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Benutzername: 
Nicole.Schumann
Wohnort: 
Roßwein

Bewertungen

Insgesamt 11 Bewertungen
12
Bewertung vom 04.03.2024
Das Jahr ohne Sommer
Neumann, Constanze

Das Jahr ohne Sommer


ausgezeichnet

Schon das Buchcover - ein Mädchen auf einer Schaukel, im Hintergrund undeutlich die Silhouette einer Stadt in einem immer heller werdenden Blau - zeigt, dass es um eine Geschichte geht, in der die Farben ineinander verlaufen werden.
Es geht um eine Geschichte, die sich so oder ähnlich tausendfach im ehemals geteilten Deutschland abgespielt hat. Flucht aus der DDR nach Westdeutschland aus der Sicht, dem Blickwinkel eines Mädchens in einem sehr klaren, fast schon dokumentarischem Schreibstil.
Anfangs kann das kleine, damals 6 Jahre alte Kind nicht wirklich verstehen, was genau passiert, warum die Eltern die DDR verlassen wollen - aber dass dies in der DDR verboten ist, das weiß sie bereits.
Auch wenn die Gefühle des Kindes und später der Jugendlichen sehr authentisch dargestellt werden, hatte ich beim Lesen nie das Gefühl, dass das Buch zu sehr auf die Gefühlsebene abdriftet.
Sehr gut beschrieben wurde sowohl der Alltag der Menschen in der ehemaligen DDR als auch die Lebensweise in der BRD - und das, ohne jemals eine Wertung vorzunehmen.
Gerade für diejenigen, die in den 1970-er Jahren in der damaligen DDR geboren und aufgewachsen sind, dürfte es ein "Wiedererkennen" sein. Der Alltag aus "Schlangestehen" - vielleicht gibt es ja etwas" -, Erziehung im Sinne des Sozialismus, Wohnungsnot, dem Umgang mit Ausreisewilligen und dem Versuch der Erwachsenen, sich mit dem System irgendwie zu arrangieren.
Später erlebt das Mädchen die "Zufriedenheit" der Westdeutschen, eine gutbehütete Kindheit und hat trotzdem ihre Wurzeln, ihr Urvertrauen, ihre Unbeschwertheit für immer verloren. Der Vater versucht, der Familie mit viel Fleiß eine Existenz zu schaffen, die Mutter kann ihr Trauma nach Flucht und Inhaftierung in der DDR nicht überwinden.
Der Tag der Deutschen Einheit wird beschrieben mit: Es war nun so, wie es hatte sein sollen, wie wir es uns immer gewünscht hatten, und doch war alles ganz fremd und verwirrend, und so würde es lange bleiben.
Vor allem diese Zeilen haben mich tief berührt, ist es doch wahrscheinlich vielen aus meiner Generation ganz ähnlich ergangen.
Und nicht zuletzt ist es kein "abgeschlossenes Kapitel Zeitgeschichte" - ganz im Gegenteil: das Thema Flucht ist auch heute sehr aktuell!

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