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Benutzername: 
gagamaus
Wohnort: 
München

Bewertungen

Insgesamt 510 Bewertungen
Bewertung vom 18.07.2021
Tiefer Fjord
Lillegraven, Ruth

Tiefer Fjord


ausgezeichnet

"Tiefer Fjord" ist ein besonderer Thriller. Dies liegt für mich vor allem in der Hauptperson, der Politikerin Clara, die sich just in einem Streit um die Durchsetzung eines neuen Gesetzes gegen Kindesmissbrauch befindet, als ein pakistanischer Junge im Krankenhaus an Verletzungen sterben, die eine Misshandlung nahelegen. Als der Vater Opfer einer Gewalttat wird und weitere Flüchtlinge ermordet werden, scheint einiges auf Claras Mann hinzudeuten. Da das Ehepaar ein eher angespanntes Verhältnis hat, stellt sich die Frage, wer ist der Mörder? Kann es der Ehemann sein?

Mir hat die ungewöhnliche Ausgangslage sehr gefallen und auch der Schreibstil ist gut lesbar und doch gehaltvoll. Keine Massenware und obwohl es ein nordischer Roman ist auch nicht unnötig brutal. Die politische Komponente hat mich überzeugt und spiegelt eine Gesellschaft, die gerne wegschaut oder verdrängt.

Leider ist noch unklar, wann der zweite Band erscheint. Ich kann das Buch auf jeden Fall wärmstens empfehlen.

Bewertung vom 01.07.2021
Stormdancer / Der Lotuskrieg Bd.1
Kristoff, Jay

Stormdancer / Der Lotuskrieg Bd.1


ausgezeichnet

Es widerstrebt mir fast, diese Rezension zu schreiben, denn ich bin nicht überzeugt von diesem ersten Gand der Lotuskrieg-Reihe. Ja, irgendwie spürt man den genial Jay Kristoff schon zwischen den Zeilen. Aber wer Nevernight oder ähnliches erwartet, wird erst mal enttäuscht. Die Story dümpelt so dahin, viele Personen, die meisten unendlich schwierig, ich mochte keine wirklich. Yukiko ist nett aber an Mia kommt sie nicht ran. Und die Verbindung zum Drachen ist interessant, aber sie allein kann den Plot auch nicht befeuern. Man merkt, dass hier eine Fortsetzung in die Tiefe gehen soll aber der lange Weg dorthin ist für mich als Leser steinig gewesen und von einem Kristoff erwarte ich besseres.

Ich schwanke in der Bewertung und vergebe dann doch nur 3 Sterne, weil ich einfach weiß, hier wäre mehr gegangen. Er hat sich etwas verzettelt.

Bewertung vom 01.07.2021
Der Tintenfischer / Ein Fall für Commissario Morello Bd.2
Schorlau, Wolfgang;Caiolo, Claudio

Der Tintenfischer / Ein Fall für Commissario Morello Bd.2


ausgezeichnet

Mein erstes Buch von Wolfgang Schorlau. Und was soll ich sagen. Definitiv nicht mein letztes. Was für ein gut erzählter Krimi. Mitten im Herzen von Venedig, voller Lokalkolorit ermittelt die italienische Polizei in Coronazeiten wie eh und je. Der Autor ist ein Garant für aktuelle brandheiße Themen, das weiß ich von seinen verfilmten Romanen. Diesmal ist das Flüchtlingsthema und sowohl die afrikanische als auch die italienische Mafia im Zentrum des Geschehens. Und Commissario Morello ist ein leidenschaftlicher und unerschrockener Ermittler, der vollen Einsatz bringt und an die Grenzen geht. Mit seiner coolen Kollegin Anna wagt er sich schließlich in die Höhle der Löwen und schippert nach Sizilien um zu helfen und einen Menschen zu retten.

Hervorragende Krimiunterhaltung. Jetzt muss der erste Band der Reihe her.

Bewertung vom 30.06.2021
Dornenthron
Koch, Boris

Dornenthron


sehr gut

Ich war sehr gespannt auf dieses Buch, da eine liebe Freundin es mir wämstens empohlen hat. Die Dramaturgie der Geschicht ist natürlich hinreichend bekannt, denn Dornröschen stand Pate zu dieser Idee. Aber erst holt der Autor Boris Koch mal sehr weit aus und enwirft eine detailverliebte Welt und führt eine ganze Handvoll Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen und ihren Lebensumständen ein. Und es geht beileibe nicht nur um die Prinzessin und den Prinzen, die Darsteller agieren alle auf Augenhöhe es ist also keine Romantasy.
Da es sich um den ersten Band handelt möchte ich zum ganzen Plot noch kein abschließendes Urteil abgeben. Die Sprache ist angenehm und freundlich, das Tempo gemächlich und schwelgerisch. Was mir tatsächlich etwas fehlte war die Düsternis, die ja angepriesen wird. Hier darf der Autor gerne noch eine Schippe drauflegen. Ich bin gespannt auf Teil 2.

Bewertung vom 29.05.2021
Ein anderes Land
Baldwin, James

Ein anderes Land


sehr gut

Christian Brückner als Erzähler ist es, der mich durch dieses Geschichte getragen hat, die sehr ruhig und unspektakulär daher kommt und die dem Zuhörer viel Raum zum Nachdenken und Hineinfühlen gibt. Es dauerte lange, bis ich die Charaktere einschätzen konnte, bis ich glaubte zu wissen wie Rufus und wie Leona ticken. Aber dann kommt es zu einem scheinbaren Suizid. Und plötzlich ist alles ganz anders.

Die 50ger Jahre der immer noch rassistischen USA sind es, die hier sehr kleinteilig und aufmerksam beschrieben werden. Die New Yorker Künstlerszene ist bereits offener und aufgeschlossener gegenüber verschiedenen Ethnien und diverser Sexualität. Aber der Rest der Gesellschaft ist es nicht. Und das spürt man in jeder Szene, in den Gedanken und Gefühlen der Protagonisten. Wer eine Ahnung davon bekommen möchte, wie es vor 70 Jahren war und wie es heute noch in vielen Teilen der Welt ist, der bekommt hier einen Spiegel vorgehalten.

Ein bisschen fehlte mir die Spannung in diesem Hörbuch. Denn die Dramatik wird oft nicht namentlich benannt und ist so still wie unspektakuär. Trotz der großen Gefühle die hier offenbar werden.

Bewertung vom 29.05.2021
Der Erlkönig
Loubry, Jérôme

Der Erlkönig


ausgezeichnet

Ich schätze die französischen Krimiautoren seit langem. Sie haben immer einen ganz eigenen Ton. Ich denke da an Grangè und Minier und an Thiliez. Und jetzt kann ich heir Loubry mit einreihen.

Besonders gefallenhat mir neben dem tollen Cover und dem äußerst vielversprechenden Titel der verschachtelte Plot, der trotz verschiedener Zeitebenen sehr homogen und gut strukturiert ist. Es ist in weiten Teilen vor allem ein psychologisches Verwirrspiel mit dem Leser aber auch der Ermittler tappt lange im Dunkeln. Viele falsche Fährten, einige unerwartete Wendungen und ein kluges furioses Ende machen den "Erlkönig" zu einem perfekten Thriller, den ich ruckzuck durchgelesen habe und nur jedem wärmstens ans Herz legen kann. Ich hoffe sehr auf weiter Bücher dieses Autors. Sein erstes Werk wartet ja auch noch auf eine deutsche Übersetzung.

Bewertung vom 29.05.2021
Hegels Welt
Kaube, Jürgen

Hegels Welt


sehr gut

"Hegels Welt" beschreibt sehr gut, worauf der Leser sich mit dieser Biografie einlässt.
Jürgen Kaube beschreibt das Leben des berühmten Philosophen mit all seinen Facetten und großen wie kleinen Erlebnissen. Das Private steht dabei gleichwertig neben dem Beruflichen. Persönliche Schicksalsschläge, familiäre Geschehnisse und der Mensch Hegel spielen eine große Rolle. Daneben wird das Werk des Autors beleuchtet und in direkten Zusammenhang mit dem gesetzt, was zu Lebzeiten des Mannes im politischen, weltpolitischen und gesellschaftlichen Weltgeschehen passierte.

Das Buch ist sehr komplex und im besten Sinne ein Sachbuch, welches mit vielen Fakten und Daten arbeitet. Darauf muss man sich einlassen, das muss man auf sich wirken lassen. Und auch mal manches hinnehmen und nicht versuchen, alles zu verstehen. So habe ich es gelesen, denn weder besitze ich große philosophische Vorkenntnisse, noch ist mein technisches Verständnis besonders ausgeprägt. Aber mir gefällt das große Ganze, was der Autor versucht aufzuzeigen. Der Grundton ist Umbruch, Neues, Fortschritt und gleichzeitig Aufmerksamkeit und der Blick auf eine Welt, in der Hegel zu Hegel wurde, weil er ein Denker war, weil er Zusammenhänge suchte, weil er den Menschen im Zentrum aller Veränderungen sah und auch, weil er selber für sich die Mitte suchte.

Ein hervorragend recherchiertes, vielschichtiges Sachbuch. Nicht ganz einfach zu lesen. Also Zeit nehmen.

Bewertung vom 17.05.2021
Grimme Stunden
Cep, Casey

Grimme Stunden


sehr gut

Mir war schon vor Beginn des Buches klar, dass ich keine zu genauen Erwartungen an das Buch haben sollte und dass der Name HARPER LEE durchaus auch als Werbestrategie für dieses Buch verwendet wird. Dennoch war ich gespannt, was mich erwartete.

Die Autorin Casey Cep wurde auf den Fall des schwarzen Predigers, Reverend Willie Maxwell, aufmerksam, da Harper Lee jahrelang über dessen mögliche Straftaten recherchiert hatte, allerdings verstarb, bevor sie aus dem Material vielleicht einen Roman hätte machen können. Also nahm Cep die Fährte erneut auf und erzählt hier einen verrückten, erschreckenden True-Crime über einen Mann, der mehrere Menschen umbrachte und das Geld der diversen Lebensversicherungen einstrich, bevor er im Rahmen einer Gerichtsverhandlung erschossen wurde. Verrückt auch deshalb, weil Maxwells Rechtsanwalt nach dessen Ermordung den Täter verteidigte.

Beim Lesen ist man als Europäer sicher immer wieder fassungslos über die katastrophalen Zustände des Rechtssystems in den Vereinigten Staaten, die es unglaublich einfach möglich machten, Polizei, Gerichte, Versicherungen, einfach jeden zu belügen und zu betrügen und reihenweise Menschen zu töten. Die Fehler und Unzulänglichkeiten der verschiedenen Rechtsorgane, Vorurteile, Rassenhass, Angst vor Voodoo, Tricksereien und Küngel spielten Maxwell und auch seinem Anwalt in die Hände. Ein erschreckendes Bild einer Gesellschaft und eines Rechtsstaates.

Im letzten Abschnitt erzählt die Autorin dann von ihrer geschätzten Kollegin Harper Lee, ihrem Werdegang, ihrem Leben und Schaffen. Dieser Teil ist irgendwie etwas aus dem True-Crime-Context herausgerissen und obwohl interessant, so doch für den Fall unerheblich.

Ein wenig fehlte mir eine homogene Struktur bei diesem Roman. Dennoch habe ich einiges Neues aus diesem Buch gezogen und vergebe deshalb gerne 4 Sterne.

Bewertung vom 17.05.2021
Die Wahrheit der Dinge, 1 Audio-CD,
Thiele, Markus

Die Wahrheit der Dinge, 1 Audio-CD,


ausgezeichnet

Ich habe "Die Wahrheit der Dinge" als ungekürztes Hörbuch gehört.

Der Sprecher Herbert Schäfer versteht sein Handwerk und moduliert auf angenehme und unaufdringliche Weise die Geschichte.

Im Mittelpunkt steht zum einen der Strafrichter Petersen, der an einem Punkt seines Berufslebens angekommen ist, in dem er spürt, dass er sich und seine Arbeit hinterfragen muss. Auch, weil seine Familie ihm unterschwellig Vorurteile und Fehlverhalten unterstellt. Zum anderen ist es eine junge Frau, die in einer von Petersens Verhandlungen den mutmaßlichen Mörder erschießt.

Man merkt, dass Autor Markus Thiele als Rechtsanwalt vom Fach ist. Er weiß, wovon er schreibt. Die Art, wie er vor allem seinen Richter über Schuld und Sühne, über Vorurteile, Fremdenfeindlichkeit, Selbstjustiz und Berufsethik reflektieren lässt, ist eindringlich, glaubwürdig und facettenreich. Die zentralen Fragen, wie der Mensch sich im geltenden Rechtssystem zurechtfinden kann, wie Gesetze und Gefühle in Einklang gebracht werden müssen, das liest bzw. hört sich einfach gut, regt zum Nachdenken an und unterhält ohne einen imaginär gehobenen Zeigefinger. Hervorragend.

Bewertung vom 12.05.2021
Laudatio auf eine kaukasische Kuh
Jodl, Angelika

Laudatio auf eine kaukasische Kuh


ausgezeichnet

„Laudatio auf eine kaukasische Kuh“ ließe sich vortrefflich verfilmen. Es ist alles vorhanden für einen amüsanten Liebesfilm mit einer spannenden Reise ins ferne Tiflis, wo alle Darsteller in einer irrwitzigen Konstellation aufeinandertreffen und die Hauptdarstellerin Olga sich für den Mann des Lebens und noch für einiges mehr entscheiden soll.

Hier treffen zwei Kulturen aufeinander – Deutschland und Georgien. Und mitten drin eine junge Frau die teilweise nicht mehr weiß, wo ihr der Kopf steht und die sich freistrampeln muss um glücklich zu werden.
Besonders gefallen hat mir der einfühlsam, humorvolle Erzählstil. Auch wenn die Fehler und Marotten der Darsteller erzählt werden, so ist doch immer zu spüren, dass Angelika Jodl ihre Figuren mag und es auch nicht um schwarz-weiße Abgrenzungen geht, sondern um das Menschliche. Die Eigenheiten der Personen sind etwas überzogen dargestellt, wodurch das Ganze eine moderne Komödie wird. Dennoch ist es vor allem Situationskomik und ein tolles Gespür für das Dialog-Timing, welches der Story einen ungemeinen Drive gibt. Interessant ist auch das fremde Land Gregorien ein klein wenig kennen zu lernen.

Für mich ein schönes Buch und die Autorin hat mich zum zweiten Mal überzeugt mit ihrer Geschichte und ihrer Freude am Fabulieren.