Benutzer
Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Bartie
Wohnort: 
Hagen i.Bremischen

Bewertungen

Insgesamt 191 Bewertungen
Bewertung vom 20.06.2024
Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1
Cors, Benjamin

Krähentage / Gruppe 4 ermittelt Bd.1


ausgezeichnet

Spannender Thriller - sehr zu empfehlen!

Mysteriöse Mordfälle beschäftigen die Gruppe 4, die zur Aufklärung der Serienstraftaten neu gegründet wurde. Die Leitung des Teams übernehmen Jakob Krogh, nach einer Auszeit wieder im Polizeidienst, und Mila Weiss, eine erfolgreiche Ermittlerin aus Wien.
Der erste Fall ist mysteriös: eine einsame ältere Frau in ihrer Wohnung ermordet, ihre Leiche mit einer ausgehungerten Krähe in einem abgedunkelten Raum. Unerklärbar zu dem Zeitpunkt ist, dass man die Frau noch nach ihrem Tod gesehen hat.
Auch im nächsten Fall wurde der bereits ermordete Student Ben bei der Vorlesung an der Uni gesehen. Und auch in seinem Apartment befinden sich ausgehungerte Krähen. Jedes Mal hinterlässt der Täter am Tatort zusätzlich eine mysteriöse Botschaft.

Während die Ermittler noch im Dunkeln tappen, kennt der Leser den Täter bereits von Anfang an. Der Spannung tut dies jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil; ich fand es total interessant den Gedanken des Täters zu folgen, seine Pläne im Voraus zu kennen und ihre Umsetzung zu beobachten. Es sind insgesamt schaurige Szenen, die man nur fassungslos verfolgen kann.

Auch die Ermittlungen, obwohl längere Zeit erfolglos, sind spannend. Der Täter scheint der Gruppe 4 immer einen Schritt im Voraus zu sein. Dabei setzt sich das Ermittlerteam aus erfahrenen erfolgreichen Kriminalbeamten zusammen. Einigen von ihnen macht ihre bewegende, womöglich eine düstere Vergangenheit sehr zu schaffen. Und dies erhöht zusätzlich die Spannung.

Ein brutaler, hochintelligenter Täter, interessante Charaktere, temporeiche Handlung mit einigen überraschenden Wendungen, stetiger Nervenkitzel– all das spricht für „Krähentage“ als einen gelungenen, hochspannenden Thriller.
Sehr zu empfehlen!

Bewertung vom 07.06.2024
Der große Wunsch
Fatah, Sherko

Der große Wunsch


sehr gut

In der Fremde

„Migration verändert Menschen, vor allem aber deren Kinder.“ (17)
meint Murad, der nach seiner in Nahen Osten verschollenen Tochter Naima sucht. Murad, ein Sohn der kurdischen Einwanderer, hat längst mit seinem Herkunftsland abgeschlossen; als Sozialarbeiter in Berlin hat er seinen Platz in der neuen Heimat gefunden. Völlig unvorbereitet traf ihn deswegen die Nachricht über das Verschwinden von Naima, die mit ihrem westlichen Lebensstil, kurzen Röcken, Make-up und Fingernägel-Design wie jedes andere Mädchen in Berlin wirkte. Aber Naima lernte einen französischen Glaubenskrieger kennen, ist ihm nach Syrien gefolgt, hat sich dem Kalifat angeschlossen.
Voller Unverständnis für Naimas Entscheidung und von Selbstvorwürfen geplagt, will Murad seine Tochter in Syrien finden und sie zurück nach Deutschland bringen.

Der Roman von Sherko Fatah spricht viele brisanten Themen unserer Zeit an. Eines der Wichtigsten ist die Migration, die seit dem Ausbruch des Krieges in Syrien sehr stark zugenommen hat. Überzeugend schildert der Autor das Leben in der Fremde, spricht über Parallelgesellschaften und die Sehnsucht nach dem Vertrauten, nach der Zugehörigkeit. Oft geschieht dann, dass „eine Hinterhofmoschee voller >Landsleute< aus aller Herrenländer zur Ersatzheimat“ wird. (29)

Doch das Hauptthema des Romans ist die Suche nach der Tochter, die ihr westliches Leben aufgegeben hat, um in den barbarischen Krieg in einem fremden, ihr unbekannten Land zu ziehen. Murads Suche entpuppt sich als ständiges Warten; das Warten auf den Boten der Schleuser, das Warten auf irgendwelche Infos über Naima, an eine Nachricht von ihr. Es ist ein Warten voller Hoffnung und Zweifel. Wie schwer Naimas jetziges Dasein ist, erfährt Murad aus den Fragmenten des Audiotagebuches, die ihm die Schleuser in einiger Zeitabständen zusenden. Es sind verstörende Nachrichten, manche sind schwer zu ertragen, auch für mich als Leserin.

Die Geschichte wirft viele Fragen auf, doch auf keine von ihnen findet man eine eindeutige, klare Antwort. Die Erzählung, auch wenn sie in einer bildhaften Sprache erfasst ist, zieht sich – genauso wie Murads Warten – in die Länge.
Angeregt von der spannenden Kurzbeschreibung des Buches habe ich diesen Roman mit großem Interesse gelesen.

Bewertung vom 23.05.2024
Schneeweißchen stirbt
Haller, Elias

Schneeweißchen stirbt


ausgezeichnet

Und wenn sie nicht gestorben sind…

„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“ - Mit diesem Satz enden viele bekannte Märchen, auch die der Brüder Grimm. Ganz anders jedoch enden alle drei Bücher der Grimm-Reihe aus der Feder von Elias Haller.
Obwohl hier jedes Buch auf einem bestimmten Grimm-Märchen basiert, erzählt die ganze Reihe tatsächlich Nora Rothmanns Geschichte; die Geschichte einer Kriminalkommissarin, die nach der Wahrheit über den Mord an ihrer Familie suchte. Bei den Nachforschungen ist Nora auf die Verbindungen zu der geheimen Gruppe Grimm gestoßen.
Der letzte Thriller der Reihe „Schneeweißchen stirbt“ schließt Noras Geschichte ab. Zum Schluss überschlagen sich Ereignisse; es wurde offensichtlich, dass hier jemand die Rache ausübt. Auf diese Weise werden die Täter zu Opfern.
Nachdem im Noras Leben plötzlich ihre längst vermisste Freundin Fiona erscheint, gerät vieles außer Kontrolle. Nicht nur Nora befindet sich in Gefahr, auch ihr Bekanntenkreis wurde bedroht. Und es wurde eindeutig, dass auch Schneeweißchen sterben muss.
Super spannende Geschichte, klug erdacht und raffiniert erzählt. Ihr Finale hat mich gleichermaßen überrascht und erschüttert. Die Akte-Grimm wurde geklärt und abgeschlossen. Trotzdem habe ich zum Schluss das mulmige Gefühl, dass auch am Ende dieses Thrillers passend stehen könnte: und wenn sie nicht gestorben sind…
Meine Empfehlung: unbedingt alle drei Bücher der Reihe nacheinander lesen! Absolut lesenswert!

Bewertung vom 08.05.2024
Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1
Lombardi, Emilia

Ein Traum aus Nuss und Schokolade / Café Alba Bd.1


ausgezeichnet

Café Alba - Interessante Familiengeschichte

Die Geschichte beginnt im Jahre 1946. Mit der damals 16-jährigen Francesca reisen wir nach Alba, einem malerischen Ort im Piemont, wo sie eine Stelle als Hausmädchen bei der angesehen Familie Milani bekommt. Milanis gehört das gut besuchte Café Alba, in dem zum Kaffee selbstgemachte süße Köstlichkeiten serviert wurden.
Doch die Zeiten sind schwer, es fehlt an vielen Lebensmitteln, die Preise steigen, dazu erleidet die Familie Milani einen schweren Verlust und bald steht das jahrelange Familienunternehmen vor dem Ruin. Mateo, der Sohn Milanis, weiht Francesca in die familiären Probleme ein, denn inzwischen haben die Beiden sich ineinander verliebt und Francesca hilft ihm gerne bei der Herstellung der Torten und Pralinen für das Café.
Es ist auch Francesca, die eine rettende Idee hat, mit der die jungen Leute das Geschäft zu retten versuchen.
Sehr gerne habe ich diese bewegende Geschichte gelesen, Francesca für ihre Tüchtigkeit und Kreativität bewundert. Trotz aller Hindernisse und Vorurteile - sie kommt aus einfachen Verhältnissen und ist „nur“ ein Hausmädchen - bleibt sie ihrem geliebten Mateo und seiner Familie treu, gemeinsam kämpfen sie um den Erhalt des Familienbesitzes.
Genossen habe ich die bildhaften Beschreibungen der wunderschönen Landschaft, des malerischen Ortes Alba mit dem lebhaften Wochenmarkt und des gut besuchten Cafés. Auch die lebendig dargestellten Figuren des Romans überzeugen, man fühlt mit ihnen, freut sich oder leidet mit. Standhaft dagegen musste ich bei den verlockenden Beschreibungen der Vorgänge in der nach Schokolade und den gerösteten Nüssen duftenden Backstube bleiben: hier konnte ich Francescas Ideen und ihre Kreativität bestaunen.
Die erzählte Geschichte ist wie das Leben selbst: voller Überraschungen, Glücks- und Trauermomente. Wunderschön erzählt, interessant und spannend bis zum Ende, auf jeden Fall lesenswert. Auf das Wiedersehen mit Francesca und die Fortsetzung ihrer Geschichte bin ich sehr gespannt.

Bewertung vom 04.05.2024
Rotkäppchen lügt
Haller, Elias

Rotkäppchen lügt


ausgezeichnet

Rotkäppchen in Gefahr

Inspiriert von den faszinierenden Märchen der Brüder Grimm erinnert Elias Haller in seiner Trilogie auf eine ungewöhnliche Weise an die wohl bekanntesten von ihnen.
Gleich im ersten Band mit dem Titel „Rotkäppchen lügt“ lässt er den bösen Wolf in Berlin grassieren. Den ersten Hinweis auf das grausame Treiben des Wolfes dort erhält Nora Rothmann vom LKA Berlin, die gegen die Korruption- und Polizeiverstöße in eigenen Reihen kämpft. Deswegen wurde sie von den Kollegen im Polizeidienst als „Wölfin“ geschimpft - alles nur ein Zufall?
Merkwürdig ist es auch, dass Noras aktuelle Ermittlungen gegen den pensionierten LKA-Präsidenten auf die dienstliche Anordnung sofort eingestellt werden sollten.
Inzwischen wurden auch die ersten Opfer des Wolfes gefunden. Das Team vom LKA 11 unter der Führung von Kriminalkommissar Konrad König ermittelt. Bei den Ermittlungen kommen die Ereignisse aus der Vergangenheit zum Vorschein, die Nora und ihre vor Jahren ermordete Familie betreffen.
Spannung auf hohem Niveau bietet der Autor in seinem Thriller. Das faszinierende Märchenthema, schonungslos dargestellte Gräueltaten des bösen Wolfes und die spannenden Verwicklungen der Story fesseln und erschrecken zugleich.
Die erzählte Geschichte ist nicht nur nervenaufreibend. Sie lebt von den dramatischen Ereignissen, aber auch von vielen interessanten, authentisch wirkenden Charakteren. Bemerkenswert fand ich die Protagonistin Nora, die zielstrebig und mutig ihre Ziele erreichen will und auf die bissigen Kommentare ihrer Kollegen wenig Wert legt.
Der zum Schluss entlarvte Täter entpuppt sich als wahre Überraschung. Antworten auf die Fragen, die dennoch offenbleiben, hoffe ich in der Fortsetzung der Reihe zu finden.
Eine klare Leseempfehlung für den spannenden Märchen-Thriller.

Bewertung vom 23.04.2024
Grenzfall - In den Tiefen der Schuld / Jahn und Krammer ermitteln Bd.4 (eBook, ePUB)
Schneider, Anna

Grenzfall - In den Tiefen der Schuld / Jahn und Krammer ermitteln Bd.4 (eBook, ePUB)


sehr gut

Grenzfall IV - Komplizierte Beziehungen

Das plötzliche Verschwinden seiner Kollegin Roza Szabo beunruhigt Bernhard Krammer zutiefst. In aller Eile hat die Kommissarin Szabo das LKA in Insbruck verlassen, auch in ihrer Wohnung findet man sie nicht. Dafür aber entdeckt man dort eine männliche Leiche mit einer Tauchermaske im Gesicht.
Krammer will Roza unbedingt finden, doch verunsichert über ihr zuletzt merkwürdiges Verhalten, glaubt er an ihre Unschuld nicht und ermittelt inoffiziell. Alexa Jahn, die In Krammers Schuld steht, bittet ihm sofort ihre Hilfe an. Auch ihr Kollege Kommissar Florian Huber von der Inspektion Weilheim ist dabei.
Die Ermittler beginnen mit der Suche an Walchensee, wo Roza auch vor kurzem gesehen wurde. Doch als eine erfahrene Polizistin weiß Szabo ihre Spuren zu verwischen; die Ermittlungen wurden immer komplizierter, brauchbare Beweise schwer auffindbar.
Krammer dagegen versucht Rozas Vergangenheit zu durchleuchten, dort brauchbare Hinweise zu finden, und auf diese Weise auf die Spuren von Roza zu gelangen. Bald sind sich die Ermittler sicher, dass Roza in höchster Lebensgefahr schwebt.

Als begeisterte Leserin der Grenzfall-Reihe konnte ich auf die Fortsetzung mit Alexa Jahn und Bernhard Krammer nicht verzichten. Den aktuellen Fall mit Rozas Verschwinden und der nicht identifizierbaren Leiche in ihrer Wohnung fand ich sehr spannend. Genauso spannend fand ich die Erzählung einer geheimnisvollen Frau, die über ihre verhängnisvolle Vergangenheit schonungslos berichtet. Und obwohl die Ermittlungen im Fall Roza schleppend vorangehen, bringt die „Beichte“ der Frau immer neue Lichtblicke in die Geschichte; einige Zusammenhänge mit dem aktuellen Fall wurden erkennbar.
Viel Platz im Roman finden die zahlreichen Anmerkungen über die konfliktreiche Beziehung zwischen Krammer und Alexa. Da ich alle Bücher der Reihe und somit die Vergangenheit der Protagonisten kenne, empfand ich sie manchmal als störend.
Dank der flüssigen, leicht zu lesenden Schreibweise der Autorin ist das Buch schnell zu Ende gelesen. Die kurzweilige Lektüre bietet gute Unterhaltung und die Leseprobe des nächsten Buches im Anhang weckt Neugier auf die Fortsetzung der Reihe

Bewertung vom 15.04.2024
Totenlichter (eBook, ePUB)
Sander, Aaron

Totenlichter (eBook, ePUB)


sehr gut

Mysteriöse Botschaften – das zweite Buch mit Jan Nygård

Ein nächtlicher Einbrecher hinterlässt in der Wohnung von Anna Wasmuth einen Briefumschlag. Beunruhigt benachrichtigt sie Jan Nygard über den Vorfall. In dem Umschlag finden sie eine Todesanzeige aus einer Tageszeitung. Es ist die Todesanzeige von Evelyn Meier, einer jungen Frau, die vor sieben Tagen sich das Leben nahm. Im Briefumschlag befindet sich außerdem ein Zettel mit einer mysteriösen Nachricht.
Bei der Obduktion der Leiche von Evelyn findet Rechtsmediziner Brandt eine Kapsel, in der ebenso ein Zettel mit einer geheimnisvollen Nachricht steckt.
Jan beginnt zu ermitteln und entdeckt eine ganze Reihe von Selbstmorden, deren Opfer vor kurzem einen schrecklichen Busunfall im Elbtunnel überlebt haben. Auch die mit Lammesblut geschriebenen Botschaften wurden bei den Opfern gefunden. Ist die Nachricht für Anna in dem Zusammenhang eine Warnung oder sogar eine Drohung? Die fieberhafte Suche nach dem Täter beginnt.

„Totenlichter“ ist ein zweites Buch mit dem Ermittlerduo Jan Nygård und Anna Wasmuth. Diesmal gerät auch Anna in eine lebensbedrohliche Lage. Lange bleibt es rätselhaft, wie das Ganze mit den untersuchten Fällen zusammenhängt. Ist ihr Verfolger auch der von der Polizei gesuchte Täter?
Diese Ungewissheit und das Gefühl der Bedrohung, mit dem Anna diesmal an den Ermittlungen teilnehmen muss, erhöhen die bereits am Anfang aufgebaute Spannung. Der Autor lässt auch die übrigen Protagonisten zu Wort kommen; in kurzen Kapiteln erzählen sie abwechselnd ihre Geschichten. Da es offensichtlich ist, dass einer von ihnen der Täter sein muss, bleibt es bis zum Schluss sehr spannend.
Jan Nygård, von den verheerenden Ereignissen in seiner Vergangenheit gezeichnet, versucht mit allen Mitteln für Annas Sicherheit zu sorgen. Auch bei den Ermittlungen setzt er sich immer durch, riskiert dabei oft sein Leben.
Das Rätsel um die mysteriösen Selbstmorde und die geheimnisvollen Botschaften, spannende Ermittlungen und die Geschichten mancher Überlebenden des Busunglücks – all das sorgt für die kontinuierliche Spannung. Die gekonnt ausgelegten falschen Fährten regen zum Miträtseln an, aber erst zum Schluss erfolgt eine spektakuläre Auflösung.
Der Thriller in einer flüssigen, bildhaften Sprache verfasst, lässt sich zügig lesen; das Buch ist ein wahrer Pageturner. Sehr zu empfehlen.

Bewertung vom 05.04.2024
Das späte Leben (MP3-Download)
Schlink, Bernhard

Das späte Leben (MP3-Download)


ausgezeichnet

Über das Abschiednehmen

„David, David.“ Er strich ihm über Kopf und Rücken, legte den Arm um ihn, zog ihn an sich. „Ich bin noch lange nicht tot. Und wenn ich sterbe und in den Himmel gehe, kommst du mit bis an die Tür, wir verabschieden uns, wie wir uns am Kindergarten verabschieden, und ich gehe rein…“ (78)

Martin Brehm ist sechsundsiebzig als er von seinem Arzt die Krebsdiagnose gestellt bekommt. Nun weiß er, dass ihm nur noch wenige Monate zu leben bleiben. Auf diese schreckliche Nachricht reagiert er ziemlich nüchtern und scheinbar gefasst. Eine Chemotherapie lehnt er ab.
Spätabend am Kamin, mit einer Flasche Wein, erzählt er seiner viel jüngeren Frau Ulla von der Diagnose. Sie ist zuerst erschüttert, dann überlegt sie, was sie noch gemeinsam unternehmen können. Wichtig wäre für sie, dass er ihren sechsjährigen Sohn David, eine Botschaft hinterlässt.

Tödliche Krankheit, eigentlich ein Todesurteil mit dem Martin sich arrangieren muss – das Thema des Romans ist ernst. Der Autor erzählt darüber sachlich, nüchtern, und dementsprechend ruhig und gelassen liest Ulrich Noethen es vor.
Es fiel mir zuerst schwer, sowohl Martins Reaktion auf die Krebsdiagnose, wie auch seine weitere Vorgehensweise zu verstehen. Kurios fand ich Martins Brief an seinen Sohn, in dem er über philosophische Themen schreibt. Er hat ihn eigentlich für sich selbst geschrieben, und das merkt er schließlich auch.
Doch wie sollte man die knappe Restzeit seines Lebens nutzen? Was kann man überhaupt noch tun, wenn die schleichende Krankheit an den Kräften zerrt? Wie kann man seine Liebsten darauf vorbereiten und vor den Folgen schützen?
Es sind gravierende Fragen, auf die jeder von uns unterschiedlich antworten würde. Umso mehr war ich auf Martins Entscheidungen, auf seine Handlungen gespannt. Nicht immer konnte mich sein Verhalten überzeugen, aber es hat mich bewegt und nachdenklich gestimmt.
Die empathische Art und Weise, mit der Ulrich Noethen, der Sprecher des Buches, es vorträgt, hat dazu beigetragen, dass ich beim Zuhören in die Geschichte versunken bin.
Das Buch und Hörbuch sind wärmstens zu empfehlen.

Bewertung vom 29.03.2024
Vom Ende der Nacht (eBook, ePUB)
Daverley, Claire

Vom Ende der Nacht (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ungewöhnliche Liebesbeziehung

Will und Rosie gehen auf dieselbe Schule, Rosies Zwillingsbruder Josh ist mit Will befreundet. Doch während Rosie in der Schule die besten Noten bekommt, macht sich Will nicht viel aus Schule und Lernen. Er verbringt seine Zeit lieber in der Garage, wo er sein Motorrad repariert und pflegt. Bis zu der Nacht, in der er Rosie am Lagefeuer trifft und sie singen hört.
Auch Rosie kann Will nicht vergessen. Und obwohl ihre Mutter behauptet, dass Will „ein schlechter Umgang“ für sie ist, fühlt sie sich zu ihm stark hingezogen, sucht seine Nähe. So fängt ihre Jugendliebe an, sie scheint zuerst unverwundbar zu sein. Bis sie unter einem schweren Schicksalsschlag zu zerbrechen droht.
Sie trennen sich, gehen andere Wege, versuchen ihr Leben neu zu gestalten, zu vergessen, und finden immer wieder zueinander.

„Vom Ende der Nacht“ erzählt eine wunderschöne Liebesgeschichte, die einen von Anfang an in ihren Bann zieht. Sehr einfühlsam, fast poetisch erzählt, lässt uns am Leben von Rosie und Will teilnehmen, verrät ihre intimsten Gedanken und Gefühle. Die Figuren wirken authentisch, ihre Handlungen sind glaubhaft.
Diese gefühlvolle Geschichte weckt viele Emotionen; sie berührt und bewegt, lässt mitfühlen und mittrauern, und letztendlich in eigenen Erinnerungen schwelgen.
Ich habe diese Geschichte sehr genossen und das Buch in einem Rutsch ausgelesen.
Herzergreifend, lebensklug, großartig! – Klare Leseempfehlung!

Bewertung vom 23.03.2024
Marschlande (eBook, ePUB)
Kubsova, Jarka

Marschlande (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Interessant, nachdenklich stimmend

In dem Roman „Marschlande“ erzählt Jarka Kubsova über zwei Frauen aus dem Hamburger Marschland.
Eine von ihnen ist die Hufnerin Abelke Bleken, die im 16. Jahrhundert einen großen Hof von ihren Eltern übernommen hatte. Sie liebte ihre Heimat und lebte für ihre Aufgaben als Bäuerin. Ihr florierender Bauernhof war dem anderen Dorfbauern ein Dorn im Auge, der Neid um ihren Erfolg und Besitz wuchs.

Ein neues Zuhause findet im Marschland Britta Stöver, die mit ihrem Mann und zwei Kindern nach Ochsenwerder zieht. Ihre Geschichte spielt in der Gegenwart. Britta, die ihren Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geographie aufgegeben hat, um sich der Familie zu widmen, ist zuerst mit dem neuen Zuhause und ihren Aufgaben als nur Hausfrau und Mutter unzufrieden. Doch dann entdeckt sie die Hinweise auf das Leben von Abelke Bleken. Die Geschichte der starken Frau, die sich gegen alle Widrigkeiten ihrer Epoche und dem Hass der Mitmenschen stellen musste, fasziniert Britta.

Es gibt einige Parallelen in den Geschichten der beiden Frauen. Beide mussten um ihre Ziele und Überzeugungen kämpfen, beide zahlten einen hohen Preis dafür.
Besonders interessant fand ich die Geschichte über die Hufnerin Abelke, die auf historischen Tatsachen beruht. Im Nachwort zum Buch schreibt die Autorin ausführlich darüber. Nicht nur das Schicksal der Bäuerin hat mich bewegt; auch viele historischen Fakten, wie das damalige Deichrecht oder die Enteignung der Bauern, weckten mein Interesse.
Etwas mehr dagegen hätte ich von der Geschichte über Britta erwartet. Ich hätte viel mehr über ihr bisheriges Leben, über Beweggründe für ihre Entscheidungen erfahren wollen.

Genossen habe ich die bildhafte Schreibweise der Autorin, die ausdrucksvoll über die Marschlandschaft schreibt:
(ein) Stück Land, in dem Glück und Unglück sich abwechselten, wie die Gezeiten,
wo Überfluss und Verderben kamen und gingen, wie Ebbe und Flut.“ (103)
„Marschlande“ ist ein hochinteressanter, nachdenklich stimmender Roman, sehr zu empfehlen!