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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
mel.e
Wohnort: 
leopoldshöhe

Bewertungen

Insgesamt 82 Bewertungen
Bewertung vom 15.10.2021
Der Donnerstagsmann
Leesch, Edda

Der Donnerstagsmann


sehr gut

Urige und liebenswerte Story über die Liebe, die auch im Alter noch präsent sein kann

"Der Donnerstagsmann" ist eine wunderbare Story, die sich wirklich in das Herz tanzen konnte. Jedem neuen Kapitel sind Tanzarten hinzugefügt, die eigentlich bekannt sein sollten und dennoch durch Schrittfolge und Abstammungsland wieder ganz neu entdeckt werden konnte. Im Geiste tanzte ich mit meinem Liebsten übers Parkett, der ganz anders als Martha, die verstorbene Frau des Protagonisten Albert eher ein Tanzmuffel ist. Einen Tanzkurs haben wir abgebrochen, was alles aussagt, oder? Tanzen wird in "Der Donnerstagsmann" ganz groß geschrieben, was auch schon auf dem Cover angedeutet wird. Es fehlte eindeutig eine Playlist, damit ich auch ganz genau weiß, zu welchem Lied ich diesen oder jenen Tanz tanzen könnte. Das eine oder andere Lied wird erwähnt, aber es war mir eindeutig zu wenig.

Insgesamt ist die Grundidee des Romans sehr gelungen, da Albert schon seinen Abgang und die Wiedervereinigung mit Martha plant, muss eine Aufgabe her, um ihn zurück ins Leben zu führen. Seine Tochter und Alberts Freundin, ehemalige Kollegin brüten gemeinsam einen Plan aus, der auch gelingt, denn Albert beginnt wieder zu tanzen. Er ist als Protagonist urig und wirklich schrullig gezeichnet, aber davon lebt diese Story. Ein älterer Fred Astaire, der letztendlich wieder an der Gesellschaft teilnimmt und nicht mehr nur Selbstgespräche führt. Menschen, die sehr lange verheiratet waren, sind auf ihren Partner fixiert und manchmal folgen sie ihren Partnern rasch in den Tod, wobei es hier beschrieben für Albert doch ein Happy End und einen Neuanfang bereithält. Die Wege, die Alberts Tochter dabei geht, sind nicht unbedingt korrekt, aber dienlich, damit Albert aus seinem Schneckenhaus findet und sein Überlebenswille geweckt wird.

Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da "Der Donnerstagsmann" seinen ganz eigenen Charme entwickeln konnte und letztendlich aus einem depressiv wirkenden Mann einen Mann hervorbringt, der sich zwar nicht von Grund auf ändert, aber die Leidenschaft zum Leben neu entwickelt. Es ist ein Roman, der ganz langsam erblüht und zum Ende hin seine volle Schönheit erreicht. Die Protagonisten selbst sind interessant, mitunter wirklich amüsant und dennoch agieren sie letztendlich ganz wunderbar miteinander. Mir hat dieses Zusammenspiel der unterschiedlichen Personen sehr zusagen können, sodass echte Lebendigkeit entstand.

Bewertung vom 13.10.2021
Liebe deine Nachbarn wie dich selbst
Candlish, Louise

Liebe deine Nachbarn wie dich selbst


sehr gut

Trügerische Vorstadtidylle

"Liebe deine Nachbarn wie dich selbst" ist ein sehr gelungener Thriller, der von Anfang an darauf hindeutet, dass es einen Mord gegeben hat. Es ist rasch ersichtlich, wer das Opfer ist, aber nicht, welche Ausmaße die Tat genommen hat. Das Neuzugezogene Paar scheint nicht in die Vorstadtidylle zu passen, da zum einen die Lautstärke des Umbaus den Nachbarn die reizarme Harmonie nimmt, die zuvor immer da gewesen ist und zum anderen stört der Autohandel des Nachbarn das friedliche und ruhige Setting. Auch der Autofreie Sonntag, an denen die Kinder auf der Straße spielen können wird gestört, insgesamt ein doch sehr unerwünschtes Paar, welches aus dem Weg geräumt werden muss, um weiterhin Frieden und Ruhe genießen zu können.

Interessant hierbei ist, dass die Protokolle der Vernehmung darauf hindeuten. dass auch unter den Nachbarn, nicht nur alles Friede, Freude, Eierkuchen gewesen ist, denn jede/r macht sich verdächtig und würde durch den Tod oder den Auszug profitieren.

Den Titel finde ich sehr gut gewählt, da er verdeutlicht, wie schwierig es ist sich an die davon abgeleitete Bibelstelle zu halten, zumal die Nachbarn aus Haus 1 gegen alle bisherigen Regel verstoßen Sie sind laut, sie sind unbequem und lassen sich auch durch gutes Zureden nicht von ihrem Handeln abbringen. Nachdem ein tragisches Unglück geschieht, ist für die Nachbarschaft klar, dass es sich um fahrlässige Tötung handelt und die Unruhestifter bestraft werden müssen. "Those People" im Original ist definitiv ebenfalls passend, da "Diese Leute" übersetzt, sehr abwertend klingt.

Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an einen Thriller, dessen Spannungsbogen durchweg aufrecht erhalten werden konnte. Mir selbst wäre es auch schwer gefallen mit einem Neugeborenen neben Menschen zu leben, die Musik nicht nur in Zimmerlautstärke hören oder mitten in der Nacht Löcher in Wände bohren. Schlafmangel entzieht uns Menschen sehr viel Kraft und es ist absolut logisch nach einem Ausweg zu suchen, der dann eben auch sein kann zu meinen Eltern zu ziehen und meinen Mann zu verlassen. Es ist ein absolut respektloses Verhalten und auch wenn die neuen Nachbarn schamlos, laut und sehr unangenehm insgesamt sind, rechtfertigt es nicht, einen Mord zu planen und diesen dann auch auszuüben. Der Autorin ist es gelungen, mich nachdenklich zu stimmen, denn letztendlich war ich tatsächlich auf der Seite der Nachbarn, die sich gestört, gedemütigt und unverstanden fühlen. "Liebe deine Nachbarn wie dich selbst" ist ein Thriller, der auch meine böse Seite hervorruft, wobei ich dankbar darüber bin, dass Rücksichtnahme in meiner Nachbarschaft sehr groß geschrieben wird.

Bewertung vom 07.10.2021
Für immer und ein Wort
Sanders, Anne

Für immer und ein Wort


sehr gut

Wortverliebt ♥
"Für immer und ein Wort" birgt eine bezaubernde Liebesgeschichte mit all ihren Ecken und Kanten. Aufgrund meines Berufes bin ich mit der Erkrankung Chorea Huntington sehr vertraut und daher konnte ich den Schmerz, die Angst und den Verfall von Körper und Geist deutlich verspüren. Es ist eine Erkrankung, die unheilbar ist und aus den Betroffenen regelrecht Zombies macht. Jack, indem Annie den Verfasser der wunderbaren Worte in dem Büchlein sieht, die sie einer Letterbox entwendet hat, kämpft seine eigenen Kämpfe, aber auch Annie ist vom Leben gebeutelt. Ich kann ihr Verhalten nicht immer verstehen, da sie ihr Potential nicht ausschöpft, sondern sich nur anpasst und ihre eigenen Wünsche nicht auslebt. Ich bin froh, dass sie irgendwann erkennt, was und wer ihr guttut und einen Schlussstrich unter ihr altes Leben setzen kann. Ausgenutzt und benutzt werden, ist nicht im Sinne der Autorin, sondern die innere Verwandlung eines Menschen, der sich in Worte verlieben kann. Worte haben große Macht und das wird in diesem Roman sehr deutlich hervorgehoben. Mich hat es fasziniert, wenn ich auch nicht immer überzeugt war von Annie und Jacks Verhalten, erscheint es mir in kurzen Auszügen dennoch nachvollziehbar.

Es ist ein Roman der inneren Veränderung, da beide Protagonisten über sich hinauswachsen, was mir sehr zugesagt hat. Auch die Schauplätze der Handlung sind bildlich und detailliert, wobei mir aber auch die Nebencharaktere sehr ansprechend erschienen. Der Roman besitzt mitunter eine sehr traurige Note, die durch den Charme von Hoola zum Beispiel ein klein wenig gemildert werden. Insgesamt ist "Für immer und ein Wort" eine wundervolle Liebesgeschichte, die sich erst ganz langsam entwickeln muss, da Schmerz und Trauer ihre Zeit brauchen, um verarbeitet zu werden. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da ich gestehen muss, dass auch ich ein klein wenig "Wortverliebt" wurde. Ein Roman voller Klischees, Tiefgang, aber eben auch nachdenklich stimmend, bezüglich dem. was im Leben wirklich zählt. Manchmal muss man seine Komfortzone eindeutig verlassen, um sich Neuem öffnen zu können.

Bewertung vom 03.10.2021
Behütet
Hau, Kerstin

Behütet


ausgezeichnet

"Behütet" sprach mich durch das Cover sehr an, da es nicht nur die Hände sind, die von oben und unten gezeichnet sind, sondern auch der Mensch gezeichnet wurde, wie eine Mutter, die ihr Kind direkt am Herzen trägt. Es ist schwierig für mich darzulegen, wie warmherzig ich dieses Bild finde. Mir kam direkt Jesaja 16,13 in den Sinn, obwohl hier nicht getröstet, sondern behütet dargestellt ist. Eine andere Assoziation wäre, dass wir niemals tiefer fallen als in Gottes Hand.

Mich hat "Behütet" insgesamt sehr angesprochen, da die harmonischen Illustrationen sehr gut zu den geschriebenen Worten im Kinderbuch passen und sicherlich auch schon für die Jüngsten geeignet ist, sie ganz sanft auf Gottes Wirken aufmerksam zu machen. Es war auch für mich eine ganz wunderbare Erfahrung mich darauf einzulassen, da Gott auf ganz viele unterschiedliche Art und Weise zu uns Menschen spricht. Dieses Kinderbuch ist definitiv bezaubernd und wird einen Platz in meinem Buchregal finden, um es irgendwann meinen Enkelkindern vorzulesen. Ich war schon als meine Kinder klein waren immer wieder auf der Suche nach ansprechenden Kinderbüchern, die ganz sanft auf Gott hinweisen und nicht mit zu viel Input erschlagen. Hier finde ich zwar wenig Text, der aber dennoch aussagekräftig ist. Die ausgewählten Bilder verdeutlichen lediglich. Die Schriftauswahl ist mal klein, mal groß, mal regelrecht schreiend, ebenso wie unsere Erfahrungen mit Leid, aber auch großer Freude.

Die Worte haben Kraft und zeigen Ängste, Sorgen und Nöte, aber auch den Frieden, der geschenkt wird, wenn man vertraut, dass auch im Sturm Gott ganz nah ist. Mir gefällt dieser kindliche Glauben und gerade deshalb ist "Behütet" ein Kinderbuch, welches ich eine uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen möchte. Das Leben ist umgeben von einer unsichtbaren Macht, die uns nah sein möchte, wenn wir es zulassen.



*****

Bewertung vom 01.10.2021
Das Buch der verschollenen Namen
Harmel, Kristin

Das Buch der verschollenen Namen


ausgezeichnet

Identität(en)
"Das Buch der verschollenen Namen" ist ein sehr berührendes Buch, welches einer wahren Geschichte zugrunde liegt. Vielleicht geht es deshalb auch so nah und stimmt mich nachdenklich. In unserer Welt fehlt mir mitunter das Miteinander, die Empathie für den anderen oder einfach auch nur das Verständnis für andere Religionen, andere Hautfarben oder auch andere Denkweisen. Wer sich im großen WWW tummelt, wird immer wieder damit konfrontiert, wie wenig Menschlichkeit herrscht und das ist ähnlich dem, wie es in dem neusten Werk der Autorin Kristin Harmel zu finden ist. Auch hier sind es nur Einzelne, die sich in Gefahr begeben, um andere zu retten und ihnen eine neue Identität zu verschaffen, damit sie Überleben können.
Die Story spielt in Paris und auch wenn es nur kurze Einblenden in das heutige Leben der Protagonistin zulässt, wirkt es lebendig und authentisch. Eva ist eine wirkliche Persönlichkeit, die alles riskiert, um insbesondere jüdischen Kindern das Überleben zu sichern. Selbst Jüdin muss sie sich eine neue Identität verschaffen und wird durch ihr künstlerisches Geschick eine wahre Koryphäe im Fälschen von Papieren. Ihr ist es wichtig, dass die Kinder, die sie dadurch retten kann zu einem späteren Zeitpunkt ihren wahren Namen wiederfinden können und so schreibt sie in das Buch der verschollenen Namen. Erst viele Jahre später wird sie auf das Buch aufmerksam und reist nach Berlin, um es erneut in Empfang zu nehmen, um so die wahre Identität, die hinter einigen Schicksalen und Trennungen stehen, wieder zusammen zu fügen. So die Intension, aber es kommt alles anders und das Ende ist zwar vor Kitsch triefend, aber so bezaubernd gelöst, dass es passend erscheint. Ich hatte Herzklopfen vor Freude, denn Menschen haben einfach Glück verdient und gerade dann, wenn sie ihr Leben für andere ausgerichtet haben und sich gegen die Mächte des Nationalsozialismus gestellt haben. Es war eine gefährliche Zeit und ich freue mich immer wieder darüber, wenn Nächstenliebe zwischen den Zeilen sichtbar wurde.
Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da ich mich kaum von dem Roman lösen konnte. Es fesselte und begeisterte auf vielfältige Art und Weise. Auch die Liebe findet ihren Platz, sodass nicht nur der Schrecken des Krieges großen Raum einnimmt, sondern auch viele schöne Momente den Roman bereichern konnten.

Bewertung vom 01.10.2021
Der Sucher
French, Tana

Der Sucher


sehr gut

Ein weiterer Roman der Autorin Tana French wurde gelesen und für gut befunden. Es ist eher ein ruhiges, ausgeglichenes Setting, wenn denn nicht das Verschwinden eines jungen Mannes wäre, welches den Protagonisten Cal Hooper vor eine große Hürde an Fragen und Nachforschungen stellt. Als ehemaliger Cop sucht er die Ruhe im Westen Irlands und bekommt durch ein Kind einen Auftrag, um den er sich kümmert, vielleicht ist es Interesse oder auch die Leidenschaft Fälle aufzuklären, die ihn dann aus seinem Rentendasein herauslocken?

Ohne viel Gewalt und mitunter recht ruhigen und besonnenen Handlungen wirkt dieser Roman auf mich gut durchdacht, da er viele Dinge anspricht, die sich nach und nach entwickeln, um dann letztendlich auszubrechen und darzustellen, wie viel Macht Menschen haben und diese für sich nutzen.

Die Dorfgemeinschaft ist trügerisch und bietet sehr viel Möglichkeiten für Vermutungen und Verdächtigungen bezüglich des Verschwindens eines jungen Mannes, der Großes vorhatte und sein Ziel nicht erreichen konnte? Es ist nicht gleich deutlich, wobei der Wunsch nach einem besseren Leben, außerhalb des verschlafenen Ortes absolut nachvollziehbar ist. Entweder Bauer oder Schafzüchter, mehr ist kaum möglich und gerade für junge Menschen ist dieses doch sehr unattraktiv. Durch Cleverness und Mut könnte man es zu etwas Größeres bringen, wenn da nicht Personen wären, die Wünsche nach Reichtum und Glück mit allen vereiteln, um dann den Mantel des Schweigens darüber zu breiten.

Es wird schnell deutlich, das es Geheimnisse gibt innerhalb der Dorfgemeinschaft, die aufzudecken lohnt, um endlich Ruhe und Frieden zu finden. Gewalt ist hier sehr deutlich und auch die Tatsache, sich wehren zu müssen, um nicht selbst der Angriffspunkt zu werden. Es ist nicht alles schlüssig, aber dennoch zufriedenstellend gelöst am Ende.

Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an einen Roman, der leider über einige Längen verfügt, aber dennoch ab Mitte des Buches über einen hohen Spannungsbogen verfügt. Zunächst ist es ein Kennenlernen zwischen Trey und Cal, bis sich dieser dann tatsächlich auf die Suche nach ihrem Bruder macht, was große Herausforderungen mit sich bringt, aber letztendlich den inneren Frieden des Kindes bewirken wird.

Der Titel ist definitiv passend gewählt und hält sich in diesem Fall auch auf den Originaltitel. Es ist eine Suche nach Wahrheit, die mit all ihren Lügen und Vertuschungen Spannung aufbauen konnte, um zum Ende hin wieder Ruhe und Frieden einkehren zu lassen, daher passt auch das ruhige, harmonisch wirkende Cover optisch sehr gut ins Bild der Story.

Bewertung vom 18.09.2021
SCHWEIG!
Merchant, Judith

SCHWEIG!


sehr gut

Psychisches und körperliches Leid einer Geschwisterbeziehung

"Schweig!" ist ein sehr gelungener Thriller, dessen Vielschichtigkeit sehr überrascht. Es ist anfänglich nicht gleich erkennbar, wer hier die "Gute" und wer die "Böse" Schwester ist. Wobei sich irgendwann erkennen lässt, das traumatische Erlebnisse Menschen zu Monstern formen kann und dabei wenig Platz für Empathie zu sein scheint. Ein gelungenes Weihnachtsfest zu feiern ist niemals verwerflich, wobei die Mittel die genutzt werden, ein Scheitern aufzeigen, welches dem geschuldet ist, was erlebt wurde. Ich kann nicht nachvollziehen, warum Kinder keine Hilfe bekommen und die Bürde aufgebrummt bekommen, sich um ihre jüngeren Geschwister zu kümmern, wenn einem als Elternteil die Kraft fehlt. Hier fehlt eindeutig eine psychologische Betreuung, die vielleicht verhindert hätte, das sich die Beziehung der Schwestern verhärtet und regelrecht krank wirkt. Als sie sich endlich aussprechen, wird schnell klar, das die eine oder andere Demütigung verhindert hätte werden können. Es scheint zu spät.

Was mir im Thriller begegnet ist definitiv toxisch, wie auch schon im Klappentext erwähnt. Es ist Wahn und Wahnsinn, wobei es schwierig werden wird, eine gesunde Beziehung aufzubauen. Selbst in Esthers Ehe scheint es sich emotional zu verhärten. Auch hier kommen Wahrheiten ans Licht, die wirklich psychotisch sind und eine große Abhängigkeit aufzeigen. Liebe ist es nicht, was an einander bindet.

Es hat mir sehr gefallen, in dieses Familiendrama einzutauchen und auch die psychologische Ebene ist authentisch geschildert. Was mir begegnet ist psychisches und körperliches Leid, aber auch Wunschvorstellungen eines gesunden Lebens, welches eindeutig einer Zaubertafel gleicht. Der Vergleich kommt direkt aus dem Thriller und erscheint mir mehr als passend. Dinge werden aufgezeichnet und ins Leben integriert und wenn es nicht in den Lebensstil passt, wird über die Tafel gewischt und auf alles O gestellt.

Geschwister können sich definitiv verletzten, da sie es sind, denen man normalerweise sehr nah steht. Hier besteht eine krankhafte Verbindung, die für beide Seiten mehr als ungesund sind. Esther ist der Meinung, das alles, was sie für ihre Schwester tut richtig ist, aber übersieht, das sie ihr letztendlich nur schadet und mehr als aufdringlich wirkt. Es ist eine Geschwisterrivalität spürbar, aber eben auch sehr viele Verletzungen, die vielleicht auch unbewusst geschehen sind. Manche ausgesprochene Worte lassen sich ganz tief innen vergraben und brechen irgendwann heraus. Hinzu kommt eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, die wirklich ungesund ist für die Geschwisterbeziehung und Esthers Familie insgesamt. Wärme ist hier wenig zu erspüren.

Der Autorin gelingt es durch die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Schwestern einen Thriller zu stricken, der wirklich unter die Haut geht. Gerne vergebe ich eine Leseempfehlung, da mir die Grenze zwischen Wahn und Wahnsinn sehr gefallen hat. Ich flog förmlich durch die Seiten um zu begreifen, was dazu geführt hat, die Schwestern zu entfremden und empfand die Auflösung als sehr glaubhaft.

*****

Bewertung vom 12.09.2021
Arkas Reise / Die Stadt ohne Wind Band Bd.1
Devillepoix, Éléonore

Arkas Reise / Die Stadt ohne Wind Band Bd.1


sehr gut

"Die Stadt ohne Wind" ist ein fantastisches Abenteuer, welches mich sehr gefesselt hat aufgrund der Spannung die sich nach und nach aufbaut und sich zum Ende hin kaum ertragen lässt. Da es sich um den ersten Band einer Buchreihe handelt, ist das Ende sehr offen und auch wenn es irgendwie stimmig ist, hätte ich gerne noch die eine oder andere Seite gelesen.
Ich war nicht sofort von der Story begeistert, da ich mich erst an den Schreibstil und der erschaffenen Welt gewöhnen musste. Irgendwann platzte der Knoten und ich konnte mich kaum vom Buch lösen, welches definitiv magisch und außergewöhnlich ist. Mir gefiel Arka, die nicht nur mutig agiert, sondern auch trotz großer Gefahr einen klaren Kopf bewahrt. Um sich das nötige Geld für einen Aufstieg innerhalb der Ebenen zu beschaffen, muss sie bei einem Pferderennen siegen und um in die Gilde der Magier einzugehen drei Aufgaben bestehen. Sie beweist Köpfchen und innere Stärke, was wirklich herausragend ist, wobei dieses nur dem Ziel dient, ihren Vater zu finden.
Arka umwehen einige Geheimnisse, die von ihrem Mentor Lastyanax schnell erkannt wird. Die Erkenntnis bringt ihn selbst in größte Gefahr. Gemeinsam mit Lastyanax entwickelt Arka noch mehr Potential und kann sich in Hyperborea behaupten, wobei es zum Ende hin um Kopf und Kragen gehen wird. Nicht alle sind Arka wohlgesonnen und eine Intrige / ein Fluch wird ihr fast zum Verhängnis.
Mir hat es sehr gefallen in diese fantastische Story einzutauchen, auch wenn ich mit Namen und Begebenheiten nicht sofort warm wurde, wandelte sich mein Empfinden diesbezüglich schnell und ich genoss das Lesen sehr. Die von der Autorin erschaffene Welt ist voller Spannung und Abenteuer, was mir letztendlich komplett zugesagt hat.
Die unterschiedlichen Ebenen von Hyperborea sind interessant und geben einen guten Einblick in die unterschiedlichen Lebensweisen der dort lebenden Menschen. Nicht alles ist magisch und es gibt große Armut in der ersten Ebene. Von dort kommt Lastyanax und hat auch dort noch Familie, mit der er sich überworfen hat, zumindest mit seinem Vater. Auch für Arka ist Lastyanax Vater kein Unbekannter. Letztendlich steckt "Die Stadt ohne Wind" voller Überraschungen und das ist, was den Lesegenuss ausgemacht hat. Ein wirklich wunderbares Leseabenteuer, was jungen Leser_innen ab 12 Jahren komplett angemessen erscheint, aufgrund der angenehmen Schriftgröße und der kurzen Kapitel, die regelrecht dazu einladen weiterzulesen.
Ich vergebe sehr gerne eine Leseempfehlung, da es weder an Spannung, noch an Magie gefehlt hat, die sich von Seite zu Seite mehrten. Eine Fortsetzung ist zwingend nötig, da das Ende nicht wirklich zufrieden stellt, sondern lediglich die Neugier schürte.

Bewertung vom 10.09.2021
Barbara stirbt nicht
Bronsky, Alina

Barbara stirbt nicht


sehr gut

"Barbara stirbt nicht" ist ein sehr außergewöhnlicher Titel, der aber optimal zum Inhalt des Romans passt. Da ich schon von Alina Bronsky "Baba Dunjas große Liebe" und "Der Zopf meiner Großmutter" gelesen habe, weiß ich um die Vielschichtigkeit der Romane und auch hier wird schnell deutlich, das eine große Veränderung stattfinden wird. Schon die ersten Seiten des Romans zeigen einen Mann auf, der durch Erziehung und ein anderes Zeitalter sehr geprägt wurde und sich so verhält, wie er es gelernt hat. Mir ist dieses Verhalten nicht unbekannt, sind meine eigenen Eltern und Schwiegereltern doch ebenso geprägt worden und es ist einfach schwer sich verändern zu lassen oder umzudenken. Walter Schmidt zeigt nicht unbedingt seine besten Seiten und dennoch schließe ich ihn ins Herz, da ich erkenne, dass es den Lebensumständen der Nachkriegszeit geschuldet ist, das er sich verhält, wie er sich verhält und wie sehr es sein Denken und Handeln umschlossen hat. Es gibt allerdings Hoffnung und je mehr sich Walter offenbart durch seine Gedanken, an die er die Leserschar teilhaben lässt, zeigt sich, das er die Bettlägerigkeit seiner Frau kaum aushält und auch nicht verstehen kann. Selbst als Leserin, ohne eine Diagnose über Barbaras Zustand erhalten zu haben, kann ich nur in Mutmaßungen anstellen, die allerdings eher unbefriedigend sind, da zunächst Hoffnung auf Besserung besteht, was sich zum Ende hin dann allerdings als Trugschluss herausstellt, da Barbara schwächer und schwächer wird und es scheinbar das komplette Umfeld der Familie Schmidt wahrnimmt, nur Walter es verweigert einzugestehen, das seine Frau todkrank ist.
Für Walter ist es ein Neubeginn, da er lernt sich zu öffnen und umzudenken. Er lernt kochen und backen, wobei er sich hierzu Ratschläge aus dem Internet holt. Das Internet wird für ihn eine Plattform, in der er seine Frau besser kennenlernt. Vielleicht hat er einfach nur die Augen verschlossen über das liebevolle Wesen seiner Frau oder er war viel zu oberflächlich in seinem Denken und Handeln? Klar zeigen sich seine Verhaltensweisen gegenüber Randgruppen, die sich vielleicht nicht ganz abstellen lassen, aber immerhin dafür sorgen, seiner Frau Borscht zu kochen. Eigentlich ist es zum Weinen zu sehen, wie verbohrt Menschen durch ihre Erziehung und Erfahrungen sind. Anhand des Beispiels dieses außergewöhnlichen Protagonisten, der auch durch seinen deutschen Schäferhund Helmut auffällt ,zeigt sich. dass es Hoffnung auf Veränderungen eines Lebensbildes gibt. Alina Bronsky nutzt hier einiges an Klischees, die einen sehr unangenehmen Menschen zeigen, der zum Ende des Romans um ein vielfaches umgänglicher erscheint.
Der Roman ist zügig gelesen und endet sehr abrupt, was aber zum vorherigen Geschehen passend erscheint. Walter ist zum Ende hin nur noch darauf bedacht, seiner Frau nur das Beste zukommen zu lassen und daher hat es mich zwar erstaunt, dass das Ende offen bleibt, aber im Rückblick ist es genauso, wie es sein soll und nicht anders. Alles andere wäre jetzt doch unpassend!
Ich vergebe sehr gerne eine Leseempfehlung, da ich quasi durch die Seiten meines Readers flog und erstaunt darüber war, wie verbohrt ein Mensch sein kann, der aber durch die Umstände der Erkrankung seiner Frau, fast schon "nett" zu nennen ist. Der Umgang mit Kindern und Enkel verbessert sich und auch innerhalb der Nachbarschaft und Freundschaften kann sich Walter nun anders öffnen, was mir sehr zugesagt hat.