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leseratte
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Alt Ruppin

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Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 04.05.2023
Der Angriff
Plokhy, Serhii

Der Angriff


ausgezeichnet

Die weltweiten Fronten verschieben sich dramatisch

In den letzten Monaten habe ich sehr viel zum Thema Ukraine gelesen. Was allerdings der Ost-Europa-Experte Serhii Plokhy hier vorlegt, erscheint mir seriös und logisch. Auch für diesen Autor hat der russische Angriffskrieg nicht im Februar 2022, sondern mit der Annexion der Krim 2014 begonnen, Serhii Plokhy wirft dem Westen vor, er habe es bei diesem wichtigen Thema an Aufmerksamkeit fehlen lassen.

Serhii Plokhy erklärt aus der Geschichte heraus, die enge Verpflechtung Russlands mit der Ukraine und sagt sehr deutlich: "Der gegenwärtige Konflikt ist in vielerlei Hinsicht ein altmodischer imperialer Krieg." Man hängt in Moskau alten "Großmachts-Traditionen" nach. Für die Ukraine, so der Autor, ist es eindeutig ein Unabhängigkeitskrieg und schaut man weltweit in die Geschichte, so siegt beinah immer, wer für die Unabhängigkeit kämpft.

So weit so gut. Serhii Plokhy lese ich sehr gern, weil er so viel Hintergrundwissen hat und weil er nie um den heißen Brei herumschreibt. Bei ihm kann ich mich auf Fakten und auf Klartext verlassen.

Besonders spannend finde ich seine Einlassungen zur möglichen Zukunft der Machteinflüsse der großen politischen Blöcke die sich gerade neu formieren. Standen sich früher Washington und Moskau gegenüber, sieht Serhii Plokhy in der Zukunft wie sich Washington und Peking gegenüberstehen werden. China sieht der Autor letztlich als großen Profiteur aus den derzeitigen politischen Entwicklungen hervorgehen.

Serhii Plokhy versteht es sehr gut mir die derzeitige weltpolitische Lage zu erklären, er tut dies so genial, dass ich keine Veranlassung sehe, seiner Logik nicht zu trauen. Folge ich Serhii Plokhy degradiert sich Russland gerade zum Juniorpartner Chinas und die Ukraine übernimmt die Rolle Deutschlands zu Zeiten des Eisernen Vorhangs.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 26.04.2023
Gidget. Mein Sommer in Malibu
Kohner, Frederick

Gidget. Mein Sommer in Malibu


ausgezeichnet

Gidget will es wissen

Lassen wir zunächst Gidget auf uns wirken. Schnell werden wir merken: Gidget hat Jahrzehnte auf dem Puckel und ist so schön und so berührend wie am ersten Tag.

Die Teenagerin, die von den Jungs am Strand von Malibu Gidget genannt wird, ist immer mehr vom surfen fasziniert. Am liebsten wäre sie sofort mit ihrem Brett in das Alter gesprungen, in dem die Jungs sie für voll nehmen. Gidget hat gerade erst das surfen für sich entdeckt und in Liebessachen ist sie noch völlig unerfahren. Selbstverständlich gibt sie sich in dieser Jungsclique ein Jahr älter aus.

Anfangs ahnen ihre Eltern noch nichts von ihren täglichen Ausflügen mit dem geborgten Auto an den Strand. Aber wie es der Zufall so will, bekommen die Eltern schnell alles mit und selbstverständlich wollen sie mehr von Gidgets Ausflügen erfahren . . .

Ich kannte die Geschichte und auch die Vorgeschichte um Gidget nicht. Sie soll auch verfilmt worden sein. Der Literaturkritiker Volker Weidermann hat ein zehnseitiges Nachwort zu Gidget geschrieben. Er hat mit der Gidget von damals, die heute über 80 Jahre alt ist und in den USA lebt, eine Nacht lang telefoniert und er schreibt ein wenig darüber wie Gidgets Vater, der jüdische Emigrant und späterer erfolgreicher Drehbuchautor in Hollywood dazu kam, die Geschichte seiner Tochter aufzuschreiben.

Gidget steht symbolisch für eine junge Frauengeneration, die es nicht erwarten kann durchzustarten und die sich von Jungs nicht die Butter vom Brot nehmen lassen wollen. Frederick Kohner hat seiner Tochter ein Denkmal gesetzt, er hat aber auch die Aufbruchatmosphäre einer ganzen Zeit eingefangen.

Bewertung vom 25.04.2023
Ich höre keine Sirenen mehr
Schulz, Daniel

Ich höre keine Sirenen mehr


ausgezeichnet

Kriegsreportagen von Daniel Schulz


Schon vor dem Februar 2022 hatte Daniel Schulz Freunde und Bekannte in der Ukraine. Er war dort, hat sich das Land angeschaut und ist bewusst auf die Menschen zugegangen. Von diesen Besuchen, vornehmlich aus den Jahren 2015 - 2018 schreibt der Autor hier.

Als dann aber im Februar 2022 Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine beginnt, besucht Daniel Schulz widerum die Ukraine. Er trifft Freunde und Bekannte wieder, redet mit ihnen und erzählt seinen Lesern, wie Krieg Menschen verändert. Da sind Frauen und Kinder, Männer und alte Menschen und jeder muss lernen mit dem Krieg zu leben.

Einige flüchten ins Ausland, andere bleiben im Land und gerade weil der Autor nicht nur ein schnell mal durchreisender Kriegsreporter ist, nimmt er sich Zeit für seine Bekannten und Freunde. Als Leser erkenne ich, was ich vor dem Februar 2022 nicht sah. Schon vor dem Februar 2022 hatte Putin seinen Krieg eröffnet.

Dieser Krieg verändert Menschen, auch den Autor Daniel Schulz selber, als Leser bekomme ich noch einmal einen anderen oftmals auch neuen Blick in die Ukraine. Ich danke dem Autor, dass er sich in Lebensgefahr begeben hat und mir Einblicke in die Gegenwart der Ukraine ermöglicht. Ich hoffe sehr, dass bald schon ALLE wieder sagen können: "Ich höre keine Sirenen mehr".

Bewertung vom 25.04.2023
Die letzte Kolonie - Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Indischen Ozean
Sands, Philippe

Die letzte Kolonie - Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Indischen Ozean


ausgezeichnet

Von der scheinheiligen Doppelmoral der Kolonialmächte

Philippe Sands ist ein mutiger Mann. Er ist Menschenrechtsanwalt und Bestsellerautor. Er schreibt über Themen und Sachverhalte die draußen in der Welt oft totgeschwiegen werden. "Die letzte Kolonie" ist ein trauriges Beispiel für die Doppelmoral und die Ignoranz der englischen Kolonialmacht.

Liseby Elysé wurde 1953 auf Chagos geboren. Diese Insel gehörte zu Mauritius bis zum April 1973. Britische Behörden kamen, holten Madame Elysé zusammen mit 1500 Anderen und deportierten sie. Einen Koffer voll an Hab und Gut durften sie mitnehmen, mehr nicht. Sie erfuhren, dass ihr Chagos nun plötzlich nicht mehr zu Mauritius gehörte. Ab sofort war ihre Insel von der englischen Kolonialmacht an die USA als Militärbasis verpachtet.

Jahrzehnte geschah nichts. Madama Elysé durfte nicht in ihre Heimat zurückkehren. Aber dann kommt das Jahr 2018. Der Menschenrechtsanwalt Philippe Sands und Liseby Elysé stehen in Den Haag vor dem Internationalen Gerichtshof. Liseby Elysé will zurück in ihre Heimat, aber was wird das Gericht sagen ?

Dieser äußerst berührende Fall bildet den Rahmen dieses Buches. Jeden Schritt von Liseby Elysé bekomme ich präsentiert und ich fiebere mit ihr mit. Ich bewundere den Mut dieser Frau. Aber dem Autor geht es auch darum sichtbar zu machen, wie schwer es ist um Menschenrechte zu streiten. Es gibt eine viel zu langsam verlaufende Entwicklung beim Thema Anerkennung von Menschenrechten. Noch immer gibt es Kolonialmächte die nicht bereit sind mit ihrem Erbe aufzuräumen und angerichteten Schaden gut zu machen, soweit dies möglich ist.

Und dann eines Tages stehen Liseby Elysé und Philippe Sands wieder vor dem Internationalen Gerichtshof. Niemand weiß wie das abschließende Urteil aussehen wird. Und eine noch spannendere Frage ist: Werden die beteiligten Länder das Urteil anerkennen ???

Bewertung vom 25.04.2023
Die Sache mit Israel
Schneider, Richard C.

Die Sache mit Israel


ausgezeichnet

Richard C. Schneider beschreibt sein tief gespaltenes Heimatland.

Wenn Richard C. Schneider ein neues Buch veröffentlicht, gehöre ich zu seinen ersten Lesern. Pünktlich zum 75. Geburtstag seines Heimatlandes versucht der Cheferklärer sein Israel für den deutschen Leser zu beschreiben und verständlich zu machen, wie Israel tickt.

Das dies nicht so einfach ist, wird schnell deutlich. Richard C. Schneider schreibt fünf Kapitel und jedes Kapitel trägt als Überschrift eine Frage zu Israel. Aber nicht einmal der Israelkenner kann seine Fragen eindeutig auf zwei oder drei Seiten beantworten. Rund 30 Seiten braucht Richard C. Schneider um auf seine Fragen einzugehen und um Antwortversuche zu geben.

Ist Israel bspw. ein demokratisches Land ? Was zeichnet ein demokratisches Land aus ? Deutschland, Frankreich und Ungarn zum Beispiel gelten als Demokratien, bei näherer Betrachtung allerdings stellt man gewaltige Unterschiede fest. Soweit nur ein Thema.

Schließlich kapiere ich schnell, gerade mit Blick auf Israel gibt es keine schnellen und keine eindeutigen Antworten. Wer mehr über Israel erfahren möchte, vor allem mehr als die täglichen Nachrichten vermitteln können, sollte sich Richard C. Schneider in seinem neuen Buch anvertrauen. Für mich war die Lektüre ein mal mehr sehr erhellend und gewinnbringend.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 25.04.2023
Die gespaltene Republik
Akyol, Çigdem

Die gespaltene Republik


ausgezeichnet

"Geographie ist Schicksal"

Kurz vor dem 100. Geburtstag der Türkischen Republik durch Staatsgründer und Kriegsheld Kemal Atatürk legt die in Deutschland geborene Autorin ihr spannendes Buch vor. Spannend, weil sie gut recherchiert hat und chronologisch die Geschichte der Türkei erzählt, aber auch sehr deutlich macht, dass das Land heute an einem Scheideweg steht. Vieles scheint möglich, nichts ist sicher.

Çiğdem Akyol erzählt mir in welch einem Land Atatürk geboren wurde, wie er schon bald ohne Vater aufwuchs und gegen den Willen seiner Mutter zur Militärakademie ging. Ich erfahre weiter, dass man noch heute Kemal Atatürk in der Türkei verehrt, sich allerdings inhaltlich längst von ihm verabschiedet hat, unter Erdogan sowieso.

So schreibt sich Çiğdem Akyol Kapitel für Kapitel durch die Geschichte und gelangt mit ihrem fünften Kapitel in die Gegenwart. Sie beschreibt Veränderungen unter Erdogan, geht auf die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei ein, besonders jetzt nachdem Russland die Ukraine überfallen hat, nennen sich Putin und Erdogan ja immer wieder mal "Freunde".

Die Autorin sieht die Türkei sehr deutlich an einem Scheideweg stehend. Noch einmal will Erdogan es bei den diesjährigen Wahlen wissen. Sollte er gewinnen, wird er dananch nicht mehr antreten. Was geschieht wenn er in diesem Jahr nicht gewinnt, ist die große Unbekannte. Ist die Türkei ein so gefestigtes demokratisches Land, dass die eine politische Seite nach einer Wahlniederlage einfach so die politische Macht aus der Hand gibt oder wird plötzlich wieder ein Putsch für vermeintliche Ordnung sorgen ?

Viele Hintergründe konnte ich in diesem Buch erfahren. Die Türkei ist und bleibt für Europa ein wichtiges Land, wir sollten der Türkei nicht von oben herab begegnen, wir sollten dem Land auf Augenhöhe begegnen und viel öfter mit den politisch Verantwortlichen in Ankara reden und weniger über sie.

2 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.04.2023
Wahn und Wunder
English, Charlie

Wahn und Wunder


ausgezeichnet

Hitler gegen die Kunst

Dass Hitler sich selbst gerne als Künstler betrachtete und auch sein Feldzug gegen die von den Nazis als „entartet“ bezeichnete Kunst der Moderne sind oft und immer wieder Gegenstand der Forschung und Wissenschaft. Das Besondere an Charlie Englishs Buch ist, dass er sich in der Betrachtung von „Hitlers Krieg gegen die Kunst“ auf die Kunst psychisch Kranker und deren Einfluss auf die Strömungen in der modernen Kunstszene fokussiert.

Er legt die (kunst)historischen Hintergründe detailliert dar und zeigt, wie infolge des 1. Weltkriegs das Interesse für psychische Erkrankungen bei den Künstlern zunimmt. An der sogenannten Sammlung Prinzhorn, in der Kunst von psychisch Erkrankten aus der gesamten Weimarer Republik und auch aus dem Ausland zusammengetragen wurde, demonstriert er, wie direkt diese Werke Künstler wie Max Ernst, Paul Klee oder Dalí in ihrer eigenen Kunst beeinflussten, sogar ganze Strömungen wie den Surrealismus.

Sehr geschickt – und das hebt das Buch auch stilistisch heraus – erzählt English die „Künstlerlaufbahn“ Hitlers, seine Kunst- und Rassetheorien sowie die der Nationalsozialisten zunächst parallel. Dabei wird sehr deutlich, wie da zwei komplett gegensätzliche Sichtweisen aufeinanderprallen. Die Lage wird für die modernen Künstler und ihre Kunst bedrohlich, als die Nationalsozialisten an die Macht kommen – da verweben sich dann auch die Erzählstränge miteinander.

English gelingt mit diesem Buch außerdem, ein verständlicher Überblick über die kunsttheoretischen Diskurse der Weimarer Republik. Nicht nur politisch, sondern auch in künstlerischen und ästhetischen Fragen lagen zum Teil Welten zwischen den einzelnen Strömungen.

Leider sind hier und da bei der Korrektur kleinere Rechtschreibfehler übersehen worden. Inhaltlich und erzählerisch ist es aber ein hervorragendes Buch. Unbedingt lesen!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.04.2023
Alles wird gut
Politycki, Matthias

Alles wird gut


ausgezeichnet

grausam, aber genial geschrieben

Was Matthias Politycki hier mit seinem neuen Roman gelungen ist, ist die Beschreibung einer Liebesgeschichte die keine Zukunft haben kann und die Beschreibung eines Landes von dem wir Europäer eigentlich so gut wie nichts wissen.

Die Story spielt kurz vor dem äthiopischen Bürgerkrieg der im November 2020 begann und dem mehrere 100 000 Menschen zum Opfer fielen. Josef Trattner ist in Äthiopien unterwegs, von Beruf ist er Archäologe. Zusammen mit ihm bereise ich das Land und tauche sehr tief in Aberglaube und Riten und Traditionen des Landes ein. Ich bekomme alles ungeschönt beschrieben und dies wird mitunter eklig und grausam.

Trattner lernt Natu kennen. Eine junge stolze Frau, ihr fehlt ein Ohrläppchen. Trattner war diese Frau mit der er sich nicht per Sprache verständigen kann, sofort aufgefallen. Ganz vorsichtig beginnt eine Liebesgeschichte zwischen den beiden . . .

Die Beschreibungen wie Trattner den Vielvölkerstaat erlebt, was er alles sieht, welchen gefährlichen Situationen er selbst ausgesetzt ist, finde ich beinah noch spannender als die Liebesgeschichte.

Mehr als 80 Völker bzw. Stämme leben in Äthiopien, sie alle sind mehr oder weniger in ihren alten Lebensweisen verhaftet, sie glauben an ihre alten Traditionen, Neues betrachten sie skeptisch . . .

Die trostlose Zukunft des Landes Äthiopien, diktiert das Ende dieses grandiosen Romans. Hätte hier irgend etwas an ein Happyend erinnert, wäre es unglaubhaft gewesen.

Bewertung vom 29.03.2023
Feinde
Grisham, John

Feinde


sehr gut

Der Anfang ist ein wenig zäh, aber dann . . .

Die Stadt Biloxi liegt in Mississippi. Einst ein kleiner Ort, der vornehmlich von kroatischen Einwanderern bewohnt wird. Sie bauen sich ihren bescheidenen Reichtum auf und inzwischen geht bereits die dritte Generation in die Schule. Noch gehen Keith und Hugh in eine Klasse, besonders enge Freunde waren sie nie, aber Totfeinde, wer hätte das gedacht ?

Die Story an sich ist wie beinah jeder Grisham wunderbar, aber die ersten hundert bis zweihundert Seiten hätte sich der Autor sparen können. Es ist sozusagen eine Hinführung zur eigentlichen Geschichte. Es ist zwar auch ganz nett zu lesen, wie aus Biloxi das geworden ist, was es heute ist, aber wenn ich einen Grisham lese, dann will ich schneller, dass endlich was passiert.

Mit den Jahren wurde Biloxi also eine Stadt des Lasters und der Kriminalität. Drogen, Glücksspiel, Prostitution und Alkohol sorgten für viele Gesetzesüberschreitungen und Riesengewinne, vor allem für die Dixie-Mafia.

Keith und Hugh finden sich inzwischen auf den sich gegenüberstehenden Seiten wieder. Keiths Vater hat die Wahl zum Bezirksstaatsanwalt geschafft, er will endlich gegen die Korruption antreten. Keith selber bewundert und unterstützt seinen Vater, längst studiert er Jura, Und Hugh, versackt immer mehr als brutaler Boxer, Türsteher und Gangster der mehr als einen bewaffneten Raubüberfall durchführt.

Ab der Hälfte des Romans nimmt die Story dann endlich so richtig Fahrt auf und es nimmt alles Kurs auf den großen emotionalen Höhepunkt. Endlich habe ich meinen Grisham so wie ich ihn erwarte.

Bewertung vom 15.03.2023
Der heutige Tag
Schubert, Helga

Der heutige Tag


ausgezeichnet

. . . . mal sehen was der morgende Tag bringt


Liebe Helga Schubert,

seit Jahrzehnten lese ich Ihre Bücher, seit Jahrzehnten sind sie literarischer Genuss und Lebenshilfe zugleich. Mit ihrem neuen Buch "Der heutige Tag" erinnern Sie mich an mein Alter. Längst haben sich erste Einschränkungen eingestellt, Grund zum Jammern wäre genug da, aber in Ihrem Buch finde ich kein Gejammer.

Sie beschreiben Ihr Leben in meiner alten Heimat irgendwo zwischen Wismar und Schwerinund Sie beschreiben Ihr Leben mit Ihrem pflegebedürftigen Mann, der inzwischen auch dement ist.

Wie lebt es sich mit immer mehr Einschränkungen ? Dieses und jenes geht im Alltag nicht mehr, manchmal erkennt Ihr Mann Sie nicht mehr als seine Ehefrau und doch beschreiben Sie Ihren gemeinsamen Alltag nicht als trostloses auf den Tod warten.

Der Tod spielt zwar eine Rolle und als Christen glauben wir an unsere Erlösung, aber vorher schöpfen wir jede Minute sinnvoll aus, die uns verbleibt. Sie machen Ihrem Leser klar, wie wichtig wenige glückliche Minuten und kleine schöne Erlebnisse werden. Von ihnen darf man zehren, an sie darf man sich erinnern.

Wie der Tod, so ist auch die Liebe das zentrale Thema Ihres Buches. Liebe verschenken und empfangen ist eine Lebenseinstellung und so wie ich es in Ihrem Buch lese, gibt es diese liebevollen Momente täglich im Leben mit Ihrem Mann, völlig egal wie alt und krank er auch ist. Und ein mal mehr empfinde ich ein Buch von Ihnen als literarischen Genuss und Lebenshilfe zugleich.

Auch wenn die Zeiteinheiten, in denen man irgendwann anfangen muss zu rechen, kürzer werden, ich wünsche Ihnen noch viele Tage und Wochen gemeinsamen Zusammenlebens mit ihrem Mann und ich bedanke mich für Ihr Mut machendes, ehrliches und offenes Buch.

Gott befohlen und weiter so !!!

3 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.