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Wedma

Bewertungen

Insgesamt 549 Bewertungen
Bewertung vom 29.03.2020
Shenzhen
Hirn, Wolfgang

Shenzhen


ausgezeichnet

Ein sehr lesenswertes Buch, das nicht nur durch seine Infoebene beeindruckt, die durchaus als horizonerweiternd beschrieben werden kann. Es unterhält auch und stimmt nachdenklich.
Der Stoff ist leserfreundlich dargeboten, wohl strukturiert, lässt sich angenehm lesen.
Es gibt 10 Kapitel, und jedes hat seine Highlights.
Wenn es in den ersten Kapiteln um die Entstehung von Shenzhen usw. geht, werden spätestens ab dem 3. die spannende Gegenwart und die Unternehmer mit ihren unikalen Projekten beschrieben, die in Shenzhen günstige Infrastruktur finden, um ihre Ideen schnell Realität werden lassen, ihre Produkte auszuprobieren usw. Hier lernt man auch einige Entrepreneure näher kennen, die erzählen, wie sie in dieser Stadt arbeiten, was dort möglich ist uvm.
In den 4., 5., 6.ten Kapiteln geht es um die Konzerne wie Tencent, ZTE, etc. und ihre Gründer. Hin und wieder erinnerten mich die Ausführungen hier an den Vorgänger des Autors „Chinas Bosse“ (2018). Da der Schwerpunkt aber auf den Technologien dieser Unternehmen liegt und wie sie das Leben der Menschen heute verändern, die Kapitelüberschriften passen sehr gut zum Inhalt, wirkten die gelegentlichen Stoffwiederholung bezüglich des Werdegangs und der Aktivitäten einzelner Bosse weniger redundant.
Interessant war auch u.a., welche Rolle in Shenzhen die Elektroautos spielen. Direkter Vergleich mit Berlin z.B. zeigt, wie hinterwäldlerisch Deutschland dasteht. Aber auch in anderen Lebensbereichen wurde hier deutlich gezeigt, dass viel mehr möglich wäre, von den Mülleimern auf den Straßen, die sich selbst beim Müllabfuhr melden, wenn sie voll sind, bis zu den spannenden Forschungsgebieten, der ertragreichen Zusammenarbeit von Unternehmen und Universitäten, die solche Dinge herausbringen, über die man hierzulande nicht mal zu träumen vermag (Kap. 7). Und somit ist die These, dass Shenzhen in einigen Dingen die Silicon Valley bereits heute übertrumpft, überzeugend untermauert. Dass man sich kaum auf dem Erreichten ausruhen wird, steht dabei auch klar vor Augen. Das Geschilderte gibt schon sehr zu denken, in vielerlei Hinsicht.
Auch Kap. 8 über die Arbeit von Künstlern, Designern und Architekten ist bereichernd und aufschlussreich. Dass es so viele Kulturangebote und welcher Art in dieser High-Tech Stadt gibt! Z.B. Book City, eine Meile über mehrere Etagen, in der es fast nur Bücher und Kunstwerke gibt, und man 24 Stunden am Tag lesen kann. Gastronomisch wird man bis 2 Uhr nachts versorgt. Oder eine Bibliothek mit 4 Mio. Büchern auf 6 Etagen mit 2500 Leseplätzen uvm. Über die chinesischen Modemarken gibt es auch paar Seiten, auch mal etwas, was man nicht jeden Tag in der Zeitung liest. Auch über die Attraktionen für Touristen, Ausgehmeilen mit ihren Verlockungen neben dem üblichen Shopping, Dining, Wining gibt es im Norden auch ein Areal mit 12 Golfplätzen. Grün soll die Stadt auch sein. All dies hat freilich ganz andere Dimensionen und bietet eine ganz andere Lebensqualität als die, die man in Europa und Deutschland in der Mittelschicht so kennt.
Interessant und aufschlussreich fand ich auch die zwei letzten Kapitel. Kap. 11 beschreibt das Verhältnis zu Honkong, warum Shenzhen den Niedergang Hongkongs mitverursacht und wie davon profitiert. Und Kap. 12, das Greater Bay Area beschreibt und argumentiert, dass diese sich anschickt, ein neues Machtzentrum der Welt in näher Zukunft zu werden. Nach all dem, was man in diesem Buch kennengelernt hat, erscheint diese Sicht gar nicht mal als zu optimistisch. Sehr interessant ist der Schluss.
Das Buch ist hochwertig gestaltet. Festeinband in Schwarz, dazu farblich fassendes Lesebändchen, Umschlagblatt. Nett als Geschenk.

Fazit: Ein sehr lesenswertes, aufschlussreiches, bereicherndes Werk, das ein wenig in die Zukunft blicken lässt, zeigt, dass so vieles in verschiedenen Bereichen schon heute möglich ist und inspiriert, eigene Ideen Wirklichkeit werden zu lassen.

Gekürzt.

Bewertung vom 23.03.2020
Reine Nervensache
Grau, Armin

Reine Nervensache


ausgezeichnet

Es ist ein Buch mit Mehrwert. Es unterhält nicht nur, es gibt den Lesern das nötige Wissen, um den Alltag zu meistern und bestimmte neurologische Erkrankungen besser verstehen zu können. Wussten Sie z.B., dass übermäßiger Alkoholkonsum eine der häufigsten Ursachen für den Schlaganfall und andere Erkrankungen des Nervensystems ist? Das gilt übrigens auch fürs Rauchen. Oder dass ein 30-minütiger Spaziergang an der frischen Luft das Schlaganfallrisiko deutlich verringert? Oder dass höhere Konzentration der Pestizide im Grundwasser ein größeres Risiko für Parkinson-Erkrankung mit sich bringt?

Gleich zu Anfang kommen aussagestarkes Kapitel über Schlaganfall, wie er sich manifestieren kann, welche Hirnregionen dabei getroffen und welche Maßnahmen man und warum ergreift, um die Patienten wieder genesen zu lassen.
Nach der Lektüre ist man für bestimmte Symptome sensibilisiert und kann somit solche neurologischen Krankheiten wie Epilepsie, Multiple Sklerose, Parkinson und Demenz u.a. eher erkennen und eine bessere Vorstellung davon haben, was die Ärzte in solchen Fällen tun und warum. Auch paar Seiten über Migräne und wie man sie behandelt, findet man hier uvm.

Der Stoff ist sehr zugänglich vermittelt worden. Mithilfe von Fotos, Zeichnungen wurde anschaulich präsentiert, wie das menschliche Gehirn und Nervensystem insg. funktionieren, welche Störungen bei o.g. Krankheiten auftreten, wie sich diese im Verhalten der betroffenen Menschen manifestieren können. Hierfür wurden die (vermutlich) typischen Situationen beschrieben, wie Neurologen den Patienten begegnen, über welche Symptome die Erkrankten und ihre Angehörigen berichten, welche Fragen stellt der Arzt, welche Verdachtsmomente bestätigt oder wieder verworfen werden usw. So bekommt man einen guten Einblick in die Entscheidungsprozesse der Ärzte und kann ihre Anordnungen besser nachvollziehen. Das Kapitel zum Schluss „Wie Neurologen arbeiten“ gibt noch tiefere Einblicke in die Arbeit der Neurologen.
Was noch für die Patienten und ihre Angehörigen als nützlich erweisen kann, ist diese spezifische Ärztesprache, die hier kurz und griffig erklärt wurde: Viele Abkürzungen, lateinische Ausdrücke usw. wurden ins Allgemeinverständliche übersetzt, in den Ausführungen gleich miteingefügt, sodass man dann besser entziffern kann, worum es geht, wenn die Ärzte sich unterhalten.

Fazit: Sehr gutes Buch für Einsteiger auf diesem Gebiet. Liest sich sehr angenehm. Die Sachverhalte sind anschaulich und einfach erklärt. Klare Leseempfehlung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 17.03.2020
Mein fremder Wille
Schmalz, Gisela

Mein fremder Wille


ausgezeichnet

Ein starkes, aufschlussreiches und sehr lesenswertes Buch hat Prof. Gisela Schmalz vorgelegt.
Mutig entlarvt Gisela Schmalz die Strategien der Tech-Elite, beschreibt, wie diese die Massen der Nutzer nach eigenem Gusto, zu „ferngesteuerten Menschenmaschinen“ erzieht, warum die Tech-Elite dies tut, was sie sich davon verspricht uvm. Die Autorin stellt auch sehr gute Fragen: „Warum lassen wir uns von tech-kontrollierenden Machtcliquen fremdbestimmen?“ Und gibt Ansätze zu den möglichen Problemlösungen, i.e. wie die Nutzer die Machenschaften der Tech-Eliten durchschauen und sich widersetzen können, wie man die eigenen Interessen wahren kann, statt wie bisher gutgläubig wie ahnungslos in die Fänge der Tech-Elite zu laufen und deren Interessen hörig zu bedienen, in der Fehlannahme, man täte etwas Gutes für sich.
Der Stoff ist sehr gut strukturiert. Das Problem ist von einigen relevanten Blickwinkeln aus beleuchtet worden. Die Sprache ist aussagestark, klar, angenehm zu lesen.
Es gibt 5 Kapitel, und jedes hat ihre Highlights. Im ersten wurden die Generationen der jungen Menschen, Generation Y, Z, beschrieben, um zu zeigen, wie und warum den Tech-Eliten gelungen ist, die heutige Jugend so dermaßen im eigenen Sinne zu erziehen, sie gleichzuschalten und sich selbst zu entfremden. Hier musste ich oft an „Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus“ von Shoshana Zuboff denken. Ein sehr lesenswertes Buch.
In Kapiteln 2 und 3 wurden die Tech-Eliten der US-Westküste und die aus China vorgestellt. Wer hier mehr wissen will, kann gern „Chinas Bosse“ von Wolfgang Hirn und/oder sein neustes „Shenzhen“ lesen, oder auch Kai-Fu Lee „AI Superpowers“. Hier wurden die Interessen der US Tech-Elite kurz und griffig erläutert, sowie ihre Art zu leben.
Kapitel 4 und 5 beschreiben die Nutzer und zeigen, wie sie von der Tech-Elite unterworfen werden: wie ihre Art zu denken, zu fühlen, mit einander und mit der Umwelt umzugehen, sich selbst zu begreifen beeinflusst wird uvm. Die Überschrift des 4.Kapitels „Techies Werk und Nutzers Beitrag“ passt perfekt. Im 5. Kapitel geht es um die Dinge, die die Nutzer tun können, um der Tech-Elite klar zu machen, wer eigentlich am längeren Hebel sitzt, und die eigenen Interessen durchzusetzen, denn gut möglich, dass dies den Nutzern vor lauter Selbstentfremdung und Verblendung gar nicht bewusst ist.
Wer sollte dieses Buch unbedingt lesen? Schüler und Studenten. Aber auch ihre Eltern, denn gerade Kapitel 1 liefert Ansätze, die zu begreifen helfen, warum die Jugend heute so ist, wie sie ist. Auch die Lehrer in Schulen und Hochschulen sollten diese Inhalte zumindest kennen.
Man kann seitenlang über dieses Buch referieren. Besser: Lesen Sie selbst. Und tauschen sich am besten über diese Inhalte in Ihrem Freunden- und Bekanntenkreis aus. Es ist ein wichtiges Thema, das jeden betrifft. Wie man dieses Problem löst, wird das zukünftige Leben, v.a. der jüngeren Generationen, in vielerlei Hinsicht bestimmen.
Es gibt Bücher, die so reichhaltig sind, so viel ihren Lesern bieten und noch lange nachhallen, dass man sie unbedingt gelesen haben muss. Dieses gehört dazu.
Es ist ein sehr lesenswertes Buch mit einem Seltenheitswert. So klar und mutig spricht man heute kaum über die Tech-Eliten und ihre Machenschaften. Die Ausnahmen bestätigen die Regel.
Gekürzt gem. Vorgaben dieser Seite.

Bewertung vom 12.03.2020
Kapital und Ideologie
Piketty, Thomas

Kapital und Ideologie


ausgezeichnet

Ein großartiges Werk! Toll geschrieben. Unbedingt lesen!

Es ist Lesehighlight des Jahres. Solche Werke kommen max. alle 5 Jahre, wenn überhaupt. Ich bin noch nicht ganz durch. Aber ich bin jetzt schon schwer begeistert.

Klappentext beschreibt den Inhalt sehr treffend.

Es liest sich sehr gut, wie ein gutes, reichhaltige Gespräch mit einem Freund, der sich in der Materie prima auskennt und seine Sicht der Dinge mithilfe von etlichen Diagrammen, Graphiken, Beispielen etc. mit dem Leser teilt.

„Kapital und Ideologie“ ist ein großartiges Meisterwerk. Die globale Geschichte so eigenartig, so packend und wohl begründet zu erzählen!

Und: Dass Neoliberalismus keine alternativlose Entwicklung ist, ist hier überzeugend geschildert.
Man kann seitenlang über dieses Buch schreiben. Besser: Lesen Sie selbst.

Das Buch ist leserfreundlich gemacht. Die Anmerkungen findet man in den Fußnoten auf der gleichen oder der nächsten Seite. Sehr praktisch. Man muss nicht stets hinten danach suchen. Gerade bei so einem umfangreichen Buch ist so eine Lösung sehr angenehm. So kann man sich besser auf den Text konzentrieren. Ansonsten: Festeinband in Rot. Umschlagblatt aus festem, glattem Papier. Der Name des Autors und der Titel sind haptisch hervorgehoben. Lesebändchen in Goldgelb. Perfekt als Geschenk.

Fazit: Großartiges Werk! Unbedingte Lesepflicht!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 09.03.2020
Ab in die Küche!
Keller, Franz

Ab in die Küche!


ausgezeichnet

Das vorliegende Buch von Franz Keller konnte mich von den ersten Seiten an begeistern. Meine Begeisterung wuchs stetig, bis sie in einer Art Glückseligkeit mündete (was mir eher selten passiert). Endlich gibt es Klartext, die wichtigen Dinge, just auf den Punkt gebracht und klar, bildhaft, anhand von vielen Beispielen für jeden verständlich erklärt, was Sache ist, wenn Lebensmittelindustrie immer billigere Angebote bringt. Dabei wird hier nicht nur auf Missstände hingewiesen, sondern auch vorgeschlagen, machbare, bodenständige Dinge „Wie wir die Kontrolle über unsere Ernährung zurückgewinnen“, wie der Untertitel dieses Werkes lautet.

Ich würde dieses Buch jedem in die Hand drücken: „Lese es!“

Franz Keller führt den Lesern klar vor Augen, was in den Sachen industrielle Lebensmittelproduktion schiefläuft, mit welchen verheerenden Konsequenzen für die eigene Gesundheit und für die Umwelt wir konfrontiert sind, wenn wir z.B. ein Tiefkühlhühnchen aus dem Supermarkt für drei Euro für selbstverständlich halten, oder auch was eigentlich, verborgen von der Wahrnehmung der Verbraucher, passiert, wenn die Lebensmittel billig und noch billiger angeboten werden.

Man findet hier auch einfache, schmackhafte Rezepte, die man leicht auch in kleiner Küche zubereiten kann, wie z.B. „Gratinierter Blumenkohl auf Kartoffelpüree“, „Kartoffelgratin mit Zuccinistreifen und geröstetem Wirsing“, „Kartoffelrösti mit griechischem Joghurt und Seeteufel“. Über die gesunde Wirkung von Kohl gibt es einige Seiten. Auch wie man Gemüsefond, Fleischbrühe zubereitet und wie verwenden kann, liest man gleich danach. Die Rezepte sind mitten im Buch, machten mir auch viel Freude. Denn ja, das Kochen gehört in die Mitte des Lebens. Franz Keller plädiert darauf, dass man das Essen selbst kocht. Es ist eine Sinnesfreude, die Zutaten selbst auszuwählen, dort fängt der Genuss an. Diese in der eigenen Küche zuzubereiten und zusammen mit Freunden und Familie verspreisen. So etwas fördert den Zusammenhalt, steigert das Wohlgefühl und erspart auch den einen oder andern Seelenklempner. Sein Spruch hier: „Wir sollten weder das Kochen noch das Denken anderen überlassen. Selbst kochen führt Kopf und Bauch, Hirn und Herz wieder zusammen.“ S. 148.

Hier und da findet man auch die Geschichten aus dem Leben, z.B. wie sich Frau Merkel und Herr Putin einmal im Schwarzen Adler zum Essen verabredet hatten, oder auch die Erinnerungen aus der Kindheit. So schön, voller Dankbarkeit und Liebe schrieb er auch über seine Oma Mathilde und über seine Mutter, die erste Sterneköchin Deutschlands. Diese Geschichten möchte ich nicht missen, sie sind bereichernd, bewegend und einfach toll.
Was mich bei diesem Buch auch sehr positiv beeindruckt hat, ist, wie dieses Buch gemacht ist: Mit viel Liebe, Sinn und Verstand. Ich war glücklich, so ein toll gestaltetes Buch in den Händen zu halten. Der Umschlagblatt in Schwarz und etwas rau kommt ernst daher, passend zum Thema. Beim Lesen ist mir das Umschlagblatt hochgerutscht. Und sehe da: Festeinband in frischem Apfelgrün. Wie schön! Passt perfekt. Dann kommen am Anfang die Farbfotos des Autors und seiner Tiere: Kälber, Bullen, Schweine, gefolgt vom Titel und Inhaltsverzeichnis. Dieses gibt es auch extra für die Rezepte. Sehr praktisch. Die gewählte Schrift des Titels, der Kapitelüberschriften, sehr selten solch kreative Kapitelüberschriften gesehen, die tollen Zeichnungen geben dem Ganzen zusätzlichen Flair und passen auch perfekt zum Inhalt. Die Quellenangaben findet man am Ende des Buches.

Fazit: Mit viel Herz, Sinn und Verstand über ein akutes, enorm wichtiges Thema geschrieben, großartig bis zur letzten Seite.
Dieses Buch sollten die zuständigen Politiker lesen. Aber auch wir Leser könnten viel in die richtige Richtung tun.
5 hell leuchtende Sterne und eine unbedingte Lesepflicht!

Gekürzt, gem. Anforderungen dieser Seite.

Bewertung vom 05.03.2020
Die Toten vom Lärchensee / Ein Fall für Arno Bussi Bd.2 (eBook, ePUB)
Fischler, Joe

Die Toten vom Lärchensee / Ein Fall für Arno Bussi Bd.2 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Den zweiten Fall mit Arno Bussi habe ich sehr gern gelesen. Humorig, mit überraschenden Wendungen und Situationskomik, die vllt leicht ins Klamaukhafte kippelte, aber doch im Großen und Ganzen im Rahmen blieb, hat mich dieser Krimi aus Tirol prima unterhalten. Kopfkino von der ersten bis zur letzten Seite.
Innenminister Qualtinger schickt Arno nach Tirol, einen gut 5 Jahre alten Fall aufzuklären. Kaum ist Arno da, schon gibt es einen Toten. Und kaum fängt Arno zu ermitteln an, da geriet er in einen Strudel der Ereignisse, die sich keiner so hätte vorstellen können.
Es passiert immer wieder was, es wird also nicht langweilig. Weder von der Handlung noch von dem her, wie diese Geschichten erzählt wurden. Arno erzählt quasi selbst. Und wie er das tut, das allein macht schon Spaß. Mir war, ich hätte Arno über die Schulter geschaut und all diese Abenteuer miterlebt.
Was mir auch sehr gut gefallen hat: Die Kapitelanfänge. Die ersten ein-zwei Absätze am Anfang eines jeden Kapitels. Herrlich. Diese Mischung aus den philosophisch angehauchten Überlegungen in eine humorige, erfrischend unkomplizierte Art a lá Arno verpackt, die habe ich genossen.
Ansonsten: Authentische Figuren, manche sind schon sehr apart, aber das passte. Atmosphärischer, uriger Ort der Ereignisse. Spannende Handlung. Und jede Menge Süßes: die Käsesahne des örtlichen Bäckers haben es Arno angetan und ihn manchmal vor Hungernot gerettet.
Mehr sage ich nicht. Lesen Sie lieber selbst. Mit hat dieser Krimi Spaß gemacht.

Bewertung vom 05.03.2020
Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst (eBook, ePUB)
Hornby, Nick

Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst (eBook, ePUB)


sehr gut

Louise und Tom treffen sich im Pub und unterhalten sich über ihre Ehe. Insofern passt auch das Coverbild sehr gut. Der Roman besteht fast ausschließlich aus Dialogen, die Louise und Tom vor Augen der Leser führen. Durch die Gegenwartsform wirken diese Gespräche sehr lebendig, und lassen an ein Theaterstück für zwei Personen denken.
Unterschiedliche Aspekte werden dabei ausdiskutiert. Diese Gespräche sind voller Witz und Humor, aber auch mit gewisser Portion Tiefgang. Zwei erwachsene Menschen mit gewisser Lebenserfahrung und zwei gemeinsamen Kindern denken über ihr Leben nach und warum sie nun nicht mehr zusammen sind. Die Ursachen der Ehekrise kommen mit jeder Sitzung, nach und nach immer deutlicher ans Licht. Louise und Tom kommen so langsam dahinter, was schiefgelaufen war und ob, und wenn ja, wie man diese Lage noch kitten könnte.
Zum Schluss langweilte ich mich aber etwas, als die beiden das Thema Sex in ihrer Ehe ausführlich diskutierten. Mir erschien es eher unpassend, den beiden beizuwohnen, die gerade austüftelten, was der richtige Sex für sie wäre, warum sie aufhörten, miteinander zu schlafen und ähnliche Dinge. So viel an privaten Interna der beiden musste ich doch nicht unbedingt wissen.
Eigentlich wollte ich nur kurz reinschauen, las aber schmunzelnd immer weiter, gut bis zur Hälfte in einem Rutsch durch. Es gab viel Musik drauf, mit Sinn und Verstand.
Nick Hornby ist hier ein unterhaltsames Stück gelungen, das viele Aspekte der Ehe mit Witz und Humor bespricht. Gute Unterhaltung.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 04.03.2020
Das kann uns keiner nehmen (eBook, ePUB)
Politycki, Matthias

Das kann uns keiner nehmen (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Ein bemerkenswerter Roman, den ich gern gelesen habe. Hier findet man Geschichten über das Leben, die Liebe, Freundschaft, Zusammenhalt, Tod und noch vieles mehr.

Klappentext beschreibt die Eckpunkte sehr gut.

Ich muss zugeben: Etwas Geduld musste ich anfangs aufbringen. Diese Spielchen, i.e. ein Norddeutscher, ein Hamburger, gegen einen Ur-Bayer kamen mir zunächst recht verbraucht vor, aber nach und nach löste sich dieser Eindruck auf. Und aus diesem scheinbar abgenutzten Konflikt entspann sich eine Reihe von Dingen, die diesen ungewöhnlichen Roman ausmachen: Spannende Lebensgeschichten, Lebensweisheiten als Einblendungen in Kursiv zwischen dem übrigen Geschehen, die das Ganze bereichern, Insidereinsichten über Afrika, Menschen und das Leben dort uvm.

Gekonnt und authentisch erzählt ist es. Mir war, ich wäre selbst dabei gewesen und all diese Abenteuer miterlebt.
Hin und wieder musste ich auflachen, denn die Sprüche, die Situationskomik funkelten hie und da auf, wo man sie gar nicht erwartete. Es gab aber auch viele ernste Dinge des Lebens, der Freundschaft und des Sterbens.
In der zweiten Hälfte gab es eine umfangreiche Rückblende um die zurückliegenden Ereignisse im Leben von Hans, die ich als langwierig und recht deprimierend empfand.

Das gesamte geschilderte Geschehen ist sehr männlich: von der Art der Stoffdarbietung, vom Inhalt und dem Ausdruck her. Und manchmal war mir diese geballte Männlichkeit, die oft weniger appetitlich ausfiel, etwas zu viel des Guten. Gerade zum Schluss verlangte mir das Buch einiges an seelischen Kräften ab. Ich musste Pausen einlegen und etwas anderes lesen.

Das tat aber im Endeffekt der befriedigenden Leseerfahrung keinen Abbruch. Zum Schluss gab es auch einige Überraschungen. Das Durchhalten hat sich gelohnt.

Es ist keineswegs ein Wohlführoman oder etwas in der Art, eher das Gegenteil davon: Ein Roadtrip zweier älterer Männer durch Afrika, voller Entbehrungen und Tragik, der es in sich hatte. Daraus entstand diese Freundschaft, die trotz der Ungleichheit oder vllt gerade deshalb, zur sonderbaren Freundschaft, die über den Tod hinausgeht, wurde.

Dieser Roman wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. So etwas hat Seltenheitswert.
Diese Geschichte ist so ungewöhnlich, so authentisch. Die muss man einfach lesen.

Ich bleibe auf weiter Werke des Autors gespannt und vergebe gern die wohl verdienten 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung.

Bewertung vom 02.03.2020
Marcel Reich-Ranicki
Reus, Gunter

Marcel Reich-Ranicki


ausgezeichnet

Dieses Werk von Dr. Gunter Reus erachte ich sehr gut gelungen. Informativ, aufschlussreich und wohl strukturiert bietet es eine angenehme Lektüre mit einem hohen Nutzwert sowohl für die Literaturkritiker von heute oder auch für diejenigen, die dies noch werden wollen, als auch für die Buchblogger und für die Leser im Allgemeinen.
Nach einem kurzen, griffigen Umriss der Kindheits- und Jugendjahre, die seine spätere Tätigkeit prima erklären, steht im Fokus das Wirken Reich-Ranickis als Literaturkritiker im Feuilleton der FAZ und im Fernsehen (In „Trio, Quartett, Solo“ liest man über die Sendungen mit ihm: das „Kaffeehaus“, „Literarisches Quartett“ und „Reich-Ranicki Solo“) und v.a. die Folgen seines Wirkens. Dabei wurde dies ganz anfangs aus diversen Blickwinkeln beleuchtet: aus der Sicht von den Schriftstellern („Hass und Sympathie“), der Literaturwissenschaft („Ignoranz und Bewunderung“) wie auch aus der Sicht des Publikums. Über seine „Street Credibility“ gab es gleich gut 13 Seiten von spannenden Inhalten.
Klar, aussagestark und für jeden zugänglich wurde auch über die Qualitätskriterien gesprochen, die der Kritiker bei seiner Arbeit an den Tag zu legen pflegte: Unabhängigkeit, Richtigkeit, Vielfalt, Vollständigkeit, Glaubwürdigkeit, Aktualität, Nutzwert, Verständlichkeit, Unterhaltsamkeit usw. Jedes Kriterium wurde ausführlich besprochen. Reich-Ranicki kam dabei oft, mittels der Zitate aus seinen Interviews oder Schriftstücken, selbst zu Wort. So bekam man sein Verständnis, was eine würdige, brauchbare Buchbesprechung sein soll, am besten vermittelt. Zwei davon findet man übrigens ganz am Ende des Buches.
Als das Tüpfelchen auf dem „i“ erwies sich das letzte Teil, „Reich-Ranicki und die Folgen II“, in dem „Interviews mit deutschen Feuilletonisten und Feuilletonistinnen“ aufgeführt wurden. Allen 24 Teilnehmenden wurden vier Fragen gestellt: Welche Rolle die Persönlichkeit Reich-Ranickis in deren Selbstverständnis, Praxis und Werdegang als Kritiker der befragten spielte. Ob Reich-Ranicki die Literaturkritik in DE nachhaltig verändert hätte. Was wäre die Methode Reich-Ranickis, nach dem jeweiligen persönlichen Dafürhalten der Befragten, und ob diese Methode eine Zukunft hätte. Spannende, aufschlussreiche Antworten bekam man dabei. Nicht unbedingt homogen, manchmal einander wiedersprechend, und sehr interessant und aussagestark.
Das Buch ist hochwertig gemacht. Festeinband in Schwarz, Umschlagblatt aus festem, glattem Papier, angenehme Schriftgröße.
Fazit: Ein sehr gut gelungenes Werk über die Tätigkeit Marcel Reich-Ranickis als Literaturkritiker und ihre Folgen, das ich gern weiterempfehle.