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[insomnia]

Bewertungen

Insgesamt 36 Bewertungen
Bewertung vom 09.10.2024
Siebenmeilenherz
Winkler, Katharina

Siebenmeilenherz


ausgezeichnet

Katharina Winklers Roman Siebenmeilenherz greift ein schwieriges Thema auf: den sexuellen Übergriff auf Kinder. Diese Traumata der Kindheit begleiten eine Person ein Leben lang. Das Buch erzählt die Geschichte eines Missbrauchs eines Mädchens und vermittelt eindrucksvoll ihr Innenleben. Schon die Thematik geht einem unter die Haut, der gewählte Stil verschärft dies nur und lässt einen das gesamte Buch mit Gänsehaut lesen.

Die anfangs fünfjährige Ich-Erzählerin schildert ihre Erlebnisse und ihr Innerstes. Dabei fallen Worte wie “Einhorn” und “Horn”, “Zauberritze” und “Wundersaft”, der weiß und klebrig ist. Durch diese Sprache aus der Sicht eines Kindes wird einem beim Lesen noch viel mulmiger. Gleichzeitig stimmt es einen traurig, dass genau das tagtäglich auf der Welt passiert – sexuelle Übergriffe an Kindern sind leider allgegenwärtig und kommen nur selten ans Licht.

Es ist ein Buch, das mir ein wenig den Atem geraubt hat, ein Buch, das ich durch die sprachliche Dichte in Form eines Langgedichts in einem Rutsch lesen musste. Schockiert regte mich das Buch zum Nachdenken an. Ich kann der Autorin nur für dieses wichtige Buch danken. Auch wenn das Thema schwierig ist, gebe ich eine volle Leseempfehlung.

Bewertung vom 08.10.2024
Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht
Jost, Julia

Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht


sehr gut

starkes Debüt

Julia Jost präsentiert mit ihrem Debütroman “Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht” ein beeindruckendes Werk. Genau dort, 40 Kilometer vom spitzesten Zahn entfernt, versteckt sich die elfjährige, namenlose Erzählerin unter einem LKW. Sie spielt Verstecken mit ihrer Freundin Luca und wartet, bis Luca von 100 rückwärts zählt, um sie zu suchen. Während dieses Wartens erfahren wir zahlreiche Geschichten über das Aufwachsen auf dem Kärntner Land, über einen verstorbenen Klassenkameraden sowie über die Vorgeschichte ihrer Eltern und Großeltern.

Da ich selbst ein Jahr nach der Autorin in Kärnten geboren und in einer ländlichen Gegend aufgewachsen bin, hat mich das Buch sofort angesprochen. Erstaunlich, wie viele kleine Details man aus der eigenen Vergangenheit im Text wiedererkennt. Durch die vielen Sprünge zwischen Gegenwart und verschiedenen Geschichten aus der Vergangenheit ist es nicht immer klar, wo wir uns gerade befinden, bis der Kontext genug Hinweise gibt. Dennoch war das Buch für mich äußerst spannend zu lesen, weckte viele Erinnerungen und ich kann die Lektüre nur empfehlen.

Bewertung vom 04.10.2024
Lauter
Roiss, Stephan

Lauter


ausgezeichnet

Schon Stephan Roiss letzten Roman Triceratops habe ich mit Begeisterung gelesen. In "Lauter" folgen wir dem Protagonisten Leon, dessen Krebserkrankung einen Wendepunkt darstellt. In einer Reise quer nach Venedig und später quer durch Italien beschäftigt er sich mit Meditation, mit Erinnerungen, mit seiner verstorbenen Mutter und mit seinem Vater.
Stephan Roiss hat hier einen sehr dichten Roman vorgelegt, beschreibt bildhaft die Szenerie und das Innenleben des Protagonisten. Ein außergewöhnlicher Roman, den ich nur empfehlen kann.

Bewertung vom 01.10.2024
Das Philosophenschiff
Köhlmeier, Michael

Das Philosophenschiff


sehr gut

Michael Köhlmeier zählt zweifellos zu den besten Geschichtenerzählern des Landes. Immer wieder greife ich gerne zu seinen Bearbeitungen der Sagen des Altertums. Im vorliegenden Buch erzählt Frau Professor Anouk Perleman-Jacob die Geschichte des Philosophenschiffs, mit dem sie, ihre Eltern und einige andere außer Landes gebracht wurden. Diese Erzählung ist in eine Rahmenerzählung eingebettet, in der die Protagonistin diese Geschichte dem Autor berichtet. Insgesamt eine sehr nette Idee, auch an die Geschichten in der Geschichte und dem "Verlaufen" in eine andere Geschichte gewöhnt man sich recht schnell. Gelegentlich musste ich mir Hintergrundwissen ergoogeln, um bestimmte Aspekte der Geschichte rund um die Bolschewiki und die Revolution besser nachvollziehen zu können. Hin und wieder grübelt man dann doch, was nun Wahrheit und was Fiktion in diesem Buch ist. Insgesamt ist es eine schöne, kleine Geschichte, die sich gut lesen lässt und die ich nur empfehlen kann!

Bewertung vom 30.09.2024
Content
Hirschl, Elias

Content


gut

Elias Hirschl kenn ich noch aus seiner Zeit als er mit Poetry-Slam angefangen hatte. Seinen Romanen hatte ich mich bisher (leider) noch nicht gewidmet, umso mehr freute ich mich auf seinen neuesten Roman "Content". Eine Satire über die Generation ChatGPT passt hervorragend in die Zeit und hat diese Generation mehr als verdient. Zeitweise brachte mich der Text zum Schmunzeln, jedoch sprang der Funke nie ganz über, zu platt war für mich der Versuch Satire zu machen. Die Idee und das Setting klangen für mich sehr gut und haben Potential, das aus meiner Sicht nicht ganz ausgeschöpft wurde. Ein schönes Buch für einen lauen Herbstabend, ich hatte mir jedoch mehr erwartet.

Bewertung vom 24.09.2024
Zitronen
Fritsch, Valerie

Zitronen


ausgezeichnet

Sprachgewaltig und erschreckend

Valerie Fritsch bearbeitet in ihrem Buch "Zitronen" ein ernstes Themen bzw. eigentlich mehrere ernste Themen, die aufsummiert ein Leben ergeben, das voll von Angst und Zweifel ist. August Drach wird vom Vater geschlagen, später mischt die Mutter Medikamente ins Essen, um ihn krank zu machen, damit sie sich um ihn kümmern kann. August kann durch ein Wunder aus dieser Situation ausbrechen, aber sein weiteres Leben ist geprägt durch die Ereignisse in seiner Kindheit.
Valerie Fritsch erzählt diese erschreckende Geschichte sprachgewaltig und äußerst dicht. Auch bei so einem ernsten Thema kann man das Buch nicht einfach so weglegen, es beschäftigt einen weiter. Beim Nachdenken über manche Vorkommnisse in diesem Buch kommt einem die Gänsehaut, weil leider alles davon in unserer Welt auch tatsächlich vorkommen kann und vorkommt. Eine sehr starke Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 18.09.2024
Dorf ohne Franz
Dolovai, Verena

Dorf ohne Franz


ausgezeichnet

hervorragendes Debüt

Der Debütroman von Verena Dolovai "Dorf ohne Franz" hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Zum Teil recht nüchtern wird das Aufwachsen und Schicksale mehrerer Dorfbewohner erzählt. Wobei "nüchtern" hier nicht negativ zu sehen ist, das Landleben in den 1960ern ist nunmal auch ein wenig nüchtern, geprägt von Rollenklischees, Zuschreibungen und auch brutaler Rauheit. Die Lektüre hat mich sehr schnell über meine Eltern und Großeltern nachdenken lassen, die auch in so einem Dorf aufgewachsen und gelebt haben.
Das Ausbrechen aus den Dorfmustern, das Loslösen von zugeschriebenen Rollen, all dies beschäftigt(e) viele Menschen am Land. Die Autorin schafft es mit klarer Sprache dieses Leben, insbesondere das Leben der Protagonistin Maria realitätsnah zu beschreiben. Vielleicht macht genau die Nüchternheit und das raue Dorflebenden Reiz aus, der mich von Anfang an gefesselt hat. Ein wirklich hervorragendes Debüt, die Lektüre kann ich wirklich nur empfehlen.

Bewertung vom 16.09.2024
Nachwasser
Paris, Frieda

Nachwasser


sehr gut

In diesem Debüt-Langgedicht von Frieda Paris erleben die Leserinnen und Leser hautnah die Entstehung des Textes selbst: das Finden und beschreiben von Themen, das Strukturieren (oder auch nicht?), das Referenzieren und die Entscheidung für einen Buchtitel.
Zentral ist die Frage, was ein Gedicht denn alles darf? Aus der Schulzeit kennen wir wohl noch das eine oder andere Gedicht, das wir auswendig lernen "durften", aber ein Langgedicht darf mehr und soll auch mehr dürfen.
Das Buch ist auch eine Collage von Texten, die auf verschiedensten Rückseiten von Zetteln geschrieben wurde, im speziellen von Zetteln aus dem Nachlass von Friederike Mayröcker. Durch die Arbeit mit diesen Zetteln und der Verbindung des darauf geschriebenen Textschnipsels mit der Rückseite ergibt sich eine dynamische Beschreibung der Erarbeitung dieses Langgedichtes. Wir erleben im Laufe wie der Text zusammengestellt wird, was sich die Autorin denkt, sind quasi beim Schreibprozess selbst dabei. Das Lesen des Buches wird dabei zu einer interessanten Erfahrung.

Bewertung vom 12.09.2024
Fischgrätentage
Laznia, Elke

Fischgrätentage


ausgezeichnet

Sprachgewaltig!

Ich hatte schon lange keinen Lyrikband mehr in Händen, aber allein der Titel „Fischgrätentage“ hat mich sofort angesprochen. Abgesehen davon wusste ich nichts über den Inhalt des Buches. Doch schon nach der ersten Seite konnte ich es nicht mehr weglegen. Die sprachgewaltigen Konstruktionen und Bilder, die beim Lesen im Kopf entstehen, haben mich sofort in ihren Bann gezogen. Die Autorin zeichnet meisterhaft Bilder, die eindringlich im Gedächtnis bleiben.
Es geht um Verlust, das Ende des Lebens und Erinnerungen. Viele Passagen habe ich mehrmals gelesen, weil sie mich an eigene Erfahrungen erinnerten und Gedanken zurückbrachten.
Ich kann der Autorin nur danken: für dieses Buch, für diese Erinnerungen und für diese Verse auf höchstem Niveau. Eine sehr große Leseempfehlung von mir.

Bewertung vom 10.09.2024
Winterwölfe
Jones, Dan

Winterwölfe


sehr gut

der Hundertjährige Krieg hautnah

Nach “Essex Dogs” liegt nun der zweite Teil “Winterwölfe” der Trilogie von Dan Jones vor. Der Hundertjährige Krieg und insbesondere das Mittelalter haben mich schon immer interessiert und fasziniert. Erst sehr spät bin ich auf diese Trilogie gestoßen. Nachdem im ersten Teil die Charaktere eingeführt wurden und die Schlacht von Crécy geschlagen wurde, geht es im zweiten Band um die Belagerung von Calais in den Jahren 1346/47.

Auch der zweite Band zieht den Leser bzw. die Leserin sofort ins Mittelalter. Hautnah erlebt man diese brutale Zeit. Der Autor versteht es meisterhaft, die Atmosphäre des Mittelalters einzufangen und zu beschreiben. Für Geschichtsinteressierte bietet das Buch einen wunderbaren Einblick in den bedrückenden Alltag jener Zeit.

Mir persönlich hat das Buch sehr gut gefallen. Von der ersten Seite an war ich geistig mitten im Mittelalter gefangen. Eine klare Empfehlung für alle, die sich für Geschichte und das Mittelalter interessieren!