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Benutzername: 
brenda_wolf
Wohnort: 
Oberfranken

Bewertungen

Insgesamt 174 Bewertungen
Bewertung vom 16.08.2024
Die Löwin von Jerusalem
Laurin, Ruben

Die Löwin von Jerusalem


ausgezeichnet

Die Badende

Der Autor Thomas Ziebula, hier unter dem Namen Ruben Laurin, hat sich einem interessanten Thema mit Bathseba und König David angenommen. Von Thomas Ziebula kenne ich schon etliche Romane, die in ihrer Art sehr unterschiedlich sind, über Historische Romane und Historische Krimis und nun also ein Stoff aus der Bibel.

Wir befinden uns im Jahre 1000 v. Chr. vor den Toren von Hebron, einer Stadt in Israel. Die knapp sechzehnjährige Bathseba und der Hirtenjungen David verlieben sich in einander, als sie ihn mit viel List vor dem Angriff einer Löwin rettet. David möchte sie zur Frau nehmen, aber Bathseba ist bereits Uriah, einem Offizier des Königs versprochen.

Ich erinnere mich, in meiner Kindheit von David gehört zu haben, der als Hirtenjunge den Riesen Goliat mit einem Stein aus seinen Steinschleuder tötete, der später König von Israel wurde. Für mich war der Verfasser der Psalmen und Urvater des künftigen Messias immer ein glorifizierter Held. Um seine dunklen Seiten hatte ich mir keine Gedanken gemacht, um den Herrscher, der Ehebruch begeht und der den Mann seiner Geliebten ermorden lässt. Und ja, er ging nicht zimperlich mit Feinden um. Das alles habe ich erst jetzt in der Bibel noch einmal nachgelesen, veranlasst durch diesen Roman.

Der Autor hat diese biblische Geschichte in einem fesselnden Roman verarbeitet. Bathseba wird als eine für ihre Zeit sehr selbstbewusste und starke Frau gezeichnet, die um ihre Liebe kämpft. Zumal sie in ihrer Ehe nicht glücklich geworden ist und von ihrem Mann misshandelt wird. Die Liebesgeschichte wird glaubhaft und berührend erzählt. Der Autor schickt uns auf eine Zeitreise, versetzt uns weit in die Vergangenheit. Als Leser habe ich das antike Jerusalem deutlich vor Augen, die Schauplätze und Örtlichkeiten, aber auch die Menschen dieser Epoche. Ruben Laurin versteht es gekonnt seine Leser:innen zu fesseln. Ich habe diesen sorgfältig recherchierten historischen Roman mit viel Freude genossen. Hilfreich ist das Glossar am Ende des Buches. Es erklärt Begriffe, die einem sich beim Lesen nicht gleich erschließen. Interessant auch das Nachwort, in dem der Autor noch einiges zur Entstehungsgeschichte verrät.

Fazit: Ein ganz besonderer historischer Roman. Unbedingt lesen.

Bewertung vom 04.08.2024
Reise nach Laredo
Geiger, Arno

Reise nach Laredo


gut

Nicht so ganz mein ‚Geiger‘

Auf dieses Buch hatte ich mich wirklich gefreut, denn ich bin von Arno Geigers Schreibstil begeistert. ‚Das glückliche Geheimnis‘ und ‚Der alte König in seinem Exil‘ waren für mich absolute Lese-Highlights.

In diesem Buch geht es um dem todkranken Karl V. Er wurde bereits in jungen Jahren der erste König von Spanien. Im Jahr 1519 erbte er das Erzherzogtum Österreich und wurde als Karl V. zum römisch-deutschen König gewählt. Später wurde er als letzter römisch-deutscher König vom Papst zum Kaiser gekrönt und war damit nach Friedrich III. der zweite und letzte Habsburger, der von einem Papst gekrönt wurde. Diese Info habe ich aus Wikipedia. So erklärt sich mir auch die spanische und österreichische Linie der Habsburger.

Dieser König Karl V. hat im Alter alle seine Ämter abgegeben und sich schwerkrank in ein spanisches Kloster zurückgezogen. Soweit die Historie. Der Rest ist Fiktion. Dort begegnet er seinen illegitimen Sohn Geronimo, der gerade mal 11 Jahre ist. Mit ihm unternimmt er eine letzte Reise von Yuste nach Laredo.

Ich muss gestehen, dieses Buch schaffte es nicht, mich zu 100 % zu fesseln. Obwohl ich Geigers Schreibstil liebe, seine Poesie und seine tiefschürfenden Gedanken mag. Spannend fand ich hingegen, was ich über die Cagots erfahren habe, eine baskischen Menschengruppe, die in Spanien dieser Zeit verfolgt und diskriminiert wurde. In diesem Roman lernen wir das Geschwisterpaar Honza und Angelita kennen.

Trotz allem ist es ein kluges Buch, dass mir einiges an neuem Wissen ganz nebenbei vermittelt hat. Und es gab ganz viele schöne Sätze mit Substanz, die ich genossen habe.

Bewertung vom 26.07.2024
Der Bademeister ohne Himmel
Pellini, Petra

Der Bademeister ohne Himmel


ausgezeichnet

Keiner fehlt

Ich verrate es gleich im ersten Satz: Was für ein wundervolles Buch. Bitte mehr davon!!! Mich hat dieses Buch zu tiefst berührt.

Die fünfzehnjährige Linda spielt mit dem Gedanken, sie vor ein Auto zu werfen. Aber da sind noch der 86jährige Hubert, ehemals Bademeister, dessen Welt sich langsam auflöst und Kevin ihr gleichaltriger Freund, die sie davon abhalten. Und dann gibt es noch Huberts polnische Pflegekraft Ewa. Alle zusammen sind ein tolles Team.

Linda verbringt regelmäßig Zeit mit den an Demenz erkrankten Hubert, um seine polnische Pflegerin Ewa zu entlasten. Mit viel Feingefühl und Humor versucht sie, Huberts Erinnerungen an seine Frau Rosalie und die Sommer im Strandbad wachzuhalten. Huberts Zustand ist wechselhaft. Er hat gute und schlechte Tage. Die Löschtaste in Huberts Gehirn gewinnt immer mehr die Oberhand. Nur Rosalie hat er nicht vergessen. Er sucht sie und vermisst sie.

Linda sieht Huberts Zustand entspannt. Sie findet, für Hubert ist seine Welt völlig in Ordnung. Denn eigentlich ist es ganz simpel. Entweder man taucht in Huberts Welt ein. Oder man lässt es bleiben. Gegen ihn zu arbeiten ergibt keinen Sinn. Es ist wie beim Surfen, man geht mit der Welle. Linda versteht es mit Hubert umzugehen. Sie bejaht es, wenn er mal auf den Boden aufstampft. Es ist sein gutes Recht und tut ihm gut. Immerhin hat er eine Meinung zu vertreten. Er ist wer, nach wie vor.

Lindas Freund Kevin ist schlau. Er wächst wie sie, ohne Vater auf. Beide Väter haben die Familie in Stich gelassen. Ihre Freundschaft besteht seit klein auf und ist mit den Jahren noch gewachsen. Zusammen erfüllen sie sich einen Wunsch. Sie übernachten heimlich in der Kirche. Doch außer einen Schnupfen hat die Nacht nichts gebracht. Das Problem zwischen Linda und ihre Mutter ist, beide sind unfähig einen Dialog zu führen. Sie erreichen einander nicht. Linda hat das Gefühl, ihre Mutter klammert sich an sie und sie kann mit ihren Ängsten nichts anfangen. Linda ist alles, was sie noch hat. Papa ist weg. Oma ist tot.

Petra Pellini schreibt einfühlsam und authentisch. Ich habe mir das Gelesene auf der Zunge zergehen lassen wie ein leckeres Eis. Kein Wort ist zu viel und doch so voller Poesie und Weisheit. Und ganz ehrlich, ich habe es bewusst langsam gelesen, um länger was davon zu haben. Linda ist für mich ein ganz tolles Mädchen. Sie hat das, was vielen Menschen fehlt. Empathie. Ewa, die polnische Pflegekraft kann ich mir bildlich vorstellen. Wenn sie über Hubert sagt: Macht was er will! Oder: Beten macht Stress klein!

Ich musste oftmals schmunzeln. Z.B. wenn Hubert Giftanschläge vermutet oder seine Zahnprothese verschwunden ist. Betroffen machte mich Lindas schwarze Krähe, mit der sie sich übers Sterben streitet. Das Ende hat mich erschüttert. Damit war nicht zu rechnen.

Fazit: Lesen, lesen, lesen… unbedingt lesen. Der ‚Bademeister ohne Himmel’ ist mein absolutes Lesehighlight 2024.

1 von 3 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 20.07.2024
Das Pfauengemälde
Bidian, Maria

Das Pfauengemälde


gut

Ana Erbe

Ana reist nach Rumänien, in die Heimat ihres verstorbenen Vaters, um das sagenumwobene Pfauengemälde in Empfang zu nehmen. Nach langen Kämpfen wurde das enteignete Gemälde aus dem Familienbesitz endlich von der Staatsregierung zurückgegeben.

Maria Bidians Debütroman ist sehr anstrengend zu lesen. Die vielen Familienverknüpfungen, die ineinanderfließenden Erinnerungen. Um ehrlich zu sein ich habe mich durch das gesamte Buch gequält und hatte immer gehofft, dass es irgendwann mal leicht zu lesen wird. Auch die vielen rumänischen Wörter und Sätze, die nicht übersetzt wurden, und die ich mir im Kontext nicht erschließen konnte, machten mir diesen Roman nicht angenehmer.

Interessant fand ich hingegen den Hintergrund der Geschichte. Darüber habe ich einiges über Google vertieft. Z.B., dass die Eigentumsrückgabe des enteigneten Besitzes gebunden ist an die rumänische Staatsangehörigkeit, und diese als eine Grundvoraussetzung für die Rückgabe des geraubten Eigentums an Grund und Boden ist gilt. Es ist eine Schande, wie die rumänische Staatsregierung unter den Kommunisten mit den ‚Rumäniendeutschen‘ verfahren ist. Um ehrlich zu sein, ich wusste darüber nicht allzu viel davon. Und so gesehen, hat mir der Roman trotz all der Mühen einiges gebracht.

Fazit: Ein nicht ganz einfach zu lesender Familienroman mit vielerlei Verknüpfungen, in dem ich viel über die rumänische Geschichte erfahren habe.

Bewertung vom 10.07.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


ausgezeichnet

Wer verführt wem?

“Die Sache mit Rachel” von Caroline O’Donoghue ist ein Roman, der das Lebensgefühl der Millennials in Cork, Irland, einfängt. Es ist ein Coming-of-Age-Roman. Eine außergewöhnliche Geschichte über Freundschaft, die Suche nach sich selbst und den Rausch der ersten Beziehungen.

Die Protagonistin, die junge Studentin Rachel, trifft während ihres Nebenjobs im Buchladen auf James, und es entwickelt sich eine Freundschaft auf den ersten Blick. James, der temperamentvolle neue Freund, lädt Rachel ein, seine Mitbewohnerin zu werden, was zu einer Reihe von Ereignissen führt, die ihr Leben verändern. Um ihrem angebeteten Literaturprofessor Dr. Fred Byrne näherzukommen, organisieren James und Rachel eine Lesung im Buchladen, die unerwartete Wendungen nimmt, da Dr. Byrne seine eigenen Interessen verfolgt.

“Die Sache mit Rachel” wird als Bestsellerroman aus Irland gefeiert. Zu Recht. Auch mir hat dieser Roman ausnehmend gut gefallen. Die Autorin Caroline O’Donoghue schreibt warmherzig, witzig und dennoch authentisch. Ihr Stil zog mich mitten ins Geschehen. Man muss die beiden Hauptprotagonisten lieben. Den witzigen, schwulen James und die etwas schlampige Rachel. Ich feierte mit ihnen und kuschelte mich mit ihnen ins Bett. Und ich mochte auch den zweiten James in Rachels Leben, den sie Carey nannte.

Den Hintergrund der Handlung bildet die Finanzkrise in Irland. Zwielichtige Geschäfte irischer Banken und eine gewaltige Immobilienblase haben die Wirtschaftsleistung einbrechen lassen. Die Arbeitslosigkeit war 2010 recht groß. Auch die Frauenrechte steckten noch in den Kinderschuhen. Und auch die queere Szene hatte es schwer. Man wagte es nicht, sich zu outen.

Fazit: Ein witziger und fesselnder Roman, der einem nicht loslässt und einem auch nach Beendigung des Romans noch lange beschäftigt.

Bewertung vom 14.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Robert und das Entenmädchen

“Man sieht sich” das ist ein Kernsatz in Julia Karnicks Roman, in dem sie die Geschichte von Frie und Robert erzählt.

Im Sommer 1988 lernt Robert das Entenmädchen kennen. Er ist neu an der Schule. Friederika zeigt ihn den Weg zu seinem Klassenzimmer. Er verliebt sich eigentlich sofort in dieses Mädchen mit den großen Füßen, die, wie eine Ballerina, etwas zu sehr nach außen geht. Er kennt ihren Namen noch nicht, deshalb gibt er ihr heimlich den liebevoll gemeinten Namen Entenmädchen. Sie werden beste Freunde. Frie, wie sich Friedrika später nennt, scheint nicht zu merken, dass Robert mehr für sie empfindet. Er ist zu Tode betrübt, als sie nach dem Abitur für zwei Jahre nach Australien als Au Pair geht. Danach kreuzen sich Ihre Wege immer wieder, doch Robert lässt tiefere Gefühle nicht mehr zu. Frie erkennt zu spät, dass auch sie mehr für Robert empfindet.

Die Autorin gibt in ihrem Roman beiden Protagonisten eine Stimme. Sie erzählt die Geschichte abwechselnd aus der jeweiligen Perspektive. Damit macht sie es dem Leser leicht Frie und Robert kennenzulernen. Wir lernen sie als Jugendliche kennen und verfolgen ihren Lebensweg dreißig Jahre lang. Sie sind grundverschieden in ihrer Sicht auf das Leben. Robert wächst bei seiner alleinerziehenden kränkelnden Mutter in eher bescheiden Verhältnissen auf, während Frie in einem scheinbar wohlsituierten Elternhaus groß wird. Robert muss schon früh Verantwortung übernehmen. Frie hingegen sucht die Freiheit. Der Schreibstil von Julia Karnick ist gut lesbar und unterhaltsam. Der Roman steckt voller Musik, denn Musik spielt vor allem in Roberts Leben eine große Rolle. Am Ende des Buches findet sich eine Playlist der im Roman erwähnten Songs. Ich habe das Buch genossen. Ich mochte beide Protagonisten. Mit Robert habe ich oft gelitten, wenn seine beste Freundin so überhaupt nicht auf den Trichter kam, wie es in ihm ausschaut. Manchmal hätte ich Frie schütteln mögen.

Fazit: Ein warmherzig und ehrlich erzählter Roman über das Erwachsenwerden, über Träume und Chancen, über Freundschaft und Liebe und die Umwege im Leben.

Bewertung vom 15.05.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


sehr gut

Im englischen Original heißt der Roman ‚Little Monsters‘. Den Titel finde ich sehr passend. Es geht hier um eine höchst komplizierte Familiengeschichte und vor allem Abby, die Künstlerin wird von kleinen Monstern geplagt.

Adam Gardner ist Wissenschaftler am CCIO und steht am Ende einer beeindruckenden Karriere als Meereskundler. Er zählt zu den führenden Walbiologen. Noch will er nicht wahrhaben, dass er in den Ruhestand gehen sollte, denn er ist sich sicher, dass er in seinem Leben noch eine letzte Entdeckung machten wird, dass ihn sein Hirn noch einen letzten Geistesblitz schickt. Deshalb notiert er all seine Träume und Gedanken in Notizbüchern, auf der Rückseite von Umschlägen, auf Zetteln und Post-it-Stickern, die sich verteilt im ganzen Hause finden. In ihm ist dieses Kribbeln, diese Vorfreude auf die bevorstehende Entdeckung. Sein Traum ist es, den Gesang der Wale zu entschlüsseln. Heimlich setzt der bipolare Forscher seine Medikamente ab. Er glaubt, die Tabletten dämpfen seine Gedankenwelt.

Adam Gardner hat seine Frau schon sehr früh verloren. Sie wurde nur dreißig Jahre alt. Seine beiden Kinder Ken und Abby hat er alleine großgezogen. Nun steht sein 70igster Geburtstag an und man plant eine kleine Feier.

Abby ist Künstlerin, alleinstehend, und schämt sich dafür, immer noch auf das Wohlwollen ihres Bruders angewiesen zu sein. Ken, ihr Bruder ist Immobilienunternehmer und scheint sie stets übertrumpfen zu wollen, beruflich ebenso wie als Sohn. Er ist verheiratet, Vater zweier Töchter und strebt nach einem politischen Amt. Was niemand weiß: Ken steckt in einer tiefen Identitätskrise, seine Ehe hängt am seidenen Faden. Je näher Adams Geburtstag rückt, desto mehr verschärfen sich die Konflikte zwischen Ken und Abby, und ein lang gehütetes Geheimnis droht, ans Licht zu kommen:

Mir hat die Geschichte und der Schreibstil der Autorin sehr gefallen. Die Geschichte spielt auf der malerischen Halbinsel Cape Cod und umfasst eine Zeitspanne von April bis Oktober 2016. Man fühlt sich in diese Landschaft setzt, fühlt den Sand unter den Füßen und den Wind in den Haaren. Die Protagonisten sind glaubhaft gezeichnet. Besonders Abby und die Polizistin Steph mochte ich sehr. Zwei starke Charaktere. Die Männer hingegen kamen bei mir nicht so gut weg. Ich konnte mich weder für Adam noch für Ken erwärmen.

Eine scheinbar perfekte Familienidylle bekommt Risse. Unter der Oberfläche brodelt es. Es geht um Macht und Anerkennung, Lügen und Vertuschung.

Fazit: ‚Treibgut‘ Ein Familienroman, der mich fesseln konnte.

Bewertung vom 24.04.2024
Apfelblütentage / Zeit der Schwestern Bd.1
Huthmacher, Tanja

Apfelblütentage / Zeit der Schwestern Bd.1


weniger gut

Brüchige Idylle am Bodensee

Es ist Frühling am Bodensee. Unter blühenden Apfelbäumen wird der 70. Geburtstag von Mutter Lotte gefeiert. Die Töchter Carolin, Romy und Veronika unterstützen die Mutter bei den Vorbereitungen. Carlin, die Naturfotografin, ist zu diesem Anlass aus Neuseeland angereist. Sie freut sich auf zwei Wochen mit ihrer Familie. Doch dann platzt sprichwörtlich eine Bombe ausgerechnet an diesem Fest und nichts ist mehr wie es war.

‚Zeit der Schwestern: Apfelblütentage‘ ist der erste Band zu einer Triologie. Kirschsommer ist der zweite Band und der dritte Band nennt sich: Traubenfest.

Die Autorin schreibt flüssig und leicht lesbar. Leider konnte ich zu den Personen keinerlei Verbindung aufbauen. Carolin verlor bei mir sofort an Sympathiepunkten, als sie das Geheimnis ihrer Mutter ohne zu Überlegen hinausposaunte. Ich hätte mir von ihr mehr Feingefühl gewünscht, dass sie erst mit Lotte persönlich unter vier Augen gesprochen hätte. Auch das Verhalten des Vaters erschien mir sehr unrealistisch. Das Setting ist gut beschrieben, die schöne Umgebung um den Bodensee und die Insel Mainau. Ich hatte die Blüteninsel deutlich vor Augen.

Fazit: Ein Wohlfühlroman, aber nicht für mich.

Bewertung vom 23.04.2024
Astrids Vermächtnis
Mytting, Lars

Astrids Vermächtnis


sehr gut

Der vierhundert Jahre alte Bildteppich

Auf den Abschluss der Triologie um die Hekne-Schwester und den vierhundert Jahre alten Bildteppich war ich sehr gespannt. Lars Mytting ist ein großartiger Erzähler. Seine mythenhafte Erzählung hat mich schon in den Vorgängerbanden in seinen Bann geschlagen.

In diesen Band befinden wir uns im Jahre 1936 in einem kleinen norwegischen Dorf namens Butangen. Das Schöne ist, wir erfahren in Rückblicken immer mal wieder, was in den vorherigen Bänden geschehen ist, so dass auch ein Leser, der die vorherigen Bände nicht kennt, problemlos in die Geschichte eintauchen kann. Ich empfand dies ebenfalls als wohltuend. Denn nach der langen Zeit, konnte ich mich an manches Ereignis nicht mehr so genau erinnern, und so lösten diese Rückschauen kleine Aha-Erlebnisse aus. Nützlich erweist sich hier auch das Register am Schluss des Buches. Hier finden wir alle Namen, der Personen und sogar von einigen Gegenständen.

Hauptprotagonistin in diesem Band ist Astrid Hekne, eine Nachfahrin der Hekne-Zwillinge, den Weberinnen des sagenumwobenen Wandteppichs von Butangen. Und auch dem alten Pfarrer Kai Schweigaart kommt eine bedeutende Rolle zu.

Lars Myttings Erzählweise ist kraftvoll, manchmal sogar poetisch. Man fühlt sich unmittelbar nach Norwegen versetzt, empfindet die großartige Natur und lebt die Mythen. Der Autor hat mir stellenweise regelrecht Herzklopfen verursacht, so gebannt fand ich mich in seine mythischen Saga hineingezogen. Einen schönen Satz habe ich mir notiert: Der kindliche Geist ist eine Leinwand, was die Erwachsenen darauf malen, bleibt stehen. Oder auch, die dem Silber nachgesagte Fähigkeit, Wunden zu heilen, sichtbare wie unsichtbare, fand ich interessant.
Lars Mytting verwebt in seine Geschichte, ähnlich wie die Hekne-Schwestern in ihren Bildteppich, Erzählfaden um Erzählfaden und daraus entsteht dann ein großer Roman. Manches ist Legende, manches überliefert und manches historisch belegt.

Schade, es gab doch so etliche Längen, die Geduld erforderten. Deshalb von mir leider einen Punktabzug. Aber insgesamt ein wirklich tolles Buch. Und Lars Mytting bleibt für mich einer der besten Erzähler unserer Zeit.

Bewertung vom 17.04.2024
Der Wind kennt meinen Namen
Allende, Isabel

Der Wind kennt meinen Namen


ausgezeichnet

Zu tiefst erschütternd

Ich liebe die Bücher von Isabel Allende. Sie kann, wie kaum eine andere Autorin, erzählen. Auch in ihrem neuen Roman ‚Der Wind kennt meinen Namen‘ ist es ihr gelungen, auf unterhaltsame Weise unser Augenmerk auf Missstände in dieser Welt zu richten.

Der Roman startet in der Reichspogromnacht 1938 in Wien. Der kleine hochtalentierte Samuel Adler, er spielt die Geige wie ein großer Künstler, erlebt die Schrecken dieser Nacht hautnah. Ein Nachbar versteckt ihn und seine Mutter in der Wohnung, während der Vater auf dem Heimweg von der aufgewiegelten Meute schwer verletzt und misshandelt wird. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt verfrachtet man ihn sofort ins KZ Dachau. Die Mutter möchte nicht ohne ihren Mann ausreisen. Schweren Herzens schickt sie ihren sechsjährigen Sohn mit einem kleinen Koffer und seiner Geige mit einem Kindertransport nach England. Wenigstens er soll in Sicherheit sein. Sie plant mit ihrem Mann später nachzukommen. Samuel hat seine Mutter hier zum letzten Mal gesehen.

Wir lesen von Leticia aus El Salvator, deren Familie und ihr Heimatort El Mozote 1981 von Guerillas in einem Massaker ausgelöscht wurden und die mit ihrem Vater in die USA flieht. Und schließlich lesen wir von Marisol und ihrer kleinen Tochter Anita, die 2019 gezwungen sind ihre Heimat und El Salvador zu verlassen. Beim Grenzübertritt in die USA werden Mutter und Tochter getrennt. Was für eine unmenschliche Einwanderungspolitik. Und wir lesen von Selena Duran, die sich als Sozialarbeiterin in einem Flüchtlingsprojekt engagierte und die den Rechtsanwalt Frank Angileri für ihre Sache gewinnt.

Die verschiedenen Handlungsstränge verbinden sich miteinander und ergeben eine erschütternde Geschichte von Gewalt und Unmenschlichkeit. Über Isabell Allendes Schreibstil braucht man eigentlich nicht viel sagen. Einfach nur Spitze. Da sitzt jedes Wort. Die Personen sind liebenswert und authentisch gezeichnet. Ich mochte den alten Samuel und die resolute Leticia sehr. Ich habe mit der kleinen fast blinden Anita gelitten und bin mit ihr nach Azabahar, einer magischen Welt, gereist.

Fazit: Isabell Allende trifft mit ihrem neuen Roman ‚Der Wind kennt meinen Namen‘ wieder mitten ins Herz. Authentisch und emotional erschütternd.