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Benutzername: 
marakkaram
Wohnort: 
Lingen

Bewertungen

Insgesamt 564 Bewertungen
Bewertung vom 09.05.2019
Finsteres Kliff / Liv Lammers Bd.3
Weiß, Sabine;Weiss, Sabine

Finsteres Kliff / Liv Lammers Bd.3


sehr gut

** Nach Selbstmord sah das ganz und gar nicht aus. Entweder kannte sich jemand sehr genau mit der Vergangenheit der Insel aus, oder aber er wollte einen falschen Eindruck erwecken. An Zufall glaubte Liv nicht. **

Während des alljährlichen Biikebrennens wird ein Mann auf grausame Weise ermordet und eine Frau verschwindet. War es ein Ritualmord? Und in welchem Bezug stand der Bruder des Opfers zur verschwundenen Nissa? Alle Spuren führen zur Clique der Beiden, eine Gruppe von Schatzjägern, die auf Sylt den Wikingern nachspüren....

Der dritte Fall für Liv Lammers war mein erster und hat mich rasend schnell in seinen Bann gezogen.

Die Autorin fängt diesen mystischen, den dunklen Teil von Sylt unheimlich geschickt ein. Wer, wie ich, die Vorgänger nicht kennt, hat keine Probleme einzusteigen, wird aber evtl. Livs Kollegen ein wenig blass finden, da sie anscheinend schon ausführlich beschrieben wurden. Dafür sind alle anderen Charaktere rund um den Fall großartig ausgearbeitet. Sie haben Tiefe und überzeugen. Ich hatte jeden ganz klar vor Augen und war dennoch von der intelligenten Auflösung überrascht.

Sabine Weiss hat mit "Finsteres Kliff" einen unheimlich gut recherchierten, facettenreichen und nicht so leicht zu durchschauenden Krimi geschrieben, der auch aktuelle Themen miteinbindet. Mich hat besonders die manchmal fast schon beklemmende Atmosphäre und die Geschichte Sylts in Bezug auf die Wikinger und auch Dänen fasziniert.

Dazu ist der Schreibstil sehr authentisch, die Ermittlungsarbeit wird detailliert und realistisch beschrieben und der Spannungsbogen bleibt konstant hoch. Man fiebert wirklich bis zum Schluss mit.

Eine tolle interessante Krimi-Reihe rund um eine sympathische und sehr menschliche Kommissarin. Ich freue mich schon auf die ersten beiden Fälle und alle die noch folgen.

Bewertung vom 05.05.2019
Das Leuchten jenes Sommers
Scott, Nikola

Das Leuchten jenes Sommers


sehr gut

"Du bist keine graue Maus, Georgiana Hamilton", sagte ich erbost. "Wer dich kriegt, hat Glück gehabt. Ein Beau also, ja?" Ich lies mir das fremdklingende Wort auf der Zunge zergehen, um etwas Zeit zu gewinnen und mein Entsetzen in den Griff zu bekommen - oder vielleicht nicht Entsetzen, wie sollte ich entsetzt sein, wenn Georgie so stolz und überglücklich war, aber meine Überraschung. "Das ist, äh, toll, Georgie. Du hast gar nichts davon geschrieben."

Cornwall 1939: Die 16-jährige Maddy wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer großen Schwester Georgiana von einer Europareise. Allerdings kommt diese zur großen Überraschung nicht alleine. Georgie bringt den jungen, charismatischen Victor und seine Freunde mit auf das Anwesen der Familie. Maddy ist der junge Mann, obwohl er durchaus nett zu ihr ist, von Anfang an suspekt. Doch was Victor wirklich plant, ahnt auch sie nicht.

Cornwall 2009: Chloe hat alles wovon viele träumen. Verheiratet mit Aiden, einem angesehenen Arzt, wohnt sie in einem schicken Haus, mit teuren Autos etc. Aber die Wohnung ist steril, Aiden fast schon übergriffig bestimmend und ihr wird immer deutlicher bewusst, dass sie in einem golden Käfig sitzt. Da kommt der Auftrag ihrer ehemaligen Chefin, die Schriftstellerin Madeleine Hamilton auf ihrem Anwesen Summerhill zu fotografieren, grade richtig. Aiden sieht das zwar anders, aber Madeleine hat mit ihren Büchern schon immer eine besondere Rolle in dem Leben von Chloe und ihrem Bruder gespielt.

Ich mag Geschichten, die auf zwei Zeitebenen spielen und in denen die Vergangenheit sich erst nach und nach enthüllt. Denn was letztendlich wirklich im Sommer 1939 auf Summerhill geschah, erfährt der Leser erst ganz zum Schluss.

Nicola Scott hat beide Ebenen mit sehr starken, sympathischen Frauen besetzt, deren Leben einem sehr nahe geht. Doch sie fügen sich nicht jammernd in ihr Schicksal, sondern erkämpfen sich ihren Weg.
Was mich persönlich sehr bewegt und zum Nachdenken gebracht hat, ist der jeweils frühe Verlust der Mutter. Das Einnehmen ihres Platzes durch die große Schwester und der so unterschiedliche Umgang damit. Auch das ist ein zentrales Thema des Romans.
Der historische Part, wie z.B. der Kriegsbeginn 1939, ist hingegen nicht mehr als eine Kulisse für Summerhill und spielt nur am Rande eine Rolle.

Das alles sind großartige Zutaten für eine spannende Geschichte.

Allerdings ist der Schreibstil der Autorin sehr weich. Angenehm zu lesen, keine Frage, auch emotional und doch fehlt mir das gewisse Etwas. Ich nenne das immer Bestseller-Schreibstil; angenehm flüssig, aber ohne Ecken und Kanten, was mich persönlich immer ein wenig Tiefe vermissen lässt.

Fazit: "Das Leuchten jenes Sommers" ist ein schöner, solider Roman über die Liebe und der heilenden Kraft der Freundschaft, der mich sehr gut unterhalten hat. Und ich freue mich sehr auf "Zeit der Schwalben", das Debut der Autorin.

Bewertung vom 25.04.2019
Mehr als tausend Worte
Beck, Lilli

Mehr als tausend Worte


gut

** Ich kenne keine Moral mehr, die können sich nur Menschen leisten, die ohne Angst leben, denen es erlaubt ist, an ein Morgen zu denken und ihre Zukunft zu planen. Für mich zählt nur das Hier und Jetzt, allein der Augenblick. **

Berlin 1938: Die 17-jährige Aliza lebt mit ihren Eltern, Großeltern und dem Bruder in einem Mehrfamilienhaus in Berlin. Das Haus gehört der Familie und beherbergt nicht nur Mietparteien, sondern auch Vater Samuels Arztpraxis. Doch die Zeiten sind unruhig und die politische Lage spitzt sich, grade für Juden, immer mehr zu.
Irgendwann ist der Zeitpunkt verpasst um noch mit der Familie das Land zu verlasen, allein für Aliza gibt es die Möglichkeit mit dem Kindertransport nach England zu reisen. Doch dafür muss sie ihre große Liebe und Verlobten Fabian zurücklassen, der grade seinen Einberufungsbefehl erhalten hat. Kann es überhaupt ein Wiedersehen geben?

Eine sehr interessante Thematik, die Lilli Beck da aufgreift; nämlich die Sicht einer jüdischen Jugendlichen, die während des Krieges nach England geschickt wird. Nur leider ist es auch die größte Schwachstelle des Buches.

Ich fand den Beginn sehr stark und unheimlich authentisch. Das Leben einer jüdischen Arztfamilie mit einem Blockwart als Mieter im Haus, dem man schon so manches Mal aus der Patsche geholfen hat, von dem man aber auch plötzlich nicht mehr ganz sicher weiß, auf welcher Seite er steht. Die Charaktere sind sehr stark, vielschichtig und überzeugend; die damalige Zeit, Situation und Begebenheiten akribisch recherchiert und Lilli Beck wartet mit vielen interessanten Details auf. Und auch emotional hat es mich sehr berührt.

Doch mit der Verschickung nach England hat sich vieles für mich geändert. Plötzlich war Aliza die alleinige Hauptfigur, mit deren selbstbezogenen, teilweise schon beinahe unsympathischen Art, ich gar nicht klarkam. Es ging fast ausschließlich um ihre Sehnsucht nach Fabian und ihren Träume von Fabian. Die Familie rückte vollständig in den Hintergrund. Es gab Jahre, da gab es grade mal eine kurze Szene aus Berlin.

Das hat mich enttäuscht, denn dadurch driftet eine recht authentische Geschichte über eine jüdische Arztfamilie im Berlin der Nazizeit, nach gut 120 Seiten, in eine ziemlich oberflächliche und für mich auch in großen Teilen überaus konstruierte Liebesgeschichte ab, die mich weder mitgerissen noch emotional berührt hat.

Fazit: Es gibt sehr viele positive Stimmen zu diesem Roman und auch mich hat er zu Beginn wirklich gecatched, doch durch die Verlagerung des Handlungsortes und Konzentration auf nur eine Person, konnte er das anfängliche Niveau nicht halten. Trotzdem ein lesenswertes Buch mit einem angenehmen Schreibstil.

Bewertung vom 14.04.2019
Der Wind nimmt uns mit / Farben des Sommers Bd.3
Herzog, Katharina

Der Wind nimmt uns mit / Farben des Sommers Bd.3


ausgezeichnet

~ Kathi wäre jetzt unglaublich beeindruckt gewesen, aber Maya fiel es zunehmend schwer, echte Begeisterung für etwas zu empfinden. Sie hatte einfach schon so viel gesehen. Manchmal kam es ihr vor, als hätte sie jedes Maß verloren. Alles musste immer höher, besser, schneller und voller Superlative sein. ~

Ja, Maya hat mit ihren 32 Jahren schon viel von der Welt gesehen. Als Reisebloggerin zieht es sie von Land zu Land. Hauptsache kein Stillstand, keine Stille und auf keinen Fall La Gomera, wo ihre Adoptivmutter wohnt. Denn seit sie durch einen puren Zufall erfuhr, dass Karo sie ihr Leben lang angelogen hat und gar nicht ihre leibliche Mutter ist, hat Maya jeden Kontakt abgebrochen, sie will nichts mehr mit ihr zu tun haben. Doch dann führt das Schicksal sie ausgerechnet nach La Gomera ~ aber es kann ja nicht so schwer sein, ein paar Tage einen großen Bogen um dieses Künstlerdorf El Guro zu machen, oder....

Eine sommerlich-leichte und doch bewegende Familiengeschichte vor der traumhaften Kulisse La Gomeras.

Die Geschichte hält, was das Cover verspricht, nämlich ganz viel Urlaubsfeeling und wer vorher noch nie auf La Gomera war, hat hinterher das Gefühl mit Maya einen Kurztrip dorthin gemacht und Teile der Insel mit eigenen Augen gesehen zu haben. Und es war herrlich; Land, Leute, Hippie- und Künstlerviertel - alles zum greifen nah.

Katharina Herzog hat ein Händchen für Charaktere, Emotionen und Landschaften. Ich bin regelrecht abgetaucht in Mayas Geschichte und letztendlich ihrer Suche nach sich selbst. Dabei hat mir sehr gefallen, dass sie zwar eine sichtbare Entwicklung durchmacht, aber glaubwürdig. Sie bleibt in ihren Handlungen ihrem Charakter treu. Ich fand die Figuren im Ganzen sehr authentisch, stark und lebendig. Und das sag ich auch zu den manchmal recht skurrilen Nebencharakteren; es muss ja nicht jeder so leben wie du und ich, und sie sorgen damit für so manchen Schmunzler.

Klar ist Mayas Geschichte vielleicht ein wenig vorhersehbar, aber das hat mir den Spaß an ihr nicht genommen und dann gibt es ja auch immer noch die kleinen Ausflüge in die Vergangenheit, in denen man häppchenweise erfährt, was damals wirklich geschehen ist, warum Karoline die Insel Hals über Kopf mit Maya und gefälschten Papieren verlassen hat. Das ist schon sehr spannend und emotional.

Katharina Herzog hat einen großartigen Schreibstil, der den Leser mitnimmt; flüssig, lebendig, angenehm leicht und trotzdem auch sehr emotional ohne kitschig zu sein. Das ist Kopfkino pur!

Fazit: "Der Wind nimmt uns mit" ist ein wunderschöner Wohlfühlroman, in dem es um Liebe und Freundschaft, Familie und ein Versprechen, Lügen und Verzeihen und vor allem bei sich selber ankommen geht. Und der traumhafte Schauplatz macht ihn zur perfekten Urlaubslektüre für alle daheimgebliebenen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 11.04.2019
Marlene und die Suche nach Liebe / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.8
Gortner, C. W.

Marlene und die Suche nach Liebe / Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe Bd.8


ausgezeichnet

C. W. Gortner erzählt mit einer großen Leidenschaft, aber auch schonungsloser Offenheit und zieht den Leser damit vollständig in den Bann seiner Dietrich. Man spürt in jeder Zeile, wie viel Herzblut und akribische Recherche in diesem biografisch angehauchten Roman stecken.

Als ich geboren wurde, hatte sie ihre glanzvollen Zeiten bereits hinter sich und zog sich grade vollkommen aus der Öffentlichkeit zurück. Für mich stand der Name Marlene Dietrich für eine große Diva und Lieder wie "Lily Marleen", dass sie eine große Hollywoodkarriere hinter sich hatte, war mir weniger bekannt.

In "Marlene und die Suche nach Liebe" konzentriert sich der Autor auf ihre Jugend in Berlin und Karriere in Hollywood, begleitet von nicht weniger großen Namen. Ein Schwerpunkt bildet ihr Privatleben und die stete, unerfüllte Suche nach der großen Liebe, dem endlich irgendwo ankommen.

Der Roman umfasst die Jahre 1914-1946 und findet in einem Nachwort, in dem die weiteren wichtigsten Stationen bis zu ihrem Tod, sowie Anmerkung wo der Autor sich künstlerische Freiheiten herausgenommen hat, sein perfektes Ende. Allerdings wäre ich bei einer Fortsetzung sofort dabei.

Gortner hat eine fantastische Art und Weise dem Leser diese außergewöhnliche, eigensinnige und auch sehr liebenswerte, großzügige Frau näherzubringen. Er zeichnet ein unheimlich lebendiges, klares Bild von ihr und man hat diese Frau mit der markanten Stimme und androgynem Aussehen deutlich vor Augen und dabei lässt er auch hinter das Kunstwesen "Dietrich" blicken.

Ganz besonders ihre Haltung zum Nationalsozialismus haben mich tief beeindruckt. Ihre Tochter Riva sagte in einem Interview einmal: ** Marlene war die einzige internationale, nicht jüdische Deutsche, die sich gegen Hitler wandte und das auch aussprach. ** Wie tough sie wirklich damit umging, zeigt C. W. Gortner hier ziemlich deutlich.
Mich hat das Buch zu einem Marlene-Fan gemacht und es hätte gerne noch weitere 500 Seiten haben dürfen.

Fazit: Fesselndes Portrait einer außergewöhnlichen Frau. Ein definitives Highlight aus der Reihe Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe. Bitte mehr davon!

Bewertung vom 11.04.2019
Sag nie ihren Namen
Dawson, Juno

Sag nie ihren Namen


ausgezeichnet

** Ihr denkt vielleicht, ihr kennt die Geschichte, aber wahrscheinlich ist es nur eine veränderte oder verwässerte Fassung. Die wahre Geschichte, das Original sozusagen, hat sich hier in Piper`s Hall abgespielt... **

Wer kennt sie nicht, die Legende von Bloody Mary, sie variiert manchmal leicht, aber der Kern bleibt konstant: Rufe im Spiegel bei Kerzenschein ihren Namen und sie kommt dich holen. Auch im Mädcheninternat Piper`s Hall gab es eine Mary. Und bei einer Halloween Mutprobe am Lagerfeuer lassen sich Bobbie, Naya und Cain herausfordern, nicht ahnend, welche Mächte sie damit heraufbeschwören....

Ich liebe "Bloody Mary" Geschichten und für eine gute Gruselstory bin ich immer zu haben.

Juno Dawson hat ihre in einem spannenden, atmosphärisch dichten Thriller mit massig Gruselmomenten verpackt. Bobbie und Co. versuchen herauszufinden, was damals wirklich mit Mary geschah und wie der Fluch aufgehalten werden kann. Dazu haben sie grade mal fünf Tage Zeit. Geplagt von Albträumen und Visionen fördern sie Stück für Stück Puzzleteilchen zutage, die nicht immer zusammenzupassen scheinen. Was will Mary ihnen damit sagen?

Also mich hat die Geschichte um Mary so arg gefesselt, dass ich die halbe Nacht durchgelesen habe. Ich wollte unbedingt wissen, was mit ihr geschah. Der Erzählstil ist rasant, sehr bildhaft und mit einem kontinuierlich hohem Spannungsbogen, so dass nie wirklich eine natürliche Pause aufkam.

Die Charaktere in der Gegenwart blieben zwar ein wenig hinter meinen Erwartungen zurück, da ihnen die Lösungsansätze oftmals in den Schoss fielen und sie nicht immer akribisch danach gesucht haben. Und sie wirken manchmal noch ein bisschen kindlich, aber das sind sie ja auch und deswegen hat mich das nicht groß gestört, denn die Grundstory stimmt und reißt mit.

Die Lösung und das Ende waren großartig und absolut überzeugend - eine Bloody Mary, die in Erinnerung bleiben wird.

Fazit: Faszinierende Bloody Mary-Version mit rundum gelungener Story.

Bewertung vom 09.04.2019
Eine eigene Zukunft
Dueñas, María

Eine eigene Zukunft


gut

** Unter gar keinen Umständen war Remedios bereit zuzulassen, dass sich ihre Töchter in dieser Form amerikanisierten. **

Ihr Vater war ein Lebemann, in der weiten Welt zuhause, aber nie bei seiner Frau und den drei Töchtern in Andalusien. Doch eines Tages holt er seine Familie nach New York. Er hat beschlossen endlich sesshaft zu werden und seinen Traum von einem Speiselokal zu verwirklichen. Nichts besonderes, aber gemütlich, hier soll sich die Arbeiterklasse im Auswandererviertel Manhattans nach einem harten Tag zusammenfinden. Doch "El Capitano" läuft schlecht, die Familie sieht gar nicht ein sich zu integrieren, ist motzig und will nach Hause. Und als dann Emilio bei einem Unfall überraschend stirbt, stehen sie vor dem Nichts. Entscheidungen müssen getroffen werden, fährt man zurück oder baut man sich in New York ein Leben auf....

Maria Duenas gehört zu meinen spanischen Lieblingsschriftstellerinnen. Sie verpackt historische Themen in spannende, leichtfüßige Geschichten mit sehr lebendigen, authentischen Charakteren und bleibt dabei doch literarisch anspruchsvoll. In ihrem neusten Roman ist ihr das, meiner Meinung nach, nicht ganz so gut gelungen.

Dabei ist er inhaltlich unheimlich interessant und sehr realistisch geschrieben. Eine Familie kämpft ums Überleben, in einem Land deren Sprache sie nicht spricht und in dem sie sich auch eigentlich gar nicht heimisch fühlen will. Im Auswandererviertel hält man zwar zusammen, aber es gibt nicht nur Gutgesinnte.
Ich hatte die Gesellschaftsschichten und das New York in den 40igern ganz klar vor Augen. Man fühlt sich direkt hineinkatapultiert in die Geschichte, ins Armenviertel mit seinen Bewohnern, die Möglichkeiten Arbeit und einen Mann zu finden usw. Und auch die kurzen geschichtlichen Einblicke haben mir gefallen, obwohl die sehr im Hintergrund stehen.

Es lag für mich eher an den Charakteren.
Die einzig sympathische Person, Emilio, neben einer ganz besonderen Nonne, starb auf den ersten Seiten. Damit hatte ich anfangs auch kein Problem, da er ein so typischer Duenas-Charakter war, dachte ich noch, seine Töchter tauen schon irgendwann auf. Aber ich bekam nur schwer Zugang zu ihnen und kam ihnen bis zu Schluss auch nicht wirklich nahe. Sie waren mir unsympathisch mit ihrer Überheblichkeit, der Ich-Bezogenheit, dem Schreien, Keifen, Zetern und Brüllen. Ich habe keine starken Charaktere, sondern eher starrsinnige Weiber in ihnen gesehen. Und dadurch konnten sie mein Interesse für ihre Lebensgeschichten nicht so richtig wecken.

Zudem kommen auf diesen 600 Seiten unzählige Personen vor, die dann gar nicht alle für die Geschichte eine Rolle spielen. Ich habe eigentlich kein Problem mit solch einer Vielzahl, wie man sie aus historischen Romanen kennt, aber hier fand ich es oftmals nur wuselig und wenig zielführend.

Fazit: Ein an sich guter Roman über den Kampf einer Auswandererfamilie 1936 in New York, deren Hauptcharaktere mich leider nicht erreicht haben. Ich habe mir einen spannenderen Weg für sie vorgestellt, einen mit Herzblut geführten Kampf um einen Platz in dieser Welt.

Bewertung vom 06.04.2019
Inselluft mit Honigduft / Sehnsuchtsorte Bd.7
Schmidt, Kerin

Inselluft mit Honigduft / Sehnsuchtsorte Bd.7


gut

!! Viele der Felder, die in meiner Kindheit die Weite der Insel zeigten, sind heute bebaut. Das Grün ist dem Geld gewichen. Zweitwohnbesitzer brüsten sich mit Eigentum, Sylter fühlen sich verjagt. Die Insel lebt, mehr denn je. Doch was ist das für ein Leben? !!

Kerin Schmidt hat ihre Kindheit auf Sylt verbracht, aufgewachsen zwischen Feldern, Kühen, Oma und Familie gleich nebenan.
Doch mit Anfang zwanzig zieht es sie hinaus in die Großstadt, nach Hamburg. Sylt ist zu klein, zu einengend und uninteressant.
Erst später und forciert durch ihren Freund, findet sie wieder zurück.

Was habe ich dem Erscheinungstermin entgegengefiebert. Ich wollte unbedingt mit der Autorin auf die Insel reisen.

Schon der Anfang hat mich leicht irritiert, aber ein wenig Sylt-Flair war immerhin vorhanden und ich dachte, dass sich das nach der Kindheit steigern wird - aber es nahm eher ab.

Die erste Hälfte spielt also auf Sylt und Kerin Schmidt beschreibt ihr Aufwachsen. Emotional, bildhaft, aber auch ziemlich sprunghaft und manchmal abgehackt. Es hat mir gefallen, aber ich glaube, vor allem, weil es mich so an meine Kindheit auf dem Lande erinnert hat - Flachland! Was z.B. für die Autorin typisch Sylter Dorfgemeinschaft -jeder kennt und beobachtet jeden- ist, findet sich eigentlich in jedem kleinen Dorf wieder. Ja, es gibt Sylt-spezifische Abschnitte, aber mir war es zu wenig, zu wenig Insel-Flair.

Im zweiten Part geht es nach Hamburg und da hat sie mich eigentlich ein bisschen verloren.... Ich erinnere mich kaum, außer an WG-Bewohner, Jobs und Männer. Mit der Rückkehr auf Sylt fing es sich wieder, aber im Prinzip muss ich sagen, es ist ein Lebensbericht einer jungen Frau, ihre Kindheit, das Austoben in der weiten Welt und das wieder Ankommen daheim. Das sie nun grad aus Sylt stammt, spielt da keine allzu große Rolle.

Ich war noch nie auf der Insel, aber selbstverständlich kenne auch ich die offensichtlichen Probleme. Diese Passagen, in denen mal mehr mal weniger deutlich oder poetisch überhaucht, darauf hingewiesen wird, haben mir weniger gefallen, sie sind einfach zu oberflächlich. Nur mit dem Finger auf etwas zu zeigen, ohne selbst aktiv zu werden oder grad einen direkten Bezug dazu zu haben, hinterlässt bei mir immer einen schalen Beigeschmack.

Ich geb zu, ich hatte vielleicht zu hohe Erwartungen, aber ich dachte, Kerin Schmidt nimmt mich mit auf ihr Sylt, zeigt mir jede Ecke ihrer Heimat und warum scheinbar jeder diese Insel so liebt.

Bewertung vom 05.04.2019
Die verborgenen Stimmen der Bücher
Collins, Bridget

Die verborgenen Stimmen der Bücher


ausgezeichnet

!! Ohne mich anzuschauen sagte sie "Es ist eine heilige Berufung, Emmett. Die Erinnerung eines anderen Menschen anvertraut zu bekommen... Den Menschen den tiefsten, dunkelsten Teil abzunehmen und sicher zu verwahren, für immer." !!

Was sind wir ohne unsere Erinnerungen?

Emmett, der Sohn einer Farmerfamilie war schwer krank und fühlt sich immer noch unheimlich schwach. Buchbinderfieber, hieß es; er selbst kann sich kaum daran erinnern. Und plötzlich muss er die Farm, die er eigentlich einmal übernehmen sollte, verlassen und bei einer ominösen Buchbinderin in die Lehre gehen. Dabei waren Bücher in seinem Elternhaus immer verboten und wurden totgeschwiegen. Was ist wirklich geschehen und was hat es mit den Büchern auf sich?

Bridget Collins erzählt in "Die verborgenen Stimmen der Bücher" eine bewegende, aussergewöhnliche und auch sehr emotionale Geschichte.
Sie ist keinem direkten Genre zuordbar und man erfährt auch nicht, in welcher Zeit sie spielt. Rein sprachlich und von den Charakteren, würde ich sie historisch einordnen, mit einem Schuss Mystik. Obwohl es hier ganz klar um Bücher geht und die auch eine sehr wichtige Rolle spielen, ist es im Kern eine unheimlich starke Liebesgeschichte.

Ein Setting wie aus einem Bronte Roman. Düstere Grundstimmung, großartige, romantisch wilde Landschaften und stürmische, leidenschaftliche Charaktere. Man bekommt anfangs nur schrittchenweise Zugang zu ihnen. Das ist schon sehr spannend gemacht, vor allem, weil man den Weg gemeinsam mit Emmett und Lucian geht.

Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und wunderschön, aber auch sehr eigen und langsam. Und das entschleunigt tatsächlich auch beim Lesen. Es hat einen Ticken gedauert, bis es mich so richtig gepackt hat, aber dann mit solch einer Wucht, dass es mich gar nicht mehr losgelassen hat.

Fazit: Bridget Collins ist eine Geschichtenerzählerin, bei der man sich einfach zurücklehnen sollte, um komplett in ihre Welt einzutauchen. Es lohnt sich!