen viel Raum, er widmet sich auch der schwierigen Beziehung zwischen Daniel und Anthony. Ganz großartig fand ich das packende Finale, bei dem alle Verdächtigen auf der Theaterbühne zusammentreffen und die Polizei nur als Zuschauer agiert. 

Ich mag das ungleiche Gespann und habe Daniel und Anthony gern während ihrer nur vier Tage dauernden spannenden Ermittlungsarbeit begleitet. Schon jetzt freue ich mich auf den fünften Band der Reihe, der im September 2024 im englischsprachigen Raum erscheinen und dann hoffentlich bald auch in deutscher Übersetzung vorliegen wird. 

Absolute Leseempfehlung für alle, die ruhig und intelligent geschriebene Krimis lieben.

Bewertung vom 15.05.2024
Windstärke 17
Wahl, Caroline

Windstärke 17


ausgezeichnet

Bewegende und fesselnde Fortsetzung
Der Dumont Verlag hat nach Caroline Wahls erfolgreichem Debütroman "22 Bahnen", der 2023 zum Lieblingsbuch der Unabhängigen gekürt wurde, nun die Fortsetzung  "Windstärke 17" veröffentlicht.

Während im ersten Buch Tilda im Mittelpunkt steht, begleiten wir nun ihre jüngere Schwester Ida. Am Ende des Vorgängerbuches ist Ida 11 Jahre alt, nun ist sie erwachsen, und ihre alkoholkranke Mutter ist vor zwei Monaten verstorben. Die junge Frau trauert, ist wütend und quält sich mit Schuldgefühlen. Nachdem sie die Wohnung gekündigt hat, macht sie sich mit einem alten Koffer mit etwas Kleidung und ihrem MacBook im Rucksack auf den Weg nach Hamburg, wo Tilda mit ihrer Familie lebt. Unterwegs ändert sie ihren Plan und fährt weiter nach Rügen. Dort findet sie nicht nur eine Anstellung in einer Gaststätte, sondern nach einem Schwächeanfall auch ein Zuhause bei den Inselbewohnern Marianne und Knut. Sie hat nun einen geregelten Tagesablauf, fühlt sich geborgen und genießt das Zusammenleben mit den beiden. Schon bald lernt sie Leif kennen, einen jungen Discjockey aus Hamburg ...

Auch dieses Buch ist in der Sprache der Jugend in der Ich-Form geschrieben, diesmal aus Idas Perspektive. Die Dialoge sind wie in einem Drehbuch dargestellt. Mit viel Empathie beschreibt die Autorin die junge Protagonistin und lässt uns dabei tief in ihre Gefühls- und Gedankenwelt blicken. Neben der Handlung im Hier und Jetzt erleben wir in Rückblenden die schwierige Vergangenheit Idas und erhalten einen Einblick in ihre Beziehung zur Mutter und ihrer Schwester Tilda.  

Der intensive Kampf, den Ida gegen ihre inneren Dämonen führt, findet sein Ventil in ihrem engem Bezug zum Wasser. Sie wirft sich in die Fluten, führt mit der Ostsee einen Kampf bis zur völligen Erschöpfung. Idas psychische Verfassung und ihre Probleme, ihre Trauer und ihre Wut sind sehr authentisch dargestellt. Ihre Seelenqualen, Schuldgefühle und Alpträume zu erleben, hat mich sehr berührt und betroffen gemacht. Ich habe oft mit ihr mitgelitten, obwohl ich ihre Handlungsweisen nicht immer habe nachvollziehen können. Neben Ida mochte ich ganz besonders Marianne und Knut, während mir Leif hingegen relativ fremd geblieben ist. 

Mir hat der fesselnde Roman mit dem hoffnungsvollen Ende, in dem es neben Idas Problemen auch um Alkoholismus, Demenz und eine Krebserkrankung geht, sehr gut gefallen. Ich fand ihn sogar tiefgründiger und bewegender als "22 Bahnen".

Absolute Leseempfehlung! 

Bewertung vom 07.05.2024
Verborgen / Mörderisches Island Bd.3
Ægisdóttir, Eva Björg

Verborgen / Mörderisches Island Bd.3


ausgezeichnet

Spannender dritter Band der isländischen Krimireihe um die Ermittlerin Elma
Der Verlag Kiepenheuer & Witsch hat "Verborgen", den neuen Kriminalroman der isländischen Autorin Eva Björg Ægisdóttir, veröffentlicht. Es handelt sich hierbei um den dritten Band der preisgekrönten Krimireihe um die Polizistin Elma. Ich habe die ersten beiden Bände "Verschwiegen" und "Verlogen" mit großer Begeisterung gelesen, sie können sehr gut unabhängig voneinander gelesen werden, da sie unterschiedliche und in sich abgeschlossene Fälle beinhalten.

In der isländischen Kleinstadt Akranes ist ein junger Mann, Marinó, bei einem Hausbrand ums Leben gekommen. Schon bald findet der Gerichtsmediziner heraus, dass der Tote nicht erst durch den Brand getötet wurde. Kommissarin Elma und ihrem Kollegen Sævar, die mit den Ermittlungen beauftragt sind, wird sehr schnell klar, dass es sich bei dem Brand nicht um einen Unglücksfall, sondern um Brandstiftung handelt. 
Auf einer zweiten Erzählebene begegnen wir dem niederländischen Au-pair-Mädchen Lise, das nach einem Schicksalsschlag in Akranes eine Stelle angenommen hat. Dieser Erzählstrang hebt sich durch seine Kursivschrift und Zeitangaben sehr gut von der Handlung im Hier und Jetzt ab. 

Die fesselnde Geschichte ist in schönem und klarem Sprachstil geschrieben und liest sich sehr flüssig. Es hat mir viel Lesefreude bereitet, das sympathische Ermittler-Duo auf seiner Suche nach der Wahrheit zu begleiten. Die Spannung steigert sich langsam und bleibt bis zum überraschenden Ende auf hohem Niveau. Es gibt unerwartete Wendungen, und die Autorin führt den Leser gekonnt auf falsche Fährten. Die Figuren sind authentisch und bildhaft beschrieben. Sehr gut gefallen hat mir, dass Elmas Privatleben und das ihrer engsten Kollegen wie in den vorherigen Bänden einen gewissen Raum einnimmt, ohne zu sehr zu dominieren.

Mit Beginn des Krimis lernen wir neben den Hauptfiguren zahlreiche Personen kennen, was in Verbindung mit den isländischen Namen erwas verwirrend ist. Das Personenregister am Ende des Buches finde ich daher äußerst hilfreich.
Ich mag die ruhige und atmosphärische Krimiserie um die sympathische Kommissarin Elma sehr, da sie gänzlich ohne blutiges Gemetzel auskommt und freue mich bereits schon jetzt auf "Verlassen", den nächsten und möglicherweise letzten Band der Reihe.

Absolute Leseempfehlung!

Bewertung vom 02.05.2024
Die Bewegungs-Docs - Unser Programm für mehr Gesundheit und Leichtigkeit
Hümmelgen, Melanie;Riepenhof, Helge;Sturm, Christian

Die Bewegungs-Docs - Unser Programm für mehr Gesundheit und Leichtigkeit


ausgezeichnet

Motivierendes Buch von den Bewegungs-Docs
Bei den Bewegungs-Docs handelt es sich um Dr. Melanie Hümmelgen, Dr. Helge Riepenhof und Dr. Christian Sturm. Die drei Ärzte sind vielen Fernsehzuschauern bekannt aus der gleichnamigen Fernsehsendung des Norddeutschen Rundfunks. Nach "Bewegung als Medizin: Schritt für Schritt gesund und fit werden" haben sie nun ihr zweites Buch, "Unser Programm für Gesundheit und Leichtigkeit" veröffentlicht.
 
Das sehr hochwertig gestaltete Buch aus dem GU-Verlag ist in zwei Teile gegliedert, einen theoretischen und einen Praxisteil. Der theoretische Teil umfasst 81 Seiten und beinhaltet die Themen "Wie Sie Ihre Muskeln lieben lernen", "Wie Sie Ihren Stress besser managen" , "Wie Sie sich fit für die Langstrecke machen", "Wie Sie besser atmen", "Wie Sie sich gut ernähren", "Wie Sie sich ganzheitlich unterstützen" und "Wie Sie besser schlafen können".
 
Im Praxisteil geht es dann auf 125 Seiten richtig zur Sache. Es erwartet den Leser ein dreiwöchiges Bewegungsprogramm. In der ersten Woche liegt der Schwerpunkt auf Basic Fitness, in der zweiten Woche auf Good Feeling, die dritte Woche wartet mit dem Fitness Turbo auf. Für jeden Tag werden spezielle Übungen vorgestellt, vorab gibt es ein Warm-Up, anschließend ein Cool- Down. 
Im Anschluss an das 3-Wochen-Programm werden sieben 7-Minuten-Programme vorgestellt, die bei besonderen Beschwerden, wie z.B. Bluthochdruck, Knieschmerzen, Rückenschmerzen oder Tinnitus angewendet werden können.
Im Schlusskapitel finden wir Rezeptvorschläge für Frühstück, Salate, Suppen und Hauptgerichte.
 
Das Buch, das von viel Fachwissen und Kompetenz zeugt, hat mir sehr gut gefallen. Es liest sich sehr flüssig und ist äußerst kurzweilig. Viele Fotos und anschauliche Illustrationen ergänzen die informativen und motivierenden Texte. Besonders angesprochen hat mich neben dem Fitnessteil und den 7-Minuten-Selbsthilfeprogrammen bei Rücken- und Knieschmerzen der Rezeptteil an Ende des Buchs. Alle 20 Gerichte lassen sich leicht und schnell zubereiten, und die Zutatenliste ist nicht zu lang.
 
Absolute Leseempfehlung für dieses motivierende Buch!