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Benutzername: 
Jedida
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Unfinden

Bewertungen

Insgesamt 48 Bewertungen
Bewertung vom 04.03.2024
Die Halbwertszeit von Glück
Pelt, Louise

Die Halbwertszeit von Glück


ausgezeichnet

Im Unglück liegt auch das Glück verborgen – wenn man es annehmen kann

Seit einem Monat überlege ich, wie ich dieses Buch rezensieren soll, denn es hat einen zwiespältigen Eindruck bei mir hinterlassen.

Zunächst einmal überzeugt es mit einer wirklich hübschen Verpackung; der Schutzumschlag hat eine Prägung, die sich ein bisschen wie Mini-Blindenschrift anfühlt. Das ist auf jeden Fall mal etwas Neues. Auch das Lesebändchen habe ich genutzt, in der letzten Zeit liebe ich Lesebändchen wieder sehr.

Der Schreibstil ist flüssig und lässt sich angenehm lesen.

Die Grundidee hinter der Story gefiel mir ebenfalls: drei Frauen über mehrere Jahrzehnte und Länder voneinander getrennt und doch sind ihre Schicksale verwoben.

Eins kann ich sagen: Auch nach dem einen Monat, die die Lektüre dieses Romans schon hinter mir liegt, erinnere ich mich noch ziemlich gut an die Geschichten der jeweiligen Frauen. Das spricht dafür, dass die Autorin Schicksale gewählt hat, die in Erinnerung bleiben. Und das ist eine gute Sache.

Allerdings hat mich beim Lesen selbst nur eine Geschichte vollkommen gepackt und in ihren Bann gezogen – und zwar Johannas. Johanna, Akademikerin, hat sich nach dem Verlust ihres einzigen Kindes in eine Waldhütte im DDR-Grenzgebiet zurückgezogen und lebt dort ohne Strom und fließend Wasser allein, bis sie im Wald eine junge Frau findet, die beim versuchten verbotenen Grenzübertritt in die BRD angeschossen wurde. – Bei diesem Part der Geschichte stimmte bis auf das in Retroperspektive erzählte Ende eigentlich alles. Die Figur ist stark, ihr Leben ungewöhnlich und das Geschehen packt den Leser.

Bei Mylène hingegen zogen sich die Leseabschnitte und ich hätte sie am liebsten übersprungen. Ihr Leben und auch das Erben der Wohnung kamen mir vor wie ein einziges Klischee. Und dann noch diese gemeinsame Reise mit ihrem Ex, einer Figur, die blass blieb und absolut entbehrlich gewesen wäre, da sie die gefühlte Langeweile verstärkt hat.

Hollys Geschichte war okay, wie da jedoch der Bezug zu der Figur gezogen wird, die wir zu Beginn in Johannas Hütte kennenlernen, hat mich nicht überzeugt. Vor allem nicht die Art der Herangehensweise. Über das Mädchen wollte ich etwas wissen, nicht wirklich über Holly, was letztlich dazu geführt hat, dass Hollys Part, der so schlecht nicht war, mich nicht wirklich erreicht hat, weil mich das Schicksal des Mädchens mehr interessiert hätte. Zudem wirkte der Part extrem konstruiert.

Das Ende, das alle Schicksalsstränge verbindet, kam dann auch irgendwie abrupt und folgte keinem natürlichen Verlauf. Das war eher, als würde einem die Auflösung dann mal eben auf dem Silbertablett serviert. Hier, bitte, guten Appetit.

Der Roman heißt zwar »Die Halbwertszeit von Glück«, was sich auf Johannas Beruf bezieht und eine schöne und passende Metapher ist, jedoch fehlte mir der tiefere Zugang zum Thema Glück.

Letztlich blieb nach dem rasch herunter erzählten Ende das Gefühl von Enttäuschung zurück und das, obwohl mich gerade Johannas Part wirklich erreicht hat.

Ich denke, dieses Buch eignet sich gut für eine private Leserunde, insbesondere wenn man Lust hat, auch darüber zu diskutieren, wieso manche Geschichten an manchen Stellen nicht mehr funktionieren

Bewertung vom 22.02.2024
Dangerous Relations
Cohen, Jennieke

Dangerous Relations


ausgezeichnet

Einmal abtauchen in die Welt der Bälle – Regency Romance für Jugendliche

Hier werden alle Genre-Erwartungen erfüllt: Jedes Kapitel beginnt mit einem Jane-Austen-Buchzitat, allein das dürfte die Genre-Leser begeistern. Die Hauptfigur orientiert ihr Leben und ihre Denkweise dann auch gern an den bekannten Figuren aus den Austen-Romanen.

Zudem geht es gleich zu Beginn der Geschichte ordentlich zur Sache. Vicky wird bei einem Ausritt auf ihrem Grundstück von einem Unbekannten zusammengeschlagen. Zeitgleich kehrt ihre Schwester ins Elternhaus zurück, die vor ihrem gewalttätigen Ehemann geflohen ist. Damit das Erbe nicht an jenen fällt, wenn der Schwester eine Scheidung genehmigt wird, muss Vicky rasch einen Ehemann finden – und das, obwohl sie wie Elizabeth Bennet ein Freigeist ist.

Dann gibt es da noch den jungen Nachbar, der in Kindertagen Vickys bester Freund war, und der eines Tages auf mysteriöse Weise verschwunden ist, der wieder auftaucht und Vickys Herz noch immer nahe ist. Aber ist er auch ein geeigneter Ehemann?

Besonders begeistert hat mich hier die Länge des Buches – da hat man einfach mehr davon, wenn man schon mal abtaucht.

Es ist zudem spannend geschrieben und punktet mit einigen überraschenden Wendungen. Außerdem sind die Figuren nachvollziehbar gestaltet und es finden sich einige kuriose Gestalten darunter, sodass auch der Humor nicht zu kurz kommt.

Ich spreche eine absolute Leseempfehlung für alle Genre-Leser aus.

Besonders die historischen Parts waren überzeugend und warten mit einigen interessanten Details, u. a. zum Thema Scheidung in der damaligen Zeit, auf. Natürlich muss man hier im Hinterkopf behalten, dass das Buch auf Jugendliche zugeschnitten ist – es handelt sich also um keinen Roman im Jane-Austen-Stil, auch wenn viel daraus zitiert wird. Eher ist es, als würde ein Mädchen von heute in die Zeit von damals versetzt werden.

Bewertung vom 25.01.2024
Einfach lieben / Glückstöchter Bd.2
Schuster, Stephanie

Einfach lieben / Glückstöchter Bd.2


ausgezeichnet

Zu Herzen gehende Lektüre gerade für naturverbundene starke Frauen

Durch diese 640 Seiten bin ich nur so geflogen – zwei Frauenschicksale, die es in sich haben und miteinander verwoben sind, obwohl sich die beiden nicht einmal kennen, sondern Jahrzehnte voneinander getrennt sind.

Als das Buch bei mir ankam, habe ich mich erst einmal gefreut. Endlich wieder ein richtig dickes Buch. Da hast du paar Tage dran zu lesen. Das hat leider nicht geklappt, denn es hat mich einfach zu sehr in seinen Bann gezogen.

An vielen Stellen dachte ich, das ist so ein Buch, als wäre es eigens für mich geschrieben. Annas Versuche, in rauem Klima der Alm Pflanzen zu ziehen, ihre Fehlversuche und ihr Ringen um jedes Pflänzchen, das das autarke Überleben sichert. Ihre Selbständigkeit und das freie, aber harte Leben auf der Alm. Evas Schwangerschaft und das Leben in der WG, ihr Wunsch naturnah und gesund zu leben. Der Wunsch, sich über Konventionen hinweg zu setzen und seinen Platz auf dieser Erde zu finden, ohne einen zu großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Dieser Roman hat mich abgeholt und mit sich mitgerissen. Die beiden Frauen sind starke Figuren und bieten viel Identifikationspotenzial, ihre Erlebnisse sind gegensätzlich und doch gibt es immer wieder Überschneidungen, vor allem ihre Liebe die Natur betreffend und ihre außergewöhnliche Fähigkeit, Dinge zu riechen.

Interessant sind auch die geschilderten politischen Verhältnisse und zwar aus beiden Zeitabschnitten. Ich persönlich bin es leid, über den Krieg zu lesen. Um solche Bücher mache ich mittlerweile einen Bogen. Aber hier ist der Krieg nicht maßgebender Inhalt, sondern dient als Erklärung für gewisse Ereignisse aus Annas Zeitabschnitt und so passte es für mich. Sehr gefiel mir auch, die westdeutsche Seite der Siebzigerjahre über Evas WG quasi mitzuerleben, da ich Geschichten aus dieser Zeit nur von meinen ostdeutschen Eltern kenne, eben von der ostdeutschen Seite her. Die WG/Minikommune war sehr inspirierend, weil anhand derer auch die Probleme solcher Gemeinschaften deutlich wurden. Vor allem aber hat mich immer wieder die Geschichte der beiden Frauen berührt, an manchen Stellen dem Ende hin sogar zu Tränen gerührt. Auch den Weg mitverfolgen zu können, den Reformläden und Naturkosmetik hinter sich haben, war interessant und inspirierend.

Auf jeden Fall habe ich durch dieses Buch die Tonkabohne kennengelernt, mit der ich bislang keinerlei Berührung hatte. Ich habe den Geschmack in Schokolade probiert und war sehr angetan. Es ist toll, wenn einen ein Buch zu etwas Neuem inspirieren kann.

Ich spreche für dieses Buch eine absolute Leseempfehlung aus. Besonders Frauen, die Wert auf Gesundheit und Natürlichkeit legen, dürften sich hier angesprochen fühlen. Aber auch jene, die sich für starke Frauen begeistern können, werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Ich fühle mich jedenfalls inspiriert, Teil eins noch zu lesen und nach weiteren Büchern der Autorin Ausschau zu halten.

PS: Ich habe diesen Roman ohne Kenntnis des ersten Teils gelesen und ich finde, dass dieser Teil absolut für sich stehen kann. Ein klasse Buch!

Bewertung vom 15.01.2024
Belladonna - Die Berührung des Todes / Belladonna Bd.1
Grace, Adalyn

Belladonna - Die Berührung des Todes / Belladonna Bd.1


ausgezeichnet

Märchenhafte und ungewöhnliche Liebesgeschichte in einer sagenhaften Verpackung

Viele, viele Jahre war ich ganz versessen auf E-Books – u. a. sind sie sofort verfügbar, oft preiswerter als das Printexemplar, besonders am Erscheinungstag, Schriftgröße und Hintergrundfarbe lassen sich mit einem Klick verändern –, aber so aufwendig und liebevoll gestaltete Bücher wie dieses hier erinnern mich daran, wie viel Freude ich stets am gedruckten Buch habe. Das Cover dieses Romans lockt dich jedes Mal, wenn du an ihm vorüberläufst, die Blüten, die sich rings um das Buch und innerhalb auf jeder Seite befinden, zaubern dir fantasievolle Düfte in die Nase und wann immer du es aufschlägst, versinkst du in einer Welt der Buchstabenmagie, aus der dich kein Ping einer eingehenden Nachricht reißt. Da gibt es nur dich und das Buch und ein Märchen, in das du eintauchen kannst, um darin zu versinken. Hach, was habe ich diese Lektüre genossen.

Signa, ein Mädchen, das an der Seite des Todes eine Welt jenseits von Armut und Begrenzungen entdeckt. Eine so märchenhafte wie ungewöhnliche Liebesgeschichte und dazu eine waschechte Detektivstory in einem alten Herrenhaus, bei der ständig die Lebensuhr von Signas liebenswerter Cousine Blythe tickt. Ein Mix, der mich in jeder Weise begeistern konnte.

Twilight war gestern, heute ist Belladonna. Ich bin gespannt, wie sich Signa in den Folgebänden entwickeln wird und noch gespannter bin ich, wie diese Bücher optisch gestaltet sein werden.

Ein optischer und märchenhafter Genuss, den Frau sich nicht entgehen lassen sollte.

Bewertung vom 24.10.2023
Die Erfindung des Lächelns
Hillenbrand, Tom

Die Erfindung des Lächelns


ausgezeichnet

La Gioconda – Basiert ein Teil ihrer Berühmtheit auf ihrem Raub und ihrem darauffolgenden 2-jährigen Verschwinden?

Selten habe ich für die Lektüre eines Buches so lange gebraucht wie für dieses. Nicht, weil es mir nicht gefiel, ganz im Gegenteil. Dieser Roman ist vielschichtig und abwechslungsreich, gespickt mit historischen Fakten, gewürzt mit dem Flair des Paris der damaligen Zeit und bevölkert vom Who is who der damaligen Kunst- und Kulturszene. Dieses Buch ist in der Tat so umfassend, dass sein Inhalt locker für zwei Bücher gereicht hätte. Nur war es oft so intensiv und voll von wechselnden Handlungssträngen, dass ich häufiger eine Pause benötigte. Ich bin wohl daher die Letzte, die diese Leserunde beendet, was für mich ungewöhnlich ist, aber durchaus nicht gegen den Roman spricht.

Ich mag die Erzählweise Tom Hillenbrands, ihm gelingt es, die Schauplätze und die Figuren so bildhaft darzustellen, dass sie vor meinem inneren Auge wie ein Film abliefen oder aufgrund der Fülle und meiner vielen Lesepausen eher wie eine ganze Serienstaffel. Die Geschichte des Raubs der Mona Lisa zieht sich durch das ganze Buch und bringt russische Anarchisten, ausländische Künstler und Berühmtheiten dazu, sich mit diesem unglaublichen Gemälde auf die eine oder andere Weise auseinanderzusetzen. Und es wirft schlussendlich die Frage auf, ob die Jiaconda ohne diesen Raub überhaupt so berühmt wäre.

Wer dieses Buch lesen möchte, darf sich viel Zeit nehmen, weil er bestimmt – wie auch ich – Lust bekommt, die eine oder andere Angelegenheit oder historische Person im Zuge dessen zu recherchieren.

Wer historische Romane schätzt, deren Spannung auch auf kriminalistischen Untersuchungen beruht, kommt an diesem Buch nicht vorbei, meine ich.

Bewertung vom 01.09.2023
Tage im warmen Licht
Pfister, Kristina

Tage im warmen Licht


sehr gut

Wichtiges Thema, leider etwas langatmig erzählt

Hier haben wir nun einen Roman, der ein wichtiges Thema anspricht – Dinge der Vergangenheit, vor denen man noch als Erwachsene wegläuft anstatt sich ihnen zu stellen. So weit, so gut. Leider plätschert die Geschichte bis zu dem Punkt, an dem ein wenig Spannung aufkommt – bei mir Seite 99 – nur so dahin. Ich kann mit Maria als Protagonistin wenig anfangen. Sie benimmt sich unreifer als ihre Teenagertochter und macht auch bis zum Schluss nur wenig Entwicklung durch. Und das lässt sich leider auch nicht mit dem rechtfertigen, was letztlich ihr großes Geheimnis ist. Auch ihr Anbandeln mit ihrem Kindheitsfreund Henners überzeugt nicht – denn leider interessiert Maria an ihm scheinbar nur, dass er nunmehr nicht mehr klein und dick, sondern groß und stark ist. Hm. Zudem ist die Geschichte in weiten Teilen vorhersehbar. Das macht diesen Roman zu einem, den man einmal liest und gleich weiterverschenkt – als Zwischendurchlektüre, was ja durchaus nicht das Schlechteste ist, denn auch solche Bücher haben ihre Berechtigung. Gibt es doch etwas, was mir gut gefallen hat? Einige Nebenfiguren, wie zum Beispiel die verstorbene Oma oder ihre Freundin Martha, die esoterischen Bezüge (die waren wirklich nett) und das dörfliche Ambiente mit einer Anlaufstelle für Frauen, denen von Männern übel mitgespielt wurde.

Wer ein nettes Buch für zwischendurch sucht, das im dörflichen Ambiente spielt und in dem eine Mutter versucht, sich verdrängten Vergangenheitserlebnissen zu stellen, der ist hier gut bedient.

Bewertung vom 28.08.2023
Karl May im Kreuzfeuer
Kramer, Thomas

Karl May im Kreuzfeuer


ausgezeichnet

Über die Kritik an einem großartigen Fantasten und seinen Werken – hervorragend recherchiert und humorvoll dargeboten

Karl Mays Werke haben nicht nur meine Kindheit begleitet, sondern vor allem die meines im vorigen Jahr verstorbenen Vaters. Mein Vater hatte alle – wirklich alle – Romane von Karl May, und damit meine ich nicht nur die bekannten Werke, die im Wilden Westen spielen. Viele davon standen mit Goldschnitt im Regal und wurden immer wieder andächtig gelesen. Nachdem Karl Mays Romane mich als Kind begeistert hatten, habe ich mich ihnen als Erwachsene mit Kindern erneut wieder zugewandt und da stieß ich immer wieder auf harsche Kritik an diesem unglaublich kreativen Mann, der Bücher in Mengen geschrieben hat, von denen andere Autoren nur träumen können. Thomas Kramer greift diese Kritiken in seinem Buch auf und erreicht mich als Leserin in jeder Weise.

Thomas Kramer hat bereits vor mehr als 10 Jahren eine Biografie über den wunderbaren sächsischen Fantasten verfasst und greift in diesem Werk alte und neue Vorwürfe gegen Karl May auf. Seine Argumentation ist schlüssig und nachvollziehbar sowie hervorragend recherchiert. So fußen einige Behauptungen von Mays Kritikern tatsächlich nicht auf Mays Büchern, sondern deren Verfilmungen, die oft vom Kontext der Bücher abweichen. So oder so sollte bei aller Kritik bedacht werden, dass Karl May bereits 1912 verstorben ist, sein Gedankengut also auch geprägt war vom damaligen Zeitgeist. Bei aller Argumentation bleibt bei Thomas Kramer der Humor nicht auf der Strecke, was das Lesen dieses Büchleins zu einer kleinen Freude macht.

Wann immer May kontrovers diskutiert wird, habe ich jetzt ein kleines Büchlein, das ich jedem herzlich gerne jedem empfehlen werde, der sich den Kopf darüber zerbricht, ob man Winnetou und Co. denn gefahrlos lesen könne, ohne ein fragliches Weltbild seines Autors aufoktroyiert zu bekommen. Herzlichen Dank, Thomas Kramer und EVA-Leipzig-Verlag, für diese wunderbare Stellungnahme!

Bewertung vom 18.07.2023
Seemann vom Siebener [Ungekürzt] (MP3-Download)
Frank, Arno

Seemann vom Siebener [Ungekürzt] (MP3-Download)


ausgezeichnet

Begegnung mit der Vergangenheit bei jeder Menge Schwimmbadfeeling

Hans Löw liest ganz wunderbar – und dennoch brauchte es etwa 10 Tracks, bis ich in der Geschichte angekommen war, mich mit den Personen und deren jeweiligem Status quo zurechtgefunden hatte. Danach spulte sich alles ab – wie vom Universum orchestriert begegnen sich Menschen, die noch etwas miteinander zu klären haben, und Menschen, die einander begegnen sollen, um von da an vielleicht einige Schritte des Lebenswegs gemeinsam zu gehen, zu schwimmen oder zu tauchen. Und über allem liegt das Mysterium eines seit langem gesperrten Siebener-Sprungturms im Schwimmbad. Da sind Personen in der Mitte ihres Lebens und welche zu Beginn und welche zu Ende ihres Lebens. Sie alle teilen diesen einen Tag im Freibad miteinander. Zu Beginn oft nur distanzierter Beobachter werde ich als Hörer hineingezogen in eine emotionale Sprungwelle rings um den Siebener, die mich beim offenen Ende des Hörbuches mit den Tränen in den Augen zurücklässt.

Die Figuren sind Personen von nebenan, in denen sich wohl jeder, zumindest facettenweise wiederfinden kann. Und jeder von ihnen verleiht Hans Löw ihren ganz eigenen Charakter, ihre ganz eigene Stimme.

Ein kleinstädtisches Freibad mit gechlortem Becken, Sprungturm und Pommesbude, in dem sich jung und alt trifft und man einander kennt – ein meisterhaft gewählter Schauplatz für eine mitreißende Geschichte, die zu begeistern weiß. Besonders als Hörbuch ein sommerliches Hörerlebnis, das ich nur weiterempfehlen kann.

Bewertung vom 18.07.2023
Das Haus am Meeresufer
Nicolas, Joséphine

Das Haus am Meeresufer


sehr gut

Die Geschichte versteckt sich – hinter vielen schön gesetzten Worten

Bevor ich dieses Buch zur Hand nahm, habe ich erst einmal die Villa E.1027 gegoogelt, die einen wichtigen Bestandteil dieses Buches und von Eileen Grays bzw. Le Corbusiers Leben darfstellt. Eine atemberaubende Villa an der französischen Riviera, die für die damalige Zeit eine atemberaubende Modernität aufweist und nach Jahren der Vernachlässigung in diesem Jahrhundert liebevoll renoviert wurde.
Von Beginn an begeistert der Roman durch seine poetische Sprache und die langsame und atmosphärische Erzählweise. Nur manchmal ist es des Ganzen zu viel. Unter sprachlichen Bildern, Metaphern und schön gesetzten Worten findet man oft die Geschichte nicht.
Es gab Teile, die habe ich dreimal gelesen und erst am Ende des Abschnitts gemerkt, dass ich das schon kenne.
Ein Buch, bei dem man nur so durch die Seiten fliegt, ist dieses hier nicht. Und das ist auch nicht schlimm. Es ist ein langsames Buch voller Poesie, das die Geschichte einer Frau erzählt, die darauf brannte, Altes hinter sich zu lassen und Neues in die Welt zu bringen. Einer Frau, die nicht nur Konventionen den Rücken kehrte, sondern trotz ihrer gesellschaftlichen Stellung Lackarbeiten im Dienste der Kunst ausführte – als Frau damals nicht nur eine Herausforderung, sondern eine enorme Leistung.
Die poetische Sprache fängt Eileens Überlegungen und ihr künstlerisches Denken an sich wunderbar ein, wirkt jedoch hin und wieder sprachlich übertrieben und da kann die Geschichte nicht mithalten, vermag es nicht, einen zu fesseln. Mehr als ein paar Seiten habe ich daher nie am Stück lesen können. Dass es insgesamt doch lesenswert ist, ist vor allem der Hauptfigur zu verdanken, die jeden kunstinteressierten Menschen, wertvolle Denkanstöße gibt, auch selbst den Mut aufzubringen, Neues in die Welt zu tragen.
Ein Buch, für das man sich Zeit lassen darf, weil es für mein Gefühl selbst ohne Reime mehr einer gedichtartigen Erzählung ähnelt als einer traditionell erzählten Geschichte.