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Top-Rezensenten Übersicht

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S.W.
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Berlin

Bewertungen

Insgesamt 22 Bewertungen
Bewertung vom 05.11.2023
Endstation Malma
Schulman, Alex

Endstation Malma


ausgezeichnet

Ergreifendes Buch über Kindheitsverletzungen
Dieser Roman von Alex Schulman hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Gleich zu Beginn, als die kleine Harriet allein mit ihrem Vater im Zug unterwegs nach Malma ist, ahnt man, dass etwas nicht stimmt. Bald darauf weiß man, was passiert ist - die Eltern lassen sich scheiden. Und sie tun etwas, was die kindliche Seele auf das Tiefste erschüttert. Sie trennen nicht nur sich, als Mama und Papa, sondern sie trennen auch die beiden Schwestern Harriet und Amelia unter sich auf. Und hierbei hat Harriet die weitaus schlechteren Karten.
Die weiteren Kapitel machen es dramaturgisch spannend, denn immer im Wechsel wird auch von Harriets Tochter Yana erzählt, die auch ihrerseits ein schweres Päckchen an Kindheitsdramen mit sich herumträgt. Auch Oskars Sicht auf seine Ehe mit der schwierigen Harriet wird geschildert. Und alle fahren mit dem Zug nach Malma, um dem Gewesenen auf die Spur zu kommen.
Auch wenn Personen und Zeitformen hin und her springen, ist man als Leser rasch im Bilde. Und es liest sich fast wie ein Thriller, weil man unbedingt wissen will, was denn nun mit Harriet passiert ist. Schlussendlich ist die Spannung kaum noch auszuhalten...
Ein grandioses Buch über das, was Eltern Kindern antun können, und wie weit in die Zukunft diese Verletzungen oftmals reichen. Großartig geschrieben, unbedingt lesen!

Bewertung vom 05.11.2023
Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
Ford, Olivia

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn


ausgezeichnet

Brilliant, warmherzig, wunderbar
Dieser Roman von Olivia Ford ist seit langem das mit Abstand Beste, was ich gelesen habe. Was für eine großartige, zu Herzen gehende Geschichte! Von der ersten Seite an fühlt man sich mit der wunderbaren 77-jährigen Jenny verbunden, kann so gut ihre Wünsche und Gedanken nachvollziehen, als sie sich zum großen TV-Backwettbewerb anmeldet und dann tatsächlich ihren Traum wahr macht. Die einzelnen Kapitel - ganz einzigartig hat jedes den Namen eines Backwerks - spielen in der Gegenwart, die auch die sehr liebevolle Beziehung der Eheleute Quinn aufzeigt, und gehen zurück in die Vergangenheit. Hier wird Jennys trauriges Geheimnis stückchenweise offenbart, das beim Lesen immer wieder zu Tränen rührt. Taschentücher bereithalten! Es ist ein Geheimnis, das ihr ganzes Leben verändert hat. Dennoch hat das Schicksal sie mit ihrem wunderbaren Mann Bernhard versöhnt, was ihr nach allem, was sie durchmachen musste, sehr vergönnt ist. Das Buch nimmt einen gefangen und hat solch einen Sog, dass man gar nicht aufhören kann zu lesen. Der Schreibstil ist für eine Debütantin sehr ausgefeilt und besonders. Ein großer Applaus für die Autorin!

Bewertung vom 05.10.2023
Helle Tage, dunkle Schuld / Kriminalinspektor Carl Bruns Bd.1
Völler, Eva

Helle Tage, dunkle Schuld / Kriminalinspektor Carl Bruns Bd.1


sehr gut

Kriminalfall einfühlsam und lebendig erzählt
Zunächst einmal hat mich beim Lesen sofort der wunderbare, professionelle Schreibstil von Eva Völler begeistert. Hier sitzt jeder Satz und jede Redewendung, Sprache und Handlung sind gleichmäßig im Fluss. Die Geschichte selbst ist sehr stimmig erzählt. Kriminalkommissar Carl Bruns, ein geschiedener junger Mann von 38 Jahren, arbeitet für die Abteilung Kapitalverbrechen im Essener Polizeipräsidium. Er hat den Mord an Adelheid aufzuklären, die zufällig die Schwiegermutter seiner angehenden Schwägerin ist. Dann geschehen weitere, aber deutlich brutalere Morde. Ein gefährlicher, unberechenbarer Verdächtiger ist auch vom ersten Moment ins Auge gefasst. Doch erstaunlicherweise ändert sich gegen Ende des Romans noch einmal das Blatt, so dass das vermeintlich Vorhersehbare noch eine überraschende Wendung bekommt. Im Roman wird eine Menge Zeitgeschichtliches verarbeitet. Schlimme Kriegsverbrechen werden aufgedeckt. Auch die Hungers- und Wohnungsnot in Deutschlands Nachkriegsjahren wird authentisch dargestellt. Sehr gefallen hat mir, dass sich auch eine Liebesgeschichte zwischen Carl und Anne entwickelt. Insgesamt ein sehr lesenswerter Roman, den ich gern weiterempfehle.

Bewertung vom 04.10.2023
Tanz ins Leben
Carsta, Ellin

Tanz ins Leben


gut

Es handelt sich bei "Tanz ins Leben" um den offenbar 3. Teil der Hansen Saga. Ich persönlich kannte Teil 1 und 2 nicht, da ich aber gerne Familienromane - und schon gar aus den goldenen Zwanziger Jahren - lese, war ich gespannt auf dieses Buch. Etwas irritiert war ich gleich zu Beginn über den recht mageren Umfang von ca. 300 Seiten. Begonnen wird mit der Ankunft in Wien, wo sich offenbar die ganze Familie trifft. Doch wer ist wer und in welchem Zusammenhang? Im Galopp geht es voran, Detailwissen wird vorausgesetzt. Das wollte sich mir als Leser, der die Vorgeschichte nicht kennt, leider nicht so richtig erschließen. Obwohl sich die Autorin um einen lockeren und unterhaltsamen Schreibstil bemüht, konnte sie mich leider nicht mitreißen. Es fehlte mir an Raffinesse und Spannung. Aber das ist meine persönliche Meinung, nicht jedes Buch kann jedem gefallen. Deshalb immerhin noch gut gemeinte drei Sterne.

Bewertung vom 20.09.2023
Die Magd des Medicus
Fritz, Astrid

Die Magd des Medicus


ausgezeichnet

Großartiges Buch mit historischem Hintergrund
In diesem historischen Roman von Astrid Fritz wird auf wunderbare Weise mit großem Fachwissen die Zeit des Spätmittelalters um 1530 beschrieben, worin die Magd Barbara, als Tochter eines Schinders unehrlich geboren und aus ärmlichen Verhältnissen kommend, zur Magd des hochgeistigen Medicus Paracelsus erkoren wird und ihn fortan von einer Stadt zur nächsten begleitet. Sie ist ihm nicht nur eine gute Magd, die ihm vorbildlich den Haushalt führt, sondern bietet ihm auch des Öfteren die Stirn, wenn er aufbrausend im Jähzorn Freunde vergrault oder Abend für Abend betrunken heimkommt. So entwickelt sie sich zur engsten Vertrauten und lieben Freundin des berühmten Arztes. Erst als er sie nach vielen Jahren heimlich verlässt, beginnt sie, ihr eigenes Glück zu suchen und findet es - oh, Wunder!, aber schön - in ihrer Jugendliebe wieder.

Ich finde, das Buch ist in einer sehr flüssigen, schönen Sprache sehr unterhaltsam geschrieben. Umgebung, Menschen, Landschaften, Lebensweisen sind überaus lebendig und bildlich dargestellt. Man fühlt sich wie mittendrin. Außerdem kann man sehr viel über die damalige Zeit lernen, ich fand es sehr interessant, was z. B. Schinder oder Bader für berufliche Aufgaben haben.

Auf den letzten Seiten wurde es emotional, und eine kleine Träne war in meinen Augen...

Danke für dieses tolle Werk!

Bewertung vom 11.09.2023
Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3
Blum, Charlotte

Spiel auf Leben und Tod / Fräulein vom Amt Bd.3


gut

Baden-Badener Fräulein ermittelt
Die tolle Aufmachung des Buches, das vielversprechende Cover und dann erst der wirklich historisch klingende Titel "Fräulein vom Amt" machten mich sehr neugierig auf das Buch von Charlotte Blum und ich musste es unbedingt haben. Der spannende Klappentext und auch der Prolog machten mich richtig neugierig. Allerdings hielt für mich das Buch leider nicht ganz, was es versprach. Die Schreibweise klingt für mich nicht der Zeit entsprechend, sondern zu modern. Es werden Redewendungen und Begriffe wie Dancing verwendet, die damals meines Erachtens nicht zum Sprachschatz gehörten. Insgesamt finde ich die Schreibweise zu konfus, die Dialoge platt. Selbst die Entführung von Alma konnte in mir keine Spannung erzeugen, und was es mit dem Schachspiel auf sich hatte, erklärte sich mir nach gut der Hälfte des Buches leider nicht ansatzweise. Deshalb fehlte mir bedauerlicherweise schließlich die Lust zum Weiterlesen. Aber das ist meine ganz persönliche Ansichtssache, deshalb noch ein "Gut". Nicht jedes Buch gefällt jedem...

Bewertung vom 01.09.2023
Aenne und ihre Brüder
Beckmann, Reinhold

Aenne und ihre Brüder


ausgezeichnet

Ein wertvolles Stück deutsche Geschichte
Bereits das Cover mit den Familienfotos von Aenne und ihren Brüdern bringt zum Ausdruck, worum es in diesem Buch geht: Das düstere Stück deutsche Geschichte, das unsere Vorfahren durchleben mussten.
Das dokumentarische Buch von Reinhold Beckmann zeigt uns einmal mehr, was der erste und der zweite Weltkrieg mit den vorher intakten Familien angerichtet haben. Bereits kurz nach Aennes Geburt verstirbt ihre Mutter, später ihr Vater. Sie und ihre fünf Geschwister wachsen bei Stiefeltern auf. Es wird beschrieben, was aus allen wird, welche Berufe sie erlernen, bis dann der zweite Weltkrieg ausbricht. Zunächst werden Aennes leibliche Brüder eingezogen, kurz vor Kriegsende auch der siebzehnjährige Willi. Keiner der vier jungen Männer überlebt. Zitiert werden die Briefe, die Aenne von ihren Brüdern per Feldpost erhält. Zwischen den Zeilen der jungen Soldaten, die ihre schönsten Jahre im morastigen Schützengraben verbringen, klingt immer wieder die Sehnsucht, nach Hause zu können und "dass der ganze Schwindel endlich vorbei" wäre.
Sehr gut recherchiert berichtet Reinhold Beckmann vom gesamten geschichtlichen Hintergrund. So werden beispielsweise die Feldzüge in der Sowjetunion detailreich beschrieben. Von daher ist es auch ein politisches Buch. Allerdings - wenn der Autor über seine Mutter und seine Onkel schreibt, die er nie kennenlernen durfte - ist viel Liebe zu seiner Familie zu spüren, die mich beim Lesen teilweise zu Tränen gerührt hat.
Ein wunderbares Buch über die deutsche Geschichte, die wir auch angesichts heutiger Geschehnisse nie vergessen dürfen.

Bewertung vom 27.08.2023
Das Versprechen einer neuen Zeit / Sturmjahre Bd.2
Scott, Lia

Das Versprechen einer neuen Zeit / Sturmjahre Bd.2


sehr gut

Ohne den ersten Teil der "Sturmjahre" zu kennen, fand ich mich schnell in die Geschichte, die im schottischen Foxgirth und in Glasgow spielt, ein. Vika, alleinerziehende Mutter des vierjährigen Arch, liebt seit vielen Jahren Archie. Archie wiederum liebt seit vielen Jahren Vika, so weit so gut. Doch der Erste Weltkrieg kam dazwischen und hat Archie, ohnehin ein schwieriger Charakter, noch härter werden lassen. Dennoch finden die beiden in einer Liebesnacht zusammen. Doch dann verhält sich Archie sehr egoistisch, was Vika dazu veranlasst, Hals über Kopf mit ihrem Kind das Haus zu verlassen und nach Glasgow zu ziehen, wo sie schwere Arbeit und große Armut erwarten. Dann merkt sie, dass die Nacht mit Archie Folgen hat...

Ich finde die Charaktere von Vika und Archie, die in jeweiligem Perspektivenwechsel dargestellt werden, sehr gut gezeichnet. Beide sind auf ihre Art dickköpfig und stolz und setzen dafür ihre große Liebe aufs Spiel. Gerade Vika ist dabei manchmal schwer zu verstehen, denn alleinerziehend zu sein, bedeutete ja um 1920 noch etwas ganz anderes als heute. Während Archie sein Auskommen hat, wählt Vika jedoch eine ungewisse Zukunft in Armut in den Gorbals in Glasgow, obwohl sie Archie liebt und er ihr meines Erachtens ja auch nichts Schlimmes angetan hat, sondern ihren Sohn rettete. Nur eben auf seine Art. Sicher hat es in der damaligen Zeit nur sehr wenige Frauen gegeben, die so gehandelt hätten.

Das Ende des Buches ist leicht vorhersehbar, doch es kommt so, wie man es sich als Leser:in wünscht. Es ist so spannend geschrieben, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen kann und unbedingt vom Happy End erfahren will. Schließlich hat man mit beiden Protagonisten Seite für Seite mitgelitten und wünscht sich, dass ihre Qualen ein Ende haben.

Insgesamt sehr schön zu lesen. Ich bin gespannt auf den nächsten Teil.

Bewertung vom 20.08.2023
Wilde Jagd
Freund, René

Wilde Jagd


ausgezeichnet

Spannende Geschichte mit überraschendem Ende
Dieses spannende Buch von René Freund hat mich von der ersten Zeile an gepackt. Der flüssige Schreibstil aus der Sicht des Erzählers, dem 53-jährigen Quintus, der in einem verfallenen Haus in den Bergen seinen wunden Fuß, seine angeschlagene Seele und seinen Alkoholkonsum pflegt, hat mich nicht losgelassen, so dass ich das Buch an einem Wochenende ausgelesen hatte. Zwischen Pragmatismus und Esoterik gelingt es dem Autor, einen roten Faden zu spinnen. Von Seite zu Seite fragt man sich, wie sich nun alles verhält. Ist Pflegerin Angelika ermordet worden und warum? Wo ist ihre Leiche abgeblieben? Wer steckt dahinter? Und wird es Quintus und Evelina, die sich auf Mördersuche begeben und dabei ihre Nasen in unliebsame Angelegenheiten stecken, auch treffen? Am faszinierendsten fand ich das Ende, bei dem sich auf einmal alles ganz anders als erwartet gestaltet. Eine großartig durchdachte Geschichte. Die Charaktere wurden fein gezeichnet, besonders der des Quintus mit all seinen Befindlichkeiten, seinen Gedanken, seinem Alkoholkonsum, seinem Liebesleben. Das Buch ist nicht einen Moment langatmig, sondern es wird im flotten Galopp erzählt, es passiert immer etwas. Ich fand es großartig und kann es nur weiterempfehlen!

Bewertung vom 07.08.2023
Alles muss man selber machen
Berg, Ellen

Alles muss man selber machen


ausgezeichnet

Witzig und spannend bis zum Schluss
Dies war nicht das erste Buch von Ellen Berg, das ich gelesen habe. Von der ersten Stunde an war ich Fan ihrer lustigen Bücher, in denen die weiblichen Protagonistinnen meist in der Patsche sitzen und sich dann doch auf geniale und spannende Weise alles in Wohlgefallen auflöst. "Alles muss man selber machen" ist eines der Besten! Ich hätte mir beim Lesen manchmal am liebsten vor Lachen auf die Schenkel geklopft. Herrlich, in einer Zeit, wo es oft nur noch wenig zum Lachen gibt, ein solches Buch zu schreiben, einfach großartig. Oft dachte ich, wo nimmt Ellen Berg nur immer diese wunderbaren Ideen für die weitere spannenden Entwicklung her. Und dann dieser herrliche Wortwitz, diese spitzfindigen Redewendungen, einfach köstlich. Ein tolles Buch für alle, die einmal auf wirklich humorige Art unterhalten werden wollen. Mag die Geschichte auch banal sein - Alleinerziehende gerät mit zwei Freundinnen, die ebenfalls in Geldnöten sind, in leicht kriminelle Machenschaften - so muss es doch einfach nicht immer ernst zugehen im Leben und in der Literatur. Ich habe mich wunderbar unterhalten und amüsiert und dafür danke ich Ellen Berg von Herzen.