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Top-Rezensenten Übersicht

Benutzername: 
Sabine
Wohnort: 
Köln
Über mich: 
https://buchmomente.blogspot.com
Buchflüsterer: 

Bewertungen

Insgesamt 404 Bewertungen
Bewertung vom 11.10.2021
Eine ganz dumme Idee
Backman, Fredrik

Eine ganz dumme Idee


weniger gut

Ich habe das Buch von den Buchflüsterern erhalten und muss gestehen, dass ich skeptisch war – denn meine Erfahrungen mit diesem Autor sind nicht so gut, einfach weil er meinen Humor nicht trifft. Und leider hat er es mir auch mit diesem Buch nicht leicht gemacht.
Schon der Plot ist sehr skurril – ein Bankraub misslingt und der Bankräuber wird ungewollt zum Geiselnehmer, weil er bei seiner Flucht zu einer Wohnung kommt, in der gerade eine Wohnungsbesichtigung stattfindet…
Ich hätte mir das Buch selber nicht zugelegt, weil mich schon der Plot nicht angesprochen hat und ich mich mit dem Humor von Fredrik Backman schwer tue – ich bin aber überzeugt, dass er seine Anhänger hat und neue auch mit diesem Buch findet.
Die Charaktere sind sehr besonders, völlig überzeichnet und für mich einfach nur nervig – auch wenn manch wahrer Kern getroffen wird und durch das Überzeichnete sehr ins Auge springt. Trotzdem konnte ich darüber nicht lachen, sondern eigentlich nur die Augen rollen. Auch bei der Schilderung von Situationen trifft der Autor oft einen wahren und auch wunden Punkt, der nachdenklich macht, ich mochte aber einfach nicht den Stil, wie er seine Botschaften setzt. Das hat es für mich noch mal tragischer gemacht – denn eigentlich steckt viel Weisheit in der Geschichte, nur die Verpackung hat mir überhaupt nicht gefallen. Dazu kommt ein Schreibstil, den andere wahrscheinlich toll finden, weil er kurze Sätze hat, sehr dialoglastig und auf humoristische Beschreibungen von Szenen ausgerichtet ist, ich fand das aber leider nicht ansprechend, eher anstrengend und zum „Augenrollen“ – aber das ist Geschmackssache und macht das Buch nicht zu einem schlechten, aber zu einem, das mir überhaupt nicht gefallen hat. Einziger Vorteil dieses Schreibstils – er ist sehr einfach und vor allem schnell zu lesen. Dass es dann noch viele, vor allem auch sehr kurze Kapitel gibt, lässt den Leser das Buch schnell beenden.
Meins war es leider nicht. Und das liegt vor allem am Stil, nicht an den zum Teil gelungenen Botschaften. Ich bin sicher, dass Fans des Autors auch dieses Buch feiern werden. Botschaften gibt es viele tolle, aber die Umsetzung hat meinen Geschmack leider gar nicht getroffen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 03.08.2021
Raumfahrer
Rietzschel, Lukas

Raumfahrer


weniger gut

Im Mittelpunkt stehen Jan und sein Vater, die ein trauriges Leben in der ehemaligen DDR fristen: Sie wohnen am Rande einer Plattenbausiedlung, Jan arbeitet in einem Krankenhaus, das bald schließen wird und eine düstere Stimmung liegt über beider Leben. Eher zufällig wird Jan dann mit seiner Vergangenheit konfrontiert und deckt Dinge auf, die er nicht für möglich gehalten hat.
Ich habe mich sehr schwer getan mit diesem Buch – nicht, weil etwa der Schreibstil schwierig ist, sondern weil ich diese düstere Atmosphäre und die Hoffnungslosigkeit, die das ganze Buch ausströmt, kaum ertragen konnte und wollte. Der Schreibstil ist eher angenehm und lässt sich auch leicht lesen; zu Gute halten muss man ihm, dass er auch die bedrückende Stimmung wirklich sehr gut rüberbringt – für mich zu gut, denn Spaß hatte ich nicht beim Lesen und gut unterhalten fühlte ich mich auch nicht. Erschwert wurde das Ganze für mich noch dadurch, dass der Autor sowohl zwischen verschiedenen Charakteren als auch Zeiten hin und her springt – mich hat das verwirrt, weil immer erst nach einigen Sätzen klar war, wo man sich gerade befindet und ich so immer wieder aus dem Lesefluss gerissen wurde.
Auch zu den verschiedenen Figuren habe ich keinen rechten Zugang gefunden – sie sind mir fremd geblieben, obwohl ich nicht mal sagen kann, dass sie mir unsympathisch waren. Aber sympathisch halt auch nicht, eher „egal“ – und das ist für eine Geschichte natürlich nicht gut, denn so fehlte mir der Drang weiterzulesen, irgendwen zu begleiten bei der Suche nach der Wahrheit, die irgendwo in der Zeit der ehemaligen DDR zu finden ist.
Die Themen sind traurig, und leider aber auch wahr: Es geht um Trauer und Verrat, um den Staat und die Stasi, um Familie und deren Zerfall. Leider alles sehr traurige Themen, und das spürt man in nahezu jeder Zeile der Geschichte.
Zugutehalten muss man dem Autor, dass er weiß, wovon er redet – trotzdem hätte ich mir auch ein paar freundliche Augenblicke gewünscht und nicht nur Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit. Und durch die unterschiedlichen Handlungsstränge kam zu der bedrückenden Atmosphäre auch noch Verwirrung hinzu – ich fühlte mich leider nicht gut unterhalten und kann daher nur 2 von 5 Sternen vergeben.

Bewertung vom 20.07.2021
Was fehlt dir
Nunez, Sigrid

Was fehlt dir


gut

Mich hatte „Der Freund“ von der Autorin sehr begeistert, daher war für mich klar, dass ich auch ihren neuen Roman lesen werde. So richtig überzeugt hat mich das Buch aber leider nicht – vielleicht hatte ich einfach die falschen Erwartungen.
Es ist schwer, den Inhalt zusammenzufassen – vordergründig könnte man meinen, es geht um die Begleitung einer Sterbenden. Doch eigentlich ist das nur ein Aspekt - denn vielmehr sind es vielfältige Gedanken zu Menschen und Szenarien, die scheinbar ohne roten Faden aneinander gereiht sind und die mir das Lesen zum Teil sehr schwer gemacht haben. Fast könnte man meinen, es ist eine Aneinanderreihung von Essays, die mal interessanter, mal langatmiger daherkommen: Da gibt es zu, Beispiel die Lesung eines Misanthropen, Gedanken zur Schriftstellerei im allgemeinen oder auch um eine Katze, die ein Zuhause sucht; vor allem aber um Begegnungen mit Menschen, die besonders und andersdenkend sind. Manche Kapitel haben mich durchaus gefesselt, manche aber haben mich auch angestrengt oder gelangweilt – am meisten gestört hat mich aber, dass nicht der Eindruck eines Romans entsteht, sondern man das Gefühl hat, eine Aneinanderreihung von Essays zu lesen. In der zweiten Buchhälfte wird die Erzählweise etwas stringenter, und inhaltlich fokussiert sich das Geschehen auf die erkrankte Freundin. Trotzdem hat mich die Umsetzung der Idee, ein Buch über Verbundenheit und Mitgefühl zu schreiben, nicht überzeugt.
Die namenlose Erzählerin bleibt leider sehr blass, obwohl sie viele ihrer Gedanken preisgibt; trotzdem konnte ich sie nicht so recht fassen. Bei ihr fehlt mir die eigene Geschichte, die zwar immer mal wieder anklingt, aber leider nicht richtig greifbar ist. Viel besser gefallen als Person hat mir da ihre Jugendfreundin – die ist klar in ihren Aussagen, mit ihrer Geschichte sehr authentisch, und mit ihr hatte ich tatsächlich auch Mitgefühl.
Ansprechend finde ich auch den Schreibstil der Autorin – er ist klar und direkt, es gibt keine Schnörkel oder blumigen Beschreibungen, dafür viele Gedankengänge, denen ich mal besser, mal schlechter folgen konnte, die aber zum Teil sehr inspirierend waren und mich auch zum Nachdenken angeregt haben.
Als Roman hat mich das Buch leider nicht überzeugen können, eher sollte man es als Sammlung von Essays sehen – dann hätte ich damit anders umgehen können. Ich gebe diesem Buch 3 von 5 Sternen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.06.2021
Die Kinder von Nebra
Schiewe, Ulf

Die Kinder von Nebra


sehr gut

Ich liebe historische Romane – aber so weit in der Vergangenheit habe ich mich bisher nicht gelesen; in dieser Geschichte, die vor fast 4000 Jahren spielt steht die „Himmelsscheibe von Nebra“, die im Jahr 1999 in Sachsen-Anhalt gefunden wurde, im Mittelpunkt des Geschehens. Ich gebe zu, dass ich anfangs skeptisch war, und tatsächlich habe ich auch ein bisschen gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen – dann aber wurde es spannend und mit den sympathischen Protagonisten galt es, viele Abenteuer zu bestehen.

Es ist kein leichtes Unterfangen, ein Buch zu schreiben, das in einer Zeit spielt, aus der nur wenig bekannt ist. Zwar gibt es einige Fundstücke, aber wie die Menschen wirklich gelebt haben, da bleibt viel Spielraum zur Spekulation. Der Autor hat wirklich exzellent recherchiert und alle Fakten geschickt mit der fiktiven Geschichte verknüpft – denn natürlich ist vieles erdacht, aber in den bekannten historischen Kontext gebracht.

Die Geschichte beginnt gemächlich und führt den Leser langsam in die Zeit und die Lebensumstände ein. Man erfährt, wie die Himmelsscheibe entstanden sein könnte, wie die Menschen damals gelebt haben, dass das Land von Fürsten und Clans geführt wird und Götter angebetet und gehuldigt werden. Ich habe mich am Anfang sehr schwer getan, nicht nur wegen der vielen fremden Namen, die zu Menschen, Charakteren, Orten und Clans gehören, sondern weil mir auch einfach Spannung gefehlt hat, denn viel passiert zu Beginn wirklich nicht. Nach und nach wird es dann aber doch packender, als klar wird, welche Gottheiten mit welchem Clan wie zusammenhängen und wer welche Machtansprüche an wen stellt. Dann wird die Geschichte zu einem spannenden Abenteuerroman, bei dem ich sehr gefesselt war und mitgefiebert habe.

Der Götterkult spielt in diesem Roman eine große Rolle und Ulf Schiewe hat einen tollen Götter-Stammbaum erstellt und ausgearbeitet. Natürlich ist dieser angelehnt am römische und griechische Gottheiten, dennoch aber ist er in sich schlüssig und muss sich in keinster Weise verstecken.

Die Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet, auch wenn bei fast allen der Hang dazu besteht, nur aus guten oder auch schlechten Seiten zu bestehen. Damit wirken sie ein wenig unauthentisch – aber wer weiß schon, wie die Menschen vor 4000 Jahren gewesen sind. Trotzdem mochte ich die Hauptcharaktere und habe sie bei ihren Abenteuern gerne begleitet – sie sind Helden, und damit ist eigentlich auch klar, dass ihnen viele gute Eigenschaften zugeschrieben sind, aber auch, wie die Kämpfe sowohl zwischen den Clans als auch im Privaten enden werden.

Schwer getan habe ich mich mit der Sprache – nicht weil sie anspruchsvoll ist oder schlecht zu lesen, sondern wie sie mir zu modern war und gar kein Zeitgefühl in mir geschaffen hat. Natürlich weiß man nicht, wie die Menschen damals gesprochen haben, trotzdem wünsche ich mir beim Lesen eines historischen Romans – egal zu welcher Zeit er spielt – ein gewisses „historisches Lesegefühl“, eine Atmosphäre, die mich fühlen lässt, in einer anderen Zeit zu sein. Und das hatte ich nicht. Ich habe tatsächlich ein bisschen gebraucht, dieses für mich bestehende Problem beiseite zu schieben, dann aber konnte ich die Geschichte endlich genießen und auch in ihr abtauchen.

Ulf Schiewe hat großartiges geleistet, eine Geschichte in einer Zeit anzusiedeln, über die nur wenig bekannt ist, und seine exzellenten Recherchen merkt man nicht nur beim Lesen, sondern erfährt auch von ihnen in dem ausführlichen Nachwort. Ich gebe dem Buch 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 24.05.2021
Die fremde Spionin / Die Spionin Bd.1
Müller, Titus

Die fremde Spionin / Die Spionin Bd.1


sehr gut

Ich war unsicher, ob mich diese Geschichte fesseln kann, da ich nicht so gerne über die Teilung Deutschlands lese und auch Agenten-Themen nicht so meins sind, aber ich würde eines besseren belehrt und gut unterhalten!
Ria leidet sehr unter der Trennung von ihrer Familie – der Vater von der Stasi verhaftet, sie und ihre Schwester getrennt und in staatstreue Adoptivfamilien gebracht. Kontakt war ihnen verboten, aber vergessen konnte Ria ihre Schwester Jolanthe nie. Als sie das Angebot erhält, als Spionin für den BND zu arbeiten, sieht sie ihre Chance, ihre Schwester wiederzufinden – wenn sie nicht zwischen die Fronten geraten würde…
Titus Müller hat einen interessanten und auch spannenden Roman geschrieben. Fernab der Geschichte rund um die Spionage gab es auch viele interessante Einblicke in Rias Leben in der ehemaligen DDR – und das war nicht nur interessant, sondern auch bedrückend. Wie sehr der Staat das Leben jedes einzelnen kontrolliert hat, ist kaum auszuhalten, und es ist auch kaum zu fassen, wie sehr er um jeden einzelnen Bürger kämpfen musste, dass er nicht davonrennt. Interessant war aber auch, wie der Geheimdienst – egal auf welcher Seite – arbeitet, auch wenn mich manches zum Schmunzeln gebracht hat, weil die Technik damals einfach noch nicht so weit war und die damals eingesetzten Mittel heute sehr altertümlich erscheinen. Klar wird aber, dass es ein Kampf um Leben und Tod ist, und die ganz Großen um wichtige Informationen ringen.
Ria als Figur mochte ich sehr – sie ist keine angepasste DDR-Bürgerin und leidet sehr unter der Trennung von ihrer Familie. Sie ist aufmüpfig und lässt sich nicht alles gefallen, und im Laufe des Buches merkt man auch, wie schlau und gegenwärtig sie ist – da habe ich wirklich gestaunt. Zwar fängt die Geschichte spannend an, well es direkt schon zu einem Attentat kommt, im Mittelteil ist es dann aber weniger blutig, sondern man bekommt Einblicke in die Arbeit Rias – sowohl als Sekretärin im Ministerium für Außenhandel als auch in ihre Arbeit als Agentin. Dabei lernt sie viele interessante Figuren kennen, und ich musste schon aufpassen, jeden zuzuordnen, wer zu welcher Seite gehört und wer was beabsichtigt. Das letzte Drittel ist dann richtig spannend, denn Ria deckt einen ungeheuren Plan auf, gerät selber in Lebensgefahr, und trifft am Ende eine Entscheidung, die ihr ganzes Leben verändert. Das war wirklich spannend und ich konnte das Buch da kaum aus der Hand legen.
Der Schreibstil ist angenehm, flüssig zu lesen, kann die Stimmung und Atmosphäre sehr gut einfangen und passt einfach zu den 1960er Jahren. Dies ist der erste Band einer Trilogie, wobei er in sich abgeschlossen ist – auf die Folgebände muss man leider noch ein wenig warten, sie erscheinen erst in den kommenden zwei Jahren und spielen in den Jahren 1973 und 1989.
Obwohl ich zunächst skeptisch war, hat mir das Buch dann doch gut gefallen – ich wurde gut unterhalten, fand es gerade im letzten Drittel sehr spannend und gelernt habe ich zudem auch noch einiges. Ich gebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 05.04.2021
Die Telefonzelle am Ende der Welt
Imai Messina, Laura

Die Telefonzelle am Ende der Welt


sehr gut

Ich habe das Buch als Buchflüsterin erhalten und muss sagen, dass mich der Titel überhaupt nicht ausgesprochen hat – dafür umso mehr Cover und Gestaltung, außen als auch innen. Mit gemischten Gefühlen habe ich angefangen zu lesen. Es hat ein wenig gebraucht, bis ich reingekommen bin in die Geschichte, dann aber hat mir vor allem die leise und sehr filigrane Art des Erzählens sehr gut gefallen.
Das Buch spielt in Japan, genauer im Garten von Bell Gardia, wo eine Telefon steht, mit der Angehörige mit ihren verstorbenen Lieben sprechen können. Rühmen will die Autorin mit ihrer Geschichte die Opfer der Tsunami-Katastrophe im Jahr 2011, und viele finden tatsächlich Trost im Garten von Bell Gardia. Die junge Yui, die Mutter und Tochter in der Katastrophe verloren hat, lernt dort den Arzt Takeshi kennen – auch er hat einen Verlust erlitten und beide freunden sich langsam an.
Ich habe ein bisschen gebraucht, um in die Geschichte reinzukommen, weil ich am Anfang nicht erkennen konnte, worauf die Geschichte hinausläuft. Es gibt einige Figuren, die vorgestellt werden, aber mir war noch nicht ersichtlich, wie der rote Faden ist und worauf es hinausläuft. Nach etwa 50 Seiten hat es dann aber „klick“ bei mir gemacht und ich konnte so richtig abtauchen in diese für mich ganz fremde Welt.
Es ist eine sehr leise und ruhige Geschichte, die vor allem durch den sehr warmen Schreibstil glänzt, der mich eingelullt hat mit seinen wohlgewählten Worten, ohne dabei aber schnörkelig oder blumig zu sein. Ich habe die Erzählweise als sehr japanisch empfunden, und das, obwohl die Autorin doch Italienerin ist – aber man merkt, dass sie schon einige Jahre in Japan lebt und die dort herrschende Zurückhaltung und Freundlichkeit übernommen hat. Besonders ist auch der Aufbau des Buches – die Kapitel sind kurz, dadurch aber nicht weniger liebevoll. Gemocht habe ich auch die eingestreuten „Listen“, die die Stimmung und Gedanken oder einfach eine Szenerie wunderbar eingefangen haben.
Die Charaktere sind toll gezeichnet und gerade in Yuis Gefühls- und Gedankenwelt bin ich tief abgetaucht. Sie ist ein liebenswerter Mensch, der zwar sein Herz nicht auf der Zunge trägt, dafür aber entsprechend handelt – und das hat mich schon sehr gerührt. Ihre Beziehung zu Takeshi ist so fein und leise, dass man das die beiden verbindende Band kaum packen kann und trotzdem spürt man es und auch, wie es nach und nach fester wird. Ja – es ist eine Liebesgeschichte, die aber ganz leise und fein erzählt ist und mich sehr berührt hat – eine Hommage an die Liebe.
Ich mochte nach anfänglichen Schwierigkeiten die Geschichte sehr gerne und gebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 24.03.2021
Das Leben ist zu kurz für irgendwann
Geraghty, Ciara

Das Leben ist zu kurz für irgendwann


sehr gut

Ich selber arbeite mit unheilbar erkrankten Menschen, daher hat mich das Thema natürlich sehr interessiert. Die Umsetzung hat meine Erwartungen nicht ganz erfüllt, dennoch war die Geschichte unterhaltsam und angenehm zu lesen.

Iris und Terry sind beste Freundinnen. Selbstverständlich, dass Terry ihre Freundin begleitet, die sich in die Schweiz aufmacht, um sich dort zu suizidieren – denn sie hat MS in einer rasch fortschreitenden Form. Doch Terry wird von der Reise überrascht und tritt sie nicht nur ungeplant an, sondern hat auch noch ihren dementen Vater mit im Gepäck.

Das Thema ist ein ernstes, um das es hier geht, trotzdem ist die Geschichte sehr leicht geschrieben, und es gibt einige Momente, die mich haben schmunzeln lassen. Es ist aber auch gar nicht so sehr Iris, die im Mittelpunkt steht, sondern eher Terry, die auf dieser Reise über sich hinauswächst und ganz gegen ihre sonst herrschenden Prinzipien verstößt. Das Thema assistierter Suizid ist wirklich nur ein Randthema, auch wenn es den Grund für die Reise liefert und auch das Ende vorgibt. Aber man braucht wirklich keine Angst zu haben, dass das Buch zu emotional ist – selbst das Ende hat mich zwar berührt, aber auch sehr versöhnlich gestimmt.

Iris ist eine tolle Frau – sie hat sich von ihrer Krankheit lange nicht unterkriegen lassen und mit ihr gelebt, ohne viel Tamtam um sie zu machen. Ihre Entscheidung zum Suizid gerade jetzt, wo sie noch ganz gut zurechtkommt, kann ich gut verstehen, auch, dass sie nicht noch warten möchte und sie Angst hat, irgendwann eben nicht mehr selber handeln zu können. Sie hat ihr Ziel fest im Blick – und auch wenn Terry immer wieder versucht, sie davon abzubringen, bleibt sie sich treu. Das hat mir sehr gut gefallen. Mit Terry dagegen bin ich nicht immer so gut klar gekommen. Toll ist ihre Entwicklung, die sie durchmacht – vom stringenten Muttertyp, die ihre Familie mit Listen und Plänen organisiert, mausert sie sich zum spontanen Weltenbummler. Und es gibt einige Hürden, die sie da meistern muss und es auch tut, sie wächst geradezu über sich hinaus. An manchen Stellen habe ich ihr das aber nicht abgenommen und gerade das Ende, wo es eine Aussicht gibt auf ihr „neues“ Leben, ist mir dann doch ein wenig zu viel und zu konstruiert. Zu ihrem Vater kann ich gar nicht viel sagen – er tut mir eigentlich nur leid. Denn so sehr manche seiner Aussagen im Rahmen seiner Demenz zum Schmunzeln einladen, so schlimm fand ich auch, dass er an dieser Reise teilnehmen muss, denn gut ist sie für seine Orientierung beileibe nicht. Und auch wenn Terry das weiß, dass Demenzkranke eine bekannte Umgebung brauchen, sucht sie da nach keiner besseren Lösung. Aber – sie kümmert sich rührend um ihren Vater, das will ich ihr nicht absprechen.

Das illustre Trüppchen erlebt eine ganze Menge – das macht die Reise, nicht nur des Zieles wegen, zu etwas ganz besonderem. Es gibt im Leben immer wieder Neues zu entdecken – man muss sich nur drauf einlassen und auch mal etwas wagen – eine Erkenntnis, die Terry zwar spät, aber dann zum Glück doch noch hat.

Der Schreibstil ist leicht und locker, so dass die Seiten rasch dahinfliegen. Es ist eine unterhaltsame Geschichte, bei der es weniger um Gedanken rund um das Thema Suizid geht, sondern vielmehr um die Entwicklung einer Frau, die in ihren alltäglichen Mühlen eingesperrt war und die sich daraus befreit.

Eine unterhaltsame Geschichte, nur viel Tiefgang sollte man nicht erwarten – ich gebe 4 von 5 Sternen.

Bewertung vom 08.03.2021
Die Farbe des Nordwinds
Jahn, Klara

Die Farbe des Nordwinds


ausgezeichnet

Ich bin zufällig über das Buch gestolpert - Cover und Klappentext haben mir sehr gefallen und eine Leseprobe hat mich total gefesselt. Da konnte ich zum Buch nicht nein sagen - und habe es auch nicht bereut!

Es gibt zwei Zeitebenen, die zunächst parallel verlaufen, dann aber nach und nach zusammenlaufen und gemeinsam einen Sinn ergeben. Die eine spielt Ende des 18. Jahrhunderts und erzählt die Geschichte von Arjen Martenson, der auf der Hallig aufwächst, sie dann aber verlässt, um zu studieren, der dann aber Jahre später wieder zurückkehrt und Zeuge der großen Flut wird. Dieser Teil ist in Ich-Perspektive aus Arjens Sicht geschireben, und ich fühlte mich ihm so sehr nahe. In dem anderen Erzählstrang steht Ellen in der Gegenwart im Mittelpunkt, die als Jugendliche kurz auf der Hallig gelebt hat, sich dort auch heimisch fühlte, sie dann aber mit ihrer Mutter auch wieder verlassen musste. Jahre später kehrt sie zurück, um als Lehrerin zu arbeiten. In diesem Erzählstrang gibt es einen allwissenden Erzähler, was aber der Atmosphäre und der Möglichkeit sich einzufühlen keinen Abbruch tut.

Von der ersten Seite an war ich gefesselt – von der Geschichte und auch von dem Schreibstil, der warm und wohlig ist, voller schöner Bilder und der vor allem eins schafft – die Stimmung und Atmosphäre einzufangen, von der Hallig und auch den unterschiedlichen Zeiten, in denen die Handlungsstränge spielen. Mich hat er umarmt und ich habe mich geborgen gefühlt – und konnte so richtig in die Geschichte eintauchen.

Ich mochte beide Erzählstränge sehr gerne, weil man so unglaublich viel lernt, über die Lebensbedingungen auf der Hallig damals und heute und auch über die Menschen, die eigen und anders sind, dafür aber nicht minder liebenswert.

Ellen habe ich sehr gemocht – mit all ihren Zweifeln, die sie mit sich rumträgt und die ihr das Leben schwermachen. Sie ist ein wundervoller Mensch mit einem großen Herz, das merkt man vor allem dann, wenn sie auf Kinder trifft. Und da passt es natürlich gut, dass sie als Lehrerin zurückkehrt. So gefühlvoll sie aber ist, reflektiert sie auch ihr Verhalten und kann so vermitteln, Kluften überwinden und Menschen zusammenbringen. Es war sehr schön, sie dabei zu begleiten.

Aber auch Arjen aus dem Erzählstrang der Vergangenheit mochte ich sehr gerne. Ein sehr verletzlicher und auch verletzter Charakter, der Großes bewegen will, aber gebremst wird – von den Menschen, aber auch den Gepflogenheiten, die die Zeit mit sich brachten. Trotzdem gibt er nie auf und muss schließlich auch einen großen Preis bezahlen.

Die Geschichte ist eine ruhige, und dennoch bin ich in einen Sog geraten und konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Es ist eine subtile, untergründige Spannung, die mich gefesselt hat und die sich am Ende in einem großen Finale entlädt. Das letzte Kapitel aus der Vergangenheit hat mich dann sehr berührt und mich das Buch mit einem warmen Gefühl zuschlagen lassen.

Eine wundervolle Geschichte, das ich gerne empfehle – 5 von 5 Sternen.

Bewertung vom 19.02.2021
Die Erfindung der Sprache
Baumheier, Anja

Die Erfindung der Sprache


ausgezeichnet

Beim Durchblättern der Vrelaugsvorschau, war ich sofort Feuer und Flamme, als das Cover und den Titel gesehen habe – ich wollte das Buch unbedingt lesen. Zu Beginn hatte ich etwas Probleme, in die Geschichte reinzukommen, dann aber war ich völlig gefangen in einer ganz eigenen Welt, die ein bisschen skurril, vor allem aber sehr warmherzig und liebenswert ist.

Es gibt zwei Handlungsstränge, die zu verschiedenen Zeiten spielen, die aber nach und nach aufeinander zulaufen. Der weiter zurückliegende Strang spielt vor allem in Ostfriesland, auf der Insel Platteoog – dort lernen sich Oda und Hubert kennen und lieben. Ihr Sohn Adam ist ihr Allergrößtes, dass er erst spät das Sprechen lernt und mit menschlichen Beziehungen so seine Probleme hat, ist für sie nicht wichtig. Sie sind eine glückliche Familie, bis auf einmal Hubert verschwindet. In dem Handlungsstrang der Gegenwart macht sich er erwachsene Adam auf die Suche nach seinem Vater – seine Liebe zur Sprache ist ihm geblieben, menschliche Nähe ist im weiterhin ein Graus. Sicherheit geben ihm die Zahl sieben und Stimmen in seinem Kopf – auf der Suche nach seinem Vater wächst Adam dann über sich hinaus.

Am Anfang hatte ich etwas Probleme in die Geschichte reinzukommen, was vor allem an der illustren Sammlung von Figuren lag, die hier in den ersten Seiten vorgestellt werden und die ich erst nicht richtig einander zuordnen konnte. Neben Adam, Oda und Hubert gibt es noch einige Bewohner der Insel Platteoog, die zwar eigen und auch ein wenig schrullig sind, dafür aber auch sehr herzlich und vor allem liebenswert. Es gibt da keinen ohne Macke, bei manchem ist sie offensichtlich, bei manchem eher versteckt. Was mir anfangs sehr fremd war, hat sich mehr und mehr in mein Herz geschlichen und es hat gar nicht lange gedauert, dass sich meine anfängliche Verwunderung und Skepsis in Neugier und Wohlgefühl gewandelt haben.

Normalerweise liegen mir Handlungsstränge der Vergangenheit lieber – diesmal war es anders. Ich habe mich immer wieder gefreut, wenn Adam in der Gegenwart Spuren nach seinem Vater verfolgt – und da hat die Autorin einiges an Wendungen auf Lager, mit denen ich nicht gerechnet habe und die wirklich ganz unverhofft gekommen sind. Toll fand ich vor allem die Entwicklung Adams, der mal urkomisch, mal mitleiderregend daherkommt, dann über sich hinauswächst und mich mit seiner Zerstreutheit, Hilflosigkeit und Wärme sehr berührt hat. Der zurückliegende Strang erzählt eher die Geschichte von Adams Eltern und Großeltern – bis irgendwann auch dieser Erzählstrang in der Gegenwart ankommt. Am Ende schließt sich der Kreis, die beiden Handlungsstränge werden eins und Fragen, die sich im Laufe des Buches ergeben haben, werden beantwortet - ich hatte ein wohliges Gefühl im Bauch, als ich den Buchdeckel zugeschlagen habe und fand den Schluss sehr versöhnlich und einfach toll.

Anja Baumheier hat einen tollen Schreibstil, der nicht nur lebendig ist, sondern auch zum schmunzeln einlädt – dabei lacht man aber nicht über die Menschen, sondern eher mit ihnen, keiner wird lächerlich gemacht, sondern sie sind mir mit allen ihren Ecken und Kanten richtig fest ans Herz gewachsen. Ich mochte zudem die Atmosphäre in der Geschichte, weil sie nie hoffnungslos war, sondern immer warm und voller Zuversicht. Für mich ein richtiges Wohlfühlbuch, das mich sehr gut unterhalten und in eine ganz andere Welt entführt hat. Ich gebe 4,5 von 5 Sternen.

Mein Fazit
Eine schöne Geschichte, die Mut macht und voller Hoffnung steckt, ungewöhnliche Charaktere, die ans Herz wachsen und ein warmherziger, lebendiger Schreibstil, der immer wieder auch zum schmunzeln einlädt – ein Wohlfühlbuch, das ich sehr gerne gelesen habe. Ich gebe 4,5 von 5 Sternen.

4 von 5 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 19.02.2021
Der leuchtende Himmel
Carsta, Ellin

Der leuchtende Himmel


ausgezeichnet

Ich mag die Hansen-Saga sehr gerne, auch wenn es mal bessere und mal schwächere Bände in ihr gibt – dieser Teil war wieder sehr unterhaltsam und bietet auch einiges an Wendungen, die ich nicht geahnt hätte. Da die einzelnen Bände aufeinander aufbauen, würde ich ein Quereinsteigen nicht empfehlen – ohne Kenntnis der Vörgänger-Bände würde dieser vermutlich langweilen und enttäuschen.

In diesem Teil gibt es wieder mehrere Handlungsorte – Wien, Kamerun und Hamburg, und natürlich ist das dem geschuldet, dass die Hansens sich in diesen verschiedenen Regionen angesiedelt haben. Neben dem Hafenstreik, der in diesem Buch für den Verlauf der Geschichte eine zwar wichtige Rolle einnimmt, der aber dennoch nur am Rande behandelt wird, geht es vor allem um zwischenmenschliche Dinge. Luise hat sich mit ihrem Hans wieder zusammengerauft, aber die Rivalin Ida kann das Sticheln nicht lassen. In Wien kommt es zu Krankheitsfällen – und dies hat Folgen für Therese und Robert in Kamerun. Florentinus in Wien kämpft immer noch mit sich und seiner Trauer – und es braucht ein schreckliches Ereignis, das ihm die Augen öffnet. Mehr will ich aber auch nicht verraten – das muss man dann schon selber entdecken.

Diesmal hat die Autorin sehr mit den Schicksalen der Figuren gespielt, und gerade am Ende war ich sehr überrascht – niemals hätte ich damit gerechnet. Ich frage mich natürlich, ob die Reihe noch weitergeht, denn mit diesem Twist hat die Autorin sich nochmal Tor und Tür geöffnet. Sprachlich ist die Geschichte angenehm zu lesen und bleibt im Tonfall den Vorgängern treu. Die verschiebenden Figuren haben diesmal einiges zu verarbeiten, einige wachsen an ihren Aufgaben und entwickeln sich weiter, andere leider nicht – aber das spiegelt das Leben wieder, deshalb fand ich diesen Band auch sehr authentisch.

Ich fand es schön, die ans Herz gewachsenen Charaktere wiederzutreffen und gebe diesem Band daher 4 von 5 Sternen.