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Ann-liest
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Hessen

Bewertungen

Insgesamt 53 Bewertungen
Bewertung vom 28.09.2024
Unendlicher Friede
Poniewaz, Edward

Unendlicher Friede


weniger gut

Spannendes Thema - schwach umgesetzt

Das Thema dieses Kriminalromans ist die Manipulation von Erinnerungen. Ein hoch spannendes und originelles Thema, mit dessen Risiken und Chancen sich der Autor hier auseinandergesetzt hat.

Beim Klappentext hätte ich mir eine entsprechende Darstellung gewünscht. Zum einen denke ich, dass es ein aufmerksamkeitsstarkes Thema ist, zum anderen hätte ich so weniger auf den Handlungsstrang zum Thema „Mann will aus Paranoia Kind loswerden“ gewartet. Zwar wird auch diese Handlung aufgegriffen, es ist aus meiner Sicht aber eher Nebenhandlung.

Hier liegt auch eines der Probleme - es gibt verschiedene Themen in dem Buch, die es alle auf ihre Art verdient gehabt hätten richtig ausgearbeitet zu werden. So springt die Handlung etwas und bleibt sehr oberflächlich.

Der Schreibstil selbst ist sehr konfus und sprunghaft. Der Prota wechselt die Schauplätze und Gesprächspartner abrupt. Dabei lernen wir ihn kaum kennen. Seine intensive Liebe zu Christiana nach ein oder zwei Treffen ist darüber hinaus ziemlich unauthentisch.

Auch das entdröseln des Falls fand ich uninspiriert. Ganz oft findet sich unser Psychologe in einem Gespräch wieder. Der Gesprächspartner will nichts sagen, er droht und dann wird eingelenkt und ihm alles anvertraut. Selbst die Polizei teilt interne Ermittlungsinfos freimütig.

Ich war bei der Lektüre des Öfteren verwirrt und mir hat auch der Spannungsbogen sowie die Verbindung zu den Charakteren gefehlt. Schade, denn das Thema hat richtig Potential.

Bewertung vom 25.09.2024
Zwei in einem Leben
Nicholls, David

Zwei in einem Leben


ausgezeichnet

Authentische Liebesgeschichte mit feinem Humor

Schon als ich gesehen habe, dass David Nicholls einen neuen Liebesroman geschrieben hat wusste ich, dass das ein tolles Buch sein wird. Denn schon mit dem traurig-schönen Roman „Zwei an einem Tag“ konnte er mich zu Tränen rühren und fesseln. Und obwohl sowohl der Titel als auch die Covergestaltung einen Zusammenhang nahe legen würden, ist es eine komplett eigenständige Geschichte.

Was mich am meisten begeistert hat, sind die Authentizität der Charaktere und der Handlung sowie der feine Humor, der mich das ein oder andere Mal wirklich zum Schmunzeln gebracht haben - und das, ohne in Klamauk abzudriften.

Die beiden Protagonisten Marnie und Michael sind herrlich gewöhnliche Menschen, die beide rund um die 40 Jahre alt sind und in Sachen Liebe schon einiges hinter sich haben. Geplatzte Träume, Enttäuschungen und die Realität des Lebens haben sie zu den Menschen gemacht, die sie jetzt sind und ganz viele Gedanken der beiden kann man einfach richtig gut nachempfinden oder sich zumindest vorstellen, dass es genauso gewesen sein kann. Der Roman verzichtet auf überzogenen Kitsch und erzählt einfach eine rundum glaubhafte Liebesgeschichte. Dabei lebt der Roman überwiegend von den Dialogen und inneren Monologen der Protagonisten.

In der Hörbuchvariante werden die wechselnd aus Sicht von Marnie und Michael erzählten Abschnitte von einer weiblichen und einer männlichen Stimme gelesen. Tessa Mittelstaedt und Timo Weisschnur konnten mich voll überzeugen. Nicht nur, dass ihre Stimmfarben wahnsinnig angenehm sind, auch ihre Interpretation der Protagonisten waren spitze. Die Unsicherheit und verletzte Zurückgezogenheit von Michael, der kaschierende Humor von Marnie, gespielte Entrüstung, Erschöpfung, Wut und Verletzlichkeit - das Buch bietet so viele Nuancen, die wundervoll umgesetzt wurden.

Eine klare Hörempfehlung für Freunde intelligenter Liebesromane.

Bewertung vom 19.09.2024
Kleine Monster
Lind, Jessica

Kleine Monster


gut

Intensiv aber unnahbar

Ehrlich gesagt habe ich basierend auf dem Klappentext etwas anderes erwartet - zumindest einen anderen inhaltlichen Fokus auf das Geschehen. Daher konnte ich mich zwar gut auf das Buch einlassen, habe aber dennoch die ganze Zeit eine Wendung der Ereignisse erwartet, die nicht kam.

Ausgelöst durch einen Vorfall in der Schule mit ihrem Sohn, werden bei Pia ein Gedankenkarussell und Erinnerungen in Gang gesetzt, die von außen betrachtet schnell außer Kontrolle geraten.

Wenn das Buch anfangs noch dazu anregt, sich mit dem Thema Mutterschaft auseinanderzusetzen, wird schnell klar, dass ein tabuisiertes Kindheitstrauma bei der Protagonistin kein rationales Bewerten der Situation mehr zulässt.

Das Buch ließ sich gut und flüssig lesen, die Charaktere blieben aber unnahbar und die anfängliche Identifikationsfläche ging schnell verloren. Immer mehr rückte die toxische Beziehung zur Mutter und die Auswirkungen auf die eigene Mutter-Sohn-Beziehung in den Mittelpunkt, die teils schwer zu ertragende Auswüchse annahm.

Ein gut geschriebenes Buch, das seinen Schwerpunkt auf die Kindheitserinnerungen der Mutter legt und diese nach und nach enthüllt, einen aber auch etwas erschüttert zurücklässt.

Bewertung vom 19.09.2024
Todeskalt / Löwenstein & Berger Bd.2
Stoltz, Nikolas

Todeskalt / Löwenstein & Berger Bd.2


gut

Solider Krimi mit Schwächen

Ich habe mich sehr auf „Todeskalt“ gefreut, da der Krimi im Taunus angesiedelt ist und damit in einer Region, die ich gut kenne.

In diesem Fall begleiten wir die Ermittler auf der Jagd nach der von einer Sagengestalt inspirierten „Erlöserin“. Zunächst einmal lässt sich sagen, dass die Idee hinter dem Fall wirklich sehr gut und spannend ist. Das ganze Setting ist sehr atmosphärisch und etwas bedrohlich - von der Winterlandschaft und der Kälte über die störrischen Dorfbewohner, die selbsternannte Wache bis zur etwas geheimnisvollen Tochter des Dorfwirts. Auch die Verbindung mit einer Sage, die Auseinandersetzung mit dem Thema Depressionen und der Spannungsbogen sind gut gelungen.

Was mich allerdings anfangs leicht, zum Schluss hin massiv gestört hat, ist das Verhalten der Ermittler, das mehr und mehr an Authentizität verloren hat. Immer öfter musste ich mich fragen, was das jetzt wieder sollte und welcher Ermittler so verantwortungslos handeln würde. Natürlich gibt es die schriftstellerische Freiheit, aber wenn man sich für einen Krimi als Sujet entscheidet, in dem klassische Ermittlungsarbeit aufgegriffen wird, erwarte ich auch eine möglichst realistische Umsetzung.

Insgesamt ein unterhaltsamer und solider Krimi, bei dem man bei den Entscheidungen der Ermittler doch mal beide Augen zudrücken oder wahlweise verständnislos den Kopf schütteln muss.

Bewertung vom 18.09.2024
Winterwölfe
Jones, Dan

Winterwölfe


ausgezeichnet

Gelungene Fortsetzung

Mit „Winterwölfe“ setzt Dan Jones seine Erzählung über die Essex Dogs gekonnt fort. Aus meiner Sicht empfiehlt es sich, zunächst den ersten Band „Essex Dogs“ zu lesen, da die Handlung hier fortgesetzt wird und die Bücher somit aufeinander aufbauen.

Auf ihrem Feldzug in und gegen Frankreich haben die Essex Dogs Verluste hinnehmen müssen und finden sich nun dezimiert vor den Toren von Calais wieder. Der zweite Band thematisiert schwerpunktmäßig die Belagerung der französischen Stadt durch die englische Armee 1346/1347.

Wie auch schon im ersten Band merkt man sehr deutlich, dass der Autor ein Historiker ist. Es gelingt ihm sehr eindrucksvoll, historische Fakten in eine durchweg spannende Handlung einfließen zu lassen: Die ersten Schießversuche mit Kanonen, Schmuggel, Gewalt, Drogen, der Aufbau der Belagerungsstadt Villeneuve etc.

Dabei geht es ihm auch hierbei darum, ein authentisches Bild zu zeichnen, extrem derbe Sprache und starke Gewalt inklusive. Eine Romanze im historischen Setting oder eine Verklärung des Krieges sucht man hier vergebens. Dieses Buch ist ganz eindeutig nichts für zart besaitete.

Die Charaktere sind vom Krieg stark gezeichnet, charakterlich sehr unterschiedlich aber allesamt äußerst spannend.

Mir hat der zweite Band sogar noch etwas besser gefallen als der erste - vielleicht auch, weil ich sehr schnell wieder im Geschehen war, mir die Charaktere bereits vertraut waren und mich der heftige Sprachstil nicht mehr überrascht hat.

Bewertung vom 09.09.2024
In den Farben des Dunkels
Whitaker, Chris

In den Farben des Dunkels


ausgezeichnet

Ein großer, sprachgewaltiger Roman

„In den Farben des Dunkels“ hat mich wirklich begeistert. Es ist ein Buch das Zeit braucht, denn die Themen sind nicht locker-fröhlich, der Autor lässt sich viel Zeit, seine Handlung und die Charaktere zu entwickeln und es wirkt definitiv auch noch nach.

Patch und Saint sind beste Freunde als Patch entführt wird und das Leben der beiden dadurch auf absolut prägende und tragische Weise nachhaltig verändert wird. Für Saint bleibt das Leben still stehen und ihr einziges Ziel ist es, ihn wieder zu finden. Tatsächlich gelingt es ihr, doch weiterhin überschattet das Ereignis ihr Leben.

Das Buch ist von vorne bis hinten stimmig und folgt erzählerisch gekonnt seinem roten Faden. Motive wie das Piratentum oder auch die Kunst sind komplett durchdacht in die Handlung eingebettet.

Dabei entwickelt der Autor unheimlich starke Charaktere. Vom Leben nicht gerade mit Blumen überschüttet, gehen sie ihren Weg ohne die Menschen, denen ihr Herz gehört jemals aus den Augen zu verlieren. Zeitweise dachte ich, einige Passagen hätten etwas schneller sein können, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr war ich der Überzeugung, dass es so genau richtig ist. Geschildert wird eine Suche, ein ganzes Leben und ein Schicksalsschlag, der so viele Menschen nachhaltig erschüttert hat - dies wird somit sehr deutlich aufgezeigt und für den Leser greifbar gemacht ohne langweilig zu werden.

Dieser Roman ist wirklich ein sehr intensives Hörerlebnis über so viele starke Themen - insbesondere über bedingungslose Liebe, aber auch über Schicksal, Verlust und die Wirren des Lebens. Der Sprecher setzt die Stimmung sehr gut um und verleiht den Personen ihren einzigartigen Charakter. Auch über die etwas längeren Passagen im Mittelteil hat er mich gut mitgenommen und meine Aufmerksamkeit zu keinem Zeitpunkt verloren.

Ich bin sehr froh, dass ich dieses Buch und diesen Autor für mich entdeckt habe - das wird für mich nicht das letzte Buch aus seiner Feder bleiben.

Bewertung vom 06.09.2024
Starling House
Harrow, Alix E.

Starling House


ausgezeichnet

Düster und absolut fesselnd

„Starling House“ ist eines meiner diesjährigen Highlights. Alleine dieses wunderschöne Buch in den Händen zu halten - das edle Cover ist insbesondere in Kombination mit dem passenden Farbschnitt ein absoluter Hingucker.

Und auch der Inhalt konnte mich voll überzeugen. Das Buch spielt mit Horrorelementen und schafft es sehr überzeugend, eine düster-bedrohliche Atmosphäre zu schaffen. Dabei spielt die Autorin auch mit Elementen wie Fußnoten und diversen Theorien rund um das geheimnisvolle Starling House, die den Eindruck einer realen Begebenheit erwecken.

Besonders beeindruckt haben mich die beiden Protagonisten Opal und Arthur. Ihre Lebensgeschichten sind fesselnd und wir lernen die beiden nach und nach besser kennen. Dabei hat mich insbesondere begeistert, dass die Autorin komplett auf übliche Klischees verzichtet hat. Ich bin ein Fan von Opal, ihren schiefen Zähnen, ihrem bissigen Mundwerk, ihren Lügen, ihrer Feigheit, ihrer Unangepasstheit - hinter der letzten Endes dramatische Erlebnisse, Selbstlosigkeit und ein riesiges Herz stecken. Und von Arthur, seiner Hakennase, seiner Wut und Verzweiflung, seiner Unnahbarkeit und am Ende auch der Stärke und Zugewandtheit, die er besitzt.

Mich hat das Buch von Anfang bis Ende in seinen Bann gezogen. Die Story ist stimmig und birgt auch die ein oder andere Überraschung.

Absolute Leseempfehlung für Leser, die es auch gerne mal etwas düster und mysteriös mögen.

Bewertung vom 06.09.2024
Lua Luftwurzel - Silberelfen fängt man nicht
Minnameier, Christoph

Lua Luftwurzel - Silberelfen fängt man nicht


sehr gut

Reise zu den Fabelwesen

Hexe Malicia fängt Fabelwesen, um diese als Haushaltshilfen zu trainieren und Gewinn bringend zu verkaufen. Sie kann ihr Glück kaum fassen, als mit Lua Luftwurzel eine sehr wertvolle Silberelfe in ihre Falle geht. Dabei könnte es sein, dass sie den kleinen Wirbelwind etwas unterschätzt…

Die Charaktere in diesem liebevoll und bunt illustrierten Buch sind wirklich schön entworfen. Die Geschichte hat einen gewissen Witz und man fiebert mit der kleinen Elfe mit. Dabei werden wertvolle Botschaften transportiert, die Kindern den Wert von Zusammenhalt, Freundschaft und Vertrauen sowie Toleranz und Hilfsbereitschaft vermitteln.

Sehr gefallen hat mir auch, dass ganz dezent thematisiert wurde, wie schnell man andere vorverurteilt oder falsch einschätzt, nur weil man z.B. aufgrund unterschiedlicher Sprachen nicht oder nur schwer kommunizieren kann.

Falls es noch zu Folgebänden kommen sollte, würde ich mich freuen, wenn die kleine Silberelfe in ihrem Lebensraum Wald und ihre Feenmagie noch eine etwas größere Rolle spielen würden.

Insgesamt ein schönes Kinderbuch zum vorlesen oder selber lesen, dass insbesondere mit seinen schönen großen Illustrationen begeistert.

Bewertung vom 29.08.2024
Und dazwischen irgendwo wir
Padda, Amani

Und dazwischen irgendwo wir


ausgezeichnet

Sehr einfühlsam, viele wichtige Themen

Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Im Mittelpunkt der Handlung stehen Macey und Vincent, die als Kinder beste Freunde waren, sich aber verloren haben.

Aufgrund tragischer Umstände und einer geheimnisvollen Geschichte voller persönlicher Bezüge finden die beiden nicht nur sich selbst sowie ihre enge Beziehung wieder, sondern darüber hinaus noch einige gute Freunde.

In dem Roman stecken wahnsinnig viele wichtige Themen, die Jugendliche im Speziellen aber auch unsere Gesellschaft ganz allgemein betreffen: (kulturelle) Identität, Familie, Freundschaften und Beziehungen, Leistungsdruck, Verlust und Tod, Depressionen…. Dabei schafft es die Autorin, diese Themen mit viel Einfühlungsvermögen und leisen Tönen zu platzieren. Es ist ein gediegener Roman, der uns Zeit lässt, die Protagonisten und deren Umfeld kennen zu lernen ohne dabei langweilig zu werden. Das Geheimnis um die mysteriöse Geschichte und den unbekannten Autor bringen zusätzlich eine spannende Komponente mit sich.

Ein sehr emotionales Buch voller Gefühle, thematisch nicht immer einfach, aber wirklich berührend und schön.

Bewertung vom 28.08.2024
Ich komme nicht zurück
Khayat, Rasha

Ich komme nicht zurück


ausgezeichnet

Poetisch und traurig schön

„Ich komme nicht zurück“ ist aus meiner Sicht ein ganz besonderes Buch. Traurig, berührend, vielschichtig und auch sehr poetisch geschrieben.

Aus der Ich-Perspektive erzählt Johanna aus ihrem aktuellen Leben und blickt zurück auf eine glückliche Kindheit und Jugend, die geprägt war von ihren liebenden Großeltern und einer starken und verbindenden Freundschaft, die sich bedingt durch Erlebnisse und Schicksal irgendwo verloren hat und immer noch ein Loch zurück lässt.

Insbesondere die Themen „Einsamkeit“ und „Heimat“ sind starke und auf vielfältige Weise behandelte Motive in dem Buch. Besonders berührt hat mich das Buch vermutlich auch, weil die Protagonistin und ihre Freunde ungefähr in meinem Alter sind und ich teilweise die geschilderten Ereignisse in einer ähnlichen Lebensphase erlebt habe.

Die Flucht aus einem Kriegsgebiet nach Deutschland, die gesellschaftlichen Nachwirkungen von 9/11 und die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Individuum werfen Fragen nach Identität, Zugehörigkeit, Heimatgefühl, Ausgrenzung und Einsamkeit auf, die hier aufgegriffen und mit viel Gefühl poetisch umgesetzt werden.

Das Ende des Buches empfinde ich als absolut stimmig - ein besonderes Buch, das ich guten Gewissens empfehlen kann.