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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Heiki Rud
Wohnort: 
Regensburg

Bewertungen

Insgesamt 95 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2025
Die Anatomie der Einsamkeit
Pelt, Louise

Die Anatomie der Einsamkeit


sehr gut

Die Anatomie der Einsamkeit ist kein Buch, das man einfach nur liest – man spürt es. Louise Pelt gelingt es, das leise Gefühl des Verlorenseins greifbar zu machen und gleichzeitig Hoffnung auf Neuanfänge zu schenken.

Olives Suche nach der großen Story ist viel mehr als nur journalistischer Ehrgeiz – es ist die stille Suche nach einem Platz im Leben, nach einem Zuhause, das sich wirklich nach „Ankommen“ anfühlt. Der Kompass ihrer Großmutter wird dabei zum Symbol: für Orientierung, für Vergangenheit und letztlich auch für Verbindung.

Parallel dazu Claires Geschichte. Ihre Flucht auf die kleine Felsinsel ist rauer, widersprüchlicher – aber gerade dadurch so authentisch. Während Olive forscht, trauert Claire. Und doch laufen ihre Wege unmerklich aufeinander zu. Dieses kunstvolle Verweben der beiden Zeitebenen hat mich sehr beeindruckt.

Besonders schön fand ich die poetischen Einschübe – Poppys Gedichte sind wie kleine Inseln der Erinnerung zwischen den Kapiteln. Sie geben dem Buch einen ruhigen Takt, der gut zur melancholischen Grundstimmung passt, ohne zu beschweren.

Was mir persönlich etwas gefehlt hat, war eine stärkere emotionale Nähe zu den Figuren. Ich habe die Geschichten interessiert verfolgt, aber nicht immer mitgefühlt. Manche Szenen wirkten für mich fast ein wenig distanziert. Dennoch bleibt der Roman insgesamt bewegend – vor allem durch seine Botschaft: Dass Einsamkeit kein endgültiger Zustand sein muss. Dass Begegnungen verändern können. Und dass manchmal genau die kleinen Dinge – ein Kompass, ein Gedicht, ein Gespräch – alles ins Rollen bringen.

Ein leises, nachdenkliches Buch, das lange nachhallt.

Bewertung vom 17.03.2025
Die Tage nach dem Pflaumenregen
Chen, Karissa

Die Tage nach dem Pflaumenregen


ausgezeichnet

Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, das mich so tief berührt hat wie Die Tage nach dem Pflaumenregen. Die Geschichte von Suchi und Haiwen, die gemeinsam im Shanghai der 1930er-Jahre aufwachsen und später durch Krieg, politische Umbrüche und Migration getrennt werden, ging mir sehr nahe. Es ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern ein Roman über Identität, Heimat, Verlust und das Überleben in einer sich ständig verändernden Welt.

Besonders beeindruckt hat mich der Aufbau des Romans: Während Suchis Lebensgeschichte chronologisch erzählt wird, bewegt sich Haiwens Perspektive rückwärts durch die Zeit – ein erzählerischer Kniff, der nicht nur funktioniert, sondern ihren Charakteren Tiefe verleiht. Suchi schaut nach vorn, Haiwen hängt an der Vergangenheit. Diese Gegenbewegungen spiegeln ihre inneren Entwicklungen auf eindrucksvolle Weise wider.

Die sprachlichen Bilder sind kraftvoll und feinfühlig. Die Beschreibungen des Lebens im Longtang, der Kleidung, der Speisen und der Atmosphäre in den verschiedenen Städten machen die Geschichte lebendig. Gleichzeitig zeigen sie, wie sehr ein einziger Entschluss ein ganzes Leben verändern kann.

Mich hat auch die Vielschichtigkeit der Figuren fasziniert – wie sie sich durch Sprache, neue Namen oder soziale Rollen verändern, ohne ihr innerstes Wesen zu verlieren. Besonders die Szenen über das Leben im Exil, die Anpassung in fremden Ländern und der stille Schmerz über eine verlorene Heimat waren für mich sehr bewegend.

Die Tage nach dem Pflaumenregen ist ein historischer Roman, der durch die persönlichen Geschichten seiner Protagonisten Geschichte erfahrbar macht. Ein zutiefst menschliches, facettenreiches Debüt, das mich auch lange nach der letzten Seite nicht losgelassen hat. Für alle, die bewegende, literarisch anspruchsvolle Geschichten mögen – eine absolute Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.03.2025
Die laute Hedda
Michel, Katrin

Die laute Hedda


sehr gut

Ich bin begeistert von den farbenfrohen Illustrationen und der lebhaften Gestaltung von “Die laute Hedda“. Doch es ist nicht nur die Optik, die dieses Buch so besonders macht – die Geschichte selbst trifft mitten ins Herz und erzählt einfühlsam von einem Mädchen, das seinen Platz in einer oft zu leisen Welt finden muss.

Hedda ist voller Energie, Fantasie und Tatendrang – ein Kind, das mit jeder Faser seines Körpers spielt, tobt und entdeckt. Doch genau das stellt sie vor eine Herausforderung: Ihr Papa arbeitet im Homeoffice und bittet sie immer wieder um Ruhe. Während der bellende Hund des Nachbarn oder die brummende Waschmaschine für ihn keine Störfaktoren sind, scheint Heddas fröhliches Spielen eine unerwartete Lärmbelastung zu sein. Diese Situation hat mich sofort angesprochen, denn wie oft geraten Eltern und Kinder in ähnliche Konflikte, wenn Bedürfnisse aufeinanderprallen?

Besonders berührt hat mich, wie authentisch Heddas Gefühle dargestellt werden. Ihre Frustration darüber, ständig leise sein zu müssen, ist greifbar, ebenso ihr Wunsch nach Aufmerksamkeit und gemeinsamer Zeit. Es wird nicht nur gezeigt, wie wichtig es ist, Rücksicht auf andere zu nehmen, sondern auch, dass Kinder ihre eigene Ausdrucksweise finden dürfen. Die Geschichte führt uns vor Augen, dass Kompromisse nicht bedeuten, sich selbst aufzugeben, sondern einen Weg zu finden, der für alle funktioniert.

Die Illustrationen von Josephine Wolff passen perfekt zur Geschichte. Sie sind lebendig, voller Witz und laden dazu ein, immer wieder neue Details zu entdecken. Ich liebe es, wie die Farben und die Dynamik der Bilder Heddas Persönlichkeit widerspiegeln.

Insgesamt ist „Die laute Hedda“ ein großartiges Bilderbuch für aktive Kinder und ihre Eltern. Es ermutigt dazu, die eigenen Stärken zu entdecken, Verständnis für andere zu entwickeln und nach kreativen Lösungen zu suchen.

Bewertung vom 06.03.2025
Mäusekind, es ist so weit, dein großer Tag: Geburtstagszeit!
Schoenwald, Sophie

Mäusekind, es ist so weit, dein großer Tag: Geburtstagszeit!


ausgezeichnet

„Mäusekind, es ist so weit, dein großer Tag: Geburtstagszeit!“ von Sophie Schönwald ist ein bezauberndes Kinderbuch, das durch seine liebevolle Botschaft und die außergewöhnlichen Illustrationen begeistert. Die Geschichte dreht sich um ein kleines Mäusekind, das bald Geburtstag hat, jedoch aufgrund des langen Winters keine materiellen Geschenke erwarten kann. Anstatt auf materielle Dinge zu setzen, entscheiden sich die Waldfreunde des Mäusekindes, ihm ganz persönliche Geschenke zu machen. Ob es nun ein Lied, eine liebevolle Umarmung oder eine gemeinsame Entdeckungstour ist – jeder bringt seine eigenen Stärken ein, um dem Geburtstagskind eine Freude zu bereiten.

Was dieses Buch so besonders macht, ist die tiefe Botschaft, die es übermittelt: wahres Glück und Wertschätzung liegen nicht in Dingen, die man kaufen kann, sondern in den zwischenmenschlichen Gesten und der Zeit, die wir füreinander haben. Die Tiere im Wald helfen einander, unterstützen die Eltern des Mäusekindes und zeigen dem kleinen Mäuschen, wie wertvoll es ist, gemeinsam zu sein. Diese positive und liebevolle Gemeinschaft ist einfach wundervoll zu sehen, und es macht Spaß, der Geschichte zu folgen.

Die Illustrationen von Carola Sieverding sind wunderschön. Jede Seite ist reich an Details und Emotionen, ohne dabei überladen zu wirken. Man kann förmlich die Freude, die Sorge und die Liebe in den Gesichtern der Tiere erkennen. Die Farben sind lebendig und kräftig, was das Buch noch mehr zum Leben erweckt. Man entdeckt immer wieder neue Kleinigkeiten, die dem Betrachter ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Die Erzählung selbst ist in sanften Reimen verfasst, die sich wunderbar zum Vorlesen eignen. Der Text ist kurz und prägnant, sodass auch jüngere Kinder schnell folgen können. Der Reimfluss und die einfühlsame Erzählweise machen es zu einem echten Leseerlebnis.

Ein weiteres Highlight ist die Bastelanleitung am Ende des Buches. Sie gibt den Lesern die Möglichkeit, selbst kreativ zu werden und Glückwunschkarten zu gestalten – eine wundervolle Möglichkeit, die im Buch vermittelte Botschaft weiterzugeben.

Ich finde es fantastisch, wie dieses Buch auf so einfache Weise wichtige Werte wie Freundschaft, Liebe und das Schenken von Zeit vermittelt. Es ist nicht nur für Kinder ein Genuss, sondern auch für Erwachsene eine wertvolle Erinnerung daran, was wirklich zählt.

Bewertung vom 04.03.2025
The Florist
Pattison, C.L.

The Florist


sehr gut

Die fesselnde Erzählweise und die beklemmende Atmosphäre haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Die Geschichte entfaltet sich langsam, baut dabei jedoch eine stetig wachsende Spannung auf, die bis zum überraschenden Ende anhält. Was zunächst als ruhige Erzählung über eine ambitionierte Floristin beginnt, entwickelt sich zunehmend zu einem psychologisch raffinierten Spiel um Identität, Obsession und dunkle Geheimnisse.

Protagonistin mit Ecken und Kanten
Amy Mackenzie ist eine Hauptfigur, die mich von Anfang an fasziniert hat. Sie ist weder klassisch sympathisch noch eine Heldin, mit der man sich sofort identifiziert – und genau das macht sie so besonders. Ihr verzweifeltes Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Anerkennung treibt sie in eine Welt, in der Grenzen zwischen Freundschaft und Besessenheit verschwimmen. Durch ihre Perspektive erleben wir die Geschehnisse hautnah und hinterfragen zugleich, wie viel Wahrheit wirklich in ihrer Wahrnehmung steckt. Während ihre Mitmenschen sie als seltsam oder übergriffig empfinden, erschien sie mir eher als tragische Figur, die sich verzweifelt nach Nähe sehnt. Diese Ambivalenz macht sie zu einer spannenden Erzählerin.

Ein einzigartiges Setting
Was dieses Buch von vielen anderen Thrillern abhebt, ist das florale Setting. Blumen sind nicht nur eine Kulisse, sondern spielen eine subtile Rolle in der Geschichte – sei es als Symbol oder als Metapher für die feine Linie zwischen Schönheit und Vergänglichkeit. Die detaillierten Einblicke in die Welt der Floristik haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Dabei bleibt die Geschichte aber stets im Thriller-Genre verwurzelt, ohne sich zu sehr in Fachwissen zu verlieren.

Spannung mit psychologischem Tiefgang
Anstelle rasanter Action bietet The Florist eine Spannung, die sich langsam aufbaut und durch atmosphärische Dichte überzeugt. Die Geschichte spielt in zwei Zeitebenen – Vergangenheit und Gegenwart – und wird durch Zeugenaussagen und Befragungsprotokolle ergänzt. Das sorgt für ein Puzzle, das sich nach und nach zusammensetzt. Ich habe bis zum Schluss gerätselt, wer wirklich hinter dem tödlichen Vorfall steckt, und wurde mehrfach in die Irre geführt. Besonders das Finale war intensiv, wenn auch für meinen Geschmack etwas zu überhastet. Hier hätte ich mir ein paar Seiten mehr gewünscht, um die aufgewühlte Stimmung noch besser wirken zu lassen.

Fazit
The Florist ist ein packender Psychothriller, der sich von klassischen Thrillern abhebt. Die Mischung aus unheilvoller Atmosphäre, einem faszinierenden Charakter und einem Setting, das sich erfrischend anders anfühlt, hat mich absolut überzeugt. Wer subtile Spannung mit tiefgründigen Figuren mag, wird hier definitiv auf seine Kosten kommen.

Bewertung vom 19.02.2025
Baby Food Bibel
Tellidis, Julia;Skora, Lauren

Baby Food Bibel


sehr gut

Was mich direkt positiv überrascht hat, war die gelungene Mischung aus Theorie und Praxis. Der Theorieteil ist nicht nur informativ, sondern auch angenehm verständlich geschrieben. Besonders gut hat mir gefallen, dass das Thema Ernährung nicht dogmatisch behandelt wird. Anders als in vielen anderen Ratgebern wird hier nicht verurteilt, wenn Eltern sich für Formula-Nahrung statt fürs Stillen entscheiden.

Auch Themen wie Nahrungsmittelallergien und die Bedeutung einer ausgewogenen Ernährung werden ausführlich behandelt. Besonders hilfreich fand ich die detaillierte Auflistung wichtiger Nährstoffe, welche Lebensmittel sie enthalten und wie man sie in den Speiseplan integrieren kann. Das macht das Buch nicht nur für Eltern von Babys und Kleinkindern wertvoll, sondern auch für alle, die sich generell mit gesunder Ernährung auseinandersetzen möchten.

Der Rezeptteil ist wirklich schön gestaltet. Die Fotos sind ansprechend, die Anleitungen verständlich, und die Rezepte lassen sich gut in den Familienalltag integrieren. Mir hat besonders gefallen, dass viele Gerichte nicht nur für Babys und Kleinkinder geeignet sind, sondern für die ganze Familie – das spart Zeit und Aufwand.

Allerdings gibt es einen Punkt, der mich gestört hat: Die Maßangaben. Statt der in Deutschland üblichen Gramm-Angaben werden Zutaten hier in Tassen angegeben.

Mein Fazit

Die „Baby Food Bibel“ ist ein gelungener Ratgeber für Eltern, die sich mit der Ernährung ihrer Kinder bewusst auseinandersetzen möchten. Der Mix aus fundierten Informationen, praxisnahen Tipps und familientauglichen Rezepten macht das Buch zu einem wertvollen Begleiter im Alltag.

Besonders lobenswert finde ich die neutrale Haltung zu verschiedenen Ernährungsweisen und die ausführlichen Erklärungen zu Nährstoffen und Allergien.

Bewertung vom 17.02.2025
21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest
Kowalski, Matthias

21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest


gut

Matthias Kowalskis Buch „21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest“ bietet einen verständlichen und praxisnahen Einstieg in die Welt der persönlichen Finanzen. Es behandelt Themen wie den Aufbau eines Notgroschens, den Vergleich von Bankkonten, Möglichkeiten zum Sparen im Alltag und Strategien zur Altersvorsorge. Besonders für Einsteiger sind die Inhalte gut aufbereitet und leicht verständlich.

Meine Leseerfahrung

Ich habe das Buch mit dem Ziel gelesen, neue Denkanstöße für meine finanzielle Planung zu erhalten. Während einige Kapitel für mich nicht unbedingt Neues enthielten, fand ich dennoch einige Abschnitte sehr interessant. Diese haben mir gezeigt, wie kleine Veränderungen im Alltag langfristig zu Einsparungen führen können.

Ein großer Kritikpunkt für mich waren jedoch die wiederholten Verweise auf die Webseite von Stiftung Warentest. An sich hätte ich nichts gegen ergänzende Online-Ressourcen, aber die kostenfreien Inhalte auf der Webseite boten kaum Mehrwert. Vielmehr hatte ich den Eindruck, dass das Buch teilweise als Werbemittel für kostenpflichtige Zusatzangebote dient. Das hat mich beim Lesen gestört und hinterließ einen negativen Beigeschmack.

Für wen ist das Buch geeignet?

Ich würde diesen Ratgeber vor allem jungen Menschen oder finanziellen Neueinsteigern empfehlen. Wer sich zum ersten Mal mit Themen wie Budgetplanung, Sparstrategien oder langfristigem Investieren auseinandersetzt, findet hier eine solide Einführung mit leicht verständlichen Erklärungen. Besonders gut hat mir gefallen, dass das Buch keine konkreten Finanzprodukte bewirbt, sondern eine neutrale Sichtweise vermittelt.

Allerdings sollten Leser mit Vorkenntnissen nicht zu viel erwarten. Viele der genannten Tipps sind für Menschen mit etwas finanzieller Erfahrung bereits selbstverständlich. Zudem wiederholen sich einige Themen im Buch.

Mein Fazit

„21 Dinge über deine Finanzen, die du wissen solltest“ ist ein hilfreicher Ratgeber für Finanz-Neulinge, die sich erstmals mit dem Thema Geldmanagement beschäftigen. Es bietet praxisnahe Tipps und eine verständliche Sprache. Leider wird der positive Gesamteindruck durch die vielen Verweise auf kostenpflichtige Zusatzinhalte getrübt.

Bewertung vom 10.02.2025
Snehild - Der Ruf der Unterwelt (eBook, ePUB)
Vedsø Olesen, Anne-Marie

Snehild - Der Ruf der Unterwelt (eBook, ePUB)


gut

Anne-Marie Vedsø Olesen entführt uns mit Der Ruf der Unterwelt, dem zweiten Band der Reihe Snehild, erneut in eine düstere, mythische Welt voller Magie, Machtkämpfe und nordischer Legenden. Doch während der erste Band viele begeisterte, fällt die Fortsetzung etwas ambivalenter aus.

Der Roman bietet alles, was das Herz von Fantasy- und Mythologie-Fans begehrt: Götter, tödliche Flüche und große Kämpfe. Snehild steht mehr denn je im Mittelpunkt, während sie mit ihrer wachsenden Macht ringt und schwierige Entscheidungen treffen muss. Die Geschichte nimmt an Tempo auf, insbesondere als sie gezwungen ist, Himlinge zu verlassen und sich auf eine gefährliche Reise durch die Welten des Yggdrasil zu begeben.

Die große Stärke des Buches liegt in der kunstvollen Verflechtung nordischer Sagen mit der Handlung. Olesen versteht es meisterhaft, die Mythen lebendig werden zu lassen und mit komplexen Charakteren zu verweben, die weit entfernt von einfachen Helden oder Schurken sind. Besonders die Feindschaft zwischen Snehild und Ragnhild und der Wahnsinn des neuen Königs sorgen für Spannung.

Trotz dieser gelungenen Elemente fällt es jedoch nicht jedem leicht, sich in die Geschichte einzufinden. Das sprachlich blumige und bildhafte Erzählen, das schon im ersten Band präsent war, kann einerseits faszinieren, andererseits aber auch als zu überladen und ablenkend empfunden werden. Wer diesen Stil schätzt, wird begeistert sein – wer eine direktere Erzählweise bevorzugt, könnte sich jedoch schwerer tun.

Ein weiterer Punkt ist der Einstieg in die Geschichte: Wer sich nicht mehr an die Ereignisse des ersten Bandes erinnert, könnte anfangs Schwierigkeiten haben. Glücklicherweise werden die wichtigsten Begebenheiten geschickt in die Handlung eingebaut, sodass die Orientierung nach kurzer Zeit wiedergefunden wird.

Obwohl der Anfang etwas träge erscheint, entfaltet sich die Spannung spätestens mit Snehilds Reise nach Helheim – ein Abschnitt, der besonders eindrucksvoll und mitreißend ist. Olesen spielt hier gekonnt mit der nordischen Mythologie, was für viele Leser sicherlich ein Highlight darstellt.

Am Ende bleibt Der Ruf der Unterwelt eine unterhaltsame, atmosphärische Fortsetzung mit vielen offenen Fragen, die neugierig auf den nächsten Band machen. Trotz kleiner Schwächen bleibt eine klare Leseempfehlung für Fans der Reihe bestehen – insbesondere für jene, die sich von poetischer Sprache und mythologisch verwurzelter Erzählkunst verzaubern lassen können.

Bewertung vom 07.02.2025
Shanghai Story
Min, Juli

Shanghai Story


sehr gut

Shanghai Story ist ein Familienroman, der auf eine ungewöhnliche Weise erzählt wird – rückwärts durch die Zeit, von 2040 bis 2014. Anfangs war ich skeptisch, ob dieser erzählerische Kniff mehr als nur ein Gimmick sein würde, aber ich wurde positiv überrascht. Statt klassischer Enthüllungen erlebt man hier, wie sich familiäre Dynamiken über die Jahre hinweg entwickelt haben. Diese Erzählweise macht das Buch zu einem besonderen Leseerlebnis.

Im Zentrum stehen Leo und Eko, ein wohlhabendes Paar in ihren Vierzigern, und ihre drei Töchter. Ihre Geschichte entfaltet sich in Shanghai, Japan und Paris, begleitet von wechselnden Perspektiven – sowohl von innen, aus der Familie heraus, als auch von außen durch Nebenfiguren wie die Nanny oder den Fahrer. Dadurch entsteht ein facettenreiches Porträt einer Familie, die mit Liebe, Erwartungen und gesellschaftlichen Zwängen ringt. Besonders beeindruckt hat mich, wie empathisch und unaufgeregt die Autorin die Charaktere und ihre Beziehungen zeichnet.

Die Struktur des Romans hat Vor- und Nachteile. Die einzelnen Kapitel lesen sich wie miteinander verbundene Kurzgeschichten – manche sind besonders stark, andere fühlen sich wie Bonusmaterial an, das nicht unbedingt zur Haupthandlung beiträgt. Die Zeitsprünge sorgen für Spannung, hinterlassen aber auch das Gefühl, dass einige Handlungsstränge unvollendet bleiben.

Familiäre Beziehungen, Mutterschaft und die Frage nach Identität stehen hier im Mittelpunkt.

Trotz kleinerer Schwächen ist Shanghai Story ein lesenswertes Debüt mit einer außergewöhnlichen Erzählweise und tiefgründigen Charakteren. Die melancholische, oft poetische Sprache macht es zu einer eindringlichen Lektüre. Ich hätte mir an manchen Stellen mehr Tiefe gewünscht, aber insgesamt war es eine faszinierende Reise durch die Zeit.

Bewertung vom 27.01.2025
One Perfect Couple
Ware, Ruth

One Perfect Couple


sehr gut

Die Geschichte wird aus der Perspektive der Wissenschaftlerin Lyla erzählt, die sich widerwillig von ihrem Freund Nico, einem erfolglosen Schauspieler, überreden lässt, an der neuen Reality-Show The Perfect Couple teilzunehmen. Die Handlung entfaltet sich auf einer abgelegenen Insel im Indischen Ozean, wo fünf Paare gegeneinander antreten. Doch nach einem verheerenden Sturm, der die Crew und jegliche Kommunikation mit dem Festland lahmlegt, verwandelt sich das Spiel in einen tödlichen Überlebenskampf.

Ruth Ware punktet mit ihrer intensiven Charakterzeichnung. Jeder der Teilnehmer hat eigene Ambitionen und Geheimnisse, was zu interessanten Dynamiken und schwelenden Konflikten führt. Lyla, die als rationaler und widerwilliger Teil des Casts auftritt, wird zur idealen Erzählerin, die dem Leser eine klare Perspektive bietet, ohne die Spannung zu mindern. Die clever eingesetzten Tagebucheinträge eines anderen Teilnehmers verleihen der Geschichte zusätzliche Tiefe und treiben den Plot geschickt voran.

Die Atmosphäre der isolierten Insel ist perfekt eingefangen: Von klaustrophobischer Enge bis zur Verzweiflung, die sich bei den Charakteren zunehmend bemerkbar macht. Diese Kulisse, gepaart mit den eskalierenden Spannungen zwischen den Figuren, sorgt für einen kontinuierlichen Spannungsbogen.

Trotz einiger Kritikpunkte – wie einer vorhersehbaren und etwas enttäuschenden Auflösung der zentralen Konflikte – überzeugt das Buch durch seine packende Erzählweise, scharfsinnigen Dialoge und überraschenden Wendungen. Ware schafft es, die Leser bis zum Ende zu fesseln, auch wenn das “Warum” hinter den Ereignissen weniger schockierend ausfällt als erhofft.