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Benutzername: 
westeraccum
Wohnort: 
Sauerland

Bewertungen

Insgesamt 222 Bewertungen
Bewertung vom 19.03.2019
Was uns erinnern lässt
Naumann, Kati

Was uns erinnern lässt


sehr gut

Das Buch führt uns zurück in die Zeit der deutschen Teilung.
Familie Dressel besitzt ein Hotel direkt an der innerdeutschen Grenze auf dem Gebiet der DDR. Gäste dürfen nicht mehr zu ihnen hoch in den Thüringer Wald und man schikaniert die Familie, wo man nur kann, um sie zu einem Umzug zu bewegen. Kein fließendes Wasser, kein Krankenwagen und die Kinder müssen jeden Tag 6 km durch den Wald zur nächsten Bushaltestelle laufen. Doch dann fahren Lastwagen vor und die Familie wird zwangsweise umgesiedelt und enteignet.
Viele Jahre später stößt Milla auf die Überreste des Hotels und beginnt sich für die Vergangenheit zu interessieren. Die DDR ist längst Geschichte und die Dressels würden gern ihr Grundstück zurück erhalten.
Die Geschichte ist gut und die historischen Fakten stimmen, so weit ich das beurteilen kann. Leider schreibt Kati Naumann in einer etwas schlichten Sprache und nicht sehr differenziert. Das hat mich manchmal gestört. Die beiden parallel erzählten Zeitstränge sind gut auseinander zu halten. Die Personen agieren und sprechen manchmal etwas starr und formelhaft.
Insgesamt ist das Buch aber gut lesbar und sicherlich auch interessant für Leser, die die DDR nicht miterlebt haben.

Bewertung vom 02.03.2019
Rheinblick
Glaser, Brigitte

Rheinblick


sehr gut

Bonn im Jahr 1972. Willy Brandt hat die Bundestagswahl haushoch gewonnen, doch dann zwingt ihn einen Stimmbandoperation zum Schweigen und er kann die Koalitionsverhandlungen nicht leiten.
Um diesen politischen Hintergrund herum ist der Roman konzipiert. Hauptfiguren sind Hilde Kessel, die Wirtin des beliebten Lokals "Rheinblick", in dem viele Politiker verkehren, und Sonja Engel, die junge Logopädin, die Willy Brandt in der Klinik betreut und ihm das Sprechen wieder beibringen soll. Diese beiden starken Frauen kämpfen mit ihren Problemen, jede auf ihre eigenen Art und Weise. Um diese beiden Frauen sind verschiedene Personen drapiert und ergeben ein interessantes Tableau aus unterschiedlichen Charakteren und sogar ein Mordfall spielt eine Nebenrolle.
Da ich mich selbst noch gut an die Zeit erinnere und auch den Wahlsieg von Willy Brandt gefeiert habe, weckte das Buch bei mir viele Erinnerungen. Es bietet aber auch einen interessanten Einblick in den damaligen Politbetrieb mit Rainer Barzel, Helmut Schmidt und anderen historischen Figuren.
Brigitte Glaser schreibt spannend und unterhaltsam. Ihre Figuren sind lebendig und nahbar. Einige kleine Fehler (z.B. Zinkteller statt Zinnteller) verzeiht man ihr da gern.
Jetzt werde ich mir mal ihr erstes Buch "Bühlerhöhe" über die Adenauerzeit besorgen und auch das nächste verspricht gute Unterhaltung.

Bewertung vom 28.02.2019
Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2
Lemaître, Pierre

Die Farben des Feuers / Die Kinder der Katastrophe Bd.2


sehr gut

Das Buch beginnt wie ein Gesellschaftsroman aus den 1920er Jahren und steigert sich dann zu einer sehr spanenden Geschichte, die sich stellenweise wie ein Thriller liest.
Madeleine wächst in der sehr reichen Bankiersfamilie Pericourt auf, heiratet einen schönen Mann, bekommt den Sohn Paul - alles bestens, so denkt man. Doch das Unglück beginnt, als ihr Vater stirbt und ihr kleiner Sohn vor der Beerdigung aus dem zweiten Stock der Villa springt. Er bliebt sein Leben lang gelähmt, die Ehe ist schon lange gescheitert und der Kindsvater sitzt im Gefängnis.
Madeleine kümmert sich vorwiegend um ihren Sohn und weniger um die Finanzen der Bank. So ist es für den Prokuristen Gustave Joubert, Madeleines Onkel Charles und ihren ehemaligen Liebhaber Andre Delcourt ein Leichtes sie in den Ruin zu treiben und aus der feudalen Villa zu jagen. Doch Madeleine sinnt auf Rache und ist dabei sehr erfindungsreich...
Das Buch ist zwar anfangs verhalten, eine weitere Geschichte von reichen Leuten, aber dann wird es zu einem ganz spannenden Krimi. Das Vorgehen von Madeleine ist raffiniert, ihre Helfer sind einfallsreich und man möchte unbedingt wissen, ob sie ihr Ziel erreichen.
Anfangs musste ich mich erst orientieren und die zahlreichen Personen einordnen, doch das geht schnell besser und man findet gut in das Geschehen hinein. Man schwankt zwischen dem Mitleid für die arme Madeleine und dem für ihre Opfer, denen alles genommen werden soll.
Alles geschieht vor dem Hintergrund geschichtlicher Umwälzungen in den 1920er und 1930er Jahren, als die Welt sich dem Faschismus zuwendet und die heraufziehenden Gefahren nicht sieht.
Lemaitre schreibt zwar für meinen Geschmack etwas umständlich und sehr detailreich, aber auch daran gewöhnt man sich schnell. Ihm ist ein ganz fesselndes Portrait einer Gesellschaft am Abgrund gelungen!

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.02.2019
Liebes Kind
Hausmann, Romy

Liebes Kind


ausgezeichnet

Es ist eine grausige Vorstellung: Vater, Mutter und zwei Kinder leben eingeschlossen in einer Waldhütte, nur der Vater hat Kontakte nach außen und lebt ein fast normales leben, der Rest der Familie ist von ihm absolut abhängig.
Erst als es der Mutter gelingt den Vater niederzuschlagen und zu fliehen, kommen die Kinder mit einem normalen Leben in Kontakt. Dabei ist Hannah, die Tochter, mit ihren 13 Jahren sehr klein und beide Kinder sind erschreckend blass, weil sie nie das Tageslicht gesehen haben. Dann stellt sich heraus, dass die "Mutter" nicht die leibliche Mutter der Kinder ist, sondern eine junge Frau, die vor einigen Monaten entführt wurde. Wo ist Lena, die echte Mutter? Ihr Vater Matthias dreht fast durch und macht viele Fehler im Umgang mit der Polizei und der Presse.
Das Buch erzählt die Geschichte der Hauptpersonen aus unterschiedlichen Perspektiven und spielt dabei gekonnt mit den Vorstellungen der Leser. Immer, wenn man glaubt die Handlung durchschaut zu haben, gibt es wieder ein überraschendes Detail, dass diese Vorstellung ins Wanken bringt. Das ist sehr gekonnt und erinnert an Jeffrey Deaver.
Insgesamt ein überraschend gekonnter Debütkrimi, bei dem man kaum glauben kann, dass es das erste Buch der Autorin ist.
Der Schluss ist etwas schwach, nicht alle Fäden werden entwirrt, aber das ist für mich der einzige Kritikpunkt.
Von Romy Hausmann kann man noch viel erwarten, wenn sie auf diesem Niveau weiterschreibt!

1 von 2 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 28.02.2019
Die Liebe im Ernstfall
Krien, Daniela

Die Liebe im Ernstfall


sehr gut

Die Buchhändlerin Paula, die Ärztin Judith, die Schriftstellerin Brida, die Musikerin Malika und die Schauspielerin Jorinde leben alle in Leipzig und kennen sich mehr oder weniger gut.
So unterschiedlich wie die Frauen sind auch ihre Lebensentwürfe. Paula liebt Wenzel, sie ist geschieden und hatte zwei Kinder. Judith dagegen sucht auf Datingportalen nach dem "Mr. Right" und findet seltsame Typen und Männer, die nicht über die nächste Nacht hinaus denken. Brida hat erfolgreiche Bücher geschrieben, doch seit sie von dem Möbelrestaurator Götz geschieden ist, hat sie eine Schreibblockade. Malika war früher mit Götz zusammen, sie haben sich getrennt, als sie keine Kinder bekommen konnte. Jorinde ist Malikas Schwester und als Schauspielerin erfolgreich. Sie erwartet das dritte Kind, das nicht von ihrem Mann ist und zieht zu ihrer Schwester, die sich liebevoll um die Kinder kümmert.
Das Buch ist sehr dicht geschrieben, alle Charaktere sind sehr gut ausgearbeitet und man kann sich trotz aller Unterschiedlichkeit gut in die Frauen hineinversetzen.
Der geschichtliche Hintergrund - alle haben als Jugendliche die Wende erlebt - tritt nicht zu sehr in den Vordergrund, aber ist als Hintergrundrauschen immer da.
Ein gutes Buch, das mir das Lebensgefühl junger Frauen von heute näher gebracht hat!

Bewertung vom 28.02.2019
Der Patriot
Engman, Pascal

Der Patriot


sehr gut

Das Buch hat zwei Erzählstränge. Einmal ist da August, ein Schwede, der sein Land verlassen musste, weil er ein Verbrechen begangen hat und zur Fremdenlegion ging. Er hat für Blackwater gearbeitet und bewacht nu einen russischen Waffenhändler in Chile. Als seine schwangere Freundin und sein bester Freund umgebracht werden, beschließt er nach Schweden zurück zu gehen und das Risiko auf sich zu nehmen.
Und dann ist da Carl, ein Rechtsradikaler, der in seinem eigenen fremdenfeindlichen Weltbild lebt und gemeinsam mit zwei Freunden liberale Journalistinnen und Journalisten umbringt. In einem perfiden Plan zwingen sie dann einen eingewanderten Taxifahrer ein Attentat zu begehen, um den Hass gegen Muslime zu schüren.
Die beiden Erzählstränge finden zusammen, als August seine große Liebe Amanda wieder trifft, die auf der Todesliste von Carl steht. In einem furiosen Finale auf einer Fähre treffen die beiden aufeinander...
Das Buch ist unglaublich spannend geschrieben. Aber da es manchmal auch sehr brutal ist, musste ich ab und zu eine Lesepause einlegen, denn es geht sehr unter die Haut.
Auch fiel es mir schwer die Gedankenwelt Carls nachzuvollziehen, sein Hass auf alle Muslime ist sehr extrem und irrational. Aber Engman schildert diese Welt so, als wäre sie ganz normal, das ist beängstigend.
Insgesamt ein sehr aktueller politischer Thriller, den man kaum erträgt. Nichts für sensible Gemüter!

Bewertung vom 26.02.2019
Wir, die wir jung sind
Taneja, Preti

Wir, die wir jung sind


gut

Jivan kehrt nach vielen Jahren in den USA nach Indien zurück und wird sofort in eine dramatische Familiengeschichte gezogen.
Er ist der uneheliche Sohn eines engen Mitarbeiters der "Company", eines großen indischen Konzerns, der von Beton bis Lifestyle alles vermarktet und beherrscht. Eigentümer des Konzerns ist der alte Devraj Bapuji, der sein Lebenswerk nun an seine drei Töchter und die Söhne seines Mitarbeiters übergeben will, zu denen auch Jivan gehört. Devrajs Töchter waren immer heimlich in Jivan verliebt.
Doch dann artet die ganze Sache aus. Devraj verschwindet und zieht als Wanderprediger durch die Lande, um gegen seine Töchter zu wettern, seine jüngste Tochter will ganz anders leben, Jivans Halbbruder ist ebenfalls unauffindbar. Ales geht de Bach runter, Menschenleben zählen nicht mehr.
Laut Klappentext soll das Buch an "König Lear" erinnern, aber bei einigen Gemetzeln dachte ich eher an "Macbeth".
Anfangs kam ich ganz gut in das Buch hinein, aber nach etwa 300 Seiten fiel mit das Lesen immer schwerer. Die zahlreichen Namen, die vielen indischen Worte, die zum größten Teil im Anhang nicht erklärt werden, der sehr detailreiche Erzählstil, das fand ich sehr anstrengend.
Ich hatte bisher sehr wenige Bücher über Indien gelesen, deshalb interessierte mich dieses Buch, denn ich wollte in eine fremde Welt eintauchen. Das ist nur bedingt gelungen, weil sich die Seiten irgendwann nur noch zogen. Schade!
Preti Tenaja hat sicherlich Potential, denn ihr Schreibstil ist sehr ausgefeilt, aber leider konnte ich persönlich mit diesem Buch wenig anfangen.
Das Cover ist übrigens sehr spektakulär, sieht aus wie einem Holi-Festival entsprungen.

Bewertung vom 24.01.2019
Fünf Tage im Mai
Hager, Elisabeth R.

Fünf Tage im Mai


sehr gut

Das Buch beginnt am 8. Mai 1986 und endet am 18. Mai 2004, dem 100. Geburtstag von Tat'ka.
Tat'ka nennt die kleine Illy ihren Urgroßvater, der zugleich ihr bester Freund und Helfer in aller Not ist. Das beginnt schon lange vor Illys Erstkommuniontag und zieht sich durch ihre Jugend und ihr Erwachsenenleben bis zum Tod des alten Mannes hin.
Elisabeth R. Hager erzählt exemplarisch von fünf Tagen, immer im Mai, an denen sich besondere Ereignisse im Leben der beiden abspielen. Aber sie geht weit darüber hinaus, denn auch das Leben des alten Mannes und seiner Urenkelin spielen eine große Rolle.
Sehr sensibel und warmherzig schildert Hager das innige Verhältnis der beiden, aber auch Probleme im Zusammenleben mit der Familie. As Illy sich in den Außenseiter Tristan verliebt, der ihrer Familie nicht gefällt, weil er trinkt und kifft und lange Haare hat, findet sie bei Tat'ka Verständnis. Und auch als ihr Glück nicht lange hält, lässt der Urgroßvater sie nicht allein.
Mir hat das Buch gut gefallen, weil es wirklich schön geschrieben ist und man sich unwillkürlich wünscht selbst einen solchen Urgroßvater gehabt zu haben. Durch die "strenge" Form, die sich an den fünf Tagen orientiert, bekommt es eine übersichtliche Struktur und ist gut lesbar.
Insgesamt ein eher ungewöhnliches und gutes Leseerlebnis!

Bewertung vom 06.01.2019
Stella
Würger, Takis

Stella


ausgezeichnet

Alle Schriftsteller, die mit ihrem ersten Buch einen großen Erfolg hatten, finden das zweite Buch nach dem Bestseller besonders schwierig zu schreiben. Denn die Erwartungen sind hoch und meist drängen die Verlage auch eine zeitnahe Fortsetzung des Erfolgsbuches. Diese Klippe hat Tarik Würger, der mit "Der Club" einen überraschenden Erfolg feiern konnte, sehr geschickt umschifft, denn das neue Buch ist ganz anders als sein erster Bestseller.
Der junge Friedrich, ein einsames und verwöhntes Muttersöhnchen, geht 1942 aus der Schweiz nach Berlin und will vor dort weiterreisen. Doch er bleibt in Berlin hängen, weil er sich in das Aktmodell Kristin verliebt und sie zu ihm in das vornehme Hotel zieht. Doch Kristin ist nicht ihr richtiger Name, das stellt sich aber erst heraus, als sie eines Tages verletzt und kahl rasiert vor ihm steht, sie ist eine untergetauchte Jüdin namens Stella. Die Gestapo will sie zwingen andere Juden zu verraten, um ihre Eltern vor der Gaskammer zu bewahren...
Das Buch besteht eigentlich aus drei verschiedenen Abteilungen: einmal die Geschichte von Friedrich und Stella, dann ein kurzer Abriss, was in den einzelnen Monaten des Jahres 1942 passiert ist und dann gibt es noch Auszüge aus Protokollen eines Gerichts, in denen Stella beschuldigt wird am Tod vieler Menschen beteiligt zu sein.
Das Buch ist so unglaublich spannend geschrieben, dass ich nicht aufhören konnte zu lesen und es an einem Abend verschlungen habe.
Würger gelingt es sehr geschickt die Leser in die Geschichte hineinzuziehen und den Konflikt zwischen Leben wollen und Moral aufzuzeigen. Man fragt sich, was man selbst in dieser Situation getan hätte: will man um jeden Preis überleben oder genügt man seinen Moralvorstellungen auch in lebensgefährlichen Grenzsituationen? Sein oder nicht sein? Er spielt sehr geschickt mit Klischees und bezieht die reale Figur der Stella und anderer realer Personen in seine fiktive Geschichte ein.
Dem Buch ist zu wünschen, dass es ein Bestseller wird!

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 18.12.2018
Die Plotter
Kim, Un-Su

Die Plotter


gut

Das Buch ist äußerlich sehr auffällig: eine weiße Dahlie ziert das Titelbild, die mit Blut gesprenkelt ist und diese Blutspritzer ziehen sich auch über den Schnitt, sehr gut gemacht!
Das Titelbild passt sehr gut zum Inhalt, denn es geht um den Berufskiller Raeseng, der in einer etwas seltsamen Bibliothek in Korea aufgewachsen ist. Er steht weit unten in der Hierarchie des Schreckens: Wirtschaftsbosse und Politiker beschließen, wer umgebracht werden soll, Plotter denken sich einen Plot,ein glaubhaftes Szenario, aus, nach dem dann die Killer ihre Aufträge ausführen.
Doch dann geschehen seltsame dinge, ein Killer lässt sein Opfer leben und auch Raeseng führt einen Auftrag nicht so aus, wie es vorgesehen ist. Die Machtverhältnisse scheinen sich zu verschieben.
Das Buch besteht aus vielen ziemlich endlosen Gesprächen und dich fand das sehr ermüdend. Spannung kam nur selten auf und beschränkt sich auf den Schluss.
Insgesamt mal ein ungewöhnlicher Krimi, aber nicht mein Ding!