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Lu
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Hamburg

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Insgesamt 176 Bewertungen
Bewertung vom 10.01.2025
BILLIE 'Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden'
Cordes, Stefan

BILLIE 'Ich fliege Himmel an mit ungezähmten Pferden'


ausgezeichnet

Was für eine Entdeckung - und damit meine ich sowohl den Roman als auch sein historisches Vorbild Sibylla Schwarz, die hier Billie genannt wird! Billie, die jüngste von drei Töchtern aus einem wohlhabenden Haushalt im 17. Jahrhundert, ist eine tolle Figur: neugierig, unangepasst und voller Leidenschaft. Statt sich mit der Rolle einer fügsamen Ehefrau abzufinden, möchte sie Dichterin werden. Ihre Liebe zur Poesie und ihr Wunsch, sich in einer von Männern dominierten Welt Gehör zu verschaffen, führen dazu, dass Billie einiges riskieren muss. Und schließlich verliebt sie sich auch noch in ihre Freundin Judith.

An der Erzählweise des Romans hat mir gefallen, dass einerseits immer wieder Gedichte in den Roman eingeflochten sind, die Billie eine unverwechselbare Stimme geben und uns tief in ihre Sehnsüchte, Träume und Kämpfe eintauchen lassen. Andererseits schafft es der Roman, auch humorvoll zu sein – z.B. wenn Billie mit ihren Schwestern die pikanten Stellen bei Hildegard von Bingen liest, um mehr über Sex zu erfahren, oder wenn sie sich schlagfertig über Männer lustig macht.

Obwohl Billies Geschichte schon lange vergangen ist, wird der Roman so erzählt, dass man ganz dicht an Billie dran ist. Themen wie die Unterdrückung von Frauen, Gewalt gegen Frauen und der Hass auf kluge und mutige Frauen sind zudem nach wie vor relevant, weshalb die widerständige Billie auch heute noch eine Persönlichkeit ist, mit der ich mich gerne beschäftigt habe und die ich sicher nicht vergessen werde. Für alle, die inspirierende Menschen, die ihrer Zeit voraus sind, und/oder Lyrik lieben, ist dieses Buch ein Muss!

Bewertung vom 31.12.2024
Nach uns der Himmel
Buchholz, Simone

Nach uns der Himmel


ausgezeichnet

Acht Menschen, eine traumhafte Mittelmeerinsel und eine seltsame Atmosphäre – das ist der Ausgangspunkt von „Nach uns der Himmel“. Was wie ein perfekter Urlaub beginnt, kippt schnell in etwas Unheimliches. Die Einheimischen bleiben distanziert, andere Flugpassagiere tauchen nie auf, und plötzlich scheinen die Wege auf der Insel immer enger zu werden. Es ist klar: Irgendetwas stimmt hier nicht. Gleichzeitig weiß jemand, dass er einen großen Fehler gemacht hat.

Simone Buchholz erzählt diese Geschichte wie ein modernes Märchen – geheimnisvoll, leicht melancholisch und dabei unheimlich fesselnd. Ihre Sprache ist schön und einfühlsam, ohne überladen zu sein, und schafft eine Atmosphäre, die mich sofort gepackt hat. Stück für Stück setzt sich das Puzzle zusammen, und ich konnte den Roman einfach nicht aus der Hand legen.

Der Roman ist eine Mischung aus Mystery, Lebensfragen und leisen, poetischen Momenten. Die Figuren wirken nahbar, aber gleichzeitig rätselhaft, und die Geschichte bleibt bis zum Schluss spannend. „Nach uns der Himmel“ ist kein Roman, der einem alles vor die Füße legt – man muss sich darauf einlassen. Ich habe ihn in einem Rutsch gelesen!

Bewertung vom 30.12.2024
Wir finden Mörder Bd.1
Osman, Richard

Wir finden Mörder Bd.1


ausgezeichnet

Das war mein erster Krimi von Richard Osman, und ich bin positiv überrascht! „Wir finden Mörder“ hat den Charme eines britischen Cozy Crime, jedoch mit einem internationalen Setting, sodass die Lektüre sehr abwechslungsreich ist.

Die Geschichte dreht sich um Amy Wheeler, eine toughe Personenschützerin, die während sie die berühmte Autorin Rosie d’Antonia bewacht, plötzlich selbst ins Visier internationaler Krimineller gerät. Amy versucht mit Rosie, das Puzzle rund um die Morde an Influencern und ihre eigene Bedrohung zu lösen, und bittet bald ihren Schwiegervater Steve, Ex-Cop und Witwer, um Hilfe. Die Drei bilden ein sofort ein perfektes Ermittlungsteam, das um die Welt reist, um die Mordfälle aufzuklären.

Die Charaktere sind eine große Stärke des Romans. Amy, Steve und Rosie wirken lebendig und sind wenig klischeehaft gezeichnet. Besonders Steve ist ein Highlight: Sein trockener Humor, seine Lebenserfahrung und die liebevollen Details, mit denen Osman ihn beschreibt, machen ihn zu einem Charakter, den man sofort ins Herz schließt. Die Dynamik zwischen den Dreien ist herrlich.

Was die Handlung betrifft, so ist sie spannend, ohne zu nervenaufreibend zu sein – perfekt für Leser:innen wie mich, die sich vor allem in der Cozy-Crime-Ecke wohlfühlen. Es gibt keine Logikfehler, und der Fall wird schlüssig und mit einem guten Tempo erzählt. Die Mischung aus Spannung und humorvollen Momenten ist gelungen, auch wenn einige Witze schon ins Klamaukige abdriften. Das ist sicher Geschmackssache, hat mich persönlich aber nicht gestört. Der Schreibstil ist angenehm leicht und flüssig, sodass ich das Buch fast in einem Rutsch gelesen habe.

Insgesamt ist es also ein unterhaltsamer, klug konstruierter Krimi mit viel Herz und sympathischen Charakteren. Für Fans von humorvollen Krimis ohne allzu viel Blutvergießen ist „Wir finden Mörder“ eine klare Empfehlung!

Bewertung vom 26.12.2024
Lesereise Dublin
Quint, Nicole

Lesereise Dublin


sehr gut

Ich mag die Bücher aus der Lesereisen-Reihe sehr gern. Am liebsten lese ich sie zur Einstimmung, kurz bevor ich an den jeweiligen Ort reise. So kann man gleich selbst nachschauen, ob man den Ort so erlebt wie im Büchlein beschrieben und auch neue Ecken gleich selbst entdecken.

Mit diesem Buch war es anders: Eine Reise nach Dublin steht (leider) erst einmal nicht an, aber mit Hilfe des Buches kamen viele Erinnerungen an vorherige Reisen dorthin zurück. Einiges kannte ich bereits, z.B. die Geschichte über die Vermarktung der Molly Malone, anderes war neu, z.B. das Kapitel über das jüdische Erbe Dublins.

Mir gefällt, dass die Autorin ehrlich und ungeschönt auch über die Schattenseiten der Stadt schreibt - die Obdachlosigkeit, den Mietenwahnsinn, die Touristenfallen und das durchdringende, feuchte Grau. Das ist eher ungewöhnlich für einen Lesereisen-Band, aber gerade bei einer Stadt wie Dublin sehr passend. Ich freue mich auf weitere neue Bände der Reihe!

Bewertung vom 26.12.2024
Enjoy Spanisch
Kenzel, Carmen

Enjoy Spanisch


sehr gut

Wenn du schon immer mal die spanische Sprache lernen wolltest, aber keine Lust auf trockene Grammatikbücher hast, könnte „Enjoy Spanisch“ genau das Richtige für dich sein. Das Buch richtet sich an komplette Anfänger und erklärt wichtige Inhalte auf Deutsch – das fand ich hilfreich, da ich kaum Spanisch konnte. Die Themen werden durch Rezepte, Rätsel und viele spannende Infos über Spanien und Südamerika, die einem direkt Lust auf Reisen machen, vermittelt. Auch die Gestaltung ist sehr kreativ und vielseitig – das hält die Motivation hoch und macht das Lernen angenehm.

Ich hätte mir manchmal allerdings mehr Übungen zu den einzelnen Themen gewünscht und mehr Animation im Alltag auch zu sprechen. Gerade wenn man Neues lernt, bleibt es besser hängen, wenn man es öfter wiederholen kann. Dafür sind die vorhandenen Übungen gut gemacht und nicht zu schwierig. Für mich hätte es auch gerne ein bisschen weniger Illustration und dafür mehr Übungseinheiten geben dürfen.

„Enjoy Spanisch“ ist geeignet für alle, die einen entspannten Einstieg ins Spanischlernen suchen und Spaß dabei haben wollen. Es ist ein kurzweiliger Mix aus Sprache, Kultur und Unterhaltung, der Lust auf mehr macht – ob auf der Couch oder zur Reisevorbereitung. Mit ein paar zusätzlichen Übungen wäre es perfekt, aber auch so kann ich es für Spracheinsteiger ohne oder mit wenigen Vorkenntnissen wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 26.12.2024
Suche liebevollen Menschen
Borger, Julian

Suche liebevollen Menschen


ausgezeichnet

Der Ausgangspunkt des Sachbuchs sind Kleinanzeigen, die verzweifelte jüdische Eltern aus Wien 1938 im »Manchester Guardian« schalteten, um Pflegefamilien für ihre Kinder im Ausland zu finden und sie so vor den Nazis zu retten. Eine dieser Anzeigen führt den Autor Julian Borger zu einer sehr persönlichen Entdeckung: Ein Name in einer Anzeige ist der seines eigenen Vaters, Robert Borger.

Das Buch verwebt zwei Erzählstränge: Einerseits folgt man der journalistischen Recherche Borgers, der tief in das Familiengeheimnis eintaucht, das ihn selbst und seinen Vater betrifft, der zu seinen Lebzeiten jedoch nicht über die Vergangenheit gesprochen hatte. Andererseits widmet sich der Autor den Lebensgeschichten von weiteren Wiener Kindern, die durch ähnliche Anzeigen ins Exil geschickt wurden.

Die Stärke des Buches liegt in seiner Mischung aus historischer Recherche und persönlichem Zugang. Die Erzählung ist flüssig und einfühlsam, was sicher auch der gelungenen Übersetzung von Hainer Kober zu verdanken ist. Besonders berührend sind die Schicksale der Kinder, die Borger mit großer Sorgfalt nachzeichnet, um verdrängte Vergangenheit ans Licht zu holen und sich auch selbst besser kennenzulernen. Gleichzeitig habe ich viel über Wien als jüdische Stadt gelernt.

„Suche liebevollen Menschen“ von Julian Borger ist damit insgesamt ein gelungenes und durch den Verlag mit Fotos auch ansprechend gestaltetes Sachbuch, das die Verbrechen der Nazis ans Licht bringt und zugleich die Kraft der Menschlichkeit und den Mut zur Erinnerung zeigt. Ich habe das Buch daher gerne gelesen und finde, es sollte viel mehr Leser:innen finden.

Bewertung vom 21.12.2024
Berlin war meine Stadt
Mann, Klaus

Berlin war meine Stadt


ausgezeichnet

Wer Interesse an Literaturgeschichte hat oder einfach einen authentischen Blick auf den „Tanz auf dem Vulkan“ der 1920er Jahre in Berlin werfen möchte, sollte sich „Berlin war meine Stadt“ von Klaus Mann anschauen. Die kleine Sammlung literarischer Texte von Klaus Mann gibt einen authentischen Einblick in das Künstler-Berlin der Weimarer Republik und beleuchtet auch die Schattenseiten einer Zeit, die zwischen Aufbruch und Abgrund schwankte.

Manchmal wirkt Manns Stil ein wenig pathetisch, doch dann war ich wieder überrascht, wie aktuell seine Inhalte sind. Die in diesem Sammelband ausgewählten Texte und Textauszüge sind persönlich, scharfsinnig und oft erstaunlich modern in ihrem Denken. Besonders interessant fand ich Manns Blick auf Themen wie Queerness und die politischen Fragen eines geeinten Europas sowie schließlich seine Flucht aus Nazi-Deutschland.

Das Buch ist sowohl äußerlich von seiner Haptik her als auch inhaltlich liebevoll gestaltet. Wer sich bisher nicht an Klaus Mann herangewagt hat, findet hier einen leichten Einstieg, der Lust auf mehr macht. Deshalb eignet sich die Sammlung mit ihrer thematischen Vielfalt und den historischen Einordnungen im Vorwort und zwischendurch auch gut für Schule und Studium. Für mich war „Berlin war meine Stadt“ eine echte Entdeckung – ein literarisches Fenster in eine Zeit und eine Stadt, die in ihrer Widersprüchlichkeit so viele Bezüge zu heute aufweist. Ein absoluter Lesetipp für alle, die sich für die Literatur der Weimarer Republik interessieren!

Bewertung vom 20.12.2024
Kursbuch 220

Kursbuch 220


ausgezeichnet

Die Jubiläumsausgabe des Kursbuchs, herausgegeben von Armin Nassehi, Sibylle Anderl und Peter Felixberger, beschäftigt sich mit unterschiedlichen Perspektiven auf die Zukunft. Mit ganz verschiedenen Gesprächspartner:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur wird insgesamt ein vielschichtiges und dennoch zugängliches Bild von Zukunftsdebatten gezeigt.

Ich mochte die Auswahl der Themen: von der Rolle des Jüdischen in unserer Gesellschaft über Cyberkriminalität bis hin zu Geschlechterfragen und Sprunginnovationen. Persönlich haben mir die Überlegungen zum zukünftigen Narrativ der nachhaltigen Gesellschaft gefallen. Die Idee, Nachhaltigkeit mit positiven, selbstverstärkenden Veränderungsprozessen zu verknüpfen, statt sie auf eine Bürokratie-Debatte zu reduzieren, ist genau meins.

Insgesamt sind die allermeisten Interviews intelligent, unterhaltsam und prägnant. Dabei gelingt es dem Kursbuch, die Balance zwischen Reflexion und Handlungsorientierung zu halten. Natürlich gab es auch Interviews, die mich weniger überzeugt haben: Manche Interviews wirkten für mich zu abstrakt oder enthielten Positionen, die ich persönlich nicht teilen konnte. Doch genau diese Reibung macht das Lesen ja auch bereichernd und eröffnet neue Perspektiven. Das Kursbuch 220 lädt damit dazu ein, über die großen Fragen unserer Zeit nachzudenken, ohne einfache Antworten zu liefern.

Bewertung vom 18.12.2024
Der Goldhügel
Roller, Tobias

Der Goldhügel


gut

Tobias Rollers Roman „Der Goldhügel“ handelt von der Gedanken- und Gefühlswelt von Erich Kästner, der sich als Anfang 60-jähriger im Tessin erholen soll. Der Roman beleuchtet dann vor allem Kästners schwieriges Verhältnis zu Frauen und bringt dabei viele Facetten ans Licht. Besonders eindrücklich fand ich die Träume, die seine komplexe Beziehung zu seiner Mutter thematisieren. Rollers Kästner erscheint als Mensch, der vor dem Leben genauso Angst hat wie vor dem Sterben – und diese Ängste prägen sein gesamtes Handeln. Dabei konnte ich nicht anders, als Mitleid für ihn zu empfinden.

Als großer Kästner-Fan habe ich mich gefreut, wie oft seine Bücher und Gedichte subtil in den Text eingewoben wurden. Auch die Quellenangaben und das einordnende Nachwort haben mir gut gefallen, denn sie unterstreichen den semi-biografischen Charakter des Romans. Trotz dieser gelungenen Einblicke fand ich den Roman stellenweise aber etwas langatmig. Im Verlauf wiederholen sich viele Motive: Kästners Weigerung, sich mit seinen Sorgen auseinanderzusetzen und sein Desinteresse am Innenleben anderer Menschen. Was den Stil des Romans betrifft, ist er eher an Thomas Mann als an Kästner angelehnt. Für mich ein kleiner Wermutstropfen, da ich persönlich Kästner oder auch Heinrich Mann wesentlich mehr mag als Thomas.

Alles in allem habe ich „Der Goldhügel“ mit Gewinn gelesen, weil ich über das spätere Leben Kästners kaum etwas wusste. Für Fans von Erich Kästner und interessierte Leser*innen, die sich von einer etwas anderen Erzählweise nicht abschrecken lassen, ist das Buch definitiv einen Blick wert.

Bewertung vom 15.12.2024
Das mörderische Christmas Puzzle
Benedict, Alexandra

Das mörderische Christmas Puzzle


ausgezeichnet

„Das mörderische Christmas Puzzle“ hat mich dieses Adventswochenende richtig gefesselt. Ich muss zugeben, dass es etwas spannender und düsterer war, als ich es sonst bei (weihnachtlicher) Krimikost mag, aber trotzdem war letztendlich noch genug Weihnachtsstimmung dabei.

Der Roman handelt von Edie O’Sullivan, der Rätselrentnerin, die in ein gefährliches Spiel verwickelt wird, bei dem Heiligabend zur tödlichen Deadline wird. Während Edie immer mehr Puzzleteile zur Lösung des Rätsels zusammensetzt, wird klar, dass sie auch in ihrer eigenen Vergangenheit nach verlorenen Stücken suchen muss. Dabei lernt sich die 80jährige noch einmal selbst ganz neu kennen, was ich eine gelungene Storyline fand. Auch mit 80 kann man noch Neuanfänge wagen!

Im Vergleich zum letzten Weihnachtskrimi der Autorin fand ich dieses Buch viel stärker: die Handlung dichter, die Charaktere auserzählter, die Spannung höher und es gab keine plötzlichen Gewaltschilderungen, mit denen man nicht gerechnet hatte. Und obwohl der Krimi definitiv an der Grenze zu dem ist, was ich noch „gemütlich" nennen würde, kommt am Ende doch ein Hauch Weihnachtsstimmung durch. Wenn du also Spannung, ein bisschen Nervenkitzel und clevere Rätsel liebst, bist du hier richtig. Aber Achtung: Hier wird gemordet – also nix für schwache Nerven!