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Benutzername: 
westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 208 Bewertungen
Bewertung vom 12.10.2018
Bösland
Aichner, Bernhard

Bösland


sehr gut

Ein dreizehnjähriger Junge namens Ben wandert für Jahre in die Psychiatrie, weil er angeblich ein junges Mädchen auf dem Dachboden seines Elternhauses mit einem Golfschläger erschlagen hat. Dort ist das "Bösland", der Ort, an dem der Junge von seinem Vater ständig verprügelt wurde und an dem sich der Vater schließlich das Leben nahm. Bens bester Freund Kux hilft ihm über den Schock hinweg und dann trennen sich ihre Wege. Nach vielen Jahren, in denen Ben ein ziemlich normales, aber einsames Leben geführt hat, treffen sich die beiden Männer wieder. Doch dann beginnt ein ganz raffiniertes Psychospiel, das Ben fast umbringt. Ist Kux wirklich ein eiskalter Killer?
Das Buch ist in vielen kurzen Kapiteln geschrieben, dazwischen immer eine Kapitelüberschrift. Das macht das Buch dicker, als es eigentlich ist und ist etwas ärgerlich. Die Kapitel bestehen einmal aus normalem Text, dann wieder aus Gesprächen, die Ben mit wechselnden Personen führt. Diese Form macht das Buch lebendig und ist sehr gut zu lesen.
Das Buch ist sehr spannend, denn man glaubt zwar zu wissen, was als Nächstes geschieht, wird aber immer wieder von neuen Wendungen überrascht.
Die Personen sind vielschichtig, es gibt kein einfaches Schwarz-Weiß-Schema, und glaubwürdig. Man kann sich leicht mit Ben identifizieren und seine schlimme Geschichte gut nachvollziehen.
Leider finde ich den Schluss etwas banal.
Aber insgesamt ein wirklich lesenswertes Buch!

Bewertung vom 05.10.2018
Queen Victoria
Baird, Julia

Queen Victoria


ausgezeichnet

Eine sechshundertseitige Biografie flößt im ersten Moment Respekt ein. Doch dann macht das Buch wirklich Spaß!
Das Titelbild zeigt eine junge Frau, die mit schwärmerischem Blick seitlich am Betrachter vorbei schaut. Wirklich schön ist sie nicht und ein Portraitgemälde ist sicherlich auch vom Maler geschönt, aber die junge Frau zieht die Aufmerksamkeit auf sich.
Und sie war wirklich ungewöhnlich! Über 63 Jahre regierte und repräsentierte sie das englische Empire mit allen Höhen und Tiefen. Es war eine Zeit des großen Wandels von der Agrargesellschaft hin zur Industriegesellschaft. Die Arbeiter strömten in die Städte und lebten dort unter erbärmlichsten Bedingungen, die Frauen forderten mehr Rechte und das Empire vergrößerte sich durch Eroberungen und Kriege zu seiner maximalen Größe.
Victoria gilt als Matrone und Familienmensch, doch dieses Buch zeigt, dass sie viel mehr war. Nach dem Tod ihres geliebten Mannes Albert von Sachsen-Coburg- Gotha nahm sie nach einer langen Trauerzeit die Zügel in die Hand, kümmerte sich um die politischen Entscheidungen der zahlreichen Premierminister und mischte sich ein. Dabei kümmerte sie sich weiterhin intensiv um das Leben ihrer neun Kinder, von denen drei vor ihr starben, und die in Königshäuser in ganz Europa einheirateten. Der deutsche Kaiser Wilhelm II. war ihr Enkel. Ihre Affäre mit John Brown, einem schottischen Wildhüter, und das Verhältnis zu dem indischen Diener Abdul Karim bedienen auch die Lust am Klatsch.
Julia Baird gelingt es bei aller historischen Genauigkeit ein lebendiges Bild der Herrscherin zu zeichnen. Im Gegensatz zu manchen anderen Biografien schreibt sie gut lesbar, ohne den historischen Kontext zu vernachlässigen.
Das Buch enthält viele Bilder und Fotos aus dem Leben Victorias und einen umfangreichen Anhang mit Anmerkungen, Bibliografie und Bildnachweisen und genügt damit auch wissenschaftlichen Anforderungen.

Bewertung vom 30.09.2018
Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21
Ani, Friedrich

Der Narr und seine Maschine / Tabor Süden Bd.21


ausgezeichnet

Dies ist der 21. Roman über Tabor Süden, den ehemaligen Kommissar, der in einer Detektei als Vermisstensucher gearbeitet hat.
Nachdem sein Kollege umgekommen ist, hat er sich ganz zurückgezogen und nun will er aus München verschwinden. Doch am Bahnhof holt ihn seine ehemalige Chefin Frau Liebergesell ein und beauftragt ihn, den verschwundenen Kriminalschriftsteller Cornelius Hallig zu suchen, der aus dem Hotel verschwunden ist, in dem er dreißig Jahre lang lebte. Beide sind einsame Menschen, die den Halt im Leben verloren haben und nur noch weg wollen - auf der "Straße, die noch keiner ging zurück"... Nur langsam nähern sich die bedien Männer an.
Friedrich Ani hatte immer schon ein Faible für die Menschen am Rande der Gesellschaft und in diesem Buch beschreibt er besonders eindringlich das Leben dieser Menschen auf nur 142 Seiten. Das Buch ist von großer Kälte und Einsamkeit geprägt und doch ist man am Ende versöhnt mit der Welt und dem Schicksal. Ganz große Kunst!

Bewertung vom 12.09.2018
Mexikoring / Chas Riley Bd.8
Buchholz, Simone

Mexikoring / Chas Riley Bd.8


sehr gut

Dies ist der dritte Krimi mit der Staatsanwältin Chastity Riley aus Hamburg und er ist ziemlich ungewöhnlich.
Am Mexikoring in Hamburg wird ein Auto angezündet, in dem noch ein Mann sitzt, der Mann stirbt. Es stellt sich heraus, dass der Tote der verstoßene Sohn eines arabischen Clans aus Bremen war, der mit allem handelt, was Bargeld bringt: Drogen, Frauen... Hat die Familie ihn nun endgültig ausgeschaltet?
Simone Buchholz ist ein ganz ungewöhnlicher Krimi gelungen, der die Leser tief in die Welt der arabischen Familien führt, die hier in Deutschland in einer Gegenwelt leben, die mit unseren Gesetzen und Normen nichts zu tun hat.
Das Buch ist teilweise aus der Sicht der Staatsanwältin erzählt, aber schildert auch die tiefe Beziehung des Toten zu seiner Freundin Aliza, eine Art Romeo-und Julia-Geschichte. Das Frauenbild der arabischen Männer fand ich sehr erschreckend.
Das Buch ist durchgehend spannend, auch wenn das Privatleben von Chasity ziemlich viel Raum einnimmt und man sich manchmal wünscht, dass man die vorigen Bücher gelesen hätte, denn viele Ereignisse beziehen sich darauf. Aber man kann das Buch auch solo lesen.
Insgesamt ein eher ungewöhnlicher Krimi, den ich aber sehr gern und schnell gelesen habe.

Bewertung vom 08.09.2018
Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste
Schwenke, Philipp

Das Flimmern der Wahrheit über der Wüste


sehr gut

Winnetou war der Held meiner Kindheit und ich habe alle Bücher von Karl May verschlungen, auch wenn ich sie teilweise nicht verstanden habe. Deshalb war dieses Buch für mich eine Reise zurück in meine Kindheit. Natürlich wusste ich einige Dinge über den Autor, dass er z.B. öfters im Gefängnis gesessen hat, und in seiner Villa Shatterhand in Radebeul waren wir auch schon.
Philipp Schwenke hat mir May dann doch noch von ganz anderen Seiten gezeigt und das fand ich trotz der 600 Seiten doch sehr erhellend.
Das Buch spielt in zwei Zeitebenen, einmal die (erste) Reise von Karl May in den Orient. Er fremdelt mit der Umgebung und sieht seine Träume zerbrechen.
Die zweite Ebene spielt einige Jahre später. Mays Ehe mit Emma ist zerrüttet, statt dessen wendet er sich Klara, der Witwe seines besten Freundes, zu, die ihn besser versteht als die oberflächliche Emma. Gleichzeitig muss er sich vieler Verdächtigungen erwehren, weil Journalisten ihn anfeinden und vermuten, dass er nicht der Held ist, als der er sich in seinen Büchern präsentiert.
May entpuppt sich als egozentrischer, geltungssüchtiger Phantast, der immer wieder geschickt versteht sich aus der Schlinge zu ziehen, wenn es brenzlig wird. Aber er ist auch ein Leidender, den seine Umgebung nicht versteht und der sich oft einsam fühlt, weil die Welt so ganz anders ist, als er sie sich wünscht.
Das Buch ist manchmal komisch, manchmal langatmig, aber immer unterhaltsam und ich habe es gern gelesen. Es hat mir den Helden meiner Kindheit auf andere Weise näher gebracht.

Bewertung vom 05.09.2018
Mit der Faust in die Welt schlagen
Rietzschel, Lukas

Mit der Faust in die Welt schlagen


sehr gut

Die beiden Brüder Philipp und Tobias wachsen während der Nachwendezeit in einem typischen Dorf in der Lausitz auf. Die Eltern haben ein Häuschen gebaut und zahlen es mit Mühe ab, beide gehen arbeiten und die Jungen gehen nach der Schule in den Hort. Durch die Wende sind in der Gegend viele Arbeitsplätze verschwunden und man schlägt sich so durch. Das Dorf ist trostlos und es ist nicht viel los. Hexenbrennen und Kirmes sind die Höhepunkte des Jahres.
Als der Neonazi Menzel im Dorf auftaucht, übt er eine große Faszination auf Philipp aus, endlich ist mal etwas los. Doch nach einigen "Aktionen" wendet er sich von Menzel ab, als er merkt, dass der auch keine echte Alternative zu bieten hat. Stattdessen lässt sich Tobias auf ihn ein und sie wollen etwas "gegen die Ausländer" unternehmen, die in die alte Schule einziehen sollen.
Das Buch zieht sich über einen Zeitraum von 17 Jahren, man begleitet die beiden Jungen von der Grundschulzeit bis ins Erwachsenenleben. Dabei wird deutlich, wie trostlos das Leben in der sächsischen Provinz ist. Die Eltern haben ihre eigenen Sorgen, nur die Großeltern interessieren sich wirklich für die Kinder. Perspektive oder Ehrgeiz sind nur in bescheidenen Ansätzen vorhanden. Einfache Lösungen sind in dieser Situation sehr verführerisch, bieten aber auch keine wirkliche Verbesserung.
Lukas Rietzschel beschreibt das alles sehr nüchtern und nicht wertend. Dadurch wird das Buch aber sehr eindringlich, denn die Schlussfolgerungen muss der Leser selbst ziehen.
Ich hatte manchmal Mühe weiterzulesen, weil manchmal so wenig passierte, aber das Dranbleiben lohnt sich.
Man erfährt viel über die Situation und die "bleierne Zeit" nach der Wende, als die Arbeitsplätze, die man kannte, verloren gingen und sich die Menschen in allen Lebensbereichen sehr schnell auf Neues einstellen mussten. Das war nicht immer leicht und die heutige politische Situation ist sicherlich auch dem Fehler geschuldet, dass man im Westen darauf zu wenig Rücksicht genommen hat. Das soll keine Entschuldigung für afd und Pegida sein, aber viele Menschen waren mit der Situation überfordert und suchen einfache Lösungen, auch wenn diese nicht zur Verbesserung der Lage beitragen.
Ein eindrucksvolles Buch und sehr politisch!

Bewertung vom 30.08.2018
Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1
Kellerhoff, Lutz W.

Die Tote im Wannsee / Kommissar Wolf Heller Bd.1


sehr gut

Berlin 1968: Wolf Heller ist bei der Mordkommission und bekommt einen Fall auf den Tisch, in dem eine junge Mutter tot im Wannsee aufgefunden wurde. Doch nachdem seine Ermittlungen die Vermutung aufkommen lassen, dass die DDR ihre Finger im Spiel hat, fühlt er sich ausgebremst. Sitzt ein DDR-Spion im Mordkommissariat?
Das Buch spielt vor dem Hintergrund der Studentenproteste nach dem Tod von Benno Ohnesorg. Die Studenten werden politischer und diskutieren über den Einsatz von Gewalt. Eine dubiose Rolle spielt der Anwalt Horst Mahler, bei dem das Mordopfer gearbeitet hat. Und auch andere bekannte Namen tauchen als Nebenfiguren auf.
Die Autoren haben den Hintergrund von 1968 gut recherchiert, obwohl sie die Zeit nicht selbst miterlebt haben, aber die Stimmung in der Studentenschaft ist authentisch wiedergegeben. Auch die Tatsache, dass die DDR mittels V-Leuten die Studenten zur Gewalt angestachelt hat und sie finanziell und auch wohl mit Waffen unterstützt hat, ist erwiesen. Für alle, die sich in der Zeitgeschichte nicht so gut auskennen, gibt es ein ausführliches Glossar am Ende des Buches.
Vor diesem Hintergrund spielt die Kriminalgeschichte eine nicht unwesentliche Rolle und ist sehr spannend.
Das Buch ist angeblich das erste in einer Reihe von drei, die sich alle um den Ermittler Wolf Heller drehen. Deshalb bleiben einige Fäden offen und man darf sich auf die nächsten Bände freuen.
Ich finde es übrigens erstaunlich, dass das Buch von drei Autoren gemeinsam geschrieben wurde und man trotzdem keine stilistischen Brüche findet.

Bewertung vom 30.08.2018
Die letzte Terroristin
Georgi, André

Die letzte Terroristin


ausgezeichnet

Deutschland 1991. Das Land ist wieder vereinigt und die Treuhand muss die Betriebe in der ehemaligen DDR verkaufen, um möglichst noch einige Arbeitsplätze zu erhalten. Das Interesse im In-und Ausland ist groß, aber die Käufer haben nicht immer gute Absichten.
Der Chef der Treuhand Hans-Georg Dahlmann steht unter gewaltigem Druck. Als er eine Freundin seiner Tochter als Persönliche Referentin einstellt, ahnt er nicht, dass die junge Frau der RAF angehört und diese ein Attentat auf den "Volksfeind" plant. Dann wird auf Dahlmann geschossen.
Das Buch ist eine Art Doku-Fiktion, beruht auf Tatsachen rund um die Ermordung des Treuhandchefs Detlef Karsten Rohwedder und wurde sehr gut recherchiert. Es enthält aber auch viele fiktive Elemente und wird dadurch sehr spannend. Der Mord an Rohwedder wurde nie aufgeklärt, obwohl man ein Haar des RAF-Terroristen Wolfgang Grams am Tatort fand. Daher sind die Spekulationen im Roman nicht von der Hand zu weisen. So könnte es gewesen sein, muss es aber nicht.
Zum Schutz der Persönlichkeitsrechte wurden fast alle Namen verändert, nur der Bundeskanzler taucht mit echtem Namen auf. Wer die Zeit selbst erlebt hat, kann aber die Personen wie Birgit Hogefeld oder Wolfgang Schäuble schnell zuordnen.
Besonders gut hat mir an diesem Buch der rasante, präzise und manchmal zuspitzende Stil gefallen. Kurze Sätze, schnelle Schnitte, da merkt man, dass Georgi mit Spannung umgehen kann! Obwohl man ziemlich am Anfang schon erfährt, wer das Attentat auf Dahlmann plant, bleibt das Buch spannend bis zuletzt.
Ein richtig guter Thriller, der seinen Namen verdient und einen verstörenden Blick auf ein wichtiges Stück deutscher Zeitgeschichte bietet!

Bewertung vom 30.08.2018
Wie ich fälschte, log und Gutes tat
Klupp, Thomas

Wie ich fälschte, log und Gutes tat


sehr gut

Benedikt Jäger ist ein typisches 15jähriges Wohlstandskind. Sein Vater ist Chefarzt, seine Mutter engagiert sich bei den Lions-Damen und in der Flüchtlingshilfe, eine echte Charity-Dame, die sich vor allem um ihren eigenen Status sorgt.
Während Benedikts beiden Schwestern alle Vorgaben erfüllen und mit Bestnoten in Harvard studieren, quält sich der junge Mann mit der Schule und seine Interessen liegen eher beim Tennis spielen und beim Abhängen mit seinen Freunden im etwas obskuren "Butterhof". Da muss man halt zu etwas unlauteren Mitteln greifen, um zuhause keinen Stress zu bekommen...
Das Buch ist in der Ich-Form von Benedikt himself in dem heute typischen lässigen Jugendslang geschrieben, aber auch für Erwachsene gut zu lesen. Er schreibt pointiert, witzig, ironisch, mit einer herrlichen distanzierten Sicht auf die Erwachsenen und dadurch oft entlarvend, manchmal aber auch etwas naiv.
Mir hat das Buch viel Spaß gemacht, man fiebert direkt mit, wenn Benedikt im Silentium sitzt und seine Noten fälscht. Und zum Schluss wird es noch richtig spannend. Ein echter Lesespaß!

Bewertung vom 03.03.2013
Das Alphabethaus
Adler-Olsen, Jussi

Das Alphabethaus


weniger gut

Auch bei diesem Buch scheint man den Namen schnell vermarkten zu wollen, den Adler Olsen sich in den letzten Jahren gemacht hat. Ein altes Buch von ihm wird noch schnell auf den Markt geworfen, um mit seinem Namen geschäfte zu machen.
Das Buch ist langatmig und stellenweise langweilig. Ich habe es schließlich quer gelesen, weil ich dafür nicht meine Zeit verschwenden wollte!

10 von 21 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.