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M.M.
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Rheinland Pfalz

Bewertungen

Insgesamt 91 Bewertungen
Bewertung vom 02.10.2021
Der Brand
Krien, Daniela

Der Brand


ausgezeichnet

Von Büchern aus dem Diogenes Verlag wurde ich bisher noch nie enttäuscht. Sie hielten noch immer, was sie versprachen. So auch dieser Roman "Der Brand" von Daniela Krien.

"Der Brand" würde ich als ein Buch für lebenserfahrene Leser bezeichnen, denn von Romantik ist es weit entfernt. Meist kommt der Roman eher nüchtern daher - vielleicht auch ernüchternd. "Ehen werden im Himmel geschlossen, aber auf Erden gelebt", besagt ein altes deutsches Sprichwort.

Vordergründig handelt dieser Roman von einem Ehepaar (Rahel und Peter) das gemeinsam älter geworden ist. Noch nicht richtig alt, aber auch nicht mehr jung. War es am Anfang die junge Liebe die alles schaffte - im Laufe der Jahre haben sie sich dann doch auseinander gelebt. Nicht so sehr, dass eine sofortige Trennung angesagt wäre, doch jeder geht seiner eigenen Wege. Das Verständnis für einander ist ihnen abhanden gekommen. Sie sind nicht unglücklich, doch richtig glücklich sind sie auch nicht mehr. Erzählt wird aus der Sicht von Rahel und sie spricht es auch laut aus - so weiter machen wie bisher geht nicht. Doch der Roman ist viel mehr als nur eine Paarbeziehung, die in die Jahre gekommen ist.

Tatsächlich packt einen dieser Roman erst dann, wenn man sich voll und ganz darauf einlässt. Erst dann entdeckt man die vielen Nebenthemen und unterschiedlichsten Lebens-Schauplätze. Wie war es, in der ehemaligen DDR aufzuwachsen, sich das Leben einzurichten und plötzlich damit konfrontiert zu werden, dass alles woran man glaubte nicht mehr wahr sein konnte? Mit der Wiedervereinigung änderte sich nicht nur was man verändert haben wollte, sondern der komplette Alltag. Niemand kann neu bei Null anfangen. Jeder nimmt sein altes Leben mit, egal wohin man geht oder wie sich die Welt gerade verändert. Auch für Rahel und Peter.

Da ist die neuere Erfahrung von Peter mit einer Studentin die ihn verbal attackiert, da er sie nach alt hergebrachter Manier mit "Frau" anspricht, obwohl sie sich geschlechtsneutral sieht und ihren Literaturprofessor für seine Anrede verhöhnt und der Lächerlichkeit an der Uni preisgibt. Die Studentin empfindet ihr Aufbegehren als ihr Recht, für Peter ist diese Reaktion Arroganz und Überheblichkeit. Dabei ist "jung sein" lediglich ein Privileg das sich automatisch mit der Zeit verflüchtigt - keine Leistung wie ein Professor dies von einer Studentin erwartet. Ein Generationenkonflikt.

Einer der Abschnitte der mir besonders gefiel ist die Aussprache mit ihrer Tochter Selma, die aus ihrer Beziehung aussteigen will (Seite 117): "Ihr seid solche.... solche....". "Spießer?", fragt Peter schmunzelnd und fügt hinzu: "Wir sind deine Eltern , Selma, nicht deine Freunde. Unsere Aufgabe ist es nicht, dir nach dem Mund zu reden, sondern auch mal Dinge anzusprechen, die dir missfallen." Wie wahr! Mütter stellen sich gerne vor, die Freundin ihrer Tochter zu sein.

Ein weiterer Satz den ich mir notierte steht auf S. 182: ..." Die Art der Erziehung war Gegenstand heftiger Diskussionen, und manche Verbindung mit allzu lässigen Eltern und ihren schuldlos unsympathisch gewordenen Kindern ließ sich nicht aufrechterhalten".

Wahrscheinlich stimmt es nicht in allen Fällen, aber eine gewisse Wahrheit enthält es doch ( S. 224): " Satte Zeiten bringen schwache Kinder hervor". Das Leben zu leben will auch gelernt werden.

Ein anderer Aspekt dieses Romans ist, wie es sich anfühlt nicht zu wissen, wer der eigene Vater ist, weil die Mutter sich bis zu ihrem Tod darüber ausschweigt. So ergeht es Rahel.

Dies ist ein vielschichtiger Roman, geschrieben in kurzen prägnanten Sätzen. Keine weitschweifigen Ausführungen. Und trotzdem schafft es die Autorin, ganz viel gelebtes Leben, als auch Gedanken darüber in diesem Buch unter zu bringen.

Mir gefiel dieser Roman, in dem es keinerlei Längen gibt, sehr gut,

Bewertung vom 12.09.2021
Ein erhabenes Königreich
Gyasi, Yaa

Ein erhabenes Königreich


ausgezeichnet

"Ein erhabenes Königreich" von Yaa Gyasi aus dem Dumont Verlag ist ein außergewöhnliches Buch.
Im Mittelpunkt des Romans steht Gifty, eine Neurowissenschaftlerin und Doktorantin. Während sie ihre Labor-Mäusen trainiert, süchtig macht, später deren Schädel öffnet, das Gehirn verkabelt und erforscht wie die Hirnströme fließen, erfahren wir als Leser die Geschichte ihrer Familie.

Ihre Familie stammt aus Ghana. Die Mutter (Nana) träumte vom finanziellen Glück und war die treibende Kraft bei der Auswanderung in die USA. Sie landeten in einem überwiegend von Weißen bewohnten Staat. Wir lesen nicht nur wie es ist in einer weißen Welt schwarz zu sein, nein, als Leser schlüpfte ich oftmals in die Person Gifty, fühlte wie sie sich anpasste, klein machte und manchmal nicht gesehen werden wollte.

An dieser Stelle muss ich vielleicht ausführen, dass mich Romane von dunkelhäutigen, afrikanischen Frauen schon seit längerer Zeit begeistern. Graue Haare kann man färben wenn man damit nicht auffallen will. Aber eine schwarze Hautfarbe kann man nicht verstecken. Sie bleibt gleichermaßen schwarz. Dunkelhäutige Frauen haben nicht nur die normalen Alltagsprobleme aller Frauen, nein, sie gehen durch ihr Leben und werden auch noch angestarrt, weil sie in einer weißen Welt auffallen, obwohl sie das nicht wollen. Dieses Gefühlt lese ich auch aus diesem Roman.

Die Mutter von Gifty bekam die schlecht bezahlten Jobs. Oftmals mehrere gleichzeitig, damit das Geld reichte. Giftys Vater, ein großer stattlicher Mann, musste sich als Hausmeister oder mit sonstigen unterbezahlten Jobs rumschlagen und irgendwann hatte er dieses Leben in der westlichen Welt satt, ließ seine Frau, seine Kinder im Stich und floh zurück nach Hause, nach Ghana. Diese Passage hat mich besonders berührt. Das Leben, weshalb seine Frau ihr Geburtsland verließ, war für den Chin-Chin Mann, wie er genannt wird, nicht erstrebenswert. Irgendwie passt das nicht so richtig in unser Weltbild.

Zurück blieb die Mutter mit Gifty und deren Bruder, einem sehr talentierten Sportler. Und hier verläuft der rote Faden, der später das Leben aller trübt. Am Anfang stand die Sportverletzung und das Medikament Oxycodon. (S.157) Doch was anfangs nicht bekannt war, dieses Medikament macht nach kürzester Zeit süchtig. Heute ist dies ein ganz großes Thema in den USA, denn die Zahl derer, die durch dieses Schmerzmittel abhängig wurden ist immens groß. Viele Menschen kämpfen derzeit gegen diese, durch ein Schmerzmittel verursachte Sucht.

Ein anderes großes Thema dieses Romans ist auch Religion, die Zuflucht für Gifty und ihre Familie. Doch Gifty hinterfragte die Predigten, wurde kritisch bis ablehnend, bis sie die Pastorin hörte. (S.142) ".... Mein ganzes Leben wäre anders verlaufen, wenn ich in der Kirche dieser Frau aufgewachsen wäre statt in einer Kirche, die Intellektualität als eine Falle der säkularen Welt mied, weil sie angeblich den Glauben unterminierte. ...." Es ist die persönliche Entwicklung von Gifty, die hier im Mittelpunkt steht. Fortschritt als Entwicklung. "Ich meine fortschrittlich auf die natürliche Weise, auf die das Erlernen von etwas Neuem erfordert, etwas Altes loszuwerden...." (S. 143) " Wir lesen die Bibel, wie wir sie lesen wollen. Sie verändert sich nicht, aber wir verändern uns". (S. 144)

Das ganze Buch durchzieht sowohl Hoffnung als auch Tragik. Dieser wunderbare Bruder, den sie so liebte starb nach einer Überdosis.

"Die einzige sichere Möglichkeit Sucht zu vermeiden, ist, nie eine Droge zu probieren". (S. 253) Doch dies war Giftys Erkenntnis, mit der sie ihren Bruder nicht mehr erreichen konnte. Für ihren Bruder kam dies zu spät. Im Grund starb in allen Familienmitgliedern etwas mit dem Bruder.

Zitate: "Meiner Mum wird es besser gehen" sage ich zu.... "Ich werde meine Arbeit zu Ende schreiben und promovieren, und in Jahren wird diese Arbeit etwas wert gewesen sein, wird für irgendjemanden wichtig sein, und meine Mutter wird es erleben, ja?"

Was für ein tiefg

Bewertung vom 24.08.2021
Als wir uns die Welt versprachen
Casagrande, Romina

Als wir uns die Welt versprachen


sehr gut

"Als wir uns die Welt versprachen" ist eine fiktive Geschichte, wie sie sich zum größten Teil tatsächlich hätte abspielen können. Das traurige Schicksal der Schwabenkinder wurde viele Jahre lang nicht wahr genommen. Es war zu unrühmlich, als dass man daran erinnert werden wollte.

Die Autorin hat sich dieses Themas angenommen und einen Roman daraus gemacht, der sowohl im Gestern als auch im Heute spielt.

Heute: Die 90jährige Südtirolerin Edna macht sich in Begleitung ihres Papageis auf den Weg, ein vor mehreren Jahrzehnten gegebenes Versprechen einzulösen. Edna entspricht so gar nicht der betagten alten Frau, wie man diese Generation sowohl in TV-Filmen, als auch in den Medien üblicherweise darstellt. Zwar sagen auch die Menschen im Umfeld über Edna, sie sei alt und tatterig, brauchte Pflege usw. - im Grunde um selbst nicht belästigt zu werden und das eigene Gewissen zu beruhigen - doch Edna ist ganz und gar nicht damit einverstanden, in ein Pflegeheim abgeschoben zu werden. Würde ich nicht selbst Senioren dieses Alters kennen, die noch fit genug sind (manchmal fitter als 40jährige) ausgiebige Wanderungen oder im eigenen Camper Urlaub zu machen, ich hätte wohl den Kopf geschüttelt und der Autorin zu viel Phantasie bescheinigt.

Gestern: Als kleines Mädchen wurde sie als Schwabenkind zu einem reichen Bauern in Dienst gegeben. Es war eine Möglichkeit armer Eltern einen Esser weniger am Tisch zu haben, wenn sie sich nicht in der Lage sahen, ihre Kinder zu ernähren. Soweit die grobe Kurzfassung.

Mein Tipp wäre, dass sich der Leser schon vor Beginn der Lektüre über das Schicksal der "Schwabenkinder" informiert, damit er die Zusammenhänge und Abläufe besser versteht. Es gibt einen sehr guten Film mit T. Moretti, der auch "Schwabenkinder" heißt und das Schicksal dieser Kinder zum Thema hatte. Dass Ausbeutung durch die wohlhabende Herrschaft, brutale Gewalt und auch sex. Missbrauch Tür und Tor geöffnet wurden, versteht sich von selbst. Doch die Knechte (S. 154/158) waren nicht besser. Da kamen diese schutzlosen Kinder gerade recht, waren oftmals Freiwild. Es waren "Esser", kosteten also Geld und das mussten sie wieder einbringen. Die Not der Schwächeren wurde schon zu allen Zeiten von den Stärkeren ausgenützt.

Doch Edna war auf dem Hof nicht allein. Sie fand einen Freund, Jacob, der sie beschützte - wenn es ihm möglich war. Gemeinsam schmiedeten sie Pläne, aus diesem unerträglichen Dasein zu fliehen. Zusammen bereiteten sie alles für ihre Flucht vor. Mehr will ich über deren Zeit als Schwabenkinder nicht verraten. Ich glaube, diese eindrücklichen Schilderungen lassen niemanden unberührt.

Zurück zu der Edna von heute. Natürlich war es eine abenteuerliche Reise, auf die sie sich begab. Nachdem sie ihr Geld verloren hatte, musste sie ihren Weg sogar zu Fuß fortsetzen und traf dabei die skurrilsten Menschen, die ihr weiter halfen. Manchmal verstanden sie sich auf Anhieb.

Natürlich kann man sagen, der Autorin sei die Phantasie durch gegangen und es sei von allem etwas zu viel und zu dick aufgetragen. Doch wer schon mal auf Reisen war - ich meine nicht in einem Pauschalurlaub oder in einer Ferienwohnung, sondern mit einem Campingbus - der weiß, solche kunterbunten Leute wie in dem Roman beschrieben, gibt es tatsächlich. Derart ungeplante Begegnungen können außergewöhnlich und auch spannend sein, wenn man den Mut hat, sich darauf einzulassen. Edna hatte keine Berührungsängste. Sie ist ganz und gar keine alltägliche Person. Sie ist eher der Gattung "unbequeme Alte" zuzuordnen. Ein Hauch von später Freiheit durchweht diesen Roman von Anfang bis Ende.

Wie schon am Anfang erwähnt, mir gefiel dieses Buch mit der alten Dame als Protagonistin. Die Autorin wählte eine angenehm zu lesende Sprache. Flickte in den Text immer wieder Lebensweisheiten ein, wie z B. "Denn Menschen verschwinden nie vollständig". (S. 343) oder ...."Der Junge zuckte mit den Schultern. Keine Ahnung.... Dass jedes Ende irgendwie der Anfang von etwas ander

Bewertung vom 15.08.2021
GAME TIME
Fischer, Patrick;Büchel, Doris

GAME TIME


ausgezeichnet

Obwohl ich kein Eishockey Fan bin, hat mich dieses Buch begeistert - nein, mehr noch, ich war fasziniert. Wie mag es da erst Sport-Enthusiasten ergehen? Die sind sicherlich aus dem Häuschen.

Inhaltlich geht es um den Werdegang des Patrick Fischer - vom 3jährigen Käsehoch der schon voller Stolz in viel zu großer Eishockeymontur auf dem Eis stand, über seine jugendlichen Sturm- und Drangjahre aus denen nahezu nahtlos der Weltklasse-Spieler hervor geht, der es bis in die amerikanische Eiskockeyliga schaffte. Doch auch die größten und besten Sportler sind nicht gegen Verletzungen gefeit und werden ausgebremst. So auch Fischi - wie ihn Freunde und Kollegen nennen. Es war eher ein persönliches Gefühl "Game over", dass sich seine aktive Karriere als Spieler dem Ende zu neigte, als dass man ihm den Abschied als aktiver Spieler nahe legte. Nach etwas Überlegung war es sein freier Entschluss seinen Beruf, der auch sein Leben war, an den berühmten Nagel zu hängen.

Doch es wäre nicht Fischi, hätte es ihn nicht wieder an die Bande in der Eis-Arena getrieben. Vom anfänglichen Co-Trainer geht es nach und nach wieder ganz nach oben, bis hin als National-Trainer der schweizer Eishockey-Nationalmannschaft.

Soviel zum Vordergründigen dieser Lektüre. Doch dieses Buch zeigt mehr als nur den Spieler und Trainer. Als Leser lernt man Eltern kennen, die voll hinter dem Talent ihrer Kinder stehen und dieses fördern. Ohne Mama-Taxi in Patricks Kindheit, wäre es nicht gegangen. Ein außergewöhnliches Talent ist eine Sache, doch wie viele Menschen mit großem Talent schaffen es nicht bis an die Spitze, da es an Trainingsfleiß, Unterstützung der Familie oder auch am notwendigen Quäntchen Glück mangelt? Dass es bei ihm so perfekt läuft, hängt wohl auch mit seiner Spiritualität zusammen. Patrick weiß, Sport ist mehr als nur Muskelkraft und begibt sich zusammen mit seinem Bruder in Peru auf die Suche nach sich selbst - und findet sich. Das ist ein ganz spannender und faszinierender Teil des Buches.

Bei Fischi passt sportlich alles zusammen. Welch ein Glücksfall! Doch es gibt private Rückschläge die bewältigt werden wollen, wie z. B. die Trennung von seiner Lebensgefährtin und Jahre später von seiner ersten Ehefrau.

Was mir sehr gut an dieser Biographie gefällt ist, dass wir nicht nur Patrick Fischers Sicht der Dinge erfahren. Es kommen mehrere Menschen seines Umfeldes zu Wort und jeder berichtet von seinen eigenen Eindrücken und Erlebnissen mit ihm. Eltern, Bruder, Weggefährten. Jeder trägt dazu bei, dass man am Ende glaubt, Patrick Fischer selbst zu kennen.

Dieses Buch ist reich bebildert und es zeigt nicht nur den Spieler und späteren Trainer Patrick Fischer, sondern auch den stolze Vater.

Eins weiß ich jetzt schon: Bei der nächsten Olympiade werde ich ganz sicher auch mal bei Eishockey-Spielen vor der Mattscheibe sitzen und nicht nur mit der eigenen Nationalmannschaft mitfiebern sonder auch mit der schweizerischen.

Wie schon oben geschrieben: Für sportbegeisterte Leser ist dieses Buch nahezu ein Muss.

Bewertung vom 06.07.2021
Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019
Evaristo, Bernardine

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019


ausgezeichnet

Das Buch "Mädchen, Frauen etc" von Bernadine Evaristo ist ein Buch, dass mich um den Schlaf brachte. Nachts um 3 Uhr bin ich wieder aufgestanden, um weiter zu lesen, was mich dermaßen begeisterte. Der Roman ist faszinierend, zeigt uns ein Abbild unserer euroäischen Welt, wie wir Weiße es nicht auf dem Schirm haben!


Aufmerksam auf dieses Buch wurde ich durch das farbenprächtige Cover. So bunt stelle ich mir Afrika vor. Meine Neugierde war geweckt. Doch die Leseprobe ließ mich unschlüssig zurück. Ein Roman bei dem es weder Punkt am Ende, noch Großschreibung am Anfang eines Satzes gibt - finde ich mich da in die Handlung? Oder lege ich dieses Buch nach 30 Seiten entnervt zur Seite, weil es mir zu anstrengend ist?


Nichts dergleichen! An die Schreibweise hatte ich mich nach wenigen Seiten gewöhnt. Jedes Satzende ergab sich durch den Sinn.


Im Mittelpunkt des Romans stehen Frauen. Theaterregisseurin, erfolgreiche Investmentbankerin, Lehrerin, Unternehmerin usw. Im Grunde alles Menschen, wie sie uns Tag für Tag irgendwo auf der Straße begegnen können und die wir im Alltagstrott nicht mehr wahrnehmen. Doch diese Frauen sind anders. Sie haben alle eine Gemeinsamkeit: Ihre Hautfarbe ist nicht Weiß sondern von hellem Braun bis hin zu tiefem Schwarz. Sie kamen aus der ganzen Welt - nicht nur aus Afrika - und leben nun in oder in der Nähe von London. In einer weißen Gesellschaft fallen sie auf, obwohl sie alles dafür tun akzeptiert und möglichst auch übersehen zu werden. Sie haben Abschlüsse in ihrer Heimat gemacht, kamen nach London in der Hoffnung auf ein gutes Leben, nur um erkennen zu müssen, dass ihre Abschlüsse in der weißen Welt nichts wert sind. Trotzdem beißt sich jede von ihnen durch.


S. 212: "...sie erzählte ihm von Carol, die als Bankerin in der City arbeitete, und von Freddy, der aus der englischen High Society stammte


sie gestand ihm, wie erschüttert sie gewesen war, als Carol ihr erzählte, sie werde einen Weißen heiraten, es war der Anfang vom Ende ihrer rein nigerianischen Abstammungslinie


ihre Kinder werden hellere Haus haben, und deren Kinder werden aussehen wie Weiße


nach nur zwei Generationen zu verschwinden


ist es das, wofür wir nach England gekommen sind?"


Zu Beginn die Theaterregisseurin Amma, die lt. ihrer Tochter Yess mit keiner Liebhaberin zweimal ins Bett geht. Amma ist kraftvoll und hat Durchsetzungsvermögen. Nach vielen Jahren der Arbeit und Entbehrung wird ihr Stück im London Theater aufgeführt. Sie hat es endlich geschafft, bekommt die Anerkennung für die sie kämpfte und die ihr trotzdem so lange verwehrt blieb.


Amma und Yess, zwei Biographien die es in sich haben und ganz sicher nicht als alltäglich zu bezeichnen sind. Doch es geht auch recht bürgerlich zu mit der Lehrerin Shirley, die sich in ihrem Bemühen aufreibt, ihren Schülerinnen zu einem guten Start ins Leben zu verhelfen. Am Ende bleibt sie selbst ausgebrannt zurück und zweifelt am Sinn all dessen, wofür sie einst brannte. Jede der vorgestellten Frauen ist auf ihre Art besonders.


Wer jetzt glaubt, es ginge nur um Probleme, der irrt. Es gibt viele lustige Begebenheiten und das Buch bringt einen mehr als einmal zum Schmunzeln. Und manchmal bleibt einem auch das Lachen im Hals stecken. Die Frauen kämpfen nicht nur mit Schwierigkeiten in ihrem Leben, bzw. ihren Beziehungen, sondern auch immer auf die ein oder andere Weise mit ihrer Hautfarbe.


Für diesen Roman bekam Bernadine Evaristo 2019 den Booker Prize. Ich finde, für diesen Roman hat sie es auch verdient, denn es ist ein gewaltiges Werk. Manchmal dachte ich, das Buch sei zu überladen. Doch je öfter ich darin las war ich überzeugt, es ist genau richtig, wie es geschrieben wurde. Es beunruhigt den Leser, treibt ihn aus seinem Schneckenhaus, von der Couch auf der man es sich bequem gemacht hat. Diese unterschiedlichen Lebensentwürfe wie sie hier beschrieben werden sind kraftvoll bunt und manchmal äußerst ungewöhnlich, aber nie eintönig o

Bewertung vom 29.06.2021
Iassine Shaka
Zackariat, Stefan

Iassine Shaka


sehr gut

Das Buch "Iassine Shaka König von Afrika" ist ein Jugendroman und gehört ganz sicher zu der überschaubarer Menge von Romanen dieses Genres, das auch Jungs und junge Männer begeistern wird. Man sagt diesen ja nach, zu den Lesemuffel zu gehören. Doch meiner Meinung nach ist diese Leseunlust zum großen Teil auch dem fehlenden männlichen Lesestoff geschultert, denn die meisten Jugendromane zielen auf Mädchen als Leser. Mit diesem Roman hat Mann also die große Chance.

Das Thema, um das sich in diesem Buch alles dreht ist Fußball. Iassine Shaka, das 20jähriges Ausnahmetalent aus Afrika, steht in seinem jungen Leben bereits ganz oben und sein Name ist ein Begriff in der Welt des Fußballs. Er spielt in Paris bei einem sehr bekannten Verein. Doch es kommt zu Schwierigkeiten zwischen ihm, dem Trainer, einigen Spielern und vor allem seinen Fans, den Zuschauern.

In diesem Teil des Romans zeigt es sich, wie schwierig es für einen jungen Menschen ist, ganz allein auf sich gestellt und ohne die eigene Familie in der Nähe, in dieser schnelllebigen Fußball-Welt zu bestehen, in der es nur um Erfolg geht. Heute wird man bejubelt und wie ein "Gott" gefeiert doch bereits morgen ertönen Pfiffe, sobald das Fußballfeld betreten wird. Die Bewunderer von gestern sind die Kritiker von heute und gäben morgen am liebsten den Todesstoß.

Genau so ergeht es Iassine. Seine ehemaligen Förderer geben ihm keinen neuen Vertrag. Kein Wunder, so wie er sich gibt. Mir kommst spontan das Wort Überheblichkeit in den Sinn. Der Umgang mit ihm ist schwierig. Letztlich wird er nach Katar vermittelt. Obwohl er weiß, dass er als Spieler in dieser unbedeutenden Mannschaft keine Zukunftschancen hat, nimmt er das Angebot an. Zu sehr lockt das Geld.

Vom Autor wurde dieser Umschwung in Iassins Leben und der Veränderung seiner Einstellung zum Sport sehr gut beschrieben. Wer würde nicht den Verlockungen von zig Millionen Dollars erliegen? Von diesen Summen, dem Luxus seiner Wohnung die ihm zur Verfügung gestellt wird und dem nun Erreichten hätte er früher nie zu träumen gewagt - doch jetzt da er all dies hat, fühlt sich das Leben schal an. Es ist als sei er in einer Sackgasse gelandet, in der es nicht weiter geht. Verletzungen mit Aus-Zeiten sind da nicht eingeplant. Nur noch mit Alkohol ist der Alltag für ihn zu ertragen. Er bekommt viel Geld, viel zu viel Geld fürs Nichtstun. Doch im Innersten weiß er, das Einzige was ihn glücklich macht ist Fußball spielen. Nicht an diesem Nobelort für einen privaten Club eines Prinzen sondern für den Kontinent, in dem er geboren wurde und in dem seine Wurzeln sind: Afrika.

Im Grunde ist dieses in der Zukunft spielende Buch der Entwicklungsroman eines jungen Afrikaners. So könnte es tatsächlich einem jungen Menschen ergehen, wenn er über viel Talent verfügt und zur rechten Zeit am rechten Ort ist und dort auch den richtigen Menschen begegnet, die ihn fördern. Doch wie ergeht es einem jungen Menschen in dieser Scheinwelt?

Dieser Jugendroman hat so ziemlich alles, was Heranwachsende von einem Buch erwarten. Eine spannende Geschichte, dazu ein Protagonist der die Träume lebt, die viele Jugendliche haben, aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht leben können. Dazu ist Iassin ein junger Mann in den man sich ohne große Mühe hinein versetzen kann, mit dem man mit leiden und mit fiebern kann.

Für mich als Nicht-Fußball-Fan hatte der Roman bei den Spielbeschreibungen einige Längen. Doch was sich für mich etwas zog, wird jugendliche Fußballfans vollauf begeistern und in den Bann ziehen.

Mein Fazit: Ich denke, dieses Buch verlangt nach einer Fortsetzung.

Bewertung vom 14.06.2021
Der Junge, der den Wind einfing
Kamkwamba, William;Mealer, Bryan

Der Junge, der den Wind einfing


ausgezeichnet

Das Jugendbuch "Der Junge der den Wind einfing" basiert auf wahren Begebenheiten. Es ist die Autobiographie des William Kamkwamba.

Zu Beginn des Buches erfährt der Leser sehr viel über den afrikanischen Staat Malawi, in dem der Protagonist mit seiner Familie lebt. Wir, in unserem bequemen Dasein in der westlichen Zivilisation können uns kaum vorstellen wie es ist, in solch einem armen Land aufzuwachsen. Zauber kennen wir nur aus der Unterhaltungsbranche und Medizinmänner sind uns völlig fremd. In unseren Breitengraden muss alles rational sein. Nicht so in im Leben der Familie Kamkwamba. Williams Großvater war ein begnadeter Jäger. Die Beschreibung der Jagd, das Auftauchen der vielen Kobras und das anschließende Ritual des Medizinmannes ist in unserem Lebensvverständnis völlig abwegig. Doch die Menschen in Malawi glauben an solche Ereignisse.

Man muss sich als Leser in diese Sitten und Gebräuche hinein versetzen, damit man versteht wie die Menschen leben. Armut, Hunger und Tod waren und sind sicherlich noch immer ihre Begleiter, wenn die Ernte mal wieder nicht den Erwartungen entspricht. Diese Not schlägt sich auch in den Namen der Kinder nieder (S.137 Simkhalitsa - "ich sterbe sowieso", Manda "Grabstein" oder Phelantuni "töte mich rasch") Dazu ein völlig egoistisches Staatsoberhaupt, das die Sorgen und Nöte seines Volkes nicht sehen will und verleugnert. Ja, der sich nicht um sein Volk kümmert. Allein die Vorstellung, dass die Menschen in so einem armen Land auch noch Schulgeld zahlen müssen, obwohl der Verdienst kaum für das Nötigste zum Leben reicht, verschlägt einem die Sprache. Wie sollen die Bürger je zu einem sorgenfreien Leben oder gar Wohlstand kommen, wenn ihnen mangels Geld die notwendige Bildung verwehrt wird. Ein Anrecht darauf gibt es in dem Land nicht.

Worüber ich sehr viel nachdachte war, wieviel menschliches Potential durch diese äußeren Umstände ungenützt brach liegen. Vielleicht gäbe es gute Chemiker, Ärzte, Lehrer oder Handwerker - wenn für die finanziell armen Menschen die Möglichkeit bestünde, eine gute Ausbildung zu bekommen.

Wie sagt man in solchen Fällen: Die Katze beißt sich in den Schwanz.

William Kamkwamba wollte sich mit diesem Leben nicht abfinden. Als er mangels Schulgeld zu Hause bleiben musste, verbrachte er seine Zeit in der Bibliothek und las, was ihm in die Finger kam. Bereits da zeigte sich sein Interesse an Technik. Die Grundlage zu seinem Berufswunsch wurde zu diesem Zeitpunkt gelegt: Er beschloss Wissenschaftler zu werden.

Mit dem Wenigen was er hatte baute er nach der Anleitung in einem Buch eine Windmaschine und erzeugte Strom. Ein langer und schwieriger Weg mit vielen Komplikationen. Doch er schaffte es.

Der Rest kam nachher wie von selbst: Zur richtigen Zeit wurden die richtigen Leute am richtigen Ort auf ihn aufmerksam. Wenn auch mit Verspätung erhielt er die Schulbildung, die er sich immer wünschte und für seinen Beruf braucht. Bei Netflix machte man aus dieser afrikanischen Heldengeschichte einen Film.

Dies ist ein Jugendbuch, dem man unbedingt Beachtung schenken muss. "Der Junge der den Wind einfing" eignet sich bestens zur Pflichtlektüre in Schulen. Besser kann man jungen Menschen nicht vor Augen führen, dass man so gut wie alles erreichen kann, wenn man ein Ziel vor Augen hat, über Ausdauer, Fleiß, Beharrlichkeit verfügt und sich auch nicht von Rückschlägen den Willen brechen lässt.

Bewertung vom 29.03.2021
Der große Sommer
Arenz, Ewald

Der große Sommer


ausgezeichnet

"Der grosse Sommer" von Ewald Arenz hat einfach alles, was ich von einem guten Jugendbuch erwarte. Von der ersten bis zur letzten Seite war dieser Roman keine Sekunde langweilig - hatte keinen einzigen Durchhänger. Im Gegenteil, einige dieser kurzen Kapitel las ich zweimal. Neben der Leichtigkeit der Jugend gelang es dem Autor auch die vielen Zwischentöne des Lebens einzufangen. "Der große Sommer" ist dem Genre "Coming of age" zuzuordnen.

Es ist der Sommer im Leben der vier Freunde: Friedrich, seiner Schwester Alma, Johann und Friedrichs erster großen Liebe - Beate. Wir kennen alle den Ausspruch: "Einer für alle, alle für einen". Für diese vier Freunde ist das nicht nur ein Lippenbekenntnis, sie leben diesen Satz in diesem großen Sommer.

Erzählt wird rückblickend aus der Sicht von Friedrich, der ein bestimmtes Grab auf dem Friedhof seiner Geburtsstadt sucht, in der er aufwuchs und die Schule besuchte. Während er durch die Grabreihen wandert, gehen seine Gedanken um Jahre zurück.

Ja, die Schule das war in diesem großen Sommer ein besonderes Thema. Friedrichs Versetzung war gefährdet und anstatt mit seiner Familie in Urlaub zu fahren, musste er zu Hause bei Oma und dem Großvater bleiben und für die Nachprüfung lernen. Die Oma war ja ganz o.k., jedoch der Großvater, den er auf keinen Fall Opa nennen durfte, war zu unterkühlt und unnahbar. Nicht unbedingt die Person, bei der ein 16jähriger Junge freiwillig seine Sommerferien verbringen möchte.

Aus anfänglicher Distanz zu diesem Medizin-Professor, der seinen Alltag im genauen Minutentakt einteilt, erwächst in Friedrich zuerst Achtung, die sich später in eine besondere Form tiefer Zuneigung verändert. Kein Wunder, denn der Sommer wurde sehr turbulent - aber auf Großvater war in jeder auch noch so schwierigen Situation absolut Verlass. Auch bei seiner größten "Dummheit" die Friedrich in diesem Sommer beging, war es sein Großvater der ihm half die Verantwortung für sein Tun zu übernehmen und heil aus der Sache wieder raus zu kommen.

Gegensätzlich zur Unterkühltheit des Großvaters, die weiche und liebevolle Oma, die so phantastisch kochen konnte. Malerin wollte sie einst werden, doch die Kunst blieb Freizeitbeschäftigung. Zu schwierig war das Leben nach Flucht und Krieg. Sie war durch und durch eine Künstlerseele, die in ihren Bildern das zum Ausdruck bringen konnte, was über die vordergründige Realität hinaus ging und sich dem flüchtigen Betrachter nicht erschloss: Das Flair eines Bildes.

(Seite 28/29) Friedrich: "Manchmal würde ich gerne malen können", sagte ich. "Weil ich dann malen könnte was ich sehe". .... "Aber es ist doch sowieso da", sagte sie (Alma) einfach. "Du musste es nicht malen". Das stimmte. Aber das, was man sah, war nicht alles....

Erstmals in seinem Leben begegnet Friedrich die Liebe und erstmals in seinem Leben erlebt er den Tod eines alten Menschen, begleitet diesen bis zum letzten Atemzug. Dieser Sommer spiegelt das Leben in seiner ganzen Fülle - Glück und auch Verlust. Wunderbar hat dies der Autor in einer Szene ausgedrückt, als Friedrich mit dem Rad am Friedhof vorbei fuhr. "Auf meiner Seite roch es unter der Kuppel der Linden .... durchsichtig süß. Und von den Kastanien am Straßenrand mischte sich ein Hauch vom Herbst hinein. Dass in allem Anfang immer schon ein Ende lag.... Vielleicht musste es so sein, dass man immer schon wusste, dass das Schöne verging. Vielleicht war alles so." (Seite 59)

Dieser Roman spiegelt die Leichtigkeit der Kindheit und Jugend, doch das Erwachsenenleben mit seinen Höhen und Tiefen wirft schon seine Schatten voraus. Lustig und traurig - wie das Leben eben so ist.

Dies ist zwar ein Jugendbuch, doch auch Erwachsene sollten es lesen. Einfach nur großartig.

Bewertung vom 03.03.2021
Der Hütejunge
Blatter, Ulrike

Der Hütejunge


ausgezeichnet

Kann eine erwachsene Autorin aus der Sicht eines Kindes schreiben? Ja, sie kann! Mit diesem Buch "Der Hütejunge" erbringt Ulrike Blatter den Beweis.

Der Junge, aus dessen Sicht die Zeit vor, während und auch noch nach dem WWII beschrieben wird, bleibt namenlos. Einfach nur der Junge.

Das neue, tausendjährige Reich hält auch in diesem Dorf in der Eifel Einzug. Wie ein Wunder mutet es an, dass der Führer in einem Auto durch diesen vergessenen Landstrich, weit weg von Berlin fährt. Wie wichtig müssen sich da die Bewohner vorgekommen sein? EDie Kinder winken begeistert mit den Fähnchen weil es alle tun. Nur die Mutter des Jungen wird wütend, zerbricht die dünnen Holzstiele der Fähnchen und verbietet ihren Kindern diese Freude. Der Ärger ihrer heranwachsenden Kinder, dass ihnen dieser Spaß verdorben wird, bleibt nicht aus. Auch die Braunhemden der HJ sind ihr ein Dorn im Auge. Wogegen die Jungs sich nichts sehnlicher wünschen als dort zu ihren Freunden dazu zu gehören.

Der Krieg beginnt und die Menschen sind im Taumel. Höchstens wenige Wochen, dann einige Monate und der Sieg gehört dem Führer - sagt man ihnen und die Leute glauben es, wollen es auch glauben. Was niemand auf dem Schirm hatte, die ersten Männer aus dem Dorf fallen für Führer Freund und Vaterland. Noch immer geht es den Dörflern recht gut, bis alles Vieh gezählt wird und niemand mehr schlachten kann wie er will. Der Hunger kommt erst später. Lustig zu lesen, wie die Landbevölkerung es schafft, dem Regime ein "Schnippchen zu schlagen" und sich Essensrationen auf die Seite zu schaffen. Bauernschläue nennt man sowas.

Der Titel "Hütejunge" ergibt sich aus der Tätigkeit des Jungen. Den Sommer über hütet er die Kühe einiger Bauern auf der Weide, träumt davon schnell erwachsen zu werden, damit er das Abenteuer Krieg noch an vorderster Front miterleben kann.

Ist der Krieg zu Beginn auch noch so weit, irgendwann erreicht er auch diesen kleinen, grenznahen Ort in der Eifel, in dem dtsch. Soldaten Quartier haben. Die Nächte im Bombenhagel verbringt die Mutter mit ihren Kindern nun im Keller. Nur noch überleben wollen sie.

Dem namenlosen Junge wurde die Kindheit geraubt und niemand fand sich schuldig. Als er in dem Alter war mit seinen Freunden im Wald oder auf den Wiesen zu spielen, waren sie damit beschäftigt wachsam zu sein und im Bunker oder in einem Keller rechtzeitig Schutz zu suchen. Es war für sie wie ein "Abenteuer" sicher den Ortskern zu erreichen, ohne von Bordschützen der Tiefflieger erschossen zu werden. Sie wurden Meister darin, mit der Natur zu verschmelzen, damit sie aus der Luft nicht gesehen werden konnten. Für die Kinder ist der Krieg ihr Alltag.

Doch irgendwann ist der Krieg vorbei. Tagelang wurde um das Dorf gekämpft, bis endlich die Amerikaner einziehen. Endlich Frieden. Doch friedlich geht es unter den Bewohnern nicht zu. Für die Dorfbewohner geht der Kampf ums Essen weiter. Zuerst der Hunger und als wäre dies noch nicht genug, diese entsetzliche Kälte im Winter und nichts, mit dem man heizen könnte. "Fringsen" - war die Erlaubnis sich in der Not am Überfluss Anderer zu bedienen.

Dem Buch liegen wahre Begebenheiten zu Grunde - ist also eine Mischung aus Realität, angereichert durch Phantasie. Die Autorin formte viele kluge Sätze. Etwas möchte ich aufgreifen, der wohl immer Bestand haben wird (S. 316): "...Philippine wr keine Frau wie die anderen. Und der Junge lernte von ihr, dass es besser war, die oberflächlichen Erwartungen der Mitmenschen zu erfüllen, wenn man im Leben etwas erreichen und gleichzeitig seine Ruhe haben wollte. Hauptsache, die Nachbarn und Verwandten nahmen ihn so wahr, wie alle meinten, dass er sein müsste. Der Rest war dann egal. Dann hatte man seinen Frieden und konnte machen und denken, was man wollte. ..."

Bewertung vom 22.01.2021
Die Douglas-Schwestern Bd.1 (2 MP3-CDs)
Jacobi, Charlotte

Die Douglas-Schwestern Bd.1 (2 MP3-CDs)


gut

Bei der Bewerbung für dieses Hörbuch hatte ich leider ganz andere Vorstellungen. Dass auch Liebe eine Rolle spielen würde dachte ich mir zwar und nahm es billigend in Kauf. Aber man muss ja nicht gleich so auf die Pauke hauen.

Allein der Schriftzug "Douglas" erzeugte schon bestimmte Bilder in meiner Vorstellung und wunderbare Düfte in meiner Nase. Ich hatte gehofft, etwas mehr von dem Erfolgs-Geheimnis dieser Parfümerie-Kette zu erfahren. Doch in erster Linie geht es bei diesem Hörbuch dann doch um Liebe-Herz-Schmerz. Am Ende erfährt die Hörerin - ich glaube nicht, dass Männer dieses Hörbuch wählen - dann auch, dass von dem Werdegang "Douglas" und den Personen die von Beginn an hinter diesem Lable stehen, nicht sehr viel bekannt sei. Also musste die Autorin ihre Phantasie bemühen, eine Geschichte zu kreieren. Was "Douglas" tatsächlich ausmacht, bleibt mir nach wie vor verborgen. Schade!

Viel Phantasie hat die Autorin aufgebracht, diesen Frauen-Roman zu schreiben. Was dabei herauskam ist nicht so mein Ding. Doch jetzt das große ABER, weshalb ich doch bis ans Ende hörte: Ab dem 2. Weihnachtstag lag ich krank im Bett und konnte die Augen zum Lesen nicht aufhalten. Auch mit der Konzentration haperte es. Und da kam dieses Hörbuch gerade zur richtigen Zeit ins Spiel und war ideal für mich. Der Inhalt ist recht banal und ich musste mich nicht konzentrieren - konnte mich von der Sprecherin einfach mit Worten berieseln lassen. Wenn ich mal einen Satz lang weg döste machte es auch nichts. Allerdings muss ich zugeben, dass ich die erste CD zweimal hörte, damit ich nicht zu sehr den Faden verlor. Aber auch beim 2. Hören empfand ich das Hörbuch nicht unbedingt als meins. Liebe, Herz, die ganze Inhaltspaletten der Frauenromane sind hier vereint. - Für meine Begriffe zu viel davon. Aber das ist ja bekanntlich Geschmackssache. Allerdings, dadurch passt es nicht in mein bevorzugtes Genre. Wobei ich allerdings einräumen muss, dass dieses Hörbuch wiederum ideal war, die Genesungszeit im Bett tot zu schlagen. Beim Hören verlangte es mir nichts ab. Ich könnte mir auch vorstellen, dieses Hörbuch auf einem Langstreckenflug zu hören oder auf einer langen, ermüdenden Autofahrt. Eben alles zu seiner Zeit.

Deshalb kommen von mir 3 Sternchen.

Jedoch, wer auf herzerweichende Frauen/Liebesromane in Hörbuchform steht, der wird wahrscheinlich mehr auf seine Kosten kommen als ich und von diesem Hörbuch begeistert sein. Denn davon bietet dieser Roman sehr viel.