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Benutzername: 
brenda_wolf
Wohnort: 
Oberfranken

Bewertungen

Insgesamt 171 Bewertungen
Bewertung vom 20.07.2024
Das Pfauengemälde
Bidian, Maria

Das Pfauengemälde


gut

Ana Erbe

Ana reist nach Rumänien, in die Heimat ihres verstorbenen Vaters, um das sagenumwobene Pfauengemälde in Empfang zu nehmen. Nach langen Kämpfen wurde das enteignete Gemälde aus dem Familienbesitz endlich von der Staatsregierung zurückgegeben.

Maria Bidians Debütroman ist sehr anstrengend zu lesen. Die vielen Familienverknüpfungen, die ineinanderfließenden Erinnerungen. Um ehrlich zu sein ich habe mich durch das gesamte Buch gequält und hatte immer gehofft, dass es irgendwann mal leicht zu lesen wird. Auch die vielen rumänischen Wörter und Sätze, die nicht übersetzt wurden, und die ich mir im Kontext nicht erschließen konnte, machten mir diesen Roman nicht angenehmer.

Interessant fand ich hingegen den Hintergrund der Geschichte. Darüber habe ich einiges über Google vertieft. Z.B., dass die Eigentumsrückgabe des enteigneten Besitzes gebunden ist an die rumänische Staatsangehörigkeit, und diese als eine Grundvoraussetzung für die Rückgabe des geraubten Eigentums an Grund und Boden ist gilt. Es ist eine Schande, wie die rumänische Staatsregierung unter den Kommunisten mit den ‚Rumäniendeutschen‘ verfahren ist. Um ehrlich zu sein, ich wusste darüber nicht allzu viel davon. Und so gesehen, hat mir der Roman trotz all der Mühen einiges gebracht.

Fazit: Ein nicht ganz einfach zu lesender Familienroman mit vielerlei Verknüpfungen, in dem ich viel über die rumänische Geschichte erfahren habe.

Bewertung vom 10.07.2024
Die Sache mit Rachel
O'Donoghue, Caroline

Die Sache mit Rachel


ausgezeichnet

Wer verführt wem?

“Die Sache mit Rachel” von Caroline O’Donoghue ist ein Roman, der das Lebensgefühl der Millennials in Cork, Irland, einfängt. Es ist ein Coming-of-Age-Roman. Eine außergewöhnliche Geschichte über Freundschaft, die Suche nach sich selbst und den Rausch der ersten Beziehungen.

Die Protagonistin, die junge Studentin Rachel, trifft während ihres Nebenjobs im Buchladen auf James, und es entwickelt sich eine Freundschaft auf den ersten Blick. James, der temperamentvolle neue Freund, lädt Rachel ein, seine Mitbewohnerin zu werden, was zu einer Reihe von Ereignissen führt, die ihr Leben verändern. Um ihrem angebeteten Literaturprofessor Dr. Fred Byrne näherzukommen, organisieren James und Rachel eine Lesung im Buchladen, die unerwartete Wendungen nimmt, da Dr. Byrne seine eigenen Interessen verfolgt.

“Die Sache mit Rachel” wird als Bestsellerroman aus Irland gefeiert. Zu Recht. Auch mir hat dieser Roman ausnehmend gut gefallen. Die Autorin Caroline O’Donoghue schreibt warmherzig, witzig und dennoch authentisch. Ihr Stil zog mich mitten ins Geschehen. Man muss die beiden Hauptprotagonisten lieben. Den witzigen, schwulen James und die etwas schlampige Rachel. Ich feierte mit ihnen und kuschelte mich mit ihnen ins Bett. Und ich mochte auch den zweiten James in Rachels Leben, den sie Carey nannte.

Den Hintergrund der Handlung bildet die Finanzkrise in Irland. Zwielichtige Geschäfte irischer Banken und eine gewaltige Immobilienblase haben die Wirtschaftsleistung einbrechen lassen. Die Arbeitslosigkeit war 2010 recht groß. Auch die Frauenrechte steckten noch in den Kinderschuhen. Und auch die queere Szene hatte es schwer. Man wagte es nicht, sich zu outen.

Fazit: Ein witziger und fesselnder Roman, der einem nicht loslässt und einem auch nach Beendigung des Romans noch lange beschäftigt.

Bewertung vom 14.06.2024
Man sieht sich
Karnick, Julia

Man sieht sich


ausgezeichnet

Robert und das Entenmädchen

“Man sieht sich” das ist ein Kernsatz in Julia Karnicks Roman, in dem sie die Geschichte von Frie und Robert erzählt.

Im Sommer 1988 lernt Robert das Entenmädchen kennen. Er ist neu an der Schule. Friederika zeigt ihn den Weg zu seinem Klassenzimmer. Er verliebt sich eigentlich sofort in dieses Mädchen mit den großen Füßen, die, wie eine Ballerina, etwas zu sehr nach außen geht. Er kennt ihren Namen noch nicht, deshalb gibt er ihr heimlich den liebevoll gemeinten Namen Entenmädchen. Sie werden beste Freunde. Frie, wie sich Friedrika später nennt, scheint nicht zu merken, dass Robert mehr für sie empfindet. Er ist zu Tode betrübt, als sie nach dem Abitur für zwei Jahre nach Australien als Au Pair geht. Danach kreuzen sich Ihre Wege immer wieder, doch Robert lässt tiefere Gefühle nicht mehr zu. Frie erkennt zu spät, dass auch sie mehr für Robert empfindet.

Die Autorin gibt in ihrem Roman beiden Protagonisten eine Stimme. Sie erzählt die Geschichte abwechselnd aus der jeweiligen Perspektive. Damit macht sie es dem Leser leicht Frie und Robert kennenzulernen. Wir lernen sie als Jugendliche kennen und verfolgen ihren Lebensweg dreißig Jahre lang. Sie sind grundverschieden in ihrer Sicht auf das Leben. Robert wächst bei seiner alleinerziehenden kränkelnden Mutter in eher bescheiden Verhältnissen auf, während Frie in einem scheinbar wohlsituierten Elternhaus groß wird. Robert muss schon früh Verantwortung übernehmen. Frie hingegen sucht die Freiheit. Der Schreibstil von Julia Karnick ist gut lesbar und unterhaltsam. Der Roman steckt voller Musik, denn Musik spielt vor allem in Roberts Leben eine große Rolle. Am Ende des Buches findet sich eine Playlist der im Roman erwähnten Songs. Ich habe das Buch genossen. Ich mochte beide Protagonisten. Mit Robert habe ich oft gelitten, wenn seine beste Freundin so überhaupt nicht auf den Trichter kam, wie es in ihm ausschaut. Manchmal hätte ich Frie schütteln mögen.

Fazit: Ein warmherzig und ehrlich erzählter Roman über das Erwachsenwerden, über Träume und Chancen, über Freundschaft und Liebe und die Umwege im Leben.

Bewertung vom 15.05.2024
Treibgut
Brodeur, Adrienne

Treibgut


sehr gut

Im englischen Original heißt der Roman ‚Little Monsters‘. Den Titel finde ich sehr passend. Es geht hier um eine höchst komplizierte Familiengeschichte und vor allem Abby, die Künstlerin wird von kleinen Monstern geplagt.

Adam Gardner ist Wissenschaftler am CCIO und steht am Ende einer beeindruckenden Karriere als Meereskundler. Er zählt zu den führenden Walbiologen. Noch will er nicht wahrhaben, dass er in den Ruhestand gehen sollte, denn er ist sich sicher, dass er in seinem Leben noch eine letzte Entdeckung machten wird, dass ihn sein Hirn noch einen letzten Geistesblitz schickt. Deshalb notiert er all seine Träume und Gedanken in Notizbüchern, auf der Rückseite von Umschlägen, auf Zetteln und Post-it-Stickern, die sich verteilt im ganzen Hause finden. In ihm ist dieses Kribbeln, diese Vorfreude auf die bevorstehende Entdeckung. Sein Traum ist es, den Gesang der Wale zu entschlüsseln. Heimlich setzt der bipolare Forscher seine Medikamente ab. Er glaubt, die Tabletten dämpfen seine Gedankenwelt.

Adam Gardner hat seine Frau schon sehr früh verloren. Sie wurde nur dreißig Jahre alt. Seine beiden Kinder Ken und Abby hat er alleine großgezogen. Nun steht sein 70igster Geburtstag an und man plant eine kleine Feier.

Abby ist Künstlerin, alleinstehend, und schämt sich dafür, immer noch auf das Wohlwollen ihres Bruders angewiesen zu sein. Ken, ihr Bruder ist Immobilienunternehmer und scheint sie stets übertrumpfen zu wollen, beruflich ebenso wie als Sohn. Er ist verheiratet, Vater zweier Töchter und strebt nach einem politischen Amt. Was niemand weiß: Ken steckt in einer tiefen Identitätskrise, seine Ehe hängt am seidenen Faden. Je näher Adams Geburtstag rückt, desto mehr verschärfen sich die Konflikte zwischen Ken und Abby, und ein lang gehütetes Geheimnis droht, ans Licht zu kommen:

Mir hat die Geschichte und der Schreibstil der Autorin sehr gefallen. Die Geschichte spielt auf der malerischen Halbinsel Cape Cod und umfasst eine Zeitspanne von April bis Oktober 2016. Man fühlt sich in diese Landschaft setzt, fühlt den Sand unter den Füßen und den Wind in den Haaren. Die Protagonisten sind glaubhaft gezeichnet. Besonders Abby und die Polizistin Steph mochte ich sehr. Zwei starke Charaktere. Die Männer hingegen kamen bei mir nicht so gut weg. Ich konnte mich weder für Adam noch für Ken erwärmen.

Eine scheinbar perfekte Familienidylle bekommt Risse. Unter der Oberfläche brodelt es. Es geht um Macht und Anerkennung, Lügen und Vertuschung.

Fazit: ‚Treibgut‘ Ein Familienroman, der mich fesseln konnte.

Bewertung vom 24.04.2024
Apfelblütentage / Zeit der Schwestern Bd.1
Huthmacher, Tanja

Apfelblütentage / Zeit der Schwestern Bd.1


weniger gut

Brüchige Idylle am Bodensee

Es ist Frühling am Bodensee. Unter blühenden Apfelbäumen wird der 70. Geburtstag von Mutter Lotte gefeiert. Die Töchter Carolin, Romy und Veronika unterstützen die Mutter bei den Vorbereitungen. Carlin, die Naturfotografin, ist zu diesem Anlass aus Neuseeland angereist. Sie freut sich auf zwei Wochen mit ihrer Familie. Doch dann platzt sprichwörtlich eine Bombe ausgerechnet an diesem Fest und nichts ist mehr wie es war.

‚Zeit der Schwestern: Apfelblütentage‘ ist der erste Band zu einer Triologie. Kirschsommer ist der zweite Band und der dritte Band nennt sich: Traubenfest.

Die Autorin schreibt flüssig und leicht lesbar. Leider konnte ich zu den Personen keinerlei Verbindung aufbauen. Carolin verlor bei mir sofort an Sympathiepunkten, als sie das Geheimnis ihrer Mutter ohne zu Überlegen hinausposaunte. Ich hätte mir von ihr mehr Feingefühl gewünscht, dass sie erst mit Lotte persönlich unter vier Augen gesprochen hätte. Auch das Verhalten des Vaters erschien mir sehr unrealistisch. Das Setting ist gut beschrieben, die schöne Umgebung um den Bodensee und die Insel Mainau. Ich hatte die Blüteninsel deutlich vor Augen.

Fazit: Ein Wohlfühlroman, aber nicht für mich.

Bewertung vom 23.04.2024
Astrids Vermächtnis
Mytting, Lars

Astrids Vermächtnis


sehr gut

Der vierhundert Jahre alte Bildteppich

Auf den Abschluss der Triologie um die Hekne-Schwester und den vierhundert Jahre alten Bildteppich war ich sehr gespannt. Lars Mytting ist ein großartiger Erzähler. Seine mythenhafte Erzählung hat mich schon in den Vorgängerbanden in seinen Bann geschlagen.

In diesen Band befinden wir uns im Jahre 1936 in einem kleinen norwegischen Dorf namens Butangen. Das Schöne ist, wir erfahren in Rückblicken immer mal wieder, was in den vorherigen Bänden geschehen ist, so dass auch ein Leser, der die vorherigen Bände nicht kennt, problemlos in die Geschichte eintauchen kann. Ich empfand dies ebenfalls als wohltuend. Denn nach der langen Zeit, konnte ich mich an manches Ereignis nicht mehr so genau erinnern, und so lösten diese Rückschauen kleine Aha-Erlebnisse aus. Nützlich erweist sich hier auch das Register am Schluss des Buches. Hier finden wir alle Namen, der Personen und sogar von einigen Gegenständen.

Hauptprotagonistin in diesem Band ist Astrid Hekne, eine Nachfahrin der Hekne-Zwillinge, den Weberinnen des sagenumwobenen Wandteppichs von Butangen. Und auch dem alten Pfarrer Kai Schweigaart kommt eine bedeutende Rolle zu.

Lars Myttings Erzählweise ist kraftvoll, manchmal sogar poetisch. Man fühlt sich unmittelbar nach Norwegen versetzt, empfindet die großartige Natur und lebt die Mythen. Der Autor hat mir stellenweise regelrecht Herzklopfen verursacht, so gebannt fand ich mich in seine mythischen Saga hineingezogen. Einen schönen Satz habe ich mir notiert: Der kindliche Geist ist eine Leinwand, was die Erwachsenen darauf malen, bleibt stehen. Oder auch, die dem Silber nachgesagte Fähigkeit, Wunden zu heilen, sichtbare wie unsichtbare, fand ich interessant.
Lars Mytting verwebt in seine Geschichte, ähnlich wie die Hekne-Schwestern in ihren Bildteppich, Erzählfaden um Erzählfaden und daraus entsteht dann ein großer Roman. Manches ist Legende, manches überliefert und manches historisch belegt.

Schade, es gab doch so etliche Längen, die Geduld erforderten. Deshalb von mir leider einen Punktabzug. Aber insgesamt ein wirklich tolles Buch. Und Lars Mytting bleibt für mich einer der besten Erzähler unserer Zeit.

Bewertung vom 17.04.2024
Der Wind kennt meinen Namen
Allende, Isabel

Der Wind kennt meinen Namen


ausgezeichnet

Zu tiefst erschütternd

Ich liebe die Bücher von Isabel Allende. Sie kann, wie kaum eine andere Autorin, erzählen. Auch in ihrem neuen Roman ‚Der Wind kennt meinen Namen‘ ist es ihr gelungen, auf unterhaltsame Weise unser Augenmerk auf Missstände in dieser Welt zu richten.

Der Roman startet in der Reichspogromnacht 1938 in Wien. Der kleine hochtalentierte Samuel Adler, er spielt die Geige wie ein großer Künstler, erlebt die Schrecken dieser Nacht hautnah. Ein Nachbar versteckt ihn und seine Mutter in der Wohnung, während der Vater auf dem Heimweg von der aufgewiegelten Meute schwer verletzt und misshandelt wird. Nach einem kurzen Krankenhausaufenthalt verfrachtet man ihn sofort ins KZ Dachau. Die Mutter möchte nicht ohne ihren Mann ausreisen. Schweren Herzens schickt sie ihren sechsjährigen Sohn mit einem kleinen Koffer und seiner Geige mit einem Kindertransport nach England. Wenigstens er soll in Sicherheit sein. Sie plant mit ihrem Mann später nachzukommen. Samuel hat seine Mutter hier zum letzten Mal gesehen.

Wir lesen von Leticia aus El Salvator, deren Familie und ihr Heimatort El Mozote 1981 von Guerillas in einem Massaker ausgelöscht wurden und die mit ihrem Vater in die USA flieht. Und schließlich lesen wir von Marisol und ihrer kleinen Tochter Anita, die 2019 gezwungen sind ihre Heimat und El Salvador zu verlassen. Beim Grenzübertritt in die USA werden Mutter und Tochter getrennt. Was für eine unmenschliche Einwanderungspolitik. Und wir lesen von Selena Duran, die sich als Sozialarbeiterin in einem Flüchtlingsprojekt engagierte und die den Rechtsanwalt Frank Angileri für ihre Sache gewinnt.

Die verschiedenen Handlungsstränge verbinden sich miteinander und ergeben eine erschütternde Geschichte von Gewalt und Unmenschlichkeit. Über Isabell Allendes Schreibstil braucht man eigentlich nicht viel sagen. Einfach nur Spitze. Da sitzt jedes Wort. Die Personen sind liebenswert und authentisch gezeichnet. Ich mochte den alten Samuel und die resolute Leticia sehr. Ich habe mit der kleinen fast blinden Anita gelitten und bin mit ihr nach Azabahar, einer magischen Welt, gereist.

Fazit: Isabell Allende trifft mit ihrem neuen Roman ‚Der Wind kennt meinen Namen‘ wieder mitten ins Herz. Authentisch und emotional erschütternd.

Bewertung vom 08.04.2024
Verraten / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.10 (2 MP3-CDs)
Adler-Olsen, Jussi

Verraten / Carl Mørck. Sonderdezernat Q Bd.10 (2 MP3-CDs)


ausgezeichnet

Ein fulminanter Showdown

Lange wurde er erwartet, der letzte Teil um Carl Mørck, dem Spezialermittler des Sonderdezernats Q der Kopenhagener Polizei und um sein Team. Die Reihe, die die Bestsellerlisten der Welt eroberte. Mit ‚Veraten‘, dem zehn Band verabschiedet sich der dänische Krimi-Autor Jussi Adler-Olsen von seinem berühmten Ermittlerteam. Eigentlich schade.

Diesmal wird Carl Mørck ein längst vergessenes Verbrechen zum Verhängnis. Es geht um seinen ersten Fall, dem sogenannten Druckluftnagler-Fall, und damit schließt sich der Kreis. Auf Carls Dachboden wird ein Koffer mit Drogen und eine große Menge Bargeld gefunden. Einst hatte ihm sein Freund und Kollege Anker Høyer diesen Koffer anvertraut, mit der Bitte ihn auf seinem Dachboden zu verstauen. Das hat Carl auch getan und ihn dann vergessen. Bis dieser Koffer wieder auftauchte und Carl Mørck damit zum Beschuldigten wurde. Im Gefängnis kämpft Carl um seine Freilassung und gegen die Anfeindungen seiner Mitgefangenen, und ahnt dabei nicht, dass in kriminellen Kreisen längst jemand auf seinen Kopf angesetzt ist … Und so hängt plötzlich sein Leben von der Frage ab, die all die Jahre unbeantwortet blieb: Was geschah 2007 im sogenannten Druckluftnagler-Fall wirklich?

Ich habe diesen Showdown als Hörbuch genossen. Die ungekürzte Lesung mit Wolfram Koch als Sprecher erstreckt sich über 19 Stunden und 19 Minuten und war ungeheuer fesselnd. Wolfgang Koch, Schauspieler und Tatortkommissar, ist ein Profi, er versteht es eine atmosphärische Stimmung aufzubauen. Jede Nuance sitzt. Seine Stimme zieht den Hörer in den Bann und macht das Zuhören zu einem Vergnügen.

Im letzte Band der geht es um Freundschaft, aber auch um Verrat, wie der Titel sagt. Ich habe wieder viel darüber erfahren, wie Menschen ticken, im Guten wie im Bösen. Das Ende empfand ich als absolut okay, auch wenn ich gerne noch weitere Fälle mit Carl Mørck erlebt hätte.

Fazit: Toller Showdown
Ungekürzte Lesung mit Wolfram Koch
2 mp3-CDs | ca. 19 h 19 min

Bewertung vom 07.04.2024
Gefährlicher Sog / Liv Lammers Bd.8
Weiß, Sabine

Gefährlicher Sog / Liv Lammers Bd.8


sehr gut

Mord auf Sylt

In ‚Gefährlicher Sog‘ schickt die Autorin Sabine Weiss die Kommissarin Liv Lammers nach Sylt, Deutschlands beliebtester Urlaubsinsel. Es ist bereits der achte Fall für Liz. Ich kannte die Vorgängerbände nicht, bin aber problemlos in diesem Krimi eingestiegen, d.h. man kann ihn unabhängig zu den anderen Bänden lesen.

Zum Inhalt: Am Strand von Hörum wird eine männliche Leiche aufgefunden. Liv und ihre Kollegen übernehmen die Ermittlungen. Auf das Opfer wurde brutal eingestochen. Dreiundzwanzig Messerstiche zählte der Gerichtsmediziner. Der Tote heißt Timur Roters und hat zusammen mit seiner Frau Merret als Sozialpädagoge in einer Jugendwohngruppe gearbeitet. Hat er sich durch seine liberale Einstellung Feinde gemacht? Liv und ihr Team ermitteln in alle Richtungen. Denn Verdächtige gibt es viele, u. a der Muschelfischer Erik Pagelsen oder auch der dritte Betreuer der Gruppe, Bernd Beversen. Und wie es scheint, werden einige nervös.

Sabine Weiss schreibt gut lesbar und flüssig. Die verschiedenen Perspektiven machen den Krimi interessant. So konnte mich ‚Gefährlicher Sog‘ bis zum Schluss auch fesseln. Die Autorin versteht es meisterhaft, die Atmosphäre der Nordseeinsel einzufangen und den Leser in die Ermittlungen hineinzuziehen. Die Figuren sind authentisch gezeichnet. Die Kommissarin Liz Lammers ist eine starke Frau und Mutter. Mit ihrer Teenager-Tochter Sanne hat sie allerdings gewisse Nüsse zu knacken, dass macht sie wiederum auch menschlich. Denn wo im Leben läuft schon alles glatt. Liz Kollege Andreas benimmt sich ihr gegenüber ziemlich rüpelhaft, dieses Betragen ist besonders unter Kollegen nicht zu akzeptieren. Mit Timurs Witwe Merret hatte ich meine Probleme, sie hinterließ bei mir einen äußerst seltsamen Eindruck, ebenso die Jugendlichen der Wohngruppe. Da wurde sehr viel verborgen und unter die Decke gehalten.

Fazit: Ein unterhaltsamer Küstenkrimi, mit einem tollen Lokalkolorit und einer überraschenden Auflösung des Falls.

Bewertung vom 22.03.2024
Lichtjahre im Dunkel
Ani, Friedrich

Lichtjahre im Dunkel


ausgezeichnet

Zerknüllte Träume

Um es gleich vorweg zu schreiben. Noch nie hat mich ein Krimi von Friedrich Ani so enttäuscht und dabei bin ich ein Fan dieses Autors und seine psychologischen Krimis.

Der Schreibwarenhändler Leo Ahorn ist verschwunden. Erst fünf Tage später wendet sich seine Frau an den Privatdetektiv Tabor Süden, um ihn wieder zu finden. Von der Polizei will sie nichts wissen. Leo Ahorn hatte den Laden schon sehr jung übernehmen müssen, da er erst seinen Vater und kurze Zeit später auch seine Mutter verloren hatte. Schon bald danach heiratete Leo die junge Viola. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Beide arbeiten tagein, tagaus
gemeinsam im Geschäft. Doch das das läuft nicht mehr. Mittlerweile kämpfen sie um ihre Existenz. Die Kunden bleiben weg, kaufen im Supermarkt oder Online. Finanziell wird es immer enger. Leo versucht Geld aufzutreiben, er hat große Pläne für einen Umbau. Und dann kommt er eines Abends aus seinem Stammlokal, dem Blauen-Eck, wo er sein Feierabend-Bierchen trinkt, nicht mehr nach Hause.

Friedrich Ani beschreibt die Tristesse dieser Ehe sehr gut. Zwei Menschen, die sich nichts mehr zu sagen haben. Die Ehe hat die beiden ausgehöhlt, sie leben blutleer nebeneinander her. Es ist eine Welt ohne Nähe. Während Leo noch Träume und Pläne für die Zukunft hat, gleitet Viola fast ins Paranoide ab. Sie fühlt sich bedroht von fremden Mächten.

Wie in allen Romanen von Friedrich Ani gefällt mir seine Sprache. Ani schafft mit wenigen Worten Bilder. Manche Sätze möchte man sich auf der Zunge zergehen lassen. Er ist, wie sein Ermittler Tabor Süden, ein genauer Beobachter.

Zitat: Ein Leben, das auf der Stelle tritt, in dem es keine Klänge mehr gibt, kein Echo, kein Überschwang, kein Tänzchen, kein unvermutetes Lachen.

Ich liebe Tabor Südens Schweigen und seine Gedankengänge. Leider hat es diesmal der Autor übertrieben. Der Krimi versumpft in Gedanken, das erstickt die Spannung. Da ist eigentlich nur Langeweile, genau wie die Ehe von Leo und Viola. Man wartet darauf, dass sich was tut. Aber es tut sich nichts. Ich habe mich ehrlich gesagt, zum Schluss nur noch durch diesen Roman gequält.

Fazit: Schade. Diesmal nicht mein Ani!