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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Mrsroman
Wohnort: 
Bremen

Bewertungen

Insgesamt 23 Bewertungen
Bewertung vom 22.07.2023
Perlenbach
Caspari, Anna-Maria

Perlenbach


ausgezeichnet

Ein großartiger, einfühlsamer Roman!
Dieser Roman hat gehalten, was die Leseprobe versprochen hat!
Das einfühlsam geschriebene Buch schildert die Lebenswege dreier Freunde aus unterschiedlichen sozialen Schichten, die sich 1865 in ihrer Heimat, der Nordeifel, kennenlernen. Wilhelm jüngster Sohn eines Schafzüchters, aufgewachsen unter einfachen Verhältnissen im Rahmen einer Großfamilie und Jacob, Sohn eines wohlhabenden Tuch- Produzenten, gehandicapt durch eine verwachsene Hand.
Nach dem ersten Zusammentreffen auf dem Hof von Wilhelms Eltern wird dieser in den darauffolgenden Wintern von Jacobs Eltern eingeladen, Jacob über die Wintermonate hinweg Gesellschaft zu leisten. Ergänzt wird das Duo durch Luise, einem naturverbundenen Wildfang, Tochter des ortsansässigen Arztes. Für Wilhelm, mit völlig neuen Verhältnissen konfrontiert, sind diese Wintermonate die schönste Zeit der ansonsten arbeitsreichen und kargen Jahre, der er erwartungsvoll entgegenblickt und die Freundschaft der drei vertieft sich über die Jahre hinweg und alle gehen davon aus, dass dieses Freundschaftsband niemals reißen wird.
Während die Jugend noch geprägt ist von hoffnungsvollen Erwartungen holt die Lebensrealität die drei ein und jeder muss „seinen Weg im Leben alleine suchen“. Wie belastbar Freundschaft ist und welche Einflüsse Herkunft und soziale Zwänge auf die Entwicklung eines Menschen haben, hat die Autorin äußerst einfühlsam geschildert, wobei aus meiner Sicht auch die damaligen Lebensverhältnisse äußerst realistisch wiedergegeben werden. Die kargen und bitteren Bedingungen unter denen die armen Bauern lebten, werden genauso berücksichtigt wie die einengenden Strukturen der Fabrikantenfamilie und die rigiden Einschränkungen unter denen Frauen litten, die ein Leben in Selbständigkeit anstrebten. Durch die kurzen eingeschobenen Tagebuchaufzeichnungen der Hauslehrerin wird der historische Kontext berücksichtigt, was das Buch noch interessanter macht.
Ein wunderbarer, gut geschriebener Roman mit Tiefe über Freundschaft, Hoffnungen und Träume!

Bewertung vom 03.07.2023
Schönwald
Oehmke, Philipp

Schönwald


ausgezeichnet

Bei Schönwalds ist nicht alles schön...
Diesen Familienroman zu beschreiben, fällt mir schwer, da dieser laut Klappentext „große, souveräne Roman einer deutschen Familie“ dermaßen vielschichtig sowohl komplizierte Familienkonstellationen als auch gesellschaftliche Probleme der Gegenwart und auch der Vergangenheit beschreibt, dass man aus diesem wunderbaren Buch auch gut mehrere Bücher hätte machen können. Der Autor hat mit seiner ungemein scharfen Beobachtungsgabe die Charaktere des Romans so pointiert angelegt, dass man förmlich in diese Familienkonstellation hineingezogen wird!! im Kern geht es um folgendes:
Es treffen drei erwachsene Kinder mit ihren Eltern in Berlin zusammen anlässlich der Eröffnung eines queeren Buchladens der mittleren Tochter zusammen . Die Eltern, Mitte 70, ein ehemaliger Staatsanwalt und eine Literaturwissenschaftlerin sehen diesem Anlass und dem damit verbundenen Familientreffen erwartungsvoll entgegen, zumal auch der älteste Sohn, ein Literatur Professor aus New York anreisen wird, auf den die Eltern besonders stolz sind. Doch bereits die Eröffnung des Buchladens gestaltet sich anders als gedacht, da eine Gruppe von demonstrierenden Instagrammern mit sogenannten Migrationshintergrund beanstanden, dass der Buchladen mit einem Nazierbe finanziert worden sei. Dieser plötzlichen Konfliktsituation stellt sich jeder der Beteiligten auf seine ihm eigene Art: während der Vater alles in Ruhe besprechen möchte, hält Ruth, die Mutter an ihrem lebenslangen Standpunkt fest, Konflikte auf sich beruhen zu lassen: “ erkläre niemals dein Verhalten, ignoriere Konflikte" fest.
Chris, der Literatur Professor hingegen stürzt sich in die Diskussion mit den Demonstranten und will diese verbal niederringen, geschult durch seine aktuelle Tätigkeit in New York. Die Buchladen Inhaberin Carolin selbst, bemüht um Aufklärung, bleibt hilflos, der jüngste Sohn Benni - hin und hergerissen zwischen an ihn herangetragenen Erwartungen- beschränkt sich auf die Reinigung des Ladens nach dem Farbbeutel Angriff.
Doch allein bei dieser Konfliktsituation bleibt es nicht, denn es stellt sich heraus, dass das Schweigen und die Sprachlosigkeit in der Familie Schönwald großen Raum einnimmt und sich letztlich die Frage stellt, wie gut man einander kennt- wie verhält es sich mit Erwartungshaltungen? Den eigenen und denen der Eltern, des Partners? Kann man aus seiner erziehungstechnisch angelegten Rolle ausbrechen? Wieviel Wahrheit verträgt Familie?
Der Autor beleuchtet die Probleme der einzelnen Beteiligten und die Situation, in der sie sich gefangen sehen, sehr genau, wobei er in gewanderter Sprache, teilweise höchst ironisch und äußerst unterhaltsam nicht nur Beziehungsprobleme sondern auch diverse gesellschaftspolitische Aspekte zur Sprache bringt.
An viel Stellen des Buches trifft man auf Situationen, Meinungen, Vorurteile, die die einem bekannt erscheinen - hoher Wiederkennungswert was das eigene Erleben anbelangt - ein rundum toller Roman, der ein ungeschöntes Bild deutscher und auch amerikanischer Realität abbildet! Unbedingte Leseempfehlung!!

Bewertung vom 23.05.2023
Die verlorene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.1
Lane, Soraya

Die verlorene Tochter / Die verlorenen Töchter Bd.1


gut

Leichte Sommerlektüre
Obwohl ich aufgrund des Covers allein, welches mir persönlich etwas zu kitschig ausfällt, das Buch nicht gekauft hätte, war ich von der Leseprobe doch zunächst positiv überrascht.
Die Autorin schildert zwei Handlungsstränge aus verschiedenen Epochen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun zu haben scheinen. Jedoch sind beide so angelegt, dass sie ein Spannungspotenzial enthalten und neugierig darauf machten, wie beide letztendlich verknüpft werden beziehungsweise zusammen hängen. Zum einen ist da die Winzerin Lily, die nach einer Neuseeland Reise zurück im heimischen London mit einem mysteriösen kleinen Kästchen, welches im Zusammenhang mit ihrer Großmutter steht, konfrontiert wird; zum anderen wird der Beginn der Karriere der kleinen Zwölfjährigen Estee beschrieben, die von ihrer ungeliebten Mutter auf Perfektion hin gedrillt wird und die im Rahmen eines Auftritts 1937 in Italien dem Jungen Felix begegnet, in den sie sich offenbar sofort verliebt, ungeachtet der strengen Beobachtung durch die Mutter.
Nach diesem durchaus interessanten und gut geschriebenen Anfang war ich auf eine sehr spannende und verwickelte Familiengeschichte gespannt.
Leider hat die Autorin aus meiner Sicht das vorhandene Potenzial nicht hinreichend genutzt; die Geschichte enthält zwar einige Wendungen, verläuft aber insgesamt relativ geradlinig, ohne große Überraschungen. Die Charaktere bleiben aus meiner Sicht zu oberflächlich dargestellt,
einige Brüche hätten dem Buch gut getan. So bleibt es insgesamt eine schöne Geschichte im sommerlichen Italien, wo schöne und erfolgreiche Menschen aufeinandertreffen und sich den Geheimnissen ihrer Vergangenheit stellen. Locker geschrieben, handelt es sich aus meiner Sicht um eine leichte, unterhaltsame Sommerlektüre.

Bewertung vom 11.04.2023
Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1 (eBook, ePUB)
Bonetto, Andrea

Abschied auf Italienisch / Commissario Grassi Bd.1 (eBook, ePUB)


gut

Klassischer Regionalkrimi
Aufgrund der Leseprobe, die ich sehr ansprechend fand, hatte ich entsprechend hohe Erwartungen an den Fortgang der Geschichte.
Der römische Ermittler, der sich spontan entschließt, sich nach La Spezia versetzen zu lassen, obwohl bereits klar ist, dass seine Ehefrau ihren Gartenbaubetrieb nicht aufgeben würde, trifft bei seinem Neuanfang auf die quasi Hausbesetzerin Toni, die noch in der Immobilie seines verstorbenen Vaters wohnt, die er eigentlich alleine zu beziehen gedachte. Dieses erste Zusammentreffen des Römers mit der eher lässigen und undurchsichtigen Toni, die zunächst nichts von sich Preis gibt, versprach eine interessante Hintergrundgeschichte zu der eigentlichen Krimihandlung. Leider blieben aus meiner Sicht die mit Potential angelegten Charaktere zu blass und nicht überzeugend gezeichnet. Grassi als Ermittler benimmt sich bei Dienstantritt aus nicht nachzuvollziehenden Gründen arrogant, obwohl ihm dies bereits in Rom keine Freunde eingebracht hat; dazu tritt er seiner neuen Mitarbeiterin gleich auf die Füße, insgesamt wirkt er auf mich daher eher unsympathisch, auch die flachen Witze ändern daran nichts. Im weiteren Verlauf des Buches stellt er zwar seine Ermittlerfähigkeiten unter Beweis, wobei ihm jedoch auch der Zufall in die Karten spielt. Insgesamt hat mich jedoch seine Darstellung nicht überzeugt.
Die Krimihandlung besteht aus einem Tötungsdelikt, wobei die Tätersuche in klassischer Krimimanier erfolgt und handwerklich sicherlich gut gemacht ist, das Ergebnis der Ermittlungen war für mich allerdings nicht überraschend.Der Schreibstil des Autos ist zwar flüssig und gut lesbar, mein Interesse an einem weiteren Band, konnte er jedoch leider nicht wecken.

Bewertung vom 11.03.2023
Fünf Winter
Kestrel, James

Fünf Winter


ausgezeichnet

Nach der Leseprobe war ich zunächst "nur" auf einen spannenden Krimi eingestellt. Meine Erwartungen an das Buch wurden jedoch bei weitem übertroffen. Bei “ Fünf Winter" handelt es sich nicht nur um einen Thriller, in welchem die Aufklärung eines Verbrechens im Vordergrund steht, sondern um einen vielschichtigen Roman, der neben der Spannungsebene des Thrillers auch Elemente eines Liebesromans aufweist und zudem Einblicke in das Kriegsgeschehen zwischen Japan und Amerika gibt, und damit auch historische Züge hat, die nicht unbedingt typischerweise Krimibestandteile sind. Der Autor versteht es, diese drei Ebenen so interessant miteinander zu verknüpfen, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht der ehemalige Armeesoldat in McGrady, der als Polizist in Honolulu, von seinem - ihm distanziert gegenüber stehenden Vorgesetzten- mit der Aufklärung eines bestialischen Doppelmordes an einem jungen Paar beauftragt wird.
Die Suche nach dem bzw. den Tätern gestaltet sich als schwierig und gefährlich und führt McGrady bis nach Japan, wo ihn der Ausbruch des Krieges zwischen Amerika und Japan überrascht und er in Gefangenschaft gerät. Sein Ziel, den Mord aufzuklären, verliert er jedoch auch über die Kriegszeit hinweg nicht aus den Augen. Wie und ob und unter welchen Umständen er die Kriegszeit übersteht, und ob es ihm gelingt, die zwischenzeitlich erkaltete Spur des Täters wieder aufzunehmen, soll an dieser Stelle nicht verraten werden.
Der Autor versteht es, ohne weitschweifende Ausführungen, Charaktere prägnant zu schildern und die Spannung das ganze Buch hindurch, auch im Hinblick auf die zwischenmenschlichen Beziehungen, die das Buch durchziehen, aufrecht zu erhalten.
Es handelt sich definitiv um einen Roman, den man auch ein zweites Mal lesen kann und der bei mir einen festen Platz in Buchregal bekommen wird. Kurzum ein Thriller mit echtem Tiefgang, der den Edgar Award 22 zu Recht erhalten hat und den ich uneingeschränkt weiter empfehlen würde, weil er sich positiv von vielen Krimis abhebt, die sich ausschließlich auf die Tätersuche und die Schilderung der Handelnden beschränken.
Ich hoffe sehr, dass Kestrel nochmal ein solcher literarischer Wurf gelingt!

Bewertung vom 11.02.2023
Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1 (eBook, ePUB)
Pearse, Sarah

Das Sanatorium / Ein Fall für Elin Warner Bd.1 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Katz- und Maus Spiel im Schnee
Das düstere Cover des Buches verspricht nicht zu viel – unheimliches Geschehen in unheimlicher Umgebung- das trifft es am besten. Spannung bis zum Schluss!
Bei der Hauptakteurin, Elin, handelt es sich um eine beurlaubte Kommissarin, die sich aufgrund einer traumatischen Erfahrung im Zusammenhang mit ihrem letzten Einsatz eine Auszeit vom Beruf nimmt. Sie hat das Geschehene nicht verarbeitet und trägt auch aus ihrer Kindheit schwer an dem Verlust ihres kleinen Bruders Sam, der bei einem Unglück ums Leben gekommen ist.
Elin verfolgen schubartige Flashbacks im Zusammenhang mit diesem Unfall, wobei sie der Gedanke nicht loslässt, dass ihr zweiter Bruder Isaac an dem Unfall eine Mitschuld trägt. Zu diesem- einem komplizierten Menschen- ist in den letzten Jahren der Kontakt abgebrochen bis zu dem Zeitpunkt, an dem er sie und ihren Partner Will zu seiner Verlobung in ein neu eröffnetes Hotel, welches früher ein Sanatorium war, einlädt. Elin, die im Grunde ein Nervenbündel ist und unter Panikattacken leidet, sieht dem Zusammentreffen mit Argwohn entgegen. Sie plant, dem Unfall Tod ihres jüngeren Bruders nochmals nachzugehen und ihren Bruder mit den Geschehnissen von damals zu konfrontieren um eine Antwort auf ihre offenen Fragen zu erhalten. Doch dieses primäre Anliegen, welches sie in dieses Hotel geführt hat, welches ihr von vom ersten Moment an unheimlich düster und beklemmend vorkommt, zumal verstörende Relikte aus der Sanatoriums Epoche als Dekoration dienen, muss zunächst in den Hintergrund treten, da die Verlobte ihres Bruders eine ehemalige Freundin von Elin – spurlos verschwindet. Zeitgleich wird unter dem Schnee im Hang unterhalb des Sanatoriums die zerstückelte Leiche eines vor Jahren verschollenen Architekten gefunden.
Nachdem eine weitere Leiche auftaucht, sieht Elin sich vor die Aufgabe gestellt, Ermittlungen anzustellen, da das mittlerweile von der Außenwelt durch Lawinenabgang abgeschnittene Hotel für die Polizei nicht mehr zugänglich ist. Unsicher und von Selbstzweifeln geprägt, ob sie dieser Aufgabe gewachsen ist, lässt sie sich jedoch immer mehr in die Geschehnisse hineinziehen, die zunehmend unheimlicher werden. Es beginnt ein Nerven aufreibendes Katz- und Maus Spiel, in dessen Verlauf die Gefahrenlage sich für die Mitarbeiter und die Hotelgäste verschärft.
Die Autorin hat es verstanden die Story atmosphärisch so dicht zu schildern, dass Gänsehaut tatsächlich nicht ausbleibt. Nicht nur die beschriebene klaustrophobische Situation in diesem ganz speziellen Hotel mit seiner düsteren Vergangenheit sondern auch die überzeugenden Personenschilderungen fesseln. Eine raffiniert gestrickte Story, die durch unvorhergesehene Wendungen spannend bis zum Schluss bleibt- absolute Leseempfehlung für Krimi Leser mit starken Nerven!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.01.2023
Saubere Zeiten
Wunn, Andreas

Saubere Zeiten


sehr gut

Der Schlüssel zur Vergangenheit

Andreas Wunn nimmt seinen Protagonisten, den Journalisten Jakob Auber, dessen Großvater ein bekannter Waschmittelproduzent war, mit auf eine Reise in seine Vergangenheit und die seiner Familie.
Anlässlich einer schweren Erkrankung seines Vaters fährt Jakob zurück in seine alte Heimatstadt Trier und bereits hier gelingt es dem Autor aus meiner Sicht sehr überzeugend den Prozess des „Nach Hause Kommens“ in das Elternhaus von früher, in welchem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, zu schildern, da die detaillierten Beschreibungen des Autors so viele eigene Erinnerungen bei mir geweckt, beziehungsweise vertraute Momente wiedergegeben haben.
Jakobs Vater hat ihm im tatsächlichen und übertragenen Sinne einen Schlüssel an die Hand gegeben, die Familiengeschichte zu ergründen, beziehungsweise sich mit ihr auseinander zu setzen. Er taucht anhand der Notizen und Tonbandaufzeichnung seines Vaters ein in die Vergangenheit der Familie und lernt hierbei Seiten seines Vaters und seiner Großeltern kennen, die ihm bislang verborgen geblieben waren. Geschildert wird unter anderem der Aufstieg und der Fall des Großvaters als Waschmittelproduzent in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Auswirkungen die dies auf seine Familie bis in die Gegenwart hat. Der Autor schildert spannend und in einem gut lesbaren Schreibstil wie Jakob den Schattenseiten der Familiengeschichte auf die Spur kommt. Auch die Themen Einsamkeit, Bindungsängste und Verlassenwerden durchziehen das Buch wie ein roter Faden sowohl in der Gegenwarts- als auch in der Vergangenheitsperspektive und sind geschickt in den Roman eingebunden,
wobei jedoch die Beziehungsproblematik des Protagonisten für mich nicht in Gänze nachvollziehbar war.

Aus meiner Sicht insgesamt ein gut geschriebener, lesenswerter
Familienroman.

Bewertung vom 13.11.2022
Die Sehnsucht nach Licht
Naumann, Kati

Die Sehnsucht nach Licht


ausgezeichnet

Dieser ausgesprochen schöne und interessante Roman über die Familie Steiner aus der Bergbauregion Schlematal im Erzgebirge, der sich über einen Zeitraum von über 100 Jahren erstreckt, hat mich sehr gefesselt. Kati Naumann erzählt aus zwei unterschiedlichen zeitlichen Perspektiven heraus - Gegenwart und der Zeit ab Beginn des 20. Jahrhunderts -, die Geschichte der Bergarbeiterfamilie Steiner, wobei sowohl die früheren schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen sehr anschaulich geschildert werden, als auch die Entwicklung der Lebensbedingungen über die weiteren Jahrzehnte hinweg mit den jeweiligen Verbesserungen der wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Bergbau- auch mit seinen Schattenseiten und Gefahren- prägt die Familie nicht nur im Hinblick auf die Einkommens Sicherung, sondern hat auch eine identitätsstiftende Funktion.
Angesiedelt ist die Geschichte in einer Region des Erzgebirges, die ursprünglich ausschließlich vom Erzbergbau abhängig war und in späteren Jahren dann aufgrund der Erschließung einer Radonquelle andere Schwerpunkte als Kurort setzen konnte beziehungsweise musste. Infolge des zweiten Weltkrieges veränderte sich das Gesicht der Region erneut durch den Uranerzbergbau und durch die sowjetische Besatzung.

Die Autorin bettet die Familiengeschichte geschickt in die gut recherchierten geschichtlichen Entwicklungen ein, wobei sie die einzelnen Charaktere, dieser von einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl und großer Heimatverbundenheit geprägten Familie so empathisch und plastisch schildert, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte.
Die Familiengeschichte durchzieht zusätzlich noch ein zu lösendes Rätsel um einen Großonkel, der unter mysteriösen Umständen verschwunden ist. Der Buchtitel ist aus meiner Sicht überaus gut getroffen, denn die „Sehnsucht nach Licht“ durchzieht das ganze Buch:
Der Bergmann der sich im dunklen Stollen nach Tageslicht sehnt, die Bewohner des Schlematals die den Anschluss an die Elektrizität herbeisehnen, die Sehnsucht, Licht in das Geheimnis um den verschollenen Onkel zu bringen und letztlich auch die Sehnsucht nach Veränderung politischer Verhältnisse.
Fazit: ein toller, lesenswerter, spannender und informativer Roman!

Bewertung vom 28.08.2022
People Person
Carty-Williams, Candice

People Person


sehr gut

Das Buch handelt von den fünf unehelichen Kindern Cyril Pennigtons, einem attraktiven, umtriebigen, geselligen Typen - geboren in Jamaika-, der um sich selber kreist, und mit wenig Verantwortungsgefühl ausgestattet ist. Er hat sich Zeit seines Lebens um seine Kinder nicht groß gekümmert, nur lediglich einmal in den ganzen Jahren versucht, die Kinder miteinander bekannt zu machen.
Im Erwachsenenalter führt ein Unglücksfall die Fünf wieder zusammen:
Kyron, der Freund von Dimple ist in ihrer Küche verunglückt, und sie ruft ihre älteste Schwester Nikisha, die „Macherin“ die schon selber 2 Kinder hat, an, um Ihre Hilfe zu erbitten, da sie mit der Situation überfordert ist.
Diese mobilisiert die anderen drei Geschwister, ihren jüngeren leiblichen Bruder Prynce, ein lässiger Typ, der verschiedene Freundinnen hat sowie Danny, den älteren Bruder, der sich nach einem Gefängnisaufenthalt gefangen hat und Installateur geworden ist. Er hat bereits selbst einen kleinen Sohn, für den er hingebungsvoll sorgt. Dann taucht auch nach Lizzie auf, eine Medizinstudentin, die im Prinzip mit ihren Halbgeschwistern nichts zu tun haben will und sich dementsprechend herablassend verhält.
Ungeachtet des Umstandes, dass sie eigentlich nichts gemeinsam haben, versuchen sie den Unfall zu vertuschen, um Dimple zu helfen.
Das Zusammentreffen zeigt, wie unterschiedlich sich die Fünf entwickelt haben, geprägt durch die Mütter und sehr unterschiedliche wirtschaftliche Verhältnisse, lediglich genetisch verbunden durch den leiblichen Vater. Die zentrale Rolle im Buch spielt Dimple, eine unsichere junge Frau, die versucht, ihre fehlenden sozialen Beziehungen über Instagram Auftritte auszugleichen und sich im Internet in einer Rolle präsentiert, die ihrer eigentlichen Persönlichkeit nicht entspricht. Dimple ist eine sehr emotionale Person, abhängig von ihrer Mutter, als einziger Bezugsperson und gefangen in einer unglücklichen Beziehung zu Kyron. Das Zusammentreffen mit ihren Geschwistern zeigt ihr, was ihr im Leben bisher gefehlt hat, Freunde und ein familiärer Zusammenhalt. Sie bemüht sich um die Zuneigung ihrer Geschwister, insbesondere die der gleichaltrigen Lizzie, die sie jedoch eher abweisend behandelt. Das Buch zeigt den Prozess, wie sich die Geschwister näher kennenlernen und wie sie miteinander und aneinander wachsen, ihr eigenes Verhalten reflektieren lernen und letztlich zu einem Familienzusammenhalt gelangen, der ihnen auf dem weiteren Lebensweg zur Stütze wird. Das Ganze vor dem Hintergrund einiger Verwicklungen aus dem bereits angesprochenen Unglücksfall, der auch eine gewisse Spannung in das Buch bringt. Der durch Abwesenheit glänzende Vater, um den sich die Kinder immer noch bemühen, bleibt jedoch letztendlich ein Fremder für sie, den sie zwar besser verstehen lernen, zu dem jedoch keine emotional starke Bindung aufgebaut werden kann.
Das Buch ist flüssig und flott geschrieben und man taucht ein in dieses völlig andere Familienkonstrukt aus jungen Erwachsenen in London mit vier verschiedenen Müttern unterschiedlicher Nationalitäten, die ebenfalls alle sehr speziell sind.
Ich würde das Buch eher jugendlichen Lesern bzw. jung gebliebenen empfehlen, aufgrund der Sprache und der Thematik der Identitätsfindung, auch vor dem Hintergrund der starken Beeinflussung durch soziale Medien. Ich habe das Buch, mit dem wirklich schönen Cover gerne gelesen, allerdings war die Entwicklung der Geschichte relativ vorhersehbar, was aber dem Lesevergnügen keinen Abbruch getan hat.

Bewertung vom 20.08.2022
Die Rückkehr der Kraniche
Fölck, Romy

Die Rückkehr der Kraniche


ausgezeichnet

Berührender, atmosphärisch dichter Familienroman
Ein ausgesprochen berührender Familien Roman der sich mit dem schwierigen Verhältnis von vier Frauen einer Familie zueinander befasst.
Im Einzelnen geht es um folgendes: zwei Schwestern, deren angespanntes, ja fast zerrüttetes Verhältnis auf Vorkommnisse in der gemeinsamen Vergangenheit zurückzuführen ist, treffen im Elternhaus in den Elbmarschen zusammen. Grete, die ältere Tochter, die ihr Leben in den Elbmarschen verbracht hat und nun als sehr engagierte Vogelwartin arbeitet, hat sich in den ganzen Jahren um den Familienwohnsitz, einen alten Resthof und die Mutter gekümmert. Die jüngere Schwester Freya hingegen hat sich fernab der Heimat in Berlin ein erfolgreiches, karriereorientiertes Leben aufgebaut. Nach einer persönlichen Krise und nachdem sich der Gesundheitszustand der eher herrischen und nach außen gefühlsarmen Mutter verschlechtert hat, trifft sie im Haus der Familie ein.
Während sich in der Vergangenheit die Begegnungen der Schwestern nur auf gelegentliche Besuche beschränkt haben, sind sie in Anbetracht der Gesundheit der alten Mutter nunmehr gezwungen, miteinander Zeit zu verbringen. Die Autorin versteht es, sehr einfühlsam darzulegen, woraus sich die familiären Spannungen ergeben haben und wie Schwestern versuchen, sich einander anzunähern, beide getrieben von dem Wunsch nach Versöhnung. Ohne Aufrichtigkeit ist dies jedoch nicht möglich, doch bevor es zu einer Aussprache kommen kann, müssen sich die einzelnen Beteiligten über ihre eigenen Vorstellungen vom Leben klar werden.
Grete hadert mit den verpassten Gelegenheiten, in ihrer Jugend den Elbmarschen nicht den Rücken zugekehrt zu haben und mit der Frage wie sie Ihre weitere Zukunft gestalten soll. Freya hingegen mit der verpassten Chance auf eine Familiengründung und den Schuldgefühlen aus ihrer Jugend. Doch nur wer sich „selbst verzeiht“ ist offen für Neues, und vielleicht auch bereit, Gefühle zuzulassen.
Ein konkurrierendes, entfremdetes Schwesternpaar auf einem schwierigen Weg, der von der Autorin äußerst sensibel und nachvollziehbar
geschildert wird. Eine weitere Rolle spielt die uneheliche erwachsene Tochter von Grete, die, geplagt von Liebeskummer, ebenfalls zu Besuch kommt und ein angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter hat, da diese ihr den Vater vorenthalten hat. Der Mittelpunkt der Familie, die gebrechliche Mutter trägt ebenfalls schwer an ihrer Vergangenheit und dem frühen Tod ihres Mannes – auch sie hadert mit ihren Versäumnissen als Mutter und dem jahrelangen Schweigen, unter welchem die Familie Ihre Probleme begraben hat.
Ob es zur Aussöhnung unter den Beteiligten kommt und mit den Kranichen auch das Glück zurückkehrt, hat die Autorin sehr empathisch und packend in einem flüssigem Schreibstil beschrieben, so dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte! Ein großartiger Roman durch die einfühlsame Charakterisierung aller handelnden Personen und -nicht zu vergessen die äußerst stimmungsvolle Beschreibung der Fauna und Flora, die die Atmosphäre der Elbmarschen so greifbar macht, dass man das Rascheln der Weiden fast zu hören glaubt Man ist mittendrin im Marschland und in der Geschichte!! Klare Leseempfehlung!!