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Al

Bewertungen

Insgesamt 15 Bewertungen
12
Bewertung vom 25.02.2009
Schrei nach Stille
Chaplet, Anne

Schrei nach Stille


weniger gut

Vorsicht, enthält Spoiler!

70er Jahre – Liebe – Hass – Dummheit, 20. Jahrhundert – Rache – Verwirrung – Familienprobleme.
So lässt sich „Schrei nach Stille“ vielleicht kurz umreißen.
In einem kleinen Dorf verschwindet ein pubertierender Junge, kurz zuvor wurde ein angeblich verfluchtes Haus in diesem Dorf von einer Autorin, die offensichtlich über die Vergangenheit des Dorfes ein Buch verfasst hat, neu bezogen.
Viel mehr passiert in dem Roman leider nicht mehr. Chaplet langweilt den Leser immer wieder mit ausführlichen Beschreibungen von Katzen (!) und lässt die Spannung immer wieder ins Nirwana verschwinden.
Mir ist es sehr schwer gefallen mich zum Weiterlesen zu motivieren, denn nicht nur die Spannungsbögen bleiben unvollendet, auch die eigentlich interessanten Fragestellungen (immerhin handelt es sich laut Auszeichnung um einen Kriminalroman), z.B. was mit dem Jungen geschehen ist, werden am Ende einfach nur abgehakt. Auch die Geschehnisse aus der Flowerpowerzeit hat der Leser schon lange gelöst bevor die Autorin schleppend zur Klärung angelangt. Von Ermittlungsarbeit keine Spur, auch wenn auf diesem Thema lange, aber ergebnislos, herumgeritten wird.
Die Akteure bleiben farblos und würden sie real existieren, so hätten sie sicher bereits aus Langeweile Selbstmord begangen.
Vollkommen unnötig sind auch die etlichen Gedankensprünge durch Raum und Zeit sowie mindestens die Hälfte der vorgestellten Personen. Beispielsweise wird die Suche nach dem Jungen durch einen Dorfbewohner erfolgreich beendet, der vorher nur zweimal erwähnt wurde. Da frage ich mich, warum man gleich zwei Männer bei Ihren Ermittlungen und in Ihren Gedanken begleiten muss, wenn die mit der Lösung des Falls nachher so gut wie nichts zu tun haben.
Fazit: Nach einem guten Anfang schwächelt der Roman sehr. Eine spannende Kriminalgeschichte ist etwas anderes. Schade.

Bewertung vom 24.02.2009
Die Stunde, in der ich zu glauben begann
Lamb, Wally

Die Stunde, in der ich zu glauben begann


ausgezeichnet

In seinem neuesten, knapp 750 Seiten umfassenden, Roman, an dem Wally Lamb neun (!) Jahre lang gearbeitet hat, wird dem Leser eine hochkomplexe Familiengeschichte, um nicht zu sagen Tragödie, präsentiert.
Die Erlebnisse und Gedanken der Hauptperson Caelum Quirk werden über einen Zeitraum von den 90ern bis heute begleitet. Dieser große Handlungsstrang ist durchsetzt mit Erinnerungen aus der Kindheit Caelums, Briefen seiner Urgroßmutter und Urururgroßmutter, einem Vortrag seiner späteren Untermieterin und Studentin der „Women’s studies“, Janis, einigen Zeitungsartikeln und dem E-Mail-Verkehr mit seinem besten Freund Alphonse.
Caelums Tante, die wie eine Mutter für ihn war, stirbt und seine Frau Maureen wird als Schulkrankenschwester zum gleichen Zeitpunkt Zeugin des Amoklaufs an der Columbine-Highschool. Sie trägt starke psychische Schäden davon, die ihr beider (Ehe-) Leben prägen werden. Caelum versucht nach diesen Ereignissen ein normales Leben zu führen, macht sich jedoch bald auf die Suche nach der eigenen Vergangenheit und der seiner Vorfahren. Aber die Schicksalsschläge nehmen kein Ende.

Die Entwicklung der Geschichte ist an manchen Stellen ein wenig vorhersehbar, das stört aber kaum, weil sie so komplex ist, dass man sich freut, wenn mal etwas leicht nachvollziehbar ist. Die Komplexität ist ein großes Manko des Romans. Es sind dermaßen viele Mütter – leibliche und gesetzliche –, Großmütter und Urgroßmütter vertreten, dass der Überblick bisweilen recht schwer fällt.
Sehr gut gefällt die Sprache, die nie gekünstelt und immer ehrlich ist. Der Schreibstil in denen die Briefe der Urgroßmutter und ihrer Großmutter verfasst sind, wirken absolut authentisch, ebenso wie die immer ein wenig tollpatschig-lustigen E-Mails des Bäckers Alphonse.
Lamb versteht es ausgezeichnet die Figuren und ihre Gefühle klar zu zeichnen, die Beweggründe für das Handeln zu vermitteln und den Leser daran teilhaben zu lassen.
Auch die stärksten Gemüter sollten sich darauf gefasst machen, dass bei ihnen die eine oder andere Träne fließen wird, selbst wenn man zu Beginn des Romans nicht damit rechnet.

Einband und Titel sollten nicht unerwähnt bleiben, da sie leicht irreführen können:
Auf den ersten Blick mag man dem auf einem Zaun sitzenden Jungen/Mann einen Amish identifizieren, da für jene die abgebildete Art der Kleidung durchaus typisch ist. Mit dem Inhalt hat das allerdings überhaupt nichts zu tun. Die einzige für europäische Standards „ungewöhnliche“ Religionsgemeinschaft, die erwähnt wird, sind die Quäker, zu denen einige Vorfahren von Caelum zählen, deren Lebensweise, Ansichten etc. aber nicht dargestellt werden.
Der Titel suggeriert ein „Erleuchtungserlebnis“ oder ein Konvertieren zu einer bestimmten Glaubensform - dem ist nicht so. Während der Lektüre mag sich der Leser immer wieder fragen, wann denn nun diese entscheidende Stunde im Leben des Caelum Quirk kommen mag. Auf eine Antwort auf diese Frage muss er sehr lange warten. Der Glaube, der schließlich laut Caelums Aussage in sein Leben tritt, ist nicht explizit definiert.

Fazit:
Das Buch ist für Jedermann und -frau empfehlenswert, da es dem Autor mitnichten darum geht dem Leser eine bestimmte Glaubensrichtung näher zu bringen. Im Gegenteil werden verschiedene Ausprägungen des Glaubens durch die Hauptperson sehr kritisch betrachtet, jedoch wiederum ohne dadurch anderen Sichtweisen den Vorzug zu geben.
„Die Stunde, in der ich zu glauben begann“ ist eine faszinierende Geschichte, die reale Geschehnisse und Personen in beeindruckender Form mit fiktiven verbindet und so dem Leser eine bis zum Schluss mitreißende Lektüre beschert.

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Bewertung vom 24.02.2009
Mehr als du denkst
Prinz, Alois

Mehr als du denkst


schlecht

In diesem knapp 200 Seiten umfassenden Werk des Autors Alois Prinz werden kurze Ausschnitte aus dem Leben und gelegentlich auch Kürzestfassungen des gesamten Wirkens von zehn Menschen präsentiert. Hierbei handelt es sich um Männer und Frauen, die für das Christentum, v.a. das protestantische Christentum, eine gewisse Bedeutung hatten.

Mag das Konzept für den Christen noch reizvoll klingen, hört der Rest der Menschheit schon wieder weg. Und das zu recht. Mein Ratschlag: Die Christen sollten sich dem Rest anschließen. Welchen Zweck man diesem Buch auch unterstellen mag – es erfüllt ihn nicht.

Christen werden enttäuscht sein, da die Dinge die erzählt werden ihnen ohnehin schon lange bekannt sind.

Andersgläubige, die mit diesem Buch vielleicht hätten missioniert werden können (vielleicht war das die ursprüngliche Intention?), werden von der Oberflächlichkeit und der mangelnden sachlichen Herangehensweise - das Buch besteht abgesehen von den willkürlichen Ausschmückungen des Autors fast ausschließlich aus direkten und indirekten Zitaten - enttäuscht sein.

Die Menschen, denen der Klappentext interessant erschien, werden sich fragen, ob der Verfasser dieses Textes das Buch vorher gelesen hat, denn
1. die im Buch aufgeführten Personen sind nicht auf der Suche nach was auch immer;
2. es treten keine entscheidenden Wendepunkte in ihrem Leben auf, die sie dazu bringen würden ihr Leben grundlegend zu ändern.

Die interessierte - oder vielleicht unglücklich mit dem Buch beschenkte - Jugend wird hier nichts finden was sie geistig oder geistlich weiterbringt, auch wenn die Sprache offenbar krampfhaft auf diese Zielgruppe zugeschnitten ist. Im Gegenteil finde ich die Geschichten für die Jugend ziemlich gefährlich, da hier fast ausnahmslos alle dargestellten Personen entweder renitent, hochmütig oder anderweitig unliebsam waren oder sich die Zeit als Säufer und Straßenschläger vertrieben haben, bis sie zum Christentum übergetreten sind bzw. sich stärker dafür eingesetzt haben. Warum dieser Bruch jeweils stattfindet wird jedoch nie ausreichend ausgeführt, so dass die Jugend nach der Lektüre des Buches davon überzeugt sein könnte jeden Blödsinn machen zu dürfen - die „Erleuchtung“ kommt ja sowieso irgendwann von ganz allein.

Bewertung vom 24.02.2009
Darling Jim
Mørk, Christian

Darling Jim


gut

Mein erster Eindruck nachdem ich das erste Kapitel gelesen hatte war: Das könnte eigentlich schon das Ende einer schönen schaurigen Kurzgeschichte gewesen sein. Einiges erinnert vom Erzählstil her an Edgar Allen Poes „Die Morde in der Rue Morgue“. Der unbeteiligte Bote (hier Briefträger) der die Morde entdeckt, die viktorianisch anmutende Villa in der Strand Street 1 als Tatort und die Fassungslosigkeit darüber was in dem Haus wohl wirklich zu dieser grausamen Bluttat geführt haben mag.

Als Poe-Fan habe ich mich dann frohen Mutes den restlichen Kapiteln des Buches gewidmet in denen der Comiczeichner Niall, der Nachfolger des für die Tat zumindest durch Rufmord verantwortlich gemachten Briefträgers, den Ursachen für die Vorkommnisse auf den Grund geht. Den Anstoß dazu gibt ihm das Tagebuch eines der Opfer aus Strand Street 1, das den Weg über das Postbüro in seine Hände gefunden hat. Hierbei reist er quer durch Irland um in dem Heimatdorf der Opfer einer seltsamen Wahrheit immer näher zu kommen.
Mehr zu dem Inhalt darf leider nicht verraten werden, denn sonst würde sich die ohnehin geringe Spannung des Buches endgültig in Luft auflösen.

Leider muss ich sagen, dass der Autor besser daran getan hätte es bei dem ersten Kapitel zu belassen, das als Kurzgeschichte wirklich nett zu lesen ist.
Bis zum Schluss ist mir nicht klar geworden, warum er diesen Weg des Erzählens gewählt hat. Hätte man die Vorgeschichte ins Jetzt gehievt und nicht den Ausgang an den Anfang gestellt, dann wären wohl einige Schreckmomente garantiert gewesen.
In der dargebrachten Form allerdings fehlt nach meinem Erachten jede Begründung für die angegebene Genre-Zuordnung „Psycho- Thriller“. Es gibt nicht einen einzigen echten Schockmoment auf knapp 350 Seiten.
Trotzdem ist das Buch sehr flüssig geschrieben und animiert stets zum Weiterlesen.

FAZIT:
Christian Mørks „Darling Jim“ ist ein modernes Schauermärchen, in dem ein ebensolches immer wieder als Leitmotiv dient. Ist es für Freunde leichterer Unterhaltung noch ganz passabel geeignet, wird jeder Thrillerfan bitter enttäuscht sein.

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