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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Giselas Lesehimmel
Wohnort: 
Landshut
Über mich: 
Bücher sind die schönste Unterhaltung

Bewertungen

Insgesamt 689 Bewertungen
Bewertung vom 26.05.2024
Wir werden jung sein (eBook, ePUB)
Leo, Maxim

Wir werden jung sein (eBook, ePUB)


sehr gut

Meine Meinung:
Wie würde ich mich entscheiden?

Dieses Buch hat mich mit voller Wucht mitgerissen. Ich bin ja ein absoluter Gegner der Genmanipulation. Doch, wie würde ich mich entscheiden, wenn dadurch mein eigenes Leben gerettet würde?

Wir erleben jedes Kapitel aus der Sicht einer anderen Person. Besonders die Kapitel der Probanden fand ich spannend. Was das Buch jedoch ausmacht, ist der Stoff zum diskutieren und Gedanken machen.


Die Erlebnisse der vier Probanden scheinen nicht aus dieser Welt zu sein. Oder doch? Die Forschung ist ja mit der Gentechnik schon ziemlich weit vorangekommen. Könnte man vielleicht Herzkrankheiten, Krebs und andere Krankheiten schon längst heilen? Sämtliche Organe verjüngen?Ließe sich die Gentechnik nutzbringend anwenden? So meine Gedanken. Aber wäre dann die überbevölkerte Erde nicht zusätzlich strapaziert? Fragen über Fragen, die so einfach nicht zu beantworten sind.

Vor allem, wären solche Medikamente für jeden Menschen mit Sicherheit nicht zugänglich. Würden sie doch unsere Zweiklassenmedizin eventuell noch stärker zum Vorschein bringen.


Wie die vier Probanden in der Berliner Charité zueinander finden, ist ein sehr emotionaler und spannender Bestandteil der Geschichte. Der Schreibstil ist sehr flüssig. Auch wenn ich das Buch mal für einige Stunden aus der Hand gelegt habe, war ich dennoch mitten im Geschehen. Der Autor bringt die Hoffnungen und Ängste der Menschen klar zum Ausdruck. Ethische Fragen werden aufgeworfen. Vor allem bleibt man als Leser nicht verschont. Jedes gesundheitliche Problem der Probanden könnte ja das Eigene sein.

Fast alles in diesem Buch klang für mich sehr einleuchtend. Eine Szene fand ich jedoch total an den Haaren herbei gezogen. Ich möchte darauf nicht näher eingehen, da ich sonst spoilern würde.

Trotz meines Kritikpunktes kann ich eine absolute Empfehlung aussprechen und 4 1/2 Sterne vergeben.


Danke Maxim Leo. Ich hatte total spannende und emotionale Lesestunden.

Bewertung vom 19.05.2024
In den Augen meiner Mutter
Leevers, Jo

In den Augen meiner Mutter


ausgezeichnet

Meine Meinung

Schweigen ist nicht immer Gold

Es gibt Geschichten, die einen fesseln und stellenweise ratlos machen. So auch bei *In den Augen meiner Mutter!* Der Leidensweg von Nancy ist manchmal wirklich schwer zu ertragen. Ihre Ehe ist auf einer großen Lüge aufgebaut. Jedoch kommen Dinge zum Vorschein. die ich so nicht erwartet hätte.

Georgie ist schwanger. Ihr Mann musste beruflich verreisen. Bis zum Geburtstermin wollte er eigentlich wieder daheim sein. Da entdeckt Georgie im Internet einen Beitrag von ihrer seit Jahren verschollenen Mutter Nancy, die in Schottland ein Kind gerettet hat. Obwohl wesentlich älter, erkennt sie ihre Mutter sofort. Wegen eines Zugstreiks bittet sie ihren Bruder Dan um Hilfe. Obwohl sie auch zu ihm keinen Kontakt mehr hat, kommt Dan sofort. In einem kleinen blauen VW Käfer beginnt eine abenteuerliche Fahrt.

In Rückblenden erleben wir die Kindheit von Nancy und ihrer Teenagerzeit. Sie lernt ihren späteren Mann Frank kennen. Die innere Zerrissenheit versucht Nancy stets mit Alkohol zu ertränken. Das wurde ihr einmal sehr zum Verhängnis und sollte auch ihr späteres Leben kaputt machen. Sie musste die Familie verlassen. Hatte keinen Kontakt mehr zu ihren Kindern. Frank heiratete wieder und die Kinder fügten sich ihrem Schicksal. Nancy ist ständig auf der Flucht. Nur einmal ist ihr eine längere Verschnaufspause in einer Naturhütte vergönnt. Ihr Leben ist von großer Einsamkeit geprägt. Einzig ihr heißgeliebter Hund leistet ihr Gesellschaft. Bis zu dem Tag, als ein Artikel ihrer Rettungsaktion im Netz erscheint. Die Retterin des kleinen Kindes wird gesucht ....

Auch die Rückblenden von den Kindern sind sehr aufschlussreich. Zeigen sie doch, wie große Lebenslügen das ganze Leben negativ beeinflussen. So lebt Georgie mit Schuldgefühlen ihrer Mutter und dem Bruder gegenüber. Der Vater wird bemitleidet. Nancy als hoffnungslose Säuferin abgestempelt, die keinerlei Verantwortungsgefühl gegenüber ihren Kindern hat.

Was Nancy betrifft hatte ich mehrmals Tränen in den Augen. Sie hatte zwar wirklich viele Fehler gemacht, aber niemals den Kontakt zu ihren Kindern brechen wollen. Ihr Mann Frank war mir von Anfang an suspekt. Ich war sehr gespannt, was ich über ihn erfahren werde. Georgie ging irgendwie den gleichen Weg wie ihre Mutter. Der Vater hatte stets ihren Bruder Dan bevorzugt. Nur selten für sie ein gutes Wort. Ihr Leben ändert sich zum Guten, als sie ihren Mann Wilf kennen und lieben lernt. Einzig das Ökohaus, in dem sie fortan leben soll, gefällt ihr nicht. Was Georgie mit ihrer Mutter gemeinsam hat, das Schweigen, wenn man besser reden sollte. Das etwas Hinnehmen, das man eigentlich nicht mag. Insgesamt geht es um toxische Beziehungen und Stalking. Um große Lügen, die auf den Köpfen von Kindern ausgetragen werden. Die Geschwister kommen sich auf ihrem Roadtrip wieder näher.

Das Ende ist rund und hat mich dennoch nachdenklich gestimmt. So viele verschwendete Jahre. Schweigen ist nicht immer Gold! Ich konnte einige Aktionen der Protagonisten nicht nachvollziehen. Aber ganz ehrlich, das kann ich im realen Leben auch nicht immer bei allen Menschen.

Ein goßes Dankeschön an Jo Leevers.

Bewertung vom 16.05.2024
Das Mondscheincafé
Mochizuki, Mai

Das Mondscheincafé


sehr gut

Meine Meinung
Bezaubernde Geschichte und das Cover ist eine Sünde wert
Ich bin keine Katzenhalterin. Mit Astrologie befasse ich mich auch sehr wenig. Mir ist nur aufgefallen, dass Menschen, mit den gleichen Sternzeichen, sämtliche Eigenschaften gemeinsam haben. Habt Ihr euch eigentlich schon mal gefragt, warum sämtliche Dinge jahrelang total angesagt sind und dann von niemandem mehr gewollt? Ihr werdet jetzt bestimmt sagen; der Mensch will Abwechslung. Das stimmt schon. Aber nicht nur der ....

Die Sterne spielen eine große Rolle. Die Erklärungen dazu lest Ihr am besten selber. Die Autorin kann das viel besser als ich, da sie Astrologie studiert hat. Dann erfahrt Ihr auch, welchem Planeten ihr zugeordnet seid. Die Geschichte ist einfach nur bezaubernd. Das Mondscheincafé hat keinen festen Stammplatz. Es taucht völlig unerwartet irgendwo auf, wo es ein Mensch dringend braucht. Dort kann nichts bestellt werden. Im Mondscheincafé arbeiten große Katzen, die jedem die für ihn passenden Speisen und Getränke servieren. Mit ihren Weisheiten helfen die Katzen Menschen, die in ihrem Leben in einer Sackgasse stecken.

Die Protagonisten kommen alle sehr sympathisch und authentisch daher. Der Schreibstil unterstreicht die märchenhafte Atmosphäre, die das Mondscheincafé ausstrahlt. Der erste Besuch im Café konnte mich richtig verzaubern. Alle weiteren Besuche fand ich auch gut, obwohl mich da die Astrologie ein kleines bisschen überfordert hat. Da macht ein zweites mal lesen auf alle Fälle Sinn.

Richtig gut fand ich, wie alle Café Besucher miteinander verbunden sind. Ein richtig schönes Ende, das mich mit meinem Mangel an Astrologie Kenntnissen, wieder versöhnt hat. Pianoklänge unterm Sternenhimmel haben mir Gänsehaut beschert.

Von mir eine absolute Empfehlung und 4.1/2 Sterne. Auch Leser ohne Katzen und Interesse an Astrologie, werden eine wahre Freude mit dieser bezaubernden Geschichte haben. Danke Mai Mochizuki. Liebe Grüße vom Saturn ❤️

Bewertung vom 12.05.2024
Bonjour Agneta
Hamberg, Emma

Bonjour Agneta


ausgezeichnet

Meine Meinung:

Unheimlich charmant und herzerwärmend.
Alle lieben Agneta. Das stimmt wirklich. Ich habe sie auch total liebgewonnen. Das liegt mit Sicherheit nicht daran, dass Agneta perfekt ist. Vielmehr erzählt eine perfekt unperfekte Frau ihre Geschichte. Eine die mit jedem gut auskommt, aber nicht wahrgenommen wird. Die einen perfekten Mann hat, der noch nie die Frau in ihr gesehen hat, die sie wirklich ist. Der exzessiv Sport betreibt und auf alle Freuden des Lebens verzichtet. Hähnchen nur ohne Haut isst. Für sich und Agneta beschlossen hat, keinen Rotwein und Käse mehr zu genießen. Butter sowieso nicht mehr. Die beiden Kinder sind flügge geworden und melden sich nur noch per SMS.

Was macht man, wenn man den perfekten Ehemann nur noch in Radlerhosen und Neoprenanzug zu Gesicht bekommt? Die kleinen Freuden des Lebens nur noch heimlich und alleine genießen kann? Ganz einfach. Agneta entdeckt eine seltsame Zeitungsanzeige. Ein Aupair Mädchen wird für einen Jungen gesucht, der total hilflos dem Leben gegenüber steht. Das in einem malerischen Örtchen in der Provence. Agneta kann es selbst kaum fassen, als sie sich selbst mit einem kleinen Köfferchen bewaffnet genau in diesem Ort wieder findet. Als Aupair Mädchen mit 49!

Diese Geschichte ist Balsam für die Seele. Die Herzlichkeit, die die Menschen in der Provence Agneta entgegen bringen, lässt selbst eine so unscheinbare Frau, (die mit sich selbst in der dritten Person spricht,) zu sich selbst finden. Dabei spielt es gar keine Rolle, (ab einem bestimmten Zeitpunkt,) dass es sich nicht um einen Jungen handelt, sondern um den 80jährigen dementen Einar. Ich habe die Zeit in der Provence sehr genossen. Mich für Agneta gefreut. Endlich durfte sie sie selbst sein. Fettige, leckere Speisen genießen und Wein trinken. Sich mit Lavendelöl einreiben und ausgefallene Unterwäsche tragen. Obwohl sie kein französisch spricht und versteht, wurde sie von den herzlichen Menschen verstanden. Google war dabei sehr hilfreich. Besonders viel Spaß hat es gemacht, ihrer Freundschaft mit dem dementen Einar beim Wachsen zuzusehen. Mit ihm in dem großen Kloster zu leben, welches er einst mit seiner großen Liebe dem Künstler Aman nach eigenen Wünschen restauriert hatte. Seine Lebensgeschichten sind für Agneta manchmal mehr als peinlich. Dennoch ist die sonnige Art von Einar gut für ihre Selbstfindung. Egal ob der Barbesitzer ein paar Häuser weiter oder die Nachbarin gegenüber. Jeder gibt ihr das Gefühl, Mitglied in einer außergewöhnlichen Familie zu sein. Vor allem entdeckt Agneta die verschiedenen Arten der Libidio für sich neu!

Die Lebensgeschichte von Einar mutet sehr traurig an. Dennoch sieht er das Gute, was das Leben zu bieten hat. Das Thema Demenz nimmt einen großen Raum ein, ohne dabei nur traurig daher zu kommen. Sich mit seinen eigenen Schwächen selbst zu lieben, ist das wertvollste, das Agneta von Einar vermittelt bekommt.

Einar hat seit Jahrzehnten einen Herzenswunsch. Dieser ist ein besonderer Bestandteil in dieser Geschichte. Ich habe es dem unkonventionellen alten Mann so sehr gewünscht, dass er in Erfüllung geht. Die Geschichte behandelt sehr wichtige Themen. Eine toxische Beziehung und die Problematik in den 60ern mit gleichgeschlechtlicher Liebe. Das Ganze mit sehr viel Humor und Herzenswärme. Der bildhafte Schreibstil enthält sehr viel Wortwitz. Alle Personen kommen absolut authentisch rüber. Ich hatte tatsächlich das Gefühl, in Frankreich zu sein. Bin durch den Wochenmarkt geschlendert, mit seinen vielen Leckereien. Das Kloster ist gewöhnungsbedürftig, aber am Ende mag man es gar nicht mehr verlassen.



Fazit:
Ich weiß noch nicht, was das Jahr 2024 mir noch an Büchern bringt. *Bonjour Agneta* hat jedoch sehr gute Chancen, mein absolutes Highlight 2024 zu werden.

Das Ende war für mich einfach nur richtig. Ich wüsste gerne, wie es mit Agneta und Einar weiter geht. Dieser Wunsch wird erfüllt. Die Autorin arbeitet an einer Fortsetzung.

Danke Emma Hamberg. Ich freue mich auf einen weiteren Besuch in der Provence.

Bewertung vom 12.05.2024
Hallo, du Schöne
Napolitano, Ann

Hallo, du Schöne


ausgezeichnet

Meine Meinung:
Tiefgründige Familiengeschichte
Die Geschichte ist auf eine ruhige Weise unterhaltsam. Ich konnte fast alle Charaktere gut leiden. Einzig Julia Pardavano war mir unsympathisch. Für mich war sie einfach zu besserwisserisch. Wollte immer die Erste sein. Egal ob bei irgendwelchen Ereignissen oder wenn es in der Familie etwas neues zu berichten gab. William Waters tat mir unheimlich leid. Wie sich seine Eltern bei seiner Hochzeit mit Julia verhalten haben, fand ich absolut gefühlskalt. Verständlich dass er in Julias Familie die Geborgenheit genießt, die er bei seinen Eltern niemals erfahren hat. Egal ob Julias Eltern oder Schwestern; er fühlt sich einfach getragen. Wegen einer schweren Knieverletzung endete seine Karriere beim Basketball.


Julia, Sylvie, Cecilia und Emeline könnten verschiedener nicht sein. Natürlich sieht man, dass sie alle aus dem gleichen Stall stammen. Dennoch tickt jede anders. Während Julia stets darauf bedacht ist, aus ihrem, (und aus dem Leben ihrer Schwestern,) stets das Möglichste heraus zu holen, führen ihre Schwestern eher ein gefühlsbetontes Leben. Sylvie liebt die Literatur. Arbeitet in einer Bibliothek und küsst gerne Männer zwischen den Bücherreihen. Das hat mir ein Grinsen ins Gesicht gezaubert. Cecelia liebt es Bilder zu malen. Ihre Zwillingsschwester arbeitet mit kleinen Kindern und sorgt sich stets um ihre Mitmenschen.


*Hallo du Schöne* ist ein Titel, der mich dazu animiert hat, das Buch zu lesen. So hat der Vater immer jede Tochter begrüßt. Überhaupt mochte ich den Vater sehr gerne. Er hatte zwar Probleme mit dem Alkohol, kam aber dennoch immer sehr herzlich rüber. Wegen ihm habe ich ein paar Tränchen verdrückt. Die Mutter verstand ich erstmal überhaupt nicht. Einst wurde sie von ihrer Mutter verstoßen. Den gleichen Fehler macht sie nun auch bei einer ihrer Töchter.


Ich muss gestehen, ich wurde nicht auf Anhieb mit der Geschichte warm. Ab einem bestimmten Zeitpunkt wurde es mir jedoch unmöglich, das Buch zur Seite zu legen. Schuld an meinem anfänglichen Unmut war Julia. Ihre Dominanz ging mir total gegen den Strich. Irgendwann habe ich sie dann einfach akzeptiert. Das war gut so. Diese Familiengeschichte ist so komplex und emotional. Sie hebt sich vom Einheitsbrei ab. Es werden Probleme angesprochen, für die es meist Lösungen gibt. Geburten und Abschiede haben mir das eine oder andere mal feuchte Augen beschert. Das innere Kind kommt besonders bei William zum Vorschein. Seine Geschichte hat mich sehr berührt. Julia empfand ich als pures Gift für ihn. Sie hatte nicht *ihn* geliebt, sondern den Mann, den sie aus ihm formen wollte. Sie hatte keinerlei Verständnis für seine gescheiterte Karriere als Basketballspieler.

Eine Familie mit Problemen, bei der dennoch die große Verbundenheit zu spüren ist, hat mir eine über Jahrzehnte spannende und emotionale Geschichte beschert. Besonders die Gründe dafür, warum man sein eigenes Kind nicht lieben kann, sind mehr als traurig und tiefgründig.


Wir erfahren die Geschehnisse überwiegend aus der Sicht von Julia, Sylvie und William. Von mir eine absolute Empfehlung. Einen guten Tipp noch: Haltet Taschentücher bereit.

Ein großes Dankeschön an Ann Napolitano und den Dumont Verlag.

Bewertung vom 06.05.2024
Und alle so still (eBook, ePUB)
Fallwickl, Mareike

Und alle so still (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Die große Solidarität unter Frauen

Es ist sehr selten, dass mich ein Buch mit solcher Wut im Bauch packt. Das hat Mareike Fallwickl einfach drauf. Sie spricht aktuelle Themen an und zeigt uns eine Zukunftsversion davon. Oftmals ziemlich überspitzt; aber dennoch leider realistisch. Wir wissen alle, was Frauen für die Allgemeinheit leisten. Wir wissen alle, dass Frauen in vielen Bereichen immer noch unterbezahlt sind. Krankenschwestern und Altenpflegerinnen können ein Lied davon singen.
Ruth ist ein richtig guter Vorzeigecharakter in der Geschichte. Aufopernd arbeitet die Krankenschwester in einem Krankenhaus, welches zu 75% unterbesetzt ist. Ihre Mutter Iris ist mit dem Arzt Peter verheiratet. Die betagte Frau ist als Arzthelferin in der Praxis ihres Mannes angestellt.
Alma ist die zweite Tochter von Iris, die mit der Familie kaum noch Kontakt hat. Alma führt ein Spa Hotel. Ihre Tochter Elin hält sie viele Jahre von ihrer Oma und Tante fern. Doch an einem heißen Junitag erhält Elin den Auftrag von ihrer Mutter, nach ihrer Oma zu schauen.
Wir erleben das Geschehen abwechselnd von verschiedenen Personen. Die Männer schneiden sehr schlecht ab. Eine Pistole und Gebärmutter kommen auch immer wieder zu Wort. Das fand ich richtig genial. Erst zum Ende konnte ich beides zuordnen.
Der Protest kommt für die Männer ziemlich gruselig daher. Sämtliche Frauen liegen auf dem Boden in einvernehmlichen Schweigen. Frauen haben ihre Arbeit niedergelegt. Das Schweigen hat somit eine Stimme bekommen. Laut, und von Gewalt geprägt, sind die Reaktionen der Männer. Elin lernt ihre Oma und Tante in einer Situation kennen, in der Frauen solidarisch für eine Sache kämpfen. Still. Ohne die Stimme zu heben. Sie fühlt sich bei ihrer Oma auf Anhieb geborgen.
Doch nicht nur Frauen haben unter dem Kapitalismus zu leiden. Nuri ist ein junger Mann, der einem wirklich sehr zu Herzen geht. Es gibt mehrere Männer, die den Frauen wohlgesinnt sind.
Was Mareike Fallwickl geschrieben hat, überzeugt mich von Anfang bis Ende. Wir stecken doch schon mittendrinnen. Falscher Optimismus ist längst fehl am Platz.
Der Kapitalismus wächst. Die Carearbeit ist eine emmens wichtige Sache, die überwiegend von Frauen gestemmt wird. Ohne die der Kapitalismus sterben würde. Ob bei den beiden Weltkriegen oder im Heute, in Krankenhäusern oder anderen Pflegeeinrichtungen, sind überwiegend Frauen tätig. Frauen haben von jeher gepflegt, getröstet und Leben gerettet. Sind ehrenamtlich sehr engagiert.

Ich habe seit langem eine große Wut im Bauch. Danke Mareike Fallwickl. Sie haben meiner Wut eine Stimme gegeben. Ich bin richtig glücklich, über den Mann an meiner Seite, der mich seit vielen Jahren bei all meinen Tätigkeiten tatkräftig unterstützt.
Von mir eine absolute Empfehlung, mit einer kleinen Bitte: Ich hätte da noch ein paar Fragen. Bekomme ich im nächsten Buch die Antworten?

Bewertung vom 29.04.2024
Stunden des Glücks / Die Telefonistinnen Bd.1
Schojer, Nadine

Stunden des Glücks / Die Telefonistinnen Bd.1


ausgezeichnet

Meine Meinung:

Warmherzige Geschichte um 4 Powerfrauen 1948

Das ist ja wieder mal ein Buch, das genau meinen Lesenerv getroffen hat. Geschichten über den Wiederaufbau versprühen sehr viel Lebensfreude. 1948 bringen eine Stulle und Glas Sekt dazu die Menschen noch in Verzückung. Die vielen Entbehrungen haben sich bei allen bemerkbar gemacht. Aber es geht wieder aufwärts.

In einer renommierten Versicherungsgesellschaft, kämpfen vier Telefonistinnen um ein besseres Leben.

Jede hat ihr Päckchen zu tragen. Die Gisela und ihr Sohn warten immer noch auf die Rückkehr ihres Ehemannes. Gisela bekommt jedoch Herzklopfen, wenn sie in der Arbeit einem bestimmten Mann aus der oberen Etage begegnet. Die modebewusste Hanni hat einen cholerischen Vater, der ihr das Leben schwer macht. An ihrer Nähmaschine vollbringt sie wahre Wunder. Julia ist ein junges Mädchen mit vielen Geheimnissen. Sie wird gut von ihren Kolleginnen aufgenommen. Ihr Einfallsreichtum und Geschäftssinn löst ein großes Problem von Hanni.
Dann hätten wir da noch die überaus elegante Charlotte. Eine neue Kollegin, die Anfangs so gar nicht richtig dazu zu passen scheint. Auch sie hat eine Menge Geheimnisse.



Das Herzstück der Versicherung war mir besonders sympathisch. Die gutmütige Empfangsdame Erna liebt Bürotratsch. Wehe sie erfährt die Neuigkeiten nicht als erste. Ihr Wissen setzt sie aber niemals für Gemeinheiten ein. Vielmehr kommen die Frauen in den Genuss ihrer mütterlichen Zuwendung. Sie hofft immer noch, dass ihr Sohn unversehrt aus dem Krieg zurückkehrt.


Die liebevoll gezeichneten Frauen sind mir schnell ans Herz gewachsen. Die weniger Netten fand ich durchaus interessant. Die Kölner lieben ihren (beschädigten) Dom. Das kann ich sehr gut verstehen. Auch mich beeindruckt der imposante Bau.

Hoffnung, Liebe und Strebsamkeit bringen die Frauen voran. Der Zusammenhalt hat mir sehr gut gefallen.

Die Beschreibungen in der Telefonzentrale fand ich richtig interessant. Ich liebe Retro! Ich freue mich auf die Fortsetzung. Nicht alle Geheimnisse werden im ersten Teil gelüftet. Besonders die Einführung der deutschen DM hat mir ein Seufzen entlockt. Viele Erinnerungen wurden wach.

Fazit:

Nadine Schojer hat hier einen sehr interessanten Roman geschrieben. Alle Frauen kommen authentisch daher. Der Kölner Dom versprüht Lokalkolorit.

Von mir eine absolute Empfehlung.

Danke Nadine Schojer. Ich bin sehr neugierig wie es weitergeht.

Bewertung vom 28.04.2024
Die Hoffnung der Chani Kaufman (eBook, ePUB)
Harris, Eve

Die Hoffnung der Chani Kaufman (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Meine Meinung:

Seid fruchtbar und mehret Euch

Ich habe mit dem e-Book begonnen und bin an der Geschichte förmlich geklebt. Unfassbar, dass es so was in der heutigen Zeit noch gibt. Das orthodoxe Judentum gewährt einer Frau keinerlei Freiheiten. Eine Frau ist wertlos, wenn sie ihrem Mann kein Kind gebären kann.

Eigentlich wäre ihr Leben in Jerusalem sehr harmonisch. Chani arbeitet Teilzeit in einem Blumenladen, was ihr sehr viel Freude bereitet. Baruch besucht eine Schule um Rabbi zu werden. Jedoch versucht das junge Ehepaar erfolglos ein Kind zu zeugen.In ihrer Not wenden sie sich an Baruchs Eltern.Diese bezahlen die Behandlung in einer Kinderwunsch Klinik. Dort stellt man fest, woran die Kinderlosigkeit liegt.



Ich konnte es nicht fassen. Der Grund für die Kinderlosigkeit wäre so einfach zu beheben gewesen. Die orthodox-jüdischen Gesetze lassen aber diese einfache Lösung nicht zu. Fällt doch der Eisprung von Chani ausgerechnet in den Zeitraum, wo sie noch nicht die Monatsblutung komplett beendet hat. Sie gilt noch als *unrein!* Das Unwissen von Chani, was eine Schwangerschaft betrifft, empfand ich eigentlich als traurig. Dennoch musste ich bei einer Szene schmunzeln. Anfang des 20. Jahrhunderts hätte ich diese Unwissenheit verstanden.

Chani kommt (verständlicherweise) sehr verhuscht rüber. Sie beneidet jede schwangere Frau. Hat Angst, wenn sie kein Kind bekommt, dass ihr Mann sie verstösst, um mit einer anderen Frau Kinder zu bekommen. Deswegen habe ich mich gefreut, wie Chani letztendlich mit der Situation umgegangen ist.


Ich durfte hinter die Kulissen von jüdisch-orthodoxen Ehen schauen. Was mit einer Frau passiert, die aus so einer Beziehung ausbrechen möchte, ist der pure Wahnsinn. Sie dürfen ihre Kinder nicht mehr sehen. Sie werden oftmals von ihren eigenen Kindern und Freunden nicht mehr akzeptiert. Auch vor Gewalttaten schreckt man nicht zurück. In dieser Geschichte habe ich richtige Kämpferinnen kennengelernt.


Das ganze Drama spielt sich in London und Tel Aviv ab und wird aus der Sicht von verschiedenen Personen erzählt. Nicht nur Frauen hadern mit ihrem Glauben.

Dennoch lernt man auch eine gute Gemeinschaft kennen. Ein Zueinanderhalten, das einem das Gefühl gibt nie alleine dazustehen. Genau dieses Getragen werden, macht es Frauen und Männern so schwer, dem orthodoxen Glauben den Rücken zu kehren. Der Gedanke, wer bin ich ohne Euch, lässt viele einfach wie gewohnt weiter machen.

Besonders Frauen haben Probleme, da sie meist keine berufliche Ausbildung haben. Selten sind sie genügend vorbereitet auf eigenen Füßen zu stehen. Koscheres Essen ist auf einmal nicht mehr so leicht zu bekommen. Aber das sind genau die Dinge, jedem orthodoxen Juden in Fleisch und Blut übergegangen sind.



Fazit:

Der bildliche Schreibstil hat mein Kopfkino auf Hochtouren arbeiten lassen. Das Setting spiegelt London und Tel Aviv wider. Ich hatte wirklich das Gefühl, durch die Jaffa Road zu spazieren.
Es handelt sich um den 2. Teil dieser spannenden Geschichte. *Die Hochzeit der Chani Kaufmann* thront nun auch auf meinem Reader und wird in Kürze gelesen.

Danke Eve Harris. Ich hatte tolle Lesestunden.

Bewertung vom 25.04.2024
Goldene Zeiten im Gepäck
Popescu, Adriana

Goldene Zeiten im Gepäck


ausgezeichnet

Meine Meinung:

*Einfach nur wunderschön und sehr zu Herzen gehend*

Es gibt Bücher, die ich einfach niemals beenden möchte. Da jedoch jedes Buch nur eine begrenzte Seitenanzahl hat, bleibt mir nichts anderes übrig. *Goldene Zeiten im Gepäck* hat mich auf eine emotionale, sowie sehr lustige Reise mitgenommen. Dieser spannende Roadtrip hat mein Herz sehr berührt. Meine Lachmuskeln arg strapaziert. Als ich das Buch zu geklappt habe, wusste ich nicht wohin mit mir. Das nächste Buch beginnen und in ein neues Abenteuer stürzen? Nein, das hat dieses Mal nicht geklappt. So viele Themen, die mich total beschäftigen, haben es mir unmöglich gemacht. So viele Menschen, die ich zu gerne im realen Leben kennen lernen würde. Die Pflegehelferin Karla wird wird von der Altenheimbewohnerin Frau Kaiser erpresst. Entweder Karla macht mit ihr eine Reise quer durch Europa, oder ...

Die Erlebnisse, die beide Frauen haben, sind mal traurig, mal zum Schreien komisch. Beide Frauen geben sich sehr erst mal ziemlich geheimnisvoll. Keine will erzählen, was in der Vergangenheit passiert ist.

Karla ist eine wahnsinnig liebevolle junge Frau. Eine Altenpflegerin, (ich weiß Karla, eine Altenpflegehelferin,) die die alten Leutchen richtig wahrnimmt. Auf ihre Bedürfnisse eingeht. Ihren größten Einsatz hat sie jedoch als (un)freiwillige Reisebegleitung und Chauffeurin von Frau Kaiser.

Frau Kaiser mochte ich von Anfang an sehr gerne. Der Einfallsreichtum der raffinierten Lady kennt keine Grenzen. Unter der rauen Schale verbirgt sich jedoch eine sehr sensible Frau, die ihre goldenen Zeiten, mit einem ganz besonderen Menschen noch ein einziges Mal aufleben lassen möchte. Seit 60 Jahren träumt sie davon.

So unterschiedlich, wie es Anfangs scheint, sind die beiden Frauen gar nicht. Karlas Gepäck enthält jedoch noch keine goldenen Zeiten. Aber immerhin ist sie auf dem besten Weg dahin. Der Meinung ist auch Erzengel Gabriel. Es gibt keinen Engel in der Geschichte. Mir kam er einfach nur so vor. Er hat beide Frauen genau zur richtigen Zeit gefunden. Ein ausgekochtes Schlitzohr, mit dem Namen Gabriel.

Wie der Klappentext schon verrät, spielt die Geschichte auch in der Vergangenheit in Melbourne. 1956 trat Elisabeth Kaiser als Schwimmerin bei den olympischen Spielen an. Sie war die Goldhoffnung aus Deutschland.

Mir hat dieser Roadtrip alles gegeben, was eine gute Geschichte für mich braucht.

Fazit:

Es begann mit einer Fahrt ins Irgendwo und endete mitten im Herz ❤️

Danke Adriana Popesco. Bei dieser Geschichte dürfte sogar ein Betonherz Sprünge bekommen.

Bewertung vom 18.04.2024
Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1
Weißmann, Eric

Mord unterm Reetdach / Kristan Dennermann ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Man merkt, der Autor ist auch im realen Leben Immobilienmakler der auf Sylt lebt. So wie der Hauptprotagonist Kristan Dennermann in diesem absolut stimmigen Krimi. Der Schreibstil gefällt mir unheimlich gut. Ganz unaufgeregt erzählt uns Kristan von seinem Leben auf Sylt. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, Kristan sitzt mit mir bei einer Tasse Kaffee auf dem Sofa und erzählt mir von einem brutalen Mord, bei dem er sich besser nicht eingemischt hätte. Jedoch kann er einfach nicht anders. Er verfügt über eine Sensibilität, die ihn Dinge förmlich spüren lässt.



Der Prolog ist unheimlich spannend. Die Spannung steigert sich kontinuierlich. Die Geschichte kommt nicht unnötig brutal daher, aber es reicht. Ich hatte des öfteren richtige Gänsehaut bekommen.



Mir ist Kristan total sympathisch. Er ist nicht nur ein erfolgreicher Immobilienmakler. Als Ermittler wäre er bestimmt eine Koryphäe. Vor allem liebt er seinen Hund abgöttisch. Der Corgi *Prinz of Wales* hat ihn zu dem ermordeten Hinerk Petersen in dessen Garten geführt. Der lag tatsächlich mausetot da und Kristan alsbald bewusstlos daneben. Als er wieder erwacht, wird er von einem jungen Ermittler für verdächtig befunden. Soll Kristan doch für den Ermordeten das Haus verkaufen. So hat sich Kristan das Sylter Sonnenwendfeuer nicht vorgestellt.







Der immer wieder eingestreute Humor ist köstlich. Das können die Sanitäter auf Sylt bestätigen, dessen Hilfe Kristan mehrere Male in Anspruch nimmt. Auch der Prinz of Wales kommt einmal in den Genuss. Ob in seinem Maklerbüro oder am Strand. Kristan spürt eine große Gefahr, die ihm droht.

Sämtliche Personen konnte ich mir bildlich vorstellen. Seine Angestellte Hella, (Honeypenny) ist Kristans Fels in der Brandung. Auf sie ist immer Verlass! Sie nennt ihn Jamie. Lilo, die Biohundefutter herstellt, (Happy Belly)und eine sehr patente Frau ist, die halbtags leckeren Kaffee verkauft. Simon, der ehemals beste Freund von Hinerk Petersen. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie ihren Apotheker Sven Atzorn. Kröger, ein junger Kommissar, der gerne Kristan als Täter sehen würde. Spart viel Arbeit.



Sylter Feeling ist beim Lesen absolut garantiert. Der vielseitige Kristan ist auch noch ein hervorragender Hobbykoch. Er kann mit Matjes und Bratkartoffeln eher weniger anfangen. Statt Bier und Schnaps bevorzugt er edlen Rotwein.

An Eurer Stelle würde ich mich aber jetzt nicht von den netten Beschreibungen einlullen lassen. Es geht hoch her auf der Insel. Ich war mir wirklich nicht sicher, ob Kristan nochmal die Gelegenheit zum Kochen haben wird .....



Fazit:

Das Setting spiegelt den Lokalkolorit in Sylt wider. Vor allem die Mentalität der Insulaner kommt voll zum tragen.

Von mir eine absolute Empfehlung, für diesen spannenden Krimi. Mit diesem Ende habe ich nun wirklich nicht gerechnet.

Danke Eric Weissmann. Ich gratuliere zum Krimi-Debüt.